Eine Erinnerung an den Lärm. Ein Blick auf die Zeichen

von FW

Es kann einem tatsächlich weh tun. Mehr als nur ein übler Nachgeschmack bleibt zurück, wenn man zurückschaut auf die Ereignisse in Chemnitz und wenn man die Zeichen interpretiert, die da gesetzt wurden: Es waren Zeichen einer Gesellschaft ohne Anstand und ohne Verstand. Ohne Kultur. Ohne Richtlinie.

Es war eine schauderhafte Veranstaltung, die abgehalfterte, aber staatstragende Punkmusiker wie die Toten Hosen und Neulinge am Zenit der Geschmacklosigkeit wie Feine Sahne Fischfilet in Chemnitz abgezogen haben – abgesegnet vom Bundespräsidenten persönlich, der überhaupt nicht weiß, wovon er redet. Was wollen wir wetten, dass er die Gruppen, die da aufgetreten sind, nicht einmal ausschnittweise kennt und wenn er gezwungen würde, sie wahrzunehmen, zugeben müsste, dass er sie nicht ertragen kann?!

»“Wir sind nicht zum Feiern hier“, tönt es gleich zu Anfang von der Bühne. Eine Aussage, die angesichts der Bilder vor Ort genauso wie die Schweigeminute für den ermordeten Daniel H. wahlweise mit „grotesk“ oder einfach nur „verlogen“ umschrieben werden kann.« So heißt es in einem Text auf der Achse des Guten.

Anabel Schunke war in Chemnitz und hat ihre Beobachtungen notiert:

»Auch am Ort des Geschehens selbst geht es den Besuchern des Konzerts nicht um stilles Gedenken, sondern darum, dem in ihren Augen einzig richtigen Narrativ Gültigkeit zu verleihen. Wenn auch manchmal mit einer neben den Kerzen abgestellten Bierflasche.«

Die Flasche ist ein deutliches Zeichen. Weder geht es um das Gedenken an die Opfer, noch um die Migranten. Denen » … geht der ganze „Kampf für das Gute“«, wie Schunke schreibt, »besonders am Arsch vorbei«.

Wer ist denn dieses »Wir« von #Wirsindmehr? Wer mag diese Musik leiden? Wer fühlt sich in so einer Gesellschaft wohl? Der Bundespräsident nicht. Die Migranten nicht. Die Chemnitzer nicht. Sie mussten eine Invasion von zugereisten Chaoten erdulden, die dem Götzen der Geschmacklosigkeit huldigten. Am Tatort wurde eine »Refugees welcome«-Fahne angebracht, als wären es die letzten Worte des Erstochenen gewesen.

Selbst Punkmusiker fanden es peinlich, wie es auf nwzonline heißt:

»Wer Punk in den 80ern erlebt hat, kann darüber natürlich nur müde lächeln – keinem, der damals in der Szene unterwegs war, wäre es im Traum eingefallen, bei einem regierungsamtlich abgesegneten und promoteten Event mitzutun.«

Wäre dieses Konzert tatsächlich ein »Aufstand der Anständigen«, wie man es so gerne sehen wollte, wäre es wirklich ein glaubhaftes Zeichen der »Zivilgesellschaft« gewesen, dann wäre das Publikum durchmischter gewesen. Doch so war es nicht. Dann hätte auch das Programm der Künstler auf der Bühne ein gewisses Mindestniveau haben müssen. Es hätten halbwegs beliebte Gruppen und Sänger auftreten müssen. Es hätten Künstler sein müssen, die Menschen zusammenbringen können. Doch die Qualität der Musik war unterirdisch. Die gewaltverliebten Texte überschritten oft genug eine rote Linie.

Textprobe:

»Ich ramm‘ die Messerklinge in die Journalisten-Fresse/ Ich mach Mousse aus deiner Fresse/ Boom verrecke/ Wenn ich den Polenböller in deine Kapuze stecke/ Trete deiner Frau in den Bauch, fresse die Fehlgeburt …«

Es war ein äußerst mageres »Wir«, das sich da ein Stelldichein gab, es waren auch nicht »mehr«, sondern weniger. Es war ein elendes Häufchen, nur eine spezielle Szene; eine bedauernswerte Szene, kaputt und aggressiv. Es war ein verbeultes und beschädigtes Aushängeschild einer vermeintlichen moralischen Überlegenheit.

Wir sind mehr heißt nämlich auch: Minderheiten werden verdrängt. Hier offenbart sich das Selbstbewusstsein und der Machtwille der Bolschewisten. Bolschewismus heißt von der Wortbedeutung her »die Gruppe, die in der Mehrheit ist« – Bolschewisten sind diejenigen, die sich brutal über alle anderen erheben.

Wie abgrundtief verlogen die Veranstaltung war, zeigte sich schon an der Ansage:

»Und deshalb lasst uns auch an die Menschen erinnern, die Opfer von rechter Gewalt und Hass in diesem Land geworden sind. Ich bitte euch, nun eine Minute zu schweigen für Daniel Hillig.«

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Quelle und Kommentare hier:
https://www.freiewelt.net/nachricht/eine-erinnerung-an-den-laerm-ein-blick-auf-die-zeichen-10075560/