Broder contra Ken Jebsen: Politisch-korrekte Zensur

von Jürgen Elsässer

Ken Jebsen

Gerade ist Henryk M. Broders neues Buch “Vergesst Auschwitz” erschienen, eine polemische Abrechnung mit der Vergangenheitsbewältigung in Deutschland, die angeblich nur den Deutschen nutzt…

Ein Teil des Buches ist der von Broder erfundenen Affäre Ken Jebsen gewidmet. Jebsen war über zehn Jahre Moderator in der beliebten Wendung KenFM auf RBB-Fitz. Zuvor war er bei Deutsche Welle, ZDF, ARD. Nachdem in Broder im Herbst 2011 aufs Korn genommen hatte, war innerhalb von Wochen Schluss. Er stand als Antisemit da und wurde gefeuert – und das, obwohl die RBB-Chefetage in einer ersten Reaktion auf Broder Jebsen noch bescheinigt hatte, er sei kein Antisemit und leugne den Holocaust nicht.

COMPACT-Magazin hat Ken Jebsen für die April-Ausgabe interviewt, innerhalb unseres COMPACT-Schwerpunktes im nächsten Heft: Political Correctness – das Ende der Meinungsfreiheit. Zum selben Thema veranstalten wir eine Vorstellung der April-Ausgabe, und zwar am 12.4. in Berlin-Mitte, Viethaus, Leipziger Straße 54. Ken Jebsen, ein rhetorisches Maschinengewehr, wird aus seinen Texten lesen und anschließend mit mir über politische Zensur in deutschen Medien diskutieren. Eintritt für COMPACT-Abonnenten frei, ansonsten 12/8 Euro (VVK 10/6 Euro).

Über die Hintergründe von Broders Attacke gegen Jebsen fand ich eine ganz gute Zusammenfassung auf jacobjung. Er geht darin auf den Inhalt einer privaten (!) Internet-Kommunikation Jebsens mit einem Hörer ein, die Broder zugespielt und von diesem völlig verdreht öffentlich gemacht worden ist.

(jacobjung Anfang) Der Antisemitismus-Vorwurf leitet sich von einem einzigen Satz aus Jebsens Mail ab, den Broder seinem Blogartikel wohlweislich als Titel voranstellt:

„ich weis wer den holocaust als PR erfunden hat.“

Für sich alleine betrachtet, lässt einen dieser Satz alarmiert aufhorchen. Broders Absicht folgend, interpretiert man ihn so, als würde Jebsen behaupten, der Holocaust sei nur eine PR Kampagne gewesen, deren Urheber er kenne. Keine Frage: Würde Ken Jebsen tatsächlich den Holocaust leugnen, dann wäre seine Suspendierung und das Absetzen seiner Sendung durch den RBB eine absolut angemessene Reaktion.

Jeder, der die Beiträge von Ken Jebsen kennt, muss hier allerdings mit Irritation reagieren. In zahlreichen Sendungen hat der Moderator den Holocaust als das größte Verbrechen der Menschheit gegeißelt. Darüber hinaus setzt er sich immer wieder für Grund- und Menschenrechte ein, verurteilt Krieg und Gewalt und macht auf das Leiden von Verfolgten und Armen aufmerksam.

Und weil all das nicht wirklich zu einem idiotischen Holocaust-Leugner und Antisemiten passt, sollte man den hervorgehobenen Textabschnitt im Kontext lesen.

„ich weis wer den holocaust als PR erfunden hat. der neffe freuds. bernays. in seinem buch propaganda schrieb er wie man solche kampagnen durchführt. goebbels hat das gelesen und umgesetzt.“

Jebsen spricht hier von Edward Bernays, einem Neffen von Sigmund Freud. Bernays gilt als der „Vater der Public Relations“ und brachte 1923 sein bekanntes Standardwerk „Crystallizing Public Opinion“ heraus. Joseph Goebbels studierte das Buch und nutzte seine Inhalte, um die antijüdische Propaganda im nationalsozialistischen Deutschland aufzubauen.

In seiner Autobiografie aus dem Jahre 1955 äußerte sich Edward Bernays über den Einfluss seines Buches auf die Propaganda der Nazis:

„Ich wusste, dass jede menschliche Aktivität für soziale Zwecke benutzt oder antisoziale missbraucht werden kann. Offenbar war die Attacke gegen die Juden Deutschlands kein emotionaler Ausbruch der Nazis, sondern eine wohlüberlegte, geplante Kampagne.“

Genau dies beschreibt Ken Jebsen in dem betreffenden Abschnitt seiner Mail. Wer genau liest und sich mit dem genannten Zusammenhang auseinandersetzt, der begreift sofort, dass Jebsen natürlich nicht den Holocaust als PR Kampagne bezeichnet sondern vielmehr darstellt, dass die Nazis psychologisches und soziologisches Wissen genutzt haben, um die Deutschen gegen die Juden aufzubringen.

Er leugnet den Holocaust nicht sondern versucht sich stattdessen an einer Erklärung, wie es den Nazis gelungen ist, die gesamte deutsche Bevölkerung so zu manipulieren, dass sie einen Völkermord unwidersprochen hinnahm und an diesem maßgeblich mitwirkte.

(jacobjung Ende)

((Dieser Artikel hat Ihnen gefallen: Dann abonnieren Sie COMPACT – die Zeitschrift, die sich nicht der Political Correctness beugt – da gibt s mehr davon. In der April Ausgabe u.a. mit dem Ken Jebsen-Interview)).


Quelle und Kommentare hier:
http://juergenelsaesser.wordpress.com/2012/03/16/broder-contra-ken-jebsen-politisch-korrekte-zensur/