KGB-Morde: Auf Bärenjagd im Diplomatenviertel

von PPQ

Es trägt die Züge einer traurigen Komödie, was in der Realfilmrepublik läuft. Hier ein EU-Kommissionspräsident, der mit Rücktritt droht, sollte ihm nicht gestattet werden, einen jahrelangen treuen Gefolgsmann vor dem eigenen Abschied noch mit dauerhaften Pfründen zu belohnen. Dort der Haftbefehl eines EU-Partnerlandes gegen einen gewählten Volksvertreter, dessen Eintreten für den Wunsch der Katalanen nach Unabhängigkeit von Madrid als „Rebellion“ verfolgt wird – gemäß Definition der „offene Aufstand einer kleinen Gruppe“. Die allerdings in Katalonien eine Mehrheit bildet.

Damit alle Deutschland folgen

Deutschland aber folgt, damit alle anderen Deutschland weiter folgen. Der Rebell wird verhaftet werden, dann folgt eine Auslieferung an den spanischen Partnerrechtsstaat, der sich traditionell auf Berlin verlassen kann. Schon das Dritte Reich duldete auf seinem Boden keine Umtriebe gegen die Staatsführung befreundeter Nationen. 1940 verhaftete die Gestapo den letzten für eine Unabhängigkeit vom Mutterland eintretenden katalanischen Präsidenten Lluis Companys in Frankreich und lieferte ihn an Spanien aus, wo er hingerichtet wurde.

Damit zumindest ist diesmal nicht zu rechnen, denn die Bundesregierung achtet streng darauf, dass die Menschenrechte eingehalten werden. Putin tut das nicht, er mordet so dreist, dass seine Geheimoperationen 600 Werst gegen den Wind nach Kreml stinken. Völlig unfähig sind nicht nur russische Hacker, denen es zwar immer wieder gelingt, in deutsche Regierungsnetze vorzudringen, die dabei aber stets und ständig kyrillische Buchstaben verlieren.

Am Vorabend eines Krieges

Nein, auch die aktuelle Generation der hochprofessionellen KGB-Mörder greift im Ernstfall zu einem exklusiv russischen Biokampfstoff, um längst vergessene Verräter zu richten. Und das misslingt dann noch, so dass das Opfer auf Genesung hoffen darf. Statt die Blamage nun aber eine zu nennen, weil sie kaum dem Zwecke dient, den zeitgleich durch Großbritannien galoppierenden größten Missbrauchsskandal aller Zeiten ausreichend gründlich zu verdecken, weisen die westlichen Verbündeten russische Diplomaten aus, als wollten sie die Welt schnellstmöglich an den Vorabend eines Krieges rücken.

„Wir senden damit auch ein Zeichen der Solidarität mit Großbritannien“, schreibt der neue Außenminister Heiko Maas beim US-Portal Twitter, ohne zu erklären, was das „auch“ genau bedeutet: Wenn es auch ein Zeichen der Solidarität ist, was ist es noch? Ein Zeichen für Kriegsbereitschaft? Für Vorfreude auf eine neue Völkerschlacht? Für Jucken in der Hose?

Jucken in der Hose

Tröstlich: „Wir haben die Entscheidung nicht leichtfertig getroffen“, sagt Maas denen, die – vielleicht wegen seines geringen Köprergewichtes – vielleicht meinen könnten, es sei anders. Aber Maas hat die Entscheidung vielleicht gar nicht getroffen. Denn zeitgleich wiesen auch die USA russische Diplomaten aus, ebenso verfuhren Dänemark, Frankreich, Litauen, Polen und Tschechien. Die Ukraine schickt sogar gleich 13 Diplomaten fort, um ihre Dankbarkeit dafür zu zeigen, dass die EU-Staats- und Regierungschefs bei ihrem Gipfel festgelegt hatten, Russland stecke „sehr wahrscheinlich“ hinter der Tat.

Unter dem Druck des Kreml rückt der Westen zusammen, Deutschland macht mit seiner überlegenen Moral Schule und steht endlich wieder Schulter an Schulter mit dem „irren“ (FR) US-Präsidenten Trump, dem Polen Kaczynski, der dabei ist, die gemeinsamen Werte der EU zu verraten, dem tschechischen Milliardär Babis, der grundsätzlich gegen die Aufnahme von Flüchtlingen ist, und den dänischen Populisten, die gerade einen Grenzzaun zu Deutschland planen.

Wie auch nicht? Es ist die Stunde der Not, der Moment, in dem der Verstand in die Trompete enteilt und nur noch abzurechnen bleibt, „welches Land wie viele russische Diplomaten ausweist“ (Die Welt). Der Kreml hat das verdient, denn wie leicht hätte Putin versuchen können, bei seinem miesen Racheakt an dem Überläufer Spuren zu vermeiden, die auf ihn als Urheber hinweisen? Oder er hätte gar welche legen lassen können, die von ihm ablenken? Aber nein, er wollte wohl, dass alle Welt erfährt, dass Russland nicht einmal in der Lage ist, einen 66-jährigen Oberst a.D. um die Ecke zu bringen.

Ja, der Ehrgeiz. Man kennt die Geheimdienste, sie agieren mit offenem Visier, häufig werden Visitenkarten, Personalausweise und Bekennerschreiben an den Tatorten hinterlassen, nur um sich später mit der Tat brüsten zu können. Tja, das haben sie nun davon, die Russen.


Quelle und Kommentare hier:
http://www.politplatschquatsch.com/2018/03/kgb-morde-auf-barenjagd-im.html