Auf Spurensuche in Schlesien (Teil 1-3)

von Kurzer

Unsere Kommentatorin Linde unternahm eine Reise nach Schlesien und wird nun in einer Beitragsserie über ihre Erfahrungen, die sie dabei gemacht hat, berichten.


Ein Aufenthalt in Niederschlesien und die Suche nach dortigen deutschen Spuren brachte Entdeckungen, Enttäuschungen, Erkenntnisse, lösten in mir viele Gefühle aus und viele, viele Fragen. Ich verspürte das Verlangen, dies mit Euch zu teilen und vielleicht etwas anzustoßen, was uns helfen kann, mehr über unser Land, unsere Vergangenheit, die wahre Geschichte besonders auch in diesen Gebieten zu erfahren.

Wir haben es mit einem großen Reich und ausgedehnten verlorenen Gebieten zu tun, über die man eigentlich nur etwas erfährt, wenn man sich richtig reinkniet und viel Zeit und Kraft aufwendet. Durch die neuen Sprachen und die komplette Umbenennung von allem, was mal deutsch war, wurden die Spuren der deutschen Geschichte so gut wie unkenntlich gemacht.

Ich würde mich freuen, wenn Interessierte Ihr Wissen um die Menschen, die Kultur und Vergangenheit in diesen Gebieten hier teilen würden, um uns einen Zugang zu diesen verloren gegangenen Welten zu verschaffen.

Wie sind die Menschen damals miteinander umgegangen? Über Jahrhunderte haben ja verschiedenste Völker in diesen Gebieten unter z.B. preußischer oder Habsburger Herrschaft gelebt. Gab es sprachliche und kulturelle Unterdrückung von Minderheiten oder zeigt nicht z.B. der Erhalt der polnischen Kultur über die Jahrhunderte der Teilung, dass man sie gewähren ließ?

Zu Besuch in der Grafschaft Glatz

Vor kurzem erhielt ich eine Einladung aus Niederschlesien ins Glatzer Bergland. Ich hatte noch nie etwas von der Grafschaft Glatz gehört. Umso erstaunter war ich zu erfahren, dass sie seit dem siebenjährigen Krieg (Friedrich II.) zu Preußen gehörte.

Südlich von Breslau erhebt sich das Glatzer Bergland. Hier finden sich bewaldete Gebirgszüge, schöne Städte, Schlösser, Kirchen, stattliche Höfe und etliche Heilquellen, die schon früh von den Bewohnern genutzt wurden und in deren Nähe über die Jahrhunderte Kurbäder entstanden.

Ich durfte in einem wiederaufgebauten alten deutschen Hof einige denkwürdige Wochen verleben. Der Hof liegt in einem kleinen Dorf an der Biele in der Grafschaft Glatz, der im Jahre 1346 zum ersten Mal schriftlich erwähnt worden war.
700 Jahre lang war das das Land der hier lebenden Deutschen.

Große Höfe und Häuser, in mehr oder minder gutem Zustand prägen die Landschaft. Wunderschöne große alte Bäume vor den Höfen, Häusern, an den Straßen und Kirchen, an den kleinen überall zu findenden Wegkapellen, den Plätzen und Parks: Linden, Eichen, Kastanien, vor allem aber Linden.

In der Nähe liegt der alte Kurort Bad Landeck, dessen Heilquellen schon seit 700 Jahren genutzt werden. Hier kurte sich unter anderem Friedrich der Große nach dem 7 jährigen Krieg (seit dem die Grafschaft Glatz preußisch war) gesund.

Andere illustre Kurgäste waren die Hohenzollern König Friedrich Wilhelm III, Königin Luise von Preußen, Zar Alexander I, der sich hier im Jahre 1813 mit Friedrich Wilhelm III traf, Kaiser Wilhelm I, Johann Wolfgang von Goethe. Die Kur- und Badehäuser, Villen, Schlößchen sind entsprechend hochherrschaftlich. Es gab Militärkurhäuser, die genauso so schön und prachtvoll gebaut waren. Alles fürs Auge und die Seele. Gebaut wurde ganz offensichtlich, um die Menschen zu beleben und ihnen das Leben zu verschönern und nicht, um sie herunterzuziehen, wie das heute der Fall ist.

Hier kann man in basischem Thermalwasser unter einer neoklassizistischen Kuppel (Marienbad, erster Bau 1678) baden und die Seele und den Körper regenerieren, wenn man es schafft, den ruppigen Ton, die Unfreundlichkeit zu ignorieren, und die vielfache Unfähigkeit/Weigerung Deutsch oder auch nur Englisch zu sprechen. Polski oder gar nicht.

Manchmal kommt auch ein Lächeln, aber die Mundwinkel der Menschen sind hier meist weit unten. Vielleicht sollten wir in Gruppen hinfahren, entgiften und das Land wieder mit Deutschem beleben. Mit Liedern, die hier so gut zu den rauschenden Bächen und Flüssen passen und die, so bin ich mir sicher, die Bäume, Gewässer und Gemäuer hier noch kennen.

Letztes Jahr wurde die 777 Jahrfeier des Kurortes Bad Landeck begangen. Große Tafeln informieren auf Polnisch über die Entstehungsgeschichte, die Gäste, den Ort. Obwohl von der EU mitfinanziert, kein Wort davon auf Deutsch. Bis auf Bilder der Originalkarten, die vor 1945 natürlich auf Deutsch verfasst waren, da diese Gegend vor 700 Jahren von/mit Deutschen besiedelt wurde.

Nichtsdestotrotz wird der Kurort Ladek-Zdroj als größter Kurort Polens gefeiert. Auf den manchmal vorhandenen englischen Informationen werden Namen und Ortsbezeichnungen auf Polnisch gebracht, auch wenn von der deutschen Zeit die Rede ist, auf den polnischen Informationen sowieso: da wird dann aus Königin Luise von Preußen Luiza Pruska, aus Johann Wolfgang von Goethe Johanna, aus (Wilhelmine Friederike Louise Charlotte) Marianne von Oranien-Nassau, die in der Grafschaft über große Besitztümer verfügte und unendlich viel für die Bevölkerung und den wirtschaftlichen Aufschwung getan hat, Marianna Oranska.

Im Nachbarort Landeck ähnlich. Stadt seit 1294, ein Zentrum kirchlicher Kunst, Michael Klahr der Ältere und der Jüngere haben hier gewohnt und gewirkt. In der schönen Kirche wie auch in anderen Kirchen der Grafschaft kann man ihre Werke noch bewundern. Einst wurde die Stadt durch wunderschöne Häuser und Kirchen, das Rathaus geprägt, zum Teil wurde das wieder schön hergerichtet. Alles ist Deutsch und auch wieder nicht. Keine deutsche Schrift nach 1945.

Da gibt es ein schönes, großes Denkmal an der Kirchenmauer, auf der einen Seite trauernde Eltern, auf der anderen eine junge Frau mit kleinem Kind, ich vermute für die toten Soldaten von WKI. Leider kann man nur ein paar Vornamen (männlich) von der langen Liste lesen. Was ich erst für Verwitterungsschäden gehalten habe, ist nach genauerem Hinsehen wohl eher mit Zement überstrichen, was man dann später versucht hat, wieder herunter zu bekommen.

Das tut weh. Das erinnert mich an die zerstörten Grabsteine in der Heimat meiner Großeltern in jetzt Tschechien. Und viel zu dicht an diesem Denkmal ein großes polnisches Grab mit schwarzen Platten, obwohl es dafür viel viel Platz an anderer Stelle oder einfach ein bisschen weiter weg gegeben hätte.

Bei einem Spaziergang in Schreckendorf (1264 erstmals erwähnt) kamen wir zu einem Hof mit offenem Tor, der so aussah, als ob er zu einer Herberge umgebaut worden wäre. Nur polnische Schrift und eine Telefonnummer. Wollten mal fragen. Die Frau, die kam, wiederholte immer „Meins, Meins“ in Bezug auf Haus und Hof, mehr hab ich nicht verstanden. Die Jahreszahl am Haus gab die Auskunft 1863. Nun ja. Zumindest war es in gutem Zustand, was man von vielen anderen nicht sagen kann.

Mir kommen hier so viele Fragen: Gibt es eigentlich einen rechtlichen Unterschied zwischen den Gebieten, die Polen 1919 gegeben wurden und denen, die 1945 unter polnische Verwaltung gekommen sind? Wikipedia sagt, dass die Grenze 1990 anerkannt wurde, von der BRD.(?) (Anmerkung vom Kurzen HIER anhören)

Große Gebiete hier gehörten den Hohenzollern. Der letzte Nachfahre von Marianne, Prinz Friedrich Heinrich von Preußen, ist zwar 1940 gestorben, aber die Hohenzollern gibt es ja noch. Was ist mit den alten Höfen und Villen, die bewohnt sind oder aber verfallen, die teilweise zum Kauf angeboten werden. Mitten in der Landschaft sieht man „zu verkaufen“ Schilder. Wer verkauft da und mit welchem Recht?

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Quelle und Kommentare hier:
http://die-heimkehr.info/berichte-aus-den-deutschen-ostgebieten/auf-spurensuche-in-schlesien/