Feilschen um das Recht des Volkes

von Herbert Ludwig

Wie setzen die UN ihren „Globalen Pakt für Migration“ gegen den Widerstand von Nationen durch? Sie hebeln über moralischen Druck nationale Souveränität aus.

Der geplante „Globale Pakt für Migration“ der UNO soll die Migrationsströme in geordnete, legale und sichere Bahnen lenken und dafür sorgen, dass kein Migrant zurückgewiesen wird. Dies habe ich in meinem Beitrag „UN wollen Migration ohne Grenzen“[1] beschrieben.

Auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion zu den vorbereitenden Verhandlungen über diesen Pakt und eine Beteiligung des Bundestages hat die Bundesregierung geantwortet, der Globale Pakt solle rechtlich nicht bindend und damit kein völkerrechtlicher Vertrag sein. Eine förmliche Befassung des Bundestages sei daher nicht erforderlich.

Ein raffiniertes Verfahren: keine rechtliche Verpflichtung, aber eine Selbstverpflichtung der deutschen Regierung, die Parlament und Öffentlichkeit vor vollendete Tatsachen stellt.

Recht erzeugender Konsens

In der Antwort der Bundesregierung heißt es ergänzend:

Nationale Hoheitsrechte werden durch den Globalen Migrationspakt weder eingeschränkt noch übertragen. Rechtliche Verpflichtungen werden nicht begründet.“[2]

Dass ein „Pakt“ (lat. pactum = Vertrag), der also eigentlich ein wechselseitig bindender Vertrag ist, doch nicht bindend, also kein Vertrag sein soll, ist für den Normalbürger nicht so leicht nachvollziehbar. Das war mir bisher auch unbekannt. Doch wird das, wie wir sehen werden, an seinen Auswirkungen wenig ändern.

Ein solches Konstrukt ist dem deutschen Recht fremd. Es stammt aus dem Anglo-Amerikanischen und wird dort als „soft law“ = sanftes, weiches Recht bezeichnet. Damit sind nicht-bindende, empfehlende Erklärungen oder Absprachen gemeint, die nur allgemeine Tendenzen, gewünschte Entwicklungen und Regeln enthalten. Sie werden vor allem von internationalen Organisationen (z.B. OSZE, UNO) und sonstigen internationalen Staatengruppen angewendet. In Wikipedia[3] heißt es dazu:

„Soft Law ist eine Bezeichnung für nicht verbindliche Übereinkünfte, Absichtserklärungen oder Leitlinien. Im Gegensatz zum Hard Law, zu dessen Vollzug sich die Beteiligten verbindlich verpflichten, stellt das Soft Law eine weniger strenge Selbstbindung dar, wobei dies nicht zwangsläufig Wirkungslosigkeit impliziert. …
Trotz der fehlenden formalen Bindungswirkung z. B. der Resolutionen der UN-Generalversammlung, aber auch von Erklärungen anlässlich internationaler Konferenzen oder von Beschlüssen anderer Organisationen können diese als gleichartige Willensbekundungen einer Vielzahl von Staaten zur Entstehung von Gewohnheitsrecht beitragen. Entsprechend entstand v. a. in den späten 60er Jahren die Forderung, dass den Resolutionen der Generalversammlung eine weiter gehende Bindungswirkung eingeräumt werden sollte.
Besonders in den Entwicklungsländern wurde dabei von einem Recht erzeugenden internationalen Konsens gesprochen, der zur spontanen oder sofortigen Schaffung von Gewohnheitsrecht oder so genanntem Soft Law, d. h. zumindest im Entstehen begriffenen Rechts mit Wirkung für alle Staaten (Erga-omnes-Wirkung) führe. Obwohl diese These nie von allen Staaten anerkannt worden ist, haben einzelne Resolutionen der Generalversammlung sicherlich wesentlichen Anteil an der verhältnismäßig raschen Entstehung von Gewohnheitsrecht – eine These, die auch vom Internationalen Gerichtshof bestätigt wird. Darüber hinaus werden solche Resolutionen auch immer wieder zur Auslegung des zwingenden Völkerrechts herangezogen.“

Gemeinschaftlicher Aktionsplan

Den Lenkern der UNO ist klar, dass sich z. Zt. an einem verpflichtenden Vertrag über die Steuerung der Massenmigration eine Reihe von Staaten nicht beteiligen würde. Dafür genügt es ja nicht, dass die Eliten in den Regierungen unterschreiben, es müssen auch die Parlamente in einer öffentlichkeitswirksamen Debatte per Gesetz zustimmen, wodurch weite Teile der Bevölkerung hellhörig werden. Die USA haben sich ja sogar aus dem Soft-Law-Prozess bereits ausgeklinkt. Das gleiche kann von den osteuropäischen Staaten Polen, Ungarn, Slowakei, Tschechien und auch Österreich  erwartet werden. Es würde viele Jahre dauern, bis man alle, wenn überhaupt, für einen solchen Vertrag gewonnen hätte.

Da bietet sich ein „Soft-Law-Pakt“ als eine listige Möglichkeit an, wie die Ratgeberseite „WikiHow“ beschreibt:

„Je langsamer und kontroverser der politische Konsens zwischen verschiedenen Staaten über die Bühne geht, umso wahrscheinlicher ist es, dass Soft Law zum Einsatz kommt, um den fehlenden politischen Konsensus zu umgehen und zumindest jenen Staaten ein Fortkommen zu ermöglichen, die Interesse an der Lösung des Problems haben. Gleichzeitig kann versucht werden, andere Staaten zur Mitarbeit zu bewegen, um irgendwann einen bindenden Vertrag mit entsprechenden Rechten und Pflichten zu erarbeiten. In diesen Fällen kann mit Soft Law-Übereinkünften Zeit erkauft werden, um Unstimmigkeiten und rivalisierende Sichtweisen der verschiedenen Vertragsparteien zu klären und das Ergreifen von wichtigen Maßnahmen zu fördern.
Durch Soft Law-Übereinkünfte kann ein gewisser Spielraum aufrechterhalten werden, während die engagierteren Staaten weiterhin daran arbeiten können, potentielle Trittbrettfahrer-Staaten davon zu überzeugen, dass eine aktive Beteiligung in einem gemeinschaftlichen Aktionsplan durchaus auch in deren Interesse sein kann.“[4]

Auf die abseits bleibenden Länder wird ein ständiger internationale Druck ausgeübt, der in weiterer Folge erhöht wird, „da mit der Zeit klarer wird, dass die anderen Staaten, die sich aus freien Stücken der Lösung des Problems und der gewählten Methoden verschrieben haben, beginnen, jene Normen widerzuspiegeln, die für alle Länder gewollt sind.“(s. Anm. 4)Zumal diese freiwilligen Normen durch die Praxis allmählich allgemein verbindliches völkerrechtliches Gewohnheitsrecht werden.

Dieser Soft-Law-Migrationspakt der UNO ist also in seiner vordergründlichen Unverbindlichkeit keine harmlose Ideensammlung. Unter Bezug auf die allgemeinen Menschenrechte werden detaillierte Forderungen mit hohem moralischem Druck formuliert, wenn es z.B. in der New Yorker Erklärung vom 19.9.2016 heißt:

Wir erklären erneut, dass Menschen gemäß dem Grundsatz der Nichtzurückweisung an Grenzen nicht zurückgewiesen werden dürfen.[5]

Der „Pakt“ hat konkrete politische und schließlich rechtliche Auswirkungen, die ihn in der Realität zu einem mächtigen Instrument im internationalen Recht machen. Die Unverbindlichkeit wird langsam zur internationalen völkerrechtlichen Verbindlichkeit.

Migration / Quelle: Pixabay, lizenezfreie Bilder, open library: https://pixabay.com/de/migration-fliehen-krieg-fl%C3%BCchtling-2698946/

„Aus Illegalität Legalität machen“

Für das deutsche Volk hat der völkerrechtlich unverbindliche Soft-Law-Charakter des Globalen Migrationspaktes der UNO keine Bedeutung. Die deutsche Regierung praktiziert ja verfassungs- und rechtswidrig schon seit Jahren, wie ich in meinem Beitrag „Utopie der offenen Weltgesellschaft“[6] nachgewiesen habe, was der Pakt erreichen will: die grenzenlose Aufnahme und Versorgung aller ankommenden Migranten ohne Zurückweisung. Und sie wird, gestützt auf die Blockparteien-Oligarchie, ebenso wie wohl auch die meisten strammen EU-Staaten dem Pakt beitreten und sich selbst zu den inhaltlichen Forderungen verpflichten. Das Auswärtige Amt signalisierte bereits am 4.12.2017 seine volle Zustimmung4, und in der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der AfD-Fraktion heißt es, dass die Bundesregierung die Zielsetzung des Globalen Migrationspaktes unterstütze.

Deutschland wird durch seine weltweiten Willkommenssignale und sein international berühmt gewordenes Sozialsystem eine noch größere Magnetwirkung ausstrahlen, wenn sichere Korridore nach Mitteleuropa führen und keine Zurückweisungen und Abschiebungen drohen. Die Bundesregierung weiß das natürlich. Es ist gewollt! Auf die Frage der AfD-Fraktion:

Wie will Deutschland der Sogwirkung des deutschen Sozialsystems gegenüber den Migrationswilligen begegnen?“

ging die Bundesregierung überhaupt nicht ein, sondern schrieb stattdessen im Bewusstsein ihrer exekutiven Macht mit trotziger Arroganz:

„Der Globale Migrationspakt zielt gerade auf eine Stärkung sicherer, geordneter und regulärer Migration unter Betrachtung aller relevanten Faktoren. Die Bundesregierung unterstützt diese Zielsetzung und setzt sich in den Verhandlungen zum Globalen Migrationspakt auch dafür ein, irreguläre Migration zu reduzieren.“

Das entspricht ja schon lange den Intentionen Merkels, wie Vera Lengsfeld erinnert:[7]

In der Sendung ´Was nun?`  des ZDF am 13.November 2015 sagte Angela Merkel auf dem Höhepunkt der illegalen Masseneinwanderung:
´Ich kämpfe für den Weg, den ich mir vorstelle, für meinen Plan, den ich habe…, aus Illegalität Legalität zu machen.`
Die Kanzlerin hat damit in aller Deutlichkeit klar gemacht, dass es sich nicht um einen Unfall handelte, als sie im September 2015 die Grenzen für eine beispiellose Masseneinwanderung öffnete, sondern dass es ihr Plan war. Inzwischen wird der ungesetzliche Zustand an unseren Grenzen zu einer Art Gewohnheitsrecht erklärt.“

Der Souverän wird nicht gefragt

Ein „Soft-Law-Pakt“ läuft nur in den elitären Kreisen der Regierungen ab und wird in verschiedenen Sitzungen ausgehandelt. In der Antwort der Bundesregierung heißt es dazu:

„Bis Oktober 2017 haben sechs thematische Sitzungen stattgefunden, bei denen die Mitgliedsstaaten und Organisationen der Vereinten Nationen sowie zahlreiche nicht-staatliche Akteure verschiedene inhaltliche Schwerpunkte eines künftigen Globalen Migrationspaktes diskutierten. Im Dezember 2017 wurde in Mexiko eine Bestandsaufnahmekonferenz durchgeführt, um das bisher Erreichte zu sichten und zu bewerten. Aufbauend auf den Konferenzergebnissen und Inhalten des ergänzenden Berichts des Generalsekretärs der Vereinten Nationen vom 11. Januar 2018 haben die beiden Ko-Fazilitatoren (Vermittler) Schweiz und Mexiko am 5. Februar 2018 einen Erstentwurf des Globalen Migrationspakts vorgestellt. Dieser bildet die Grundlage für die zwischenstaatlichen Verhandlungen in New York, die im Februar 2018 begonnen haben und bis Juli 2018 abgeschlossen sein sollen. Die formelle Annahme des Pakts soll im Dezember 2018 auf einer Gipfelkonferenz (der Regierungen in Marokko, hl)  erfolgen.“ vergl.Anm.1)

Eine Entscheidung des Parlamentes als Repräsentant des Souveräns oder gar eine Befragung des Souveräns selbst über diese lebenswichtige Frage kommt da nicht in Betracht. Denn der Pakt ist ja völkerrechtlich nicht verpflichtend. Die Regierung verpflichtet sich halt selber und die Grenzschutzbehörden per Anordnung entsprechend. Die Exekutive hat sich wie in einer Diktatur über die Legislative gesetzt, der sie ihre Existenz verdankt. Gönnerhaft, man könnte auch sagen zynisch lässt sich die Bundesregierung zu der Bemerkung herab:

Gleichwohl hat die Bundesregierung die Fraktionen des Bundestages jeweils über die Möglichkeit informiert, im Zuge der Erarbeitung des Globalen Migrationspakts an bisher stattgefundenen Konsultationen maßgeblicher Interessensträger in Genf und New York teilzunehmen.“

Also die Vertreter des Souveräns sollen mit den internationalen Eliten um wesentliche Fragen ihrer Souveränität feilschen! Dabei hat es in der Demokratie über eine solch fundamentale Problematik zunächst um eine gesamtgesellschaftliche und parlamentarische Diskussion in Deutschland zu gehen, aus der dann die Regierung für internationale Verhandlungen entsprechend beauftragt wird. Doch wir haben offensichtlich keine Demokratie.

Anmerkungen

[1] GEOLITICO, Herbert Ludwig, „UN wollen Migration ohne Grenzen“

[2] http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/19/017/1901751.pdf

[3] Wikipedia Soft Law

[4] wikihow.com

[5] New Yorker-Erklärung

[6] GEOLITICO, Herbert Ludwig, „Utopie der offenen Weltgesellschaft“

[7] https://www.epochtimes.de/politik/deutschland/angela-merkels-plan-aus-illegalitaet-legalitaet-machen-a2406993.html


Quelle und Kommentare hier:
http://www.geolitico.de/2018/05/30/feilschen-um-das-recht-des-volkes/