Monsanto, Bayer und die Medien – wer will wem ein Grab schaufeln?

von PPQ

Seit kurzem überschlagen sich die Pressemeldungen mit Hiobsbotschaften für den deutschen Chemiekonzern Bayer AG. Die Aktie „stürze massiv ab“, der Kauf von Monsanto „vernichtet 40 Prozent des Börsenwerts“ von Bayer und seit der Übernahme nehme der „Kurseinbruch kein Ende“. Alles Zitate aus der Freitagsausgabe der BILD-Zeitung, dem mächtigsten Massenblatt der Transatlantiker. Andere Mainstreammedien berichten in ähnlicher Weise.

Bayer-Bashing in den Medien – warum nicht VOR der Übernahme?

Ein Blick auf den Börsenkurs der letzten knapp 30 Jahre widerlegt diese künstliche Panikmache jedoch schnell: Zwar hat die Bayer-Aktie tatsächlich an Wert verloren gegenüber den Rekordjahren 2013 – 2016, aber insgesamt steht der Konzern heute immer noch dreimal so stark da wie noch bis Mitte der 1990er Jahre. Im BILD-Artikel mit der reißerischen Überschrift „Hat Bayer sich den Tod ins Haus geholt?“ wird nur ein kleiner Ausschnitt von 2016-2019 gezeigt, die gesamte Kursentwicklung jedoch ausgeblendet. Ein beliebter Trick, um tendenziös „berichten“ zu können.

der tendenziöse Bayer-Kursschnipsel in BILD
die tatsächliche Bayer-Kursentwicklung der letzten fast 30 Jahre

Die Frage, ob Bayer sich mit der Übernahme von Monsanto im Juni 2018 „den Tod ins Haus geholt“ hat, ist dennoch berechtigt. Nur warum wurde diese Frage von den Mainstreammedien nicht VOR der lange bekannten Übernahme von Monsanto gestellt? Warum fand damals keine lautstarke Kritik statt? Warum wurde damals nicht beleuchtet, was möglicherweise wirklich hinter dem wirtschaftlich widersinnig erscheinenden Deal steckte?

Wer holt sich freiwillig einen Klotz ans Bein?

Keine florierende Firma mit gutem Image würde sich freiwillig einen Klotz ans Bein binden, von dem sie vorher schon wissen musste, dass es ein Klotz am Bein sein würde, der insbesondere den guten Ruf ruinieren könnte. Doch Bayer tat es trotzdem. Ein Deal, der zum Himmel stank – aber unsere hochdotierten Topjournalisten rochen nichts davon oder hielten sich einfach die Nase zu. Auffallend uninteressiert und unkritisch begleiteten die führenden Massenmedien den Deal. Populismus betrieben sie nur gegen die umstrittenen Produkte von Monsanto, ohne jedoch den Deal an sich in Frage zu stellen. Monsanto war bis Juni 2018 über viele Jahrzehnte ein äußerst einflussreicher US-Konzern. Durften die US-hörigen BRD-Medien den Deal deshalb nicht mit Kritik behindern?

63 Milliarden US-Dollar hatte Bayer hingeblättert, um den massiv in die öffentliche Kritik geratenen US-Chemieriesen aufzukaufen. Die bislang höchste Kaufsumme, die weltweit für eine Konzernübernahme gezahlt wurde. Wer bezahlt so viel Geld, um sich damit todsicher ins eigene Knie zu schießen? Aktuell gibt sich Bayer-Vorstandschef Werner Baumann betont trotzig und beharrt auf der Richtigkeit dieses Deals. Baumann mimt den Ahnungslosen, verweist darauf, dass Bayer vor dem Kauf nichts über die Gesundheitsrisiken von Monsantos glyphosathaltigen Pestiziden gewusst habe. Schwache Begründung: Man hätte keinen Zugang zu internen Monsanto-Mails gehabt. Nun, die hätte es auch nicht gebraucht, denn das pfiffen die Spatzen ohnehin längst von den Dächern.

Skandale seit Jahrzehnten – und Bayer hat nichts gewusst?

Für die große Zahl der Schadensersatzklagen habe Bayer bislang keinerlei Rückstellungen gebildet, wird Baumann in BILD zitiert. Erstaunlich, denn die Klagewelle war schon seit Jahren ein öffentliches Thema und die Monsanto-Skandale sind teilweise seit Jahrzehnten öffentlich bekannt: Schon in den 1990er Jahren sorgte Roundup für massive Kritik. 1996 verbot der Staat New York dem Konzern, das Herbizid mit der irreführenden Bezeichnung „biologisch abbaubar“ zu verkaufen. Die ersten Klagen gegen Roundup waren zum Zeitpunkt der Bayer-Übernahme bereits 20 Jahre bekannt. 1998 verklagten die Bauern Simrall & Simrall den Konzern erfolgreich vor dem Berufungsgericht Missisippi.

Der Anniston-Skandal machte bereits Jahrzehnte vor der Übernahme Schlagzeilen. Fast 40 Jahre lang hatte Monsanto Millionen Tonnen PCB im nahegelegenen Snow Creek „entsorgt“, obwohl man seit 1930 um die giftigen Eigenschaften von PCB wusste. Im August 2003 endete der jahrzehntelange Prozess mit einem aufsehenerregenden Vergleich. Die 20.000 Einwohner der Stadt Anniston in Alabam wurden mit 390 Mio. US-Dollar von Monsanto entschädigt.

Im Februar 2012, sechs Jahre vor der Übernahme, wurde Monsanto vom Landgericht Lyon zivilrechtlich schuldig gesprochen, den 47jährigen Landwirt Paul Francois durch das Pflanzenschutzmittel „Lasso“ vergiftet zu haben. Obwohl die Gefährlichkeit des Mittels seit 1980 bekannt war, nahm Monsanto es nicht vom Markt.

Guter Chef, böser Chef – welche Rolle spielt Marijn Dekkers?

Bis zur Übernahme von Bayer hatten sich tausende Klagen in den USA und anderswo angesammelt, die nur darauf warteten, dass irgendein Gericht ein Grundsatzurteil fällt und den Weg für eine Klagewelle ebnet. Und von all dem wollen Baumann und sein Konzern nichts gewusst haben? In BILD hieß es am Freitag:

„Vorgänger Marijn Dekkers (61) soll gegen den Deal gewesen sein – Baumann griff zu.“

Ganz so war es aber nicht. Denn auch Baumann hatte anfangs nach seinem Amtsantritt 2016 noch erhebliche Zweifel. Das Finance Magazin schrieb am 30.11.2017:

„Der damals frisch zum CEO gekürte Baumann gestand, dass er den Monsanto-Deal anfänglich gar nicht wollte (…) Die Einarbeitung in seine neue Rolle hätte für ihn damals Priorität gehabt, so Baumann: „Wenn es nach mir gegangen wäre, dann wäre ich wahrscheinlich zu dem Ergebnis gekommen: auf gar keinen Fall“, erinnert sich Baumann.“

Aber dann wollte Baumann plötzlich doch und schob Gründe dafür vor, die eigentlich gar nichts mit Monsanto zu tun hatten, sondern angeblich mit der Konkurrenzsituation in Europa, wo sich der Agrarmarkt konsolidierte. Aber wie konkurrenzfähig kann ein Konzern sein, wenn er ein Unternehmen wie Monsanto schluckt, mit dem er sich den Ruf ruiniert?

Baumanns Vorgänger Marijn Dekkers bekommt hängt sich selbst die weiße Weste um, was von den Medien auch nicht hinterfragt wird. Er steht als der „Gute“ da, der dem Kauf von Monsanto schon immer kritisch gegenüber gestanden habe und der sogar Bayer-Aufsichtsrat Werber Wenning „gewarnt“ hätte und „auch deshalb vorzeitig“ aus dem Vorstand ausgeschieden sei, wie die WELT am 10.06.2016 berichtete.

Ausgerechnet US-Elitenmitglied Dekkers mimt den „Guten“

Das stimmt so allerdings nicht. Denn Dekkers hatte seinen Rücktritt bereits 2014 aus ganz anderen Gründen angekündigt und damals schon, lange bevor eine Übernahme von Monsanto konkret wurde, seinen Vertrag nicht mehr über 2016 hinaus verlängert. Auch Dekkers wirtschaftspolitischer Hintergrund spricht nicht dafür, dass er wirklich gegen die Übernahme von Monsanto war.

Der Niederländer mit US-Staatsbürgerschaft ist stark US-amerikanisch beeinflusst, hat sehr lange in den USA gearbeitet und ist dort auch in die Machtelite aufgestiegen. So ist Dekkers eines von 200 exklusiven Mitgliedern des US Business Council, dem nur die Spitzenmanager führender multinationaler Konzerne angehören dürfen. Ebenso exklusiv und auf 200 Mitglieder limitiert ist seine Mitgliedschaft in der global agitierenden US-Lobbyorganisation Business Roundtable, die auch eng mit der Rockefellerschen US-Denkfabrik „Aspen Institute“ verflochten ist.

Im Klartext: Der Ex-Bayer-Chef Dekkers vertritt ganz klar US-Wirtschaftsinteressen und das steht im absoluten Gegensatz zu seiner angeblichen Kritik an einem Verkauf von Monsanto. Warum das? Nun: Wer US-Interessen vertritt, kann eigentlich nichts anderes wollen, als dass a) Monsanto durch einen Milliardenverkauf noch mal Profite für seine US-Eigentümer bringt, b) die drohende Klagewelle von Monsanto auf einen Nicht-US-Konzern abgewälzt wird und c) das dieser betroffene Konzern selber daran kaputtgeht, um einen mißliebigen Konkurrenten der US-Industrie loszuwerden. Genau das alles scheint ja nun Stück für Stück wahr zu werden. Und Dekkers selber ist aus dem Schneider, weil er das Bayer-Schiff rechtzeitig verlassen hat.

Baumann und das Bilderberger-Treffen

Aber warum spielt der aktuelle Bayer-Chef Baumann dieses Spiel mit und segnete die Übernahme der US-amerikanischen Giftmischer ab? Dass er nicht wusste, welchen Teufelskonzern er sich da ins Haus holt, kann man sicher ausschließen. Er tat es also wider besseren Wissens. Lässt sich das allein mit Konkurrenzdruck erklären? Hatte Monsanto auf dem Saatgut-Sektor so viel zu bieten, dass es selbst einen ruinierten Ruf und massive Klagewellen wettmacht? Zumal Bayer im Gegenzug seine eigene Saatgut-Sparte dafür aufgeben und verkaufen musste, was ebenfalls ein viel zu wenig beleuchteter Aspekt bei diesem Deal ist.

Welche politische Rolle spielt die einmalige Einladung Baumanns zum Jahrestreffen der global einflussreichen Bilderberger Group? Baumann wurde genau ein einziges Mal zu diesem Treffen der globalen Eliten beordert, nämlich im Juni 2017 in die USA, als die Übernahmeverhandlungen mit Monsanto liefen, also VOR der Übernahme. NACH der Übernahme wurde Baumann bis dato nicht mehr eingeladen. Wer mit den Funktionen dieses Treffens vertraut ist, der ahnt schon, dass diese einmalige Einladung Baumanns durchaus mit der geplanten Übernahme zu tun gehabt haben könnte und dass es möglicherweise sogar der Wunsch gewisser Kreise war, dass Baumann diese Sache durchzieht.

Wie auf Bestellung: Klagewelle nach der Übernahme

Wer hat eigentlich dafür gesorgt, dass der US-Richter Vince Chhabria erst kurz NACH der Übernahme am 7. Juni 2018 dafür sorgte, dass die Klagewelle gegen Monsanto juristisch endlich geebnet wurde? Das kam quasi wie auf Bestellung: Jetzt haben die Deutschen Monsanto am Hals, jetzt kann es losgehen! Am 10. Juli 2018, sprach der US-Richter in San Francisco das Urteil, dass man Klägern das Recht auf einen Prozess nicht verwehren dürfe, nur weil das Erbringen eines lupenreinen Ursache-Wirkung-Nachweises eine „große Herausforderung“ sei. Nur einen Monat später folgte dann in San Francisco ein Meilenstein-Urteil: Erstmals beschäftigte sich ein Prozess mit der Frage, ob Glyphosat Krebs verursachen kann. Der Superior Court entschied zugunsten des Klägers und verurteile Monsanto zur Zahlung von 290 Mio. US-Dollar.

Da wird man schon irgendwie das Gefühl nicht los, dass mit diesen Gerichtsurteilen bewusst gewartet wurde, bis der Deal mit Bayer unterzeichnet war. Seitdem rollen immer mehr Klagen auf Monsanto bzw. auf Bayer zu. Jüngster Klageerfolg: Das Bezirksgericht von San Francisco verurteilte die neue Bayer-Tochter Monsanto im März 2019 zur Zahlung von 81 Millionen Dollar Schadenersatz an den 70-jährigen Rentner Edwin Hardeman. Er hatte das Herbizid jahrzehntelang auf seinem Grundstück eingesetzt und leidet heute an Krebs im Lymphsystem.

Der Name Monsanto musste verschwinden

Und noch etwas anderes passierte kurz nach der offiziellen Übernahme: Bayer-Chef Baumann gab bekannt, dass der Konzernname Monsanto nicht mehr weitergeführt würde. Das Hassobjekt zigtausender Landwirte, Rechtsanwälte, Journalisten und Protestgruppen wurde also symbolisch ausgelöscht. Damit verschwinden zwar nicht die Ansprüche und Klagen und auch nicht die fragwürdigen Produkte vom Markt, aber offiziell existierte Monsanto dank Bayer nicht mehr. Bayer wollte sich dadurch möglicherweise aus der Kritik bringen, aber einiges spricht auch dafür, dass es Bestandteil des Deals war, den verhassten Konzernnamen durch einen Verkauf „verschwinden“ zu lassen.

Hier hat sich Bayer ganz unnötig als williger Müllschlucker angeboten und obendrein auch noch einem Mitkonkurrenten aus der unmittelbaren Nachbarschaft wirtschaftlich den Rücken gestärkt. Denn die Zustimmung zum Verkauf von Monsanto an Bayer wurde von der US-Kartellbehörde nur unter der dubiosen Auflage erteilt, dass Bayer seine eigene Saatgut-Sparte an den BASF-Konzern verkaufen muss. Damit gehört BASF zu den eigentlichen Gewinnern des Deals und es ist bis heute nicht klar, welche Einflüsse hinter dieser seltsamen Forderung der US-Kartellbehörde stehen. Stehen hinter dem heutigen BASF-Konzern immer noch die alten US-Seilschaften von damals aus Zeiten der IG Farben?

Bayer-Bashing in den Medien

Ein Dreivierteljahr nach der wirtschaftlich kaum verständlich erscheinenden Übernahme von Monsanto ist immer noch nicht absehbar, wer wem eine Grube graben will. Bayer spielt dabei ganz unabhängig vom Börsenkurs eine „schlechte“ Rolle, während die ehemaligen Inhaber von Monsanto einen Reibach gemacht haben und alle ihre Probleme losgeworden sind. Auch die US-hörigen Mainstreammedien in Deutschland scheinen sich jetzt mit diebischer Freude am Bayer-Bashing zu beteiligen, so wie sie es (zur Freude ihrer US-Freunde) auch schon beim „VW-Skandal“ oder „Dieselskandal“ taten. Auch das sind eindeutige Indizien, die daran zweifeln lassen, dass der ganze Deal wirklich nur die Idee von Bayer-Baumann war, weil Monsanto so lukrativ sei.


Quelle und Kommentare hier:
https://presseluegenclub.blogspot.com/2019/03/monsanto-bayer-und-die-medien-wer-will.html