Die Russen und die Deutschen

von causa-nostra

In Moskaus Straßen sieht man fast ebenso viele deutsche Autos wie in Berlin, und ein Besucher aus Deutschland wird in Rußland so herzlich empfangen, als habe es niemals einen Krieg und politische Gegnerschaft zwischen diesen Völkern gegeben.

Wann immer Russen und Deutschen zusammengingen, wirkte es sich zum Vorteil seiner Nationen aus. Bismarck sah das stets so, Rußland war für ihn der natürliche Verbündete des deutschen Reiches. Kaiser Wilhelm II. schätzte die Russen auch, fühlte sich aber doch mehr England verwandt. Über Stalins und Hitlers unheilsvoller Politik wollen wir hier ganz schweigen.

Wie anders, um wie vieles besser, hätte so viel in der Geschichte kommen können, hätten Deutsche und Russen einander stets als befreundete Partner betrachtet, wie sie es zu beider Nutzen jahrhunderlelang taten. Jetzt, nach Überwindung der Gegensätze, pendelt sich das alte, gute und im Grunde natürliche Verhältnis wieder ein.

Rußland und Deutschland sind Nachbarn. Zeitweilig hatten beide Länder sogar eine gemeinsame Staatsgrenze. Während der Jahrzehnte des „Kalten Kriegs“ wirkte Rußland – rein psychologisch – ferner als es geographisch tatsächlich ist; und heutzutage setzt sich dieses Empfinden durch die unsinnige Darstellung in Politik und Massenmedien fort, Rußland nicht zu Europa rechnen zu wollen. Dabei – selbstverständlich – sind die Russen das größte europäische Volk, und sie sind uns in vielem näher als manches andere, sowohl mental wie historisch.

Keine Frage, daß es eine gewisse deutsch-russische Seelenverwandtschaft gibt, die auch immer lebendig blieb, so sehr Politik und Krieg dem zeitweilig auch entgegenstanden. Selbst in der Zeit der politischen Feindschaft, liebten die Deutschen die Donkosaken und hörten gern, wenn z.B. Ivan Rebroff (ein Berliner) russische Volkslieder sang. Sogar in der NS-Zeit bestand diese emotionale Neigung im Volk, was in wunderbaren Spielfilmen mit russischen Themen zum Ausdruck kam.

Man denke etwa an die berühmte Verfilmung von Puschkins „Der Postmeister“ (1940) mit Heinrich George und Hilde Krahl, oder an dem Tschaikowsky-Film „Es war eine rauschende Ballnacht“ (1939) mit Zarah Leander und Carl Froelich, in dem Zarah Leander das Lied „Nur nicht aus Liebe weinen“ sang – und russischer als dieses von dem Deutschen Theo Mackeben komponierte Lied kann kein Lied sein!

Auch Hans Albers spielte in einem deutschen Film jener Ära einen russischen Helden. Allein schon solche ausgesprochen pro-russischen Filme, die ja unter der NS-Diktatur nicht ohne Zustimmung von Goebbels und somit der politischen Führung hätten entstehen können, beweisen, daß auch damals keine Russenfeindlichkeit in Deutschland bestand. Es wurden auch nicht versucht, antirussische Emotionen zu erzeugen, sondern ganz im Gegenteil – schließlich entstanden schöne Spielfilme mit durch und durch russischen Motiven noch 1939 und 1940!

Während Hollywood um diese Zeit schon längst deutschfeindliche Filme produzierte, um das amerikanische Volk auf einen Krieg gegen Deutschland einzustimmen, schuf die deutsche Filmindustrie Meisterwerke, in denen Rußland und die Russen als äußerst sympathisch und dem deutschen Wesen nahe dargestellt wurden. Mit der angeblichen Rußlandfeindlichkeit im Deutschland jener Zeit kann also etwas nicht stimmen.

Allein die Wahnvorstellungen von Leuten wie Hitler und Stalin sind es wohl gewesen, die so gute Ansätze auf übelste Weise verdarben. Auf der anderen Seite besorgten später Ilja Ehrenburgs den Rest. Nach dem Krieg hat Kusnezow einmal gesagt:

„Wäre Hitler mit dem Sozialismus gekommen, und nicht mit der „Rasse“, hätte er die Russen zu Freunden gewonnen, und niemand hätte ihn dann noch besiegen können“.

Wie wahr! Noch besser wäre es allerdings gewesen, es zu diesem Krieg gar nicht erst kommen zu lassen! Die Seelenverwandtschaft, wie sie zwischen Deutschen und Russen fraglos besteht, kommt natürlich nicht von ungefähr. Solch ein kollektives Unbewußtes, wie C.G. Jung gesagt haben würde, muß in Archetypen wurzeln, in einer Urverbundenheit durch Jahrtausende. Daß es so ist, zeigt sich, betrachtet man das Entstehen der russischen Nation.

Der germanische Stamms der Rus gab Rußland seinen Namen, eine vermutlich teils den Normannen und teils den Sachsen verwandte Völkerschaft. Die Rus fuhren mit ihren Schiffen schon auf der Wolga, ehe es die unterschiedlichen Nationen Rußland und Deutschland gab. Sicher auch kein Zufall: die Zahl 1 heißt im Russischen „odin“ – wie Odin, der erste und oberste Gott der Germanen. Vieles von alledem ist in Vergessenheit geraten – im kollektiven Unbewußten beider Völker aber ist es ungebrochen lebendig und wartet darauf, wieder ins Bewußtsein emporzusteigen.

In Ära der Weimarer Republik, als für das geschundene Deutschland viel auf des Messers Schneide stand, ließ der KPD-Führer Ernst Thälmann ein Flugblatt verteilen, auf dem zu lesen stand: „Bündnis Berlin-Moskau bringt Rettung“. Das war im Prinzip richtig gedacht.

Schon der große Patriot Walther Rathenau, der Meuchelmördern zum Opfer fiel, hatte den gleichen Gedanken gehabt. Das „Was wäre gewesen, wenn…“ ist in aller Regel eine müßige Überlegung. Manchmal aber versetzt uns die Geschichte in eine Situation, die zwar – natürlich – eine ganz andere ist als jene in der Vergangenheit, in der sich aber doch prinzipiell ähnliche Fragen stellen.

Was wäre also möglicherweise gewesen – oder hätte geschehen können – wenn die Mehrheit der Deutschen 1933 nicht für Hitler, sondern für Thälmann gestimmt haben würde? Die Achse Berlin-Moskau wäre dann sicher entstanden.

Doch ganz gewiß würde Deutschland dabei in einer völlig anderen, sehr einer viel stärkeren Position gegenüber Rußland gewesen sein, als später die quasi erbeutete DDR gegenüber der UdSSR! Es hätte sich logischer Weise eine echte Verbindung der Potentiale ergeben; und der Bolschewismus könnte sich dergestalt umgewandelt haben, wie der Kommunismus in China. Auch bei einem Bündnis mit Rußland wäre Deutschland ein erneuter Krieg gegen die Westmächte vermutlich nicht erspart geblieben. Doch: den hätten wir dann gewonnen!

Der Text auf Thälmanns Flugblatt ist also nicht falsch gewesen – und die Idee ist heutzutage richtiger denn je, zumal jetzt völlig frei vom Problem des Kommunismus. Die Russen und die Deutschen – und beider gemeinsame Interessenslage – das ist ein natürlicher Bestandteil einer Zukunft, die für beiden Völker besser sein wird als die Vergangenheit war, und besser als die augenblickliche Gegenwart ist. Dabei geht es nicht um ein gegen andere gerichtetes Militärbündnis, sondern um das natürliche Zusammenwirken zweier Völker, die sich nicht bloß wirtschaftlich gut ergänzen, sondern einander auch mental gut verstehen.


Quelle und Kommentare hier:
http://www.causa-nostra.com/Einblick/Die-Russen-und-die-Deutschen--e1110a01.htm