Eine fürchterlich einfache Masche

von frank jordan

Der Mensch tut und erschafft Dinge, um einen Zustand zu verbessern. Keine Erfindungen, Entdeckungen und Innovationen wären je gemacht worden, keine Arbeit würde erledigt, keine Bücher geschrieben, keine Studien betrieben ohne diesen Grundantrieb der Optimierung eines Zustandes hin zu einem idealeren Zustand. Wohlstand, Komfort, Sicherheit wären ohne ihn noch heute ganz und gar unbekannte Dinge.

Der Mensch ist nun das einzige Wesen, das in der Lage ist, an diese Achse zwischen Ist und Soll einen moralischen Massstab anzulegen und sein Tun im Hinblick auf dessen Wirkung auf andere zu bewerten. Wo einer allein auf einer Insel lebt, ist Moral ganz und gar unerheblich.

Über lange Zeit ruhte diese Moral auf dem Glauben und tut es in abnehmendem Mass noch heute, dass es eine allem Menschlichen übergeordnete Instanz gäbe, die eines Tages jeden für sein Tun persönlich zur Rechenschaft ziehen würde. Die Maxime, um am Tag der Abrechnung mit “bestmöglichen Zahlen” dazustehen lautete: Was Du nicht willst, dass andere dir tun, das tue auch keinem anderen. Morden- auch rufmorden – rauben, lügen, hintergehen, betrügen, denunzieren waren und sind vor einem solchen Hintergrund ebenso fehl am Platz wie das Sich-Überheben, Machtgier und Neidzerfressenheit. Es waren und sind Ewigkeitswerte, die allem menschlichen Streben die Zügel überstreiften.

Bezeichnend für jede Instanz mit Herrschaftsanspruch ist nun erstens, dass die Menschen, die sie konstituieren, sich zuerst als Wächter dieser Werte präsentieren, dass es sich bei ihnen zweitens um Individuen handelt, die zur realen Optimierung von Zuständen nie etwas beigetragen haben und dass sie drittens behaupten, Spezialisten der Moral zu sein, was sie befähige die aktuell gültige dergestalt zu verbessern, dass der Mensch freier und die Welt gerechter würde.

Es sind Leute, die weder im Umfeld einer freien Wirtschaft eigenen Reichtum erarbeitet, noch Erfindungen, Innovationen und Entdeckungen gemacht haben, aber genau zu wissen vorgeben, wer, wie, wann, zu welchem Preis und durch wen was leben und wirken darf damit ein universeller Idealzustand erreicht werden könne.

Das Problem, das diese Menschen jedoch stets zu gewärtigen haben und das die Herrschaft gefährdet, ist jenes der konkurrierenden Ideen. Ideen anderer, die auch eine Optimierung der Zustände wollen und anstreben, aber auf anderem Weg oder auf andere Art. Lässt man es zu, findet man sich unversehens in einem Wettstreit von Ideen und Argumenten wider. Theorien – egal von welcher “Seite” – stehen im Kugelregen harter, strenger, kritischer Diskussion. Es gewinnen nicht jene der Lautesten, sondern jene, die der härtesten Kritik und Prüfung standhalten.

Was hilft dagegen? Es ist stets dasselbe – eine fürchterlich einfache Masche des Überbordwerfens aller “ewigen Werte” und aller Sachlichkeit zugunsten einer “neuen” moralischen Bewertung. Erst die konkurrierende Idee und wenn das nicht reicht, die Menschen, die sie vertreten. Die Idee ist nicht länger nach rationalen Kriterien bewertbar, richtig oder falsch, sondern “schlecht”, “ungerecht”, “extrem”. Die Menschen, die sie vertreten “Hassende”, “Hetzer”, “Radikale”, “Leugner”.

Und es funktioniert stets und wird es auch diesmal wieder – mitten hinein in eine Neuauflage totaler Herrschaft inklusive der Klimax genozidaler Gerechtigkeit. Wir sind schon ziemlich weit, wie am Beispiel einer Broschüre der Friedrich Naumann Stiftung, welche jährlich mit rund 50 Millionen Steuergeld finanziert wird, zu sehen ist.

Der Titel der Broschüre lautet: “Der richtige Umgang mit rechtsradikalen Parolen”. So weit so unspektakulär, wenn man noch dem “alten Massstab” folgt, nachdem “rechsradikal” gleichzusetzen ist mit Führergefolgschaft, Rassenreinheit und Massenmord. Dass eine Stiftung “für Freiheit” sich dem Kampf gegen solches widmet, erscheint selbstverständlich.

Aber weit gefehlt: Was bei der Lektüre der Broschüre klar wird, ist, dass alles und jeder unter diesen “Titel” fällt, was der staatlichen Moral, den staatlichen Ideen des Ist und des Soll widerspricht. Die politische Opposition in Gestalt der AfD ebenso, wie “Verschwörungstheoriker”, “Versunsicherte”, “den Staat Hassende” und “Ängstliche”.

Sehen Sie es? Keine Fakten, keine Ideen, keine Argumente. Nur dies eine: Gefühl und Moral. Kritiker und Hinterfragende werden nicht nach ihren konkurrierenden Ideen und Gegenvorschlägen gefragt, sondern einfach zu “Hassenden”. Hass ist schlecht. Hassende sind zu meiden. Hass macht Angst. Ideen sind da völlig sekundär.

Man ist sich weder zu schade, noch zu gut, grossartige Denker und Ökonomen wie Ludwig von Mises und Friedrich August von Hayek als intellektuelle Einstiegsdroge zum Rechtsradikalismus zu denunzieren, noch staatskritische und der individuellen Freiheit verpflichtete Unternehmer und Verleger wie André Lichtschag steuergeldfinanziert und breit gefächert (die Broschüre ist kostenlos und wird laufend beworben) gezielt zu schädigen und fertig zu machen.

Solches sollte zutiefst ängstigen. Zumindest aber nachdenklich machen. Denn eines tritt dadurch zum Glück sehr deutlich zutage: Die sich solcherart präsentierende Variante von “mehr Demokratie wagen” und “Freiheit” lässt nur eine begrenzte Anzahl von Meinungen zu: Eine einzige. Ihr Anstrich von “Buntheit” und “Diversity” wird noch eine Zeitlang über diese Alleinstellung hinwegtäuschen können. Irgendwann – und dann wird es zu spät sein – wird sie sich als das entpuppen, was sie ist: ein Befehl. Die für alle Obrigkeit idealtypische Variante von Unfreiheit.

 


Quelle und Kommentare hier:
https://frankjordanblog.wordpress.com/2019/01/31/eine-fuerchterlich-einfache-masche/