Schule als staatliches Herrschafts- und Verformungs-Instrument

von Herbert Ludwig

„Eine allgemeine Staatserziehung ist eine teuflische Erfindung,
um das Volk ganz nach Schablonen zu formen.“
John Stuart Mill (1806-1873), englischer Philosoph

Immer wieder empören sich Eltern über den Inhalt der Sexualerziehung in den staatlichen Schulen, wo „altersgemäß“ unterrichtet werden soll:

Selbstbefriedigung zwischen 0 und 4 Jahren, Homosexualität zwischen 4 und 6, Empfängnisverhütung zwischen 6 und 9, Gender-Orientierung zwischen 9 und 12 und Sex zwischen 12 und 15 Jahren.“

Wo 4. Klässler als Hausaufgabe beschreiben sollen, was ein Orgasmus ist; oder wo nach einem Standardwerk für 6.Klässler zum Thema Liebe zur Auswahl stehen:

„mindestens jeden zweiten Tag Sex haben, mit anderen ins Bett gehen oder Oralverkehr“. „Was halt so ansteht im Sexualleben eines Zwölfjährigen“, wie die SZ ironisch anfügt.1

Ein kleiner Teil der Eltern protestiert auch heftig in Demonstrationen und Petitionen gegen diese staatliche Frühsexualisierung der Kinder.

„Aber noch immer ist das Vertrauen der Deutschen in den Staat und das Schulsystem so groß, dass am Wegesrand noch die große Mehrheit schlummert, getreu dem Motto: So schlimm wird es doch nicht sein“,

beklagt Dr. Wolfgang Leisenberg in seinem unten angemerkten Referat.

Doch worauf er hier im Zusammenhang der Sexual- und Gendererziehung hinweist, muss man verallgemeinern: Das überkommene Vertrauen der Deutschen in den Staat und sein Schulsystem ist überhaupt kaum zu erschüttern. Staatliche Bildung ist einfach selbstverständlich. „Wie soll es denn auch sonst gehen?“ Und selbst die partiell Empörten erkennen nicht, dass mit Protesten prinzipiell gar nichts zu ändern ist, selbst wenn sie vereinzelt mal in Teilen etwas bewirken. Die grundsätzliche Macht des Staates und seines Schulsystems über den Bürger ist das eigentliche Problem, das die beklagten Probleme erst hervorbringt.

Der Obrigkeitsstaat

Der Staat bestimmt über Gesetze und Bildungspläne die Art der Schulen des staatlichen Bildungssystems und was in ihnen gelehrt und unterrichtet werden soll. Das Bewusstsein der Kinder, ihr Bildungshorizont, ihre Einstellungen und Meinungen zum Leben, zu anderen Menschen, zur Gesellschaft und eben auch zum Staat werden in seinen Schulen stark geprägt. Die Eltern haben darauf keinen Einfluss. Sie müssen als Untertanen hinnehmen, was in dieser Beziehung die „Obrigkeit“ mit ihren Kindern vollzieht. Der Staat ist aber in der Demokratie kein über dem Menschen thronendes Wesen. Die angemaßte „Obrigkeit“ besteht aus Vertretern der Parteien, die die Schaltstellen der Staatsmaschine in der Hand haben und vielfach nicht für das Wohl der Menschen, sondern für ganz andere Interessen missbrauchen.

Ob es der Adel und die Parteien des Kaiserreichs, die Parteien der Weimarer Republik, dann die Nationalsozialisten waren und heute die jeweils an der Macht befindlichen Parteien sind – immer können die gerade Herrschenden über das Instrument des staatlichen Bildungssystems die Jugend nach ihren Interessen und ihrem Willen formen. Das System der hierarchischen Anordnungsstruktur des Staates über den Menschen, in der die einzelnen Schulen und Lehrer nur gehorsame Ausführungsorgane sind, ist immer dasselbe. Dieses System ist das eigentliche demokratische Problem.

Ursprung im Absolutismus

Der heutige Staat ist erst im Absolutismus des 17. und 18. Jahrhundert entstanden. Der Monarch hatte sich vom übrigen Adel, in den er im Mittelalter noch vielfach als primus inter pares (Erster unter Gleichen) eingebettet war, und von den übrigen Reichsständen abgelöst und beanspruchte die alleinige, umfassende Herrschaft aus eigener, von Gott hergeleiteter Machtvollkommenheit. Er vereinigte die Regierungsgewalt, die Gesetzgebung und das höchste Richteramt in seiner Person. Zugleich leitete er einen alle Lebensbereiche umfassenden Verstaatlichungsprozess ein, wie es ihn im Mittelalter nicht gegeben hatte. Zu den politisch-rechtlichen Regelungen des Zusammenlebens bezog er nun auch das kulturell-geistige Leben (Religion, Wissenschaft, Kunst) und die Wirtschaft in der damaligen Form des Merkantilismus voll in die staatliche Verwaltung ein, die von einer hierarchischen Beamtenapparatur im Dienste und für das Interesse des Königs gelenkt wurde.

Schillerndste Ausprägung des Absolutismus war der Hof Ludwig XIV. (1643-1715) in Versailles, des „Sonnenkönigs“, der sich wie die göttliche Sonne als Mittelpunkt des ganzen Staates empfand, von der alles erleuchtet wird. Sein Tageslauf war zeremoniell wie der eines Gottesdienstes geordnet. –

Es war im Grunde der nachahmende Rückgriff, die krampfhafte Karikatur der vorchristlichen ägyptischen und mesopotamischen Theokratien. In diesen war aber

das Gottesgnadentum eine heilige Realität, und die ´absolute Monarchie`, wenn wir diesen modernen Ausdruck einmal auf diese Zeiten anwenden dürfen, hatte die urälteste spirituelle Berechtigung aus den ganzen Entwicklungs- und Bewusstseinszuständen der Menschen.“

2Der Pharao musste in den Mysterien eine strenge Schulung der Selbstlosigkeit bis zur Einweihung in höhere, spirituelle Erkenntnisse durchmachen. Er  war den Menschen daher ein auf Erden erschienener Gott, ein Sohn des Himmels, dessen Macht keine äußere Gewalt bedeutete, sondern in der überlegenen göttlichen Weisheit und Güte bestand, aus der heraus er alle Lebensbereiche der Menschen, das geistig-religiöse, das politisch-gemeinschaftliche und das wirtschaftliche Leben zu ihrem Heile ordnete und leitete, wozu sie selbst noch nicht imstande waren.3

Dies hatte noch im Gottesgnadentum der mittelalterlichen Könige teilweise abgeschattet nachgewirkt, war aber durch die Freiheitsentwicklung des Menschen im weitervererbten Fürstentum der Neuzeit hohl geworden. Der absolute Monarch war auch nicht durch eine Mysterienschulung gegangen und hatte sein Ego geläutert. Er hatte es vielmehr in ungeheurem Größenwahn aufgebläht, so dass es das gesamte gesellschaftliche Leben als sein Eigentum, als seinen Staat, umfasste und sich mit diesem identifizierte: „L´État, c´est moi.“ (Der Staat bin ich.)

Der demokratische Einheitsstaat

Mit der Französischen Revolution ging die Macht vom absoluten Monarchen theoretisch auf alle Bürger über. Aber der vom Absolutismus übernommene Machtapparat über die Menschen blieb nicht nur bestehen, sondern wurde noch weiter ausgebaut und konnte hinter den Kulissen von einer kleinen Politikerkaste gelenkt werden. Denn der Staat behielt im Gefühl der Menschen sozusagen seine königliche Bedeutung. Die Verehrungs- und Ergebenheitsgefühle, die das blendende absolute Königtum auf sich zog, strömten später unbewusst dem Staate als solchem zu. Von daher rührt der tiefgehende Einfluss, die quasi suggestive Autorität, die der Staat auf das Fühlen und Denken der Menschen in den letzten Jahrhunderten hat ausüben können.

Nur wenige kritische Geister wie Friedrich Nietzsche haben dies zu thematisieren versucht. In seinem „Also sprach Zarathustra“ nannte er den Staat „den neuen Götzen“:

„Staat? Was ist das? Wohlan! Jetzt tut mir die Ohren auf, denn jetzt sage ich euch mein Wort vom Tode der Völker.
Staat heißt das kälteste aller kalten Ungeheuer. Kalt lügt es auch; und diese Lüge kriecht aus seinem Munde: ´Ich, der Staat, bin das Volk.` …
Aber der Staat lügt in allen Zungen des Guten und Bösen; und was er auch redet, er lügt – und was er auch hat, gestohlen hat er’s. …
´Auf der Erde ist nichts Größeres als ich: der ordnende Finger bin ich Gottes` – also brüllt das Untier. Und nicht nur Langgeohrte und Kurzgeäugte sinken auf die Knie! …
Ja, auch euch errät er, ihr Besieger des alten Gottes! Müde wurdet ihr im Kampfe, und nun dient eure Müdigkeit noch dem neuen Götzen! …“

In der materialistischen Zeit wurde für viele der Staat als vermeintlich höchstes irdisches Wesen unbewusst zum Ersatz für die Verehrung des verlorenen Gottes. Der Staat wurde zum Götzen. Charakteristisch für diesen über allem stehenden Götzen ist der Begriff „Staatsraison“. Sie ist ein bereits in der Renaissance, vor allem von Machiavelli formuliertes Orientierungs- und Handlungsprinzip, das die Erhaltung und Förderung des Staates zur obersten politischen Maxime erklärt. Staatsräson steht als Staatsnotwendigkeit, auch wenn sie sich im Gegensatz zur individuellen Vernunft und Notwendigkeit befindet, über diesen. Sie ist ein

„Grundsatz, dem zufolge oberster Maßstab staatlichen Handelns die Wahrung und Vermehrung des Nutzens des Staates ist, auch unter Inkaufnahme der Verletzung von Moral- und Rechtsvorschriften“ (Wikipedia).

Staatsraison ist quasi eine höhere, übermenschliche Moral. So sagte Angela Merkel am 18. März 2008 vor dem israelischen Parlament:

„Diese historische Verantwortung Deutschlands ist Teil der Staatsräson meines Landes. Das heißt, die Sicherheit Israels ist für mich als deutsche Bundeskanzlerin niemals verhandelbar.“ 4

Es ist für eine wirkliche Demokratie von zentraler Bedeutung, dass diese Dinge durchschaut werden, damit der Bann gebrochen wird, der von der Suggestion des Götzen Staat ausgeht, dessen Macht gerade darauf beruht, dass er nicht durchschaut wird.

Worauf es heute vor allem ankommt, wäre, dass der einzelne Mensch sich im Denken, Fühlen und Wollen auf sich selber stellen lernte. Das wird durch nichts mehr hintangehalten als durch die Gesinnung, die immer noch zum Staate wie zu einem höheren Wesen aufschaut, das über alles seine Fittiche breitet und auf das Rudolf Steiner gelegentlich halb scherzhaft die Worte anwandte, die (in Goethes „Faust“) Faust zu Gretchen – über Gott! – sagte: „Der Allumfasser / Der Allerhalter / Fasst und erhält er nicht / Dich, mich, sich selbst?“ 5

Dieser Allumfasser und Allerhalter lähmt heute wie unter einem hypnotischen Einfluss in hohem Maße die individuelle Initiative und das individuelle Verantwortlichkeitsgefühl der Menschen.

Die Instrumentalisierung des Bildungssystems

Der absolutistische Staat, der im 18. Jahrhundert das Schulwesen von den Kirchen übernahm, benutzte gezielt die Pädagogik als Mittel, um seine Macht und seinen Reichtum zu vermehren.

Der Grundsatz, ´das Kind gehört dem Staat´, den jede totalitäre Staatsform vertritt, war hier bereits vorweggenommen. ´Die gefährlichste Verobjektivierung des pädagogischen Ziels´ lag darin, dass sich die Sorge nicht auf das Gedeihen des Heranwachsenden richtete, sondern auf seine künftige Brauchbarkeit, seine ´Leistung´ (Hermann Nohl). Das Schulwesen stand in erster Linie im Dienste der merkantilistischen Wirtschaftspolitik, der Zwecke des Militärs und der Verwaltung. (…) Die Auswahl der zu fördernden Eigenschaften war von der durch den ´Staat´ geforderten Brauchbarkeit festgelegt.“ 6

Insbesondere über das Prüfungs- und damit verbundene Berechtigungswesen, sowie den Beamtenstatus der Lehrer übte der Staat einen starken Anpassungs- und Lenkungsdruck auf die Schulen aus. Für die 1788 erfolgte Einführung des Abiturs in Preußen, dem Vorbild für alle anderen berechtigenden Prüfungen, ist anfangs sicher der Wunsch nach für das Studium gut vorbereiteten Studenten veranlassend gewesen.

Sehr schnell aber entdeckten diejenigen, die das herrschende Staats- und Untertanenverständnis repräsentierten, die ungeheuren Möglichkeiten, die dieses Prüfungs- und Berechtigungsmonopol für ihre Ziele bot. Indem die staatlichen Schulbehörden den Kanon der im Abitur zu fordernden Kenntnisse und Leistungen vorschrieben, mussten alle Gymnasien ihre Schüler auf die feststehenden Bildungsvorstellungen des Staates ausrichten.

Denn um zum Universitätsstudium zu kommen, gab es keinen anderen Weg als den Flaschenhals der staatlichen Berechtigung. Da man nur das als Bildung anerkannte, was staatlich beglaubigt wurde und was die Staatsschule Bildung nennen musste, war folglich auch nur der begabt, der die staatlichen Anforderungen erfüllte. Damit wurde die Schule primär für die Zwecke des Staates okkupiert.

Dieses obrigkeitsstaatliche System herrscht noch heute. So wie der Staat im Absolutismus dem Ego und den Interessen des ihn repräsentierenden und lenkenden Herrschers zu dienen hatte, so dient er heute dem Ego und den Interessen der ihn jeweils lenkenden Parteien-Clique. Diese haben ihn ebenso als ihr Eigentum okkupiert und ihn „sich zur Beute gemacht“, wie der Staatsrechtler von Arnim treffend bemerkte. „L`État, c`est nous“, denken sie entsprechend. Der Staat sind wir. Nicht das wesenlose Konstrukt „Staat“ handelt, sondern die Menschen an den Schalthebeln der Staatsmaschine, die nicht die Interessen aller Bürger, sondern knallhart ihre eigenen Partei-Interessen und Ideologien oder diejenigen hinter ihnen stehender Gruppen verfolgen.

Niemand kann übersehen, in wie starkem Maße wirtschaftliche und politische Forderungen, also außerpädagogische Interessen, in den staatlichen  Lehrplänen und Prüfungsrichtlinien eigezogen sind. Seit etwa zwanzig Jahren wird das bisherige Schul- und Hochschulsystem, in das Wilhelm von Humboldt wenigstens noch ein allgemeines Bildungsideal eingefügt hatte, mit einer noch nie dagewesenen Radikalität in Richtung eines an ökonomischen Interessen orientierten Schul- und Hochschulunterrichts ausgerichtet.

In Zusammenarbeit mit übernationalen Organisationen wie EU und OECD verfolgen die Staaten und insbesondere auch Deutschland heute das Ziel, dass der junge Mensch nicht mehr im Sinne der christlichen Humanitätsideale Europas zur autonomen, sich selbst bestimmenden Individualität gebildet, sondern zu immer neuer Anpassung an die abstrakten Anforderungen der Wirtschaft befähigt werden soll. Die Fähigkeit und Bereitschaft zur Anpassung gelten als Schlüsselkompetenzen. So heißt es bereits 1961 bei der OECD programmatisch in unmissverständlicher Offenheit:

Heute versteht es sich von selbst, dass auch das Erziehungswesen in den Komplex der Wirtschaft gehört, dass es genauso notwendig ist, Menschen für die Wirtschaft vorzubereiten wie Sachgüter und Maschinen. Das Erziehungswesen steht nun gleichwertig neben Autobahnen, Stahlwerken und Kunstdüngerfabriken.“

Intellektuelle Fähigkeiten gelten als eine Form des wirtschaftlichen Kapitals, das wie ein Spinnrad oder eine Getreidemühle als Produktionsfaktor wirtschaftlichen Ertrag bringt.7

Auch die Hochschulen, die seit Humboldt trotz ihrer staatlichen Einrichtung und Finanzierung eine gewisse innere Unabhängigkeit geltend machen konnten, sind heute durch den Bologna-Prozess zu Instrumenten außerwissenschaftlicher Ziele geworden. Eine Formulierung in der Bologna-Erklärung macht deutlich, dass es darum geht,

die arbeitsmarktrelevanten Qualifikationen der europäischen Bürger ebenso wie die internationale Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Hochschulsystems zu fördern.“

Daraus spricht der ökonomistische Geist der neoliberalen, eng mit der OECD verbundenen EU, denen es grundsätzlich um die Ausrichtung von Wissenschaft und Forschung auf die Interessen und Ziele der profitorientierten kapitalistischen Wirtschaft geht, nicht um unabhängige Wissenschaft und nicht um Bildung.8

Die Sexualisierung der Kinder

Mit der Sexualpädagogik und Erziehung zur „Toleranz und Akzeptanz sexueller Vielfalt“ erreicht die staatliche Verformung der Kinder einen weiteren Höhepunkt. Mit der frühen Sexualisierung, durch die die sexuellen Vorgänge und Problematiken frühzeitig ins Bewusstsein der Kinder gezerrt werden, wird systematisch die natürliche Scham zerstört – mit gravierenden Folgen, auf die sogar Sigmund Freud warnend hingewiesen hat:

Der Verlust des Schamgefühls ist das erste Zeichen von Schwachsinn. … Kinder, die sexuell stimuliert werden, sind nicht mehr erziehungsfähig … Die Zerstörung der Scham bewirkt eine Enthemmung auf allen anderen Gebieten, eine Brutalität und Missachtung der Persönlichkeit des Mitmenschen“.

Das Lernen besteht eigentlich in einem Vorgang, in dem die körperlichen Abläufe und störenden seelischen Befindlichkeiten zurückgedrängt werden müssen, um sich ganz in einen rein geistigen Gedankenprozess erheben zu können. In dem Maße in dem man sexuelle Vorgänge, die mit Lust verbunden sind, ständig stimuliert, werden Gefühlsleben und Bewusstsein der Kinder davon besetzt und wirken störend und blockierend in ein lernendes Weltinteresse hinein. Das Kind wird auf das Erleben seines Leibes reduziert.

Weitere damit verbundene Intentionen dieser „Pädagogik“ werden aus den Worten des Experten Prof. Dr. Hans-Jochen Gamm deutlich, die in einem offiziellen Lehrerhandbuch des Landes Hessen stehen:

„Wir brauchen die sexuelle Stimulierung der Schüler, um die sozialistische Umstrukturierung der Gesellschaft durchzuführen und den Autoritätsgehorsam einschließlich der Kinderliebe zu den Eltern gründlich zu beseitigen.“ 9

Ungeheuerlich. Hier wird offen die Zerstörung der natürlichen Bindung der Kinder an die Eltern und damit die Zerstörung der Familie propagiert. Das ist Kennzeichen eines totalitären Regimes.

Die Gendererziehung geht von der ideologischen Fiktion aus, das Geschlecht sei eine von der Gesellschaft aufgezwungene und dann verinnerlichte Rollenzuschreibung.

Gender ist das soziale Geschlecht – also das Geschlechterverhältnis, das die Gesellschaft prägt und strukturiert. Männer und Frauen sind dabei keine homogenen Interessensgruppen“,

heißt es einer vom Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familien und Senioren verfassten „Arbeitshilfe zur Umsetzung von Gender Mainstreaming in den Ministerien des Landes Baden-Württemberg“.10

Daher wird das Ziel verfolgt, diese sozial „konstruierten“ Geschlechter zu „dekonstruieren“ und den Kindern schon früh die mögliche sexuelle Vielfalt aufzuzeigen. Kinder seien noch unvoreingenommen und bräuchten nur etwas Ermunterung, Sexualität vielseitig zu denken. Ausdrücklich vertritt das Autorenteam um die bekannte Pädagogin und Soziologin der Universität Kassel, Prof. Elisabeth Tuider, die das Standardwerk „Sexualpädagogik der Vielfalt“ herausgegeben hat, die Ansätze der „dekonstruktivistischen Pädagogik sowie der (neo-)emanzipatorischen Sexualpädagogik“. Zu deren Zielsetzung gehört ausdrücklich die „Vervielfältigung von Sexualitäten, Identitäten, Körpern.“ 11

Die Dekonstruktion des natürlichen Geschlechts im Bewusstsein der Kinder hat eine ungeheure Verunsicherung und letztlich die Zerstörung der leiblich-seelischen Identität zur Folge. Dies ist offensichtliche auch das Ziel. In dem erwähnten Buch von Elisabeth Tuider findet sich der Satz, dass  „auch bewusst Verwirrung und Veruneindeutigung angestrebt werden“ werden solle.12 Dazu sagte der langjährige Vorsitzende des Deutschen Lehrerverbandes Josef Kraus:

Der abendländische Wertekonsens soll außer Kraft gesetzt werden und mit ihm alle Orientierung. Für mich sind diese Ansätze Dekadenz-Phänomene. Sie beginnen mit dem Verlust von Identität und Selbstachtung.“

Und Wolfgang Leisenberg zieht daraus den Schluss:

„Das heißt, der seiner Identität beraubte Mensch wird beliebig lenkbar, abhängig, unmündig und führungsgläubig.“

Und er zitiert einen schwedischen Vater, der gegen diese Politik und auch den gesellschaftlichen und finanziellen Druck, dem er ausgesetzt war, seine Kinder zu Hause erzogen hat:

Ich habe in diesem System viele Jahre verbracht. Ich habe dieses System unter allen möglichen Gesichtspunkten untersucht und kann keinen Gewinner dabei ausmachen als diesen: einen modernen säkularen Staat, der seine Bürger allmählich umformt, damit sie ein totalitäres System akzeptieren.“ 13

Hoheit über die Kinder

Dr. W. Leisenberg weist darauf hin:

„Der Staat bestimmt, wann die Kinder schulpflichtig werden; Tendenz immer früher. Der Staat bestimmt, wie lange die Kinder täglich die Schule besuchen müssen; Tendenz Ganztagsschule. Der Staat bestimmt die Unterrichtsinhalte und Erziehungsziele: Durchsetzung der Gender-Ideologie. … Es geht ganz eindeutig darauf hinaus, die Eltern aus der Erziehung herauszudrängen.“ 14

Der heutige Bundesfinanzminister Olaf Scholz brachte das Ziel bereits am 3.11.2012 als damaliger Generalsekretär der SPD, kurz nach Beginn der 2. Rot-grünen Regierung unter Gerhard Schröder, auf den Punkt:

„Die Regierung will mit dem Ausbau der Ganztagsbetreuung eine ‚kulturelle Revolution‘ erreichen. Wir wollen die Lufthoheit über unseren Kinderbetten erobern!“ 15

Doch die Unterrichtsinhalte und Erziehungsziele der Herrschenden sind nicht nur die Durchsetzung der Sexualisierung und der Gender-Ideologie, sondern, wie oben dargelegt, schon vorher die Abrichtung der Jugend auf „Kompetenzen“ zur Anpassung an die Anforderungen der profitorientierten kapitalistischen Wirtschaft und zum folgsamen Untertan des politischen Systems der gegenwärtigen Parteien-Oligarchie.

Der durchgehende pädagogische Skandal ist der Verrat an dem elementaren pädagogischen Grundsatz, den die Achtung vor der Unverletzlichkeit und Würde des sich entwickelnden Kindes gebietet: es ohne frühe Einengung auf irgendeinen äußeren Zweck in der allseitigen Entfaltung seiner Anlagen und Fähigkeiten zu fördern, damit es so vorbereitet wird, sich als mündiger Mensch in Freiheit selbst zu bestimmen. Alle Erziehung muss Erziehung zur Freiheit sein, sonst ist sie ein Verbrechen an der Kindheit. Und damit haben wir es im staatlichen Bildungssystem inzwischen weitgehend zu tun.

Fazit

Proteste gegen einzelne Inhalte des staatlichen Lehrplans sind wichtig, aber sie verändern nicht die zugrunde liegende Macht des Staates über das Bildungssystem. Dieses muss dem demokratischen Obrigkeitsstaat, der unübersehbar Fahrt zum totalitären Staat aufgenommen hat, völlig entzogen werden. Das Bildungswesen bedarf der Freiheit von staatlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeiten und Deformierungen.16  Der Staat hat ihm nur einen grundrechtlichen Rahmen zu setzen.

Dies zu erreichen, muss Ziel und Bemühen aller Bürger sein, wenn es nicht auf dieser abschüssigen Bahn in den Abgrund des menschenverachtenden Totalitarismus weitergehen soll. Ich weiß, wie schwer das ist. Aber es ist schon ein großer Schritt getan, wenn ein großer Teil der Bevölkerung von dieser Notwendigkeit überzeugt ist.

Erziehung zur Freiheit ist das Ziel aller wahren Pädagogik in einer freiheitlichen Demokratie. Zur Freiheit erziehen können aber nur Schulen und Lehrer, die selbst frei sind.

***

1    Siehe dazu den vorangehenden Artikel von Dr. Wolfgang Leisenberg
2    Karl Heyer: Machiavelli und Ludwig XIV., Stuttgart 1964, S. 214
3    Vgl. Der Staat als Instrument der Machtsucht …
4    bpb.de 30,1,2015
5    Karl Heyer: Wer ist der deutsche Volksgeist? Basel 19902, S. 82 f.
6    Carl-Ludwig Furck: Das pädagogische Problem der Leistung in der Schule,
Weinheim/Berlin 1967, S. 74, 75
7    Vgl. näher: Der marktradikale Griff
8    Vgl. näher: Wie die EU mit dem Bologna-Prozess
9    In: Handbuch für Lehrer – Anleitung zur Handhabung der Rahmenrichtlinien für   Sexualkunde in Hessen, zitiert nach dieweiterdenkerin.wordpress.com
10  Vgl. sozialministeriumb-w-de , S. 10
11  Vgl. Süddeutsche Zeitung 24.4.2014
12  a.a.O.
13  wie Anm. 1
14  Dr. W. Leisenberg a.a.O.
15  https://de.wikiquote.org/wiki/Olaf_Scholz
16  Vgl. „Freies Geistes- und Bildungswesen in: Allmächtiger Staat


Quelle und Kommentare hier:
https://fassadenkratzer.wordpress.com/2018/11/01/schule-als-staatliches-herrschafts-und-verformungs-instrument/