Von Xantens Kolumne – Die Firma

Von Siegfried von Xanten

Gut, dass es jemanden gibt, der aufräumt. Die Amadeu-Antonio-Stiftung und die Deutsche Anwaltauskunft. Die beobachten Verschwörungs-Theorien extrem rechter Bewegungen im Internet.

Eine beliebte Verschwörungstheorie der Rechten sei zum Beispiel, dass die Bundesrepublik Deutschland eigentlich gar kein Staat, sondern eine Firma sei. Und das könne man auch an versteckten Hinweisen auf dem Personalausweis erkennen. Zum Beispiel.

Rechtsextremen Strukturen werde dank des Internets eine völlig neue Zielgruppe erschlossen. Anfangs seien die Vorstellungen einer „BRD GmbH“ nur bei den sogenannten „Reichsbürgern“ verbreitet gewesen. Aber dank des Internets gingen solche Vorstellungen nun viral. Ein sich ausbreitender negativer Lerneffekt. So brächte das Internet zum Beispiel die lokale Nein-zum-Heim-Facebook-Gruppe und rechte Welterklärungsmuster zusammen. Nein zum Heim. Gleich ins Reich.

Die Sache mit dem Personalausweis könne sehr schnell geklärt werden. So die Deutsche Anwaltauskunft. Wortverdreherei. Denn „Personal“ leite sich aus dem spätlateinischen „Personalia“ ab, was so viel wie „persönliche Dinge“ heiße. Und nicht aus dem mittellateinischen „Personale“, was laut Duden „Dienerschaft“ bedeute. Gut. Ob früh, ob mittel oder spät, Hauptsache die Argumentation gerät. Und man nehme ja auch Personalien auf, das heißt persönliche Sachen? Persönliche Sachen? Irdische Sachen?

Was sagt der Führer?

„Ich kümmere mich nicht um Glaubenssätze, aber ich dulde nicht, daß ein Pfaffe sich um irdische Sachen kümmert. Die organisierte Lüge muß derart gebrochen werden, daß der Staat absoluter Herr ist.“

Eine Lüge sei es nicht, dass es eine Deutschland GmbH gebe. So die Deutsche Anwaltauskunft. Die gebe es wirklich und die sei seit dem 29.08.1990 in Frankfurt registriert. Eine Firma mit 50.000 D-Mark Startkapital. Die Bundesrepublik Deutschland Finanzagentur GmbH. Und die sorge dafür, dass Deutschland flüssig bleibe. Aha. Aber warum ist es dann schon seit Monaten so wenig flüssig, was Niederschläge angeht? Macht die GmbH Urlaub?

Macht der Führer Urlaub? Selbstverständlich. Sagt Peter Longerich. Im Sommer 1933 habe er Urlaub gemacht. Eine Sommerpause:

„Nach dem Besuch der Wagner-Festspiele in Bayreuth Ende Juli, […] begab er sich auf den Obersalzberg, wo er bis zum Beginn des Parteitags Anfang September – abgesehen von einigen kurzen Reisen – verblieb.“

Das stimmt gar nicht:

„Im Gegenteil war er fast genauso ruhelos und getrieben wie in den Monaten zuvor. Von Bayreuth aus reiste er Ende Juli innerhalb von fünf Tagen nach München und Berlin sowie nach Stuttgart, wo er die Ehrenbürgerwürde erhielt und beim Deutschen Turnfest sprach. Dann ging es abermals nach Berlin und nach einem Tag zurück nach München. ‚Pause‘ geht anders.“

Sagt die Bordkapelle. Und beruft sich auf Harald Sanders „Itinerar“.

Im August habe er sich tatsächlich längere Zeit auf dem Obersalzberg aufgehalten und dort die NSDAP-Gauleiter getroffen, mit Reichswirtschaftsminister Kurt Schmitt konferiert und Hermann Göring und Hermann Esser empfangen. Außerdem sei er zu einer Ansprache bei einer Richard-Wagner-Gedenkfeier auf Schloss Neuschwanstein gewesen, mit dem Auto nach Nürnberg, Wiesbaden und Bad Godesberg gefahren, wo er vor SA- und SS-Führern geredet habe.

Zurück sei es über Würzburg und Nürnberg zum Obersalzberg gegangen, wo er dann drei Tage geblieben sei, um anschließend nach Berlin zu fahren und

„vom Flughafen Tempelhof aus nach Ostpreußen zum Staatsakt mit Reichspräsident Paul von Hindenburg im Tannenberg-Denkmal zu starten.“

Für Urlaub war die KdF zuständig. Kraft durch Freude. Am 28. November 1933 gegründet. Eine Unterorganisation der Deutschen Arbeitsfront und …:

„… der größte Reiseveranstalter im ‚Dritten Reich‘. Veranstaltet wurden unter anderem Land- und Seereisen.“

Ein Koloss das KdF-Seebad auf Rügen. Prora. Lange eine schwer vermittelbare Ruine. Bis ein Investor aus Berlin Block 1 kaufte. Für 2,75 Millionen Euro. Im Juli 2011 war bereits die längste Jugendherberge der Welt eingezogen. Block I sollte eine „Wohlfühl-Oase“ werden. Neunzig Prozent der Wohnungen sind fertig. Nun ist die Firma insolvent. Die Wohnen in Prora Vermögensverwaltungs GmbH & Co. KG. D-U-N-S® Nummer 342539417. Laut UPIK® Datensatz.

Und der UPIK® Datensatz für die Bundesrepublik Deutschland?

Eingetragener Firmenname: Bundesrepublik Deutschland.
Nicht eingetragene Bezeichnung oder Unternehmensteil: BRD.
D-U-N-S® Nummer: 341611478.
Geschäftssitz: Platz der Republik 1.
Postleitzahl: 11011.
Postalische Stadt: Berlin.
Land: Germany.
Länder-Code: 276.
Postfachnummer: /.
Postfach Stadt: /.
Telefon-Nummer: 0302270.
Fax Nummer: 03022736740.
Name Hauptverantwortlicher: Frank Walter Steinmeier.
Tätigkeit (SIC): 9199.

Die Tätigkeit der Firma Bundesrepublik Deutschland.

Neuntausendeinhundertneunundneunzig.

Oder auf den Kopf gestellt sechstausendsechshundertsechzehn.

Tätigkeit 9199. Was könnte das sein?

Die Tätigkeit 9199 findet sich auch bei der Brandenburgischen Landeszentrale für politische Bildung. In der Netzadresse: https://www.politische-bildung-brandenburg.de/node/9199. Eine Aufklärungsseite. Es geht um extreme Rechte und Vereinsverbote. Die Seite klärt auf:

„Die neuen Nazis haben hingegen Wege gefunden, um ihre Botschaften zu verschlüsseln, sei es in Musiktexten, ihrer Kleidung oder Zahlen- und Buchstabenkombinationen. Und da kann der Nationalsozialismus plötzlich wieder ganz real sein.“

Verschlüsselter Nationalsozialismus. Die Tätigkeit der Firma Bundesrepublik Deutschland: Man klärt auf über extreme Rechte. Gut. Tatsächlich eine umfassende Aufgabe, wie uns Medien und Politik tagtäglich und rund um die Uhr wissen lassen.

Und fehlende Aufklärung kann falsche Hoffnungen wecken:

„Ein Mönch und eine Nonne reiten auf einem Kamel durch die Wüste. Plötzlich bricht das Tier tot zusammen. Nach mehreren Tagen sind Mönch und Nonne dem Tode nah. Der Mönch sagt: ‚Schwester, ich sterbe bald. Aber vorher möchte ich noch einmal sehen, wie eine nackte Frau aussieht. Würdest Du mir den Gefallen tun?‘ Die Nonne tut es und zieht sich aus.

Dann sagt sie:

‚Bruder, mir fällt ein, ich habe auch noch nie einen nackten Mann gesehen. Tust Du mir den Gefallen?‘ Der Mönch zieht sich ebenfalls aus. Da sagt die Nonne: ‚Was hast Du denn dort zwischen den Beinen?‘ ‚Das hat mir der Herrgott gegeben. Wenn ich es in Dich hineinstecke, entsteht neues Leben.‘ Sagt die Nonne: ‚Dann steck es in das Kamel und lass uns weiterreiten.‘“

Aufklärung. Eine Sau, die unentwegt durchs Dorf getrieben werden will. Eine Leben-sau-fgabe. Zumal wenn sich das Tier so gut versteckt. Was sagt der Führer?

„Der Krieg wird sein Ende nehmen, und ich werde meine letzte Lebensaufgabe darin sehen, das Kirchenproblem noch zu klären.“

Aber die Sau ist überbesetzt und findet sich beinahe überall. Auch in jeder sau-beren Verwaltung:

„Man verlangt immer von mir, ich solle etwas sagen zum Lob der Bürokratie. Ich kann das nicht. Gewiß, wir haben eine saubere Verwaltung, unbestechlich, peinlich genau. Aber: sie ist überorganisiert, zum Teil überbesetzt; und dann, man schaut nicht auf den Erfolg, man kennt nicht die Zubilligung einer bestimmten Verantwortlichkeit für bestimmte Funktionen, alles wird abhängig gemacht; dazu das ewige Kleben an Sitzen“.

Und was hat es mit der D-U-N-S® Nummer auf sich? Dun & Bradstreet, kurz D&B, ist ein Dienstleister für Geschäft-zu-Geschäft-Wirtschaftsinformationen. Der größte der Welt:

„Der Sitz des Unternehmens befindet sich im US-amerikanischen Short Hills in New Jersey. Der Konzern beschäftigt ca. 4.900 Mitarbeiter und betreut über 150.000 Kunden. Das weltweite D&B-Netzwerk ist eine Partnerschaft zwischen Dun & Bradstreet und regional aufgestellten Anbietern für Wirtschaftsinformationen.“

Seit dem 1. Oktober 2003 verlangt die amerikanische Bundesregierung, dass alle Geschäftspartner eine D&B ® D-U-N-S ® Nummer besitzen müssen, um Geschäfte mit der Regierung zu tätigen.

Und um was handelt es sich bei der Welt? Um Handel. Und Kommerz. Alles ist Handel.

Und Länder, Staaten, Nationen, Gemeinden, Behörden, Regierungen, öffentliche Einrichtungen? Sind Fiktionen.

Und die Geburtsurkunden? Werden als Wertpapier gehandelt.

Und die Menschen? Werden anhand von Sozialversicherungsnummern oder Steuernummern abgerechnet. Und registriert und verwaltet werde das Ganze vom UCC.

You see sea. Ein verballhorntes Akronym. Du siehst die See. Admiralitätsrecht.

UCC. Der Uniform Commercial Code. Die „Bibel“ des Handels. Und wer hat das Copyright? Unidroit. Und Unidroit? Ist eine Tochtergesellschaft des Vatikan.

Die Welt eine Treuhand. Kontrolliert vom Vatikan und gewissen Familien sowie deren Stadtstaaten, der City of London und Washington D.C.

Alles Quatsch. Das mit dem UCC. Kein Spaß mehr, sondern Betrug. Meint Ken Davis. Der UCC sei nur „eine private Sammlung von Handels-, Finanz- und Rechtsgeschäftsgrundsätzen“. Gut. Aus Spaß wurde Ernst. Und Ernst ist nun 75 Jahre alt. Einen ersten Entwurf veröffentlichte das American Law Institute 1943.

Wichtig sei, dass die Firmen-Länder beim US-Arbeitsamt in Delaware registriert seien und das habe nichts mit den Vereinigten Staaten von Amerika zu tun. Die Bundesrepublik Deutschland sei …:

„… also nichts anderes, als eine Verwaltungseinheit der U.S. Corporation, genauer gesagt des United States Department of Labor – des Arbeitsministeriums der Vereinigten Staaten!“

Und die BRD-Firma habe keine Hoheit über die Finanzen. Sie stehe unter Admiralsrecht.

Und woran erkennt man das? Zum Beispiel daran, dass der „Bundespräsident bei Empfängen in seiner Präsidialkanzlei unter der mit Gold umrandeten schwarz-rot-goldenen Flagge steht.“ Und die Goldbordüre weist darauf hin, dass Admiralsrecht besteht. Aha.

Was sagt Großadmiral Raeder? Dass der Führer nicht nur ein großes Wissen präsent gehabt habe, sondern sich daraus auch bemerkenswerte Ansichten und Urteile gebildet habe:

„Dank seines außerordentlichen Gedächtnisses und bemerkenswerter Literaturkenntnis gelangte Hitler in Spezialbereichen zu Einsichten und Erkenntnissen, die vielen Fachleuten Respekt abnötigten. Dabei war er diesen zumeist durch die Fähigkeit überlegen, den Kern eines Problems sofort zu erfassen und komplizierte Verhältnisse auf einen einfachen Nenner zu bringen. […]

Er vermochte in großen Zusammenhängen zu denken und war in vieler Hinsicht – so beispielsweise bei der Frage der Motorisierung der deutschen Armee – seinen verantwortlichen Beratern weit voraus.“

Admiralsrecht. UCC. Goldbordüre. US-Arbeitsamt. Da wird man noch ganz dun. Umgangssprachlich: für den Zustand nach dem Genuss von zu viel Alkohol. Kurz: besoffen. „Er lag im Graben und war völlig dun.“

Was sagt der Führer?

„Wir wissen nicht, was sich über dem Graben – es sind nur 37 km von uns – begibt! Im Grunde genommen muß man sagen, das riesige Geld ist schlecht angelegt! Der einzige Apparat, der Devisen kriegt – andere kriegen Wische -, müßte das doch herausbringen!“

Der Nachrichten-Apparat.

Und was meldet der Nachrichten-Apparat? Dass Rothschild sein Treuhandgeschäft verkauft. Drei Monate …:

„… nachdem die Schweizer Aufsichtsbehörde Finma der Rothschild Bank AG und ihrer Tochtergesellschaft Rothschild Trust (Schweiz) AG – beide letztlich im Besitz der an der Euronext notierten Rothschild – schwere Verstöße gegen Geldwäschevorschriften im Zusammenhang mit dem mehrere Milliarden Dollar schweren Korruptionsfall Malaysia Development Bhd vorgeworfen hatte.“

Geldwäsche. Sauber.

Und die US-Treuhand? Soll auch rückabgewickelt werden. Der District of Columbia Act habe nach dem Amerikanischen Bürgerkrieg die amerikanische Republik für handlungsunfähig erklärt und mit einem firmenähnlichen Konstrukt überlagert. Sagt Mario Rader. Die United States. Die Treuhand:

„Die Krux daran: Die Treuhand war und ist alles andere als treu. Sie ist vielmehr das Grundübel, an dem die amerikanische Bevölkerung und der Rest der ‚westlichen Wertegemeinschaft‘ bis dato leidet, ist sie doch das Spielfeld, auf dem der Tiefe Staat unbemerkt seine Regentschaft errichten konnte.“

Und nun sei das Konstrukt bankrott. Erneut. 1929 habe es vom Bankenkartell noch frisches Geld für die Belehnung der Amerikaner gegeben. Seit 2015 läge die Firma aber nun auf der Intensivstation und sei wieder pleite. Kapitel 11. Chapter 11. Nach dem US-Insolvenzrecht.

Und auf der Intensivstation werde solange beatmet, bis die Treuhandverwalter ausgebucht seien. Und das sei ein komplexer und intensiver Akt:

„Er erfordert unter anderem, dass die Führungskräfte der Treuhand entfernt werden. Da diese allerdings das Feld nicht freiwillig räumen, kommt das US-Militär ins Spiel.“

Anklageschriften wurden geschrieben und versiegelt, Mahnungen verschickt. Und es wurde zurückgetreten. An die 4800 Geschäftsführer und über 50 Senatoren.

Und wie steht es bei Dun & Bradstreet mit dem Rücktritt?

„Sobald D & B dem Kunden den für das Herunterladen der Produkte erforderlichen Link mitgeteilt hat, ist somit ein einseitiger Rücktritt vom Vertrag oder Widerruf der Bestellung durch den Kunden nicht mehr möglich.“

Link.

Dun & Bradstreet. Auf Deutsch: Mahnung und Nagelstraße. Heißt das, dass bei einer Mahnung gleich auch mal ein paar Nägel auf die Straße gestreut werden?

Bei Mahnung denkt man unwillkürlich an den Abmahnverein. DUH. Ein Vereinsverbot seitens der Brandenburgischen Landeszentrale für politische Bildung ist nicht angedacht, da es wohl weder um Recht noch um Rechte geht. Alles, was recht ist. Wird verboten.

Und die Nägel auf der Straße? Sind nicht recht. Müssen also nicht verboten werden. Auch wenn die Polizei schon mal ermittelt. So wie in Cottbus:

„In der Nähe von Cottbus haben Unbekannte auf einer Ortsverbindungsstraße Dachpappennägel verteilt. Die Nägel lagen zwischen zwischen Kahren und Nutzberg auf der Fahrbahn. […] Die Polizei ermittelt nun wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr.“

Ähnliches passierte in Pfaffenhofen:

„Nägel auf der Straße: Unbekannter macht seiner Wut Luft.“

Und zwischen Flüh und Hofstetten:

„Vier Autolenker hatten am Samstagmorgen auf der Flühstrasse zwischen Flüh und Hofstetten platte Vorderräder an ihren Fahrzeugen. Und das nicht aus Zufall: Auf der Straße waren kurz vor Flüh an mehreren Stellen Nägel über die Fahrbahn verteilt.“

Vier Autolenker.

Aber warum heißt es Unbekannte? Die Firma ist doch bekannt. Womit wir auch gleich wieder bei dem Nachtschwätzer John Oliver und der bekannten Nagelbrettlüge wären. Late Night Talker. Je mehr Nägel, umso besser. Der amerikanische Präsident habe das erkannt:

„Trump stellt Tausende bizarrer Behauptungen auf, von denen aber jede einzelne den Wahnsinn der anderen relativiert. Das Prinzip Trump funktioniert wie ein Nagelbrett: Tritt man auf einen Nagel, ist es schmerzhaft; tritt man auf tausend Nägel, nimmt man sie als einzelne Nägel gar nicht mehr wahr.“

Keine neue Einsicht. Andere hätten die auch schon gehabt. So die Bordkapelle. Eine sprachpolitische Strategie. Die Glaubwürdigkeit wachse mit der Menge und der Größe der Lügen. Und wer waren die anderen? Was sagt die Bordkapelle? Der Führer und Joseph Goebbels. Wunderbar. Wenn du denkst es geht noch mehr, zitiere nur den Führer her. Hauptverantwortlicher für alles, wenn es um Rechte geht.

Hauptverantwortlicher für die Bundesrepublik Deutschland ist Frank-Walter Steinmeier. Mit Bindestrich. Und der wird nicht direkt gewählt. Synonyme: nicht unbedingt, vielleicht nicht. Was sagt die Augsburger Allgemeine? Die Väter des Grundgesetzes hätten keinen starken Hauptverantwortlichen gewollt. Wegen dem Reichspräsidenten Paul von Hindenburg und dem Führer. Der Reichspräsident habe über Jahre am Parlament vorbei regiert und den Reichstag geschwächt. Und dann sei der Führer gekommen? Nicht direkt. Erst wurde gewählt.

Gewählt wurde unlängst auch in Hessen. „SchätzeSiemal.“ Ist denn da alles mit rechten Dingen zugegangen? Nicht direkt. Nicht unbedingt. Und auf den Dächern pfeifen die Spatzen. „Ein Hauch von Burundi“:

„Lediglich ‚geschätzt‘ wurden in einigen Frankfurter Wahllokalen die abgegebenen Stimmen. In anderen waren ganze Stapel mit Stimmzetteln beiseitegelegt und ‚vergessen‘ worden. Wieder andere Auszähler hatten die Parteien vertauscht oder Zahlendreher fabriziert. […] Die CDU war durch die Falschauszählungen am stärksten benachteiligt worden, aber auch auf FDP und AfD hatte so mancher es offenbar abgesehen. Die auffällige Diskrepanz zwischen benachbarten Stimmbezirken, in denen die AfD mal mehr als 10%, mal fast gar keine Stimmen erhalten haben soll, ließ den Schwindel schnell auffliegen.“

Manchmal gibt es freilich ganz natürliche Gründe für solche Falschauszählungen. Da kann zum Beispiel die Beleuchtung mangelhaft sein oder jemand kann auf einem Auge nichts sehen. Das soll es ja auch bei vielen Firmenangestellten geben. Was sagt der Führer?

„Es holte mich ein ausländischer Wagen ab, gefahren hat ein Sachse aus der Weimarer Gegend. Wir sahen nichts. Ich dachte, er hat noch die Stadtbeleuchtung. Sie, machen Sie das große Licht an! Das hab ich an, in der Batterie ist nichts mehr drin! Nach einiger Zeit: s s s s s! geht ihm die Luft aus. Sakrament, jetzt muß das auch noch passieren!

Läuft der dauernd um den Wagen rum. Sie, haben Sie keine Reserveteile? Doch, aber da ist auch keine Luft drin, vor ein paar Tagen ist mir die ausgegangen! Da fiel mir ein, ein Wagen muß noch kommen: Lutze! Er kam, es war unser Opel, der erste Zehn-Vierziger, das Miserabelste, was es gab, ein Vierzylinder! Nun hat Lutze den Wagen gefahren, aber wie!

‚Lutze, ist Aussicht, daß wir den Zug noch erreichen?‘ – Nun hat Lutze nur ein Auge, er kann also nichts abschätzen, und plötzlich hatte er sich verfahren: Wir standen vor einer Grube! Im Rückwärtsgang sind wir endlich hinausgekommen. Ich hatte mich schon in das Schicksal gefügt.“

Nicht in ihr Schicksal fügen wollten sich die Wahlhelfer bei der Hessenwahl. Man riss sich schier ein Bein aus, um zu einem anständigen Wahlergebnis zu kommen. Die Computer wurden in Urlaub geschickt. Und Ergebnisse führte man an der langen Leine oder ließ sie einfach ausreißen. Jenseits des Vorstellbaren. Frei nach dem Motto: Nicht Vorstellbares wird sofort erledigt, Wunder dauern etwas länger:

„Sage und schreibe 88 von 490 Wahlbezirken mussten ihre Zahlen korrigieren, in fast einem Dutzend muss gar neu ausgezählt werden. Die Auffälligkeiten beschränken sich jedoch nicht aufs Auszählen: In einigen Altenheimen erzielten die Grünen erstaunliche Werte.“

In 88 von 490 Wahlbezirken. Zufall? Nicht direkt. Nicht unbedingt. Ein Gruß. Eine Botschaft. Ein Frankfurter will da schon etwas vernommen haben, mag es aber noch nicht so recht glauben:

„Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.“

Gut. An sich eine gesunde Einstellung. Das mit den Wahlen und dem fehlenden Glauben. Denn wer glaubt, Wahlen würden etwas ändern, hat der noch alle Latten am Zaun? Salopp gesagt. Eine Redensart, die seit den Dreißigern geläufig ist. Oder wie Kurt Tucholsky es gar nicht gesagt hat:

„Wenn Wahlen etwas ändern würden, wären sie verboten.“

Ein Kuckuckszitat. Vielleicht von Rosa Luxemburg oder von der feministischen Anarchistin Emma Goldmann:

„If voting changed anything they would make it illegal.“

Emma Goldman.

Aber ist es überhaupt wichtig, von wem das Zitat stammt und wie man wählt? Nein, „Name ist Schall und Rauch“. Außerdem „sagt das der Pfarrer auch, nur mit ein bißchen andern Worten.“ Sagt Margarete. Genannt Gretchen. Wie auch immer, …:

„… überaus wichtig ist nur das eine, nämlich wer und wie man die Stimmen zählt.“

Sagt Stalin.

Und im Übrigen gilt für die, die an die Spitze gezählt wurden:

„Diejenigen, die entscheiden, sind nicht gewählt, und diejenigen, die gewählt werden, haben nichts zu entscheiden.“

Sagt Horst Seehofer.

Und hat man in Frankfurt richtig gezählt? Nicht unbedingt. Aber richtig gut geschätzt. „Was nicht passt, wird passend gemacht“. Eine deutsche Komödie. „Mit deftigem Wortwitz, skurrilem Slapstick und makabren Zwischentönen“.

Skurril und deftig. In Hanau/Großkrotzenburg gab es in der AfD-Hochburg Lamboy-Tümpelgarten acht Prozent ungültige Stimmen.

Und was nicht ungültig ist, wird geschätzt:

„Laut dem Leiter der Geschäftsstelle Wahlen, Hans-Joachim Grochocki, habe man das Ergebnis wegen fehlender Zahlen in einer Reihe von Wahllokalen nur schätzen können und sich dabei an den benachbarten Wahlkreisen orientiert. Die Kreiswahlleiterin Regina Fehler rechtfertigt das damit, dass man ‚gezwungen‘ gewesen sei, dem Landeswahlleiter ein Ergebnis zu liefern. Dieser bedauerte, dass es für Schätzungen keine Regeln gäbe.“

Regina Fehler. Pi mal Daumen. Nomen est omen. Eine lateinische Redensart. Der Name ist Programm. Erstmalig vermutlich von Plautus verwendet, einem römischen Komödiendichter. Als was arbeitet dann der Führer?

Und wohin haben die Neuauszählungen in Hessen geführt?

„Das endgültige Ergebnis weicht nicht wesentlich vom vorläufigen Ergebnis ab.“

Bei nur …:

„… geringfügige[n] Korrekturen für einzelne Wahlbezirke.“

Donnerwetter.

Und die abgegebenen Stimmen ruhen friedlich in der Urne.

Auszählungskreativität gibt es nicht nur in Hessen:

„Einen der spektakulärsten Fälle der jüngeren Vergangenheit gab es 2015 in Bremerhaven, wo eine unbeaufsichtigte Schülergruppe die Stimmauszählung vornahm. Die jungen Weltverbesserer sorgten dafür, dass die AfD zunächst die 5%-Hürde verfehlte.“

Die Kreativauszähler fanden …:

„… allerdings wenig mediale Beachtung, waren die Schüler aus Sicht vieler Journalisten und der Landespolitik doch in ehrenwerter Mission unterwegs.“

Eine unbeaufsichtigte Schülergruppe als Kreativauszähler. In ehrenwerter Mission. So das Urteil der Medien.

Karlsruhe hatte auch ein Urteil gesprochen. In Sachen Wahlrecht. Schwierig? Nein:

„Ganz einfach: Damit steht fest, dass unter der Geltung des Bundeswahlgesetzes noch nie ‚der verfassungsmäßige Gesetzgeber‘ am Werk war.“

Außerdem müsse man in jedem Verfahren, dem nachkonstitutionelles Recht zugrunde liege, einwenden, dass eben dieses Gesetz wegen verfassungswidrigen Zustandekommens selbst verfassungswidrig und damit nichtig sei. So Lutz Schäfer.

Und weiter? Der verfassungswidrig gewählte Bundestag könne sich nicht einfach hinsetzen und als

„verfassungswidriges BRD-Organ einfach ein neues Wahlgesetz (oder irgendein anderes Gesetz) beschließen“.

Im Übrigen gehöre der gesamte Bundestag sofort aufgelöst. Und die Regierigen gleich mit. So Lutz Schäfer. Und der Phantasie seien auch keine Grenzen mehr gesetzt.

Phantasie. Was sagt der Führer?

„Wenn ich auf den Berg gehe, ist es nicht nur der Schönheit der Landschaft wegen. Die Phantasie wird da viel angeregter, ich bin vom Kleinkram weg und weiß dann: das ist besser, das ist richtig, das führt zum Erfolg. Wenn man an einem Ding herummurkst, da wird der Kleinkram übermächtig. Nachts sehe ich oft stundenlang von meinem Schlafzimmer aus auf die Berge hinaus, da kommt die Klarheit.“

Und was den Bundestag angeht: Gehen in großen Räumen regt die Phantasie an. Was sagt der Führer?

„Der große Raum beflügelt meine Phantasie. Oft bin ich doch nachts allein zum Kartensaal. Ich kann da auf und nieder gehen, im Gehen fällt mir etwas ein.“

Gut. Eine Firma, die rückabgewickelt wird. In der so gewählt werden kann, wie gewählt werden soll. Ausgenommen der Hauptverantwortliche. Eine Firma, in der kreativ gezählt wird. Und in der die Wähler schief gewickelt sind. Und das Wahlgesetz nichtig ist.

Dazu fällt einem auch im Gehen nichts mehr ein.

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Quelle und Kommentare hier:
http://n8waechter.info/2018/11/von-xantens-kolumne-die-firma/