Die BRD scheißt auf das Völkerrecht

Von Marco Maier

Eine Teilnahme der Bundeswehr an „Strafaktionen“ gegen Syrien wäre völkerrechtswidrig. Doch das kümmert die Berliner Kriegstreiber wenig.

Noch vor wenigen Jahrzehnten sang man mit freudiger Stimme „Bomben, Bomben, Bomben auf Engeland“, heute scheint man es in Berlin erneut gar nicht mehr abwarten zu können, Bomben abzuwerfen – nur dieses Mal über Syrien. Vor lauter Kriegsgeilheit und dem absoluten geopolitischen Nichtverständnis in die Irre geleitet, wollen führende Politiker von Union, FDP und Grünen im Falle eines Giftgaseinsatzes während der Rückeroberung von Idlib den Amerikanern, Briten und Franzosen dabei helfen, die syrischen Regierungstruppen und Regierungseinrichtungen zu bombardieren.

Wenn die Amerikaner in Berlin nachfragen, ob man nicht auch die Bundeswehr in völkerrechtswidrige Angriffskriege schicken möchte, springt das Transatlantikerherz im Dreieck und so manches Höschen wird offenbar feucht, beim Gedanken daran, endlich auch mal wieder militärisch eine Rolle auf der Welt zu spielen.

Wenn man dafür einen ziemlich sicher unter falscher Flagge durchgeführten Giftgasangriff der Islamisten als Grundlage hernehmen muss – was soll’s? In Berlin kümmert man sich genausowenig wie in Paris, London oder Washington um Beweise.

Anschuldigungen reichen vollkommen aus, um Menschen zu töten und sich über das internationale Recht hinwegzusetzen.

Dass ein solcher Angriff völkerrechtswidrig ist, zeigt schon ein Sachstandsbericht des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags zu den US-amerikanisch-britisch-französischen Luftangriffen vom 14. April in Syrien. Dort heißt es, die Angriffe unterschieden sich

„in ihrer völkerrechtlichen Bewertung … nicht grundsätzlich von jenem Militärschlag“, den Vereinigten Staaten „im April 2017 im Alleingang gegen die syrische Luftwaffenbasis Schairat geführt“ hatten. Der damalige US-Luftangriff wiederum sei von Fachleuten „einhellig als völkerrechtswidrig bezeichnet worden“.

„Völkerrechtliche Repressalien“ – gemeint sind militärische Vergeltungsschläge – seien „auch dann“ grundsätzlich verboten, „wenn ein Staat einen internationalen Vertrag wie die Chemiewaffenkonvention … verletzt und mit dem Einsatz von Massenvernichtungswaffen ein Kriegsverbrechen begangen“

habe:

„Die Verletzung einer Völkerrechtsnorm durch einen Staat begründet keinen ‚Blankoscheck für unilaterale Zwangsmaßnahmen‘ seitens einer ‚Koalition der Willigen‘.“

Für ein etwaiges Vorgehen gegen Kriegsverbrechen sehe das internationale Recht „rechtsförmige Mechanismen“, etwa „im Rahmen der Chemiewaffenkonvention“, vor.

Schwer wiege es,

„dass im Falle der alliierten Militärschläge vom 14. April 2018 die Ergebnisse der OPCW-Untersuchungen nicht einmal abgewartet wurden“.

Aber das wird von den Politikern von Union, FDP und Grünen geflissentlich ignoriert. Immerhin geht es hier um den „bösen Assad“ und um die „bösen Russen“.

Dass die Amerikaner die sunnitischen Islamisten in Syrien nur deshalb unterstützen, um so die Bildung eines „schiitischen Halbmonds“ unter iranischer Kontrolle verhindern wollen und dabei riskieren, dass sich brutale islamistische Terrorregimes dort etablieren, ist diesen transatlantischen Bücklingen völlig egal.

Sofern sie überhaupt auch nur einen Gedanken daran verschwendet haben, denn in Sachen Geopolitik sind die Deutschen mangels entsprechender Geschichte interkontinentaler Großreiche Sonderschüler. Selbst das mittlerweile kleine Österreich verfügt hier Dank der Habsburgermonarchie über deutlich mehr Sachkenntnis.

Rot-Grün unter Schröder und Fischer haben schon einmal die Bundeswehr in einen völkerrechtswidrigen Einsatz geschickt – und zwar gegen Jugoslawien.

Dass die (Oliv-)Grünen – wie man offensichtlich erkennt – daraus nichts gelernt haben, war zu erwarten. Auch ist es kaum verwunderlich, dass Union und FDP darauf drängen, immerhin sind dort die meisten Transatlantiker vertreten. Doch dass die Menschen in Deutschland weiterhin solche Parteien unterstützen, das sollte einem zu denken geben.


Quelle und Kommentare hier:
https://www.contra-magazin.com/2018/09/die-deutsche-politik-scheisst-auf-das-voelkerrecht/