Die EU und die Pathologisierung des politischen Gegners: Warum Linke nicht damit aufhören können

von Max Erdinger

Ein vermeintlich probates Mittel der Linken, ihre politischen Gegner zu neutralisieren, ist es, ihnen psychische Störungen anzudichten, – die Phobien. Von Pathologisierung spricht man bei der Deutung von Verhaltensweisen, Empfindungen, Wahrnehmungen, Gedanken oder zwischenmenschlichen Beziehungen als krankhaft.

Linke bezeichnen den politischen Gegner gern als xenophob, islamophob oder homophob. Das sind die drei gebräuchlichsten „Phobien“, die im „gesellschaftlichen Diskurs“ auftauchen. Als Phobien werden Angststörungen bezeichnet, die trotz des Fehlens einer wirklichen äußeren Bedrohung auftreten.

Wer einmal damit angefangen hat, seinen politischen Gegner trotz dessen völliger geistiger Gesundheit für psychisch krank zu erklären, ihn also zu pathologisieren, der muß das auch immer weiter durchziehen, weil ihm klar ist, was ihm selbst blüht, wenn er die Macht verliert, aus der heraus es ihm (noch) möglich ist, diese infame Vorgehensweise zu praktizieren. Er ahnt, daß ihm die Rache der vormals Pathologisierten gewiß ist.

Krasser ausgedrückt: Weil der ubiquitär vertretenen, linksgrün tickenden „Gutmenschenkaste“ wenigstens in den vergangenen fünf Jahren klargeworden sein muß, was ihr selbst blüht, wenn hierzulande – oder in der EU – analog zur Entnazifizierung in der Nachkriegszeit die „Entgrünsozifizierung“ einsetzt, werden sie allerweil immer bösartiger. Ihre utilitaristischen Pathologisierungen dehnen sich inzwischen auf immer weitere Personenkreise aus.

„Afrophobie“

Unter dem Aktenzeichen B8-0212/2019 wurde am 26. März 2019 ein Entschließungsantrag zur Entscheidung angenommen, dessen Text von Claude Moraes im Namen des „Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres“ eingereicht worden ist. In diesem Text geht es um die „Grundrechte von Menschen afrikanischer Abstammung in Europa“ (2018/2899(RSP)). Es empfiehlt sich übrigens, nach Lektüre dieses Artikel die drei genannten Links anzuklicken und den Inhalt „sacken zu lassen“.

Claude Moraes (53) ist ein britischer EU-Politiker, der in Aden/Jemen zur Welt kam. Als Europaabgeordneter der Labour Party vertritt er den Wahlkreis Greater London im EU- Parlament. In seiner Funktion ist er auch Mitglied der Sozialdemokratischen Fraktion im EU-Parlament.

Im gegenständlichen Entschließungsantrag wimmelt es nur so von altbekannten linken Phrasen und Forderungen. Die Gleichstellung der „afrikanischen Europäer“ wird gefordert, sog. „affirmative actions“, also die bevorzugte Behandlung von Afrikanern („positive Diskriminierung von Weißen“)  in Europa als Ausgleich für ihre historisch erlittene Unrechtsbehandlung im europäischen Kolonialismus und derlei unverschämte, typisch linke Anschläge auf die europäische Kultur mehr. Was, bitteschön, soll ein „afrikanischer Europäer“ sein? Und was wäre ein „arktischer Berberaffe“? – Na, egal jetzt.

Jedenfalls ist ein in diesem Entschließungsantrag öfter vorkommendes Wort die „Afriphobie“ oder „Afrophobie„, die angeblich als „Rassismus gegen Schwarze“ daherkommt. Dieser „Afrophobie“ soll die EU per Gesetzgebung entgegenwirken.

Von europäischer „Afrophobie“ zu reden, verbietet sich allerdings nicht nur aus Anstandsgründen. Niemand ist schon deswegen von einer Angststörung befallen, weil er Europa als den Kontinent der Europäer begreift. Europäer sind die letzten, denen man „Afrophobie“ vorwerfen könnte. Das beweist erstens die Kolonialgeschichte, als europäische Nationen den afrikanischen Kontinent eher mit neugierigen und begehrlichen Augen betrachteten – und zweitens sprechen die heutigen Tourismuszahlen bspw. für Kenia eine ganz andere, als eine „afrophobe“ Sprache.

Die „Phobie“ in ihrer ganzen Nützlichkeit für die Linke

Die Pathologisierung des politischen Gegners hat einen ganz gewaltigen Vorteil für die Linken. Daß ihr allerdings auch eine arg beschränkte Dauer innewohnt, – wer wollte ausgerechnet einem Linken so viel Weitsicht unterstellen? Der kurzfristige Vorteil: Da sogar der sozialdemokratistische EU-Linke weiß, wie verbrecherisch es wäre, Andersdenkende brutal zu verfolgen, sie zu hetzen, zu jagen, zu verprügeln, sie als Dissidenten zu foltern, einzusperren oder gar zu ermorden, weiß er ebenfalls, wie er der „Rolle des Verbrechers“ entkommen kann.

Durch die Pathologisierung des politischen Gegners schlägt er gleich zwei Fliegen mit einer Klappe. Erstens „entsorgt“ er den politischen Gegner. Und zweitens wird er vom Verbrecher zum Kümmerer. Sein Haß auf den Andersdenkenden verwandelt sich automatisch in Fürsorge, das Gefängnis oder das Lager verwandelt sich in eine psychiatrische Klinik. Der Linke nimmt quasi die Rolle des fürsorglichen Arztes ein, und indem er sie einnimmt, steht er vor dem Rest der Welt als der Gute da, als der mit dem „gesunden Überblick“ – und seine andersdenkenden Opfer als unzurechnungsfähige Empfänger seiner philanthropischen Hilfe. Der linke Verbrecher adelt sich selbst zum Helfer. Daß er genau dafür später einmal ganz übel aufs Maul bekommen könnte, ist ihm anfangs nicht klar, weil er sich ein Ende seiner grundverlogenen Herrschaft schlicht nicht vorzustellen vermag.

„Ganz übel aufs Maul bekommen“: Familie Ceaucescu Weihnachten 1989

Die Pathologisierung der „Konterrevolutionäre“ in der Sowjetunion

In der Sowjetunion wurde die Psychiatrie systematisch dazu mißbraucht, Andersdenkende und politische Dissidenten zu pathologisieren, sie auszusondern und ihrer Rechte zu berauben. Andersdenkende, die in der sozialistischen Ideologie als eine Belastung oder Bedrohung für das System empfunden wurden, sind per Pathologisierung diskreditiert und eingekerkert worden. Im Lauf der Zeit wurde die Sowjetunion international dafür bekannt, politisch Andersdenkende und sonstige Dissidenten massiv und unter völliger Mißachtung ihrer Rechte zu unterdrücken und zu mißhandeln.

In den 60er und den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts war es in der Sowjetunion regelrecht Usus geworden, „konterrevolutionäre Gedanken“ als psychische Störungen zu diskreditieren und sich „um die Kranken zu kümmern“ – und zwar auch gegen deren erklärten Willen. Hochdosiert wurden Antipsychotika gespritzt, etwa zur „Behandlung“ von „Wahnvorstellungen des Reformismus“ oder nach Äußerung „antisowjetischer Gedanken“. Angetrieben wurde diese Verfahrensweise durch den damaligen KGB-Chef Juri Andropow, der nach dem Tod Leonid Breschnews für kurze Zeit Staatschef der Sowjetunion wurde.

Die Deklaration von Helsinki zu ethischen Grundsätzen der medizinischen Forschung am Menschen ächtet derartigen Mißbrauch ausdrücklich.

Das linke Betroffenheitsgeschwätz

Nun ist es unzweifelhaft so, daß sowjetische Zustände in der EU noch nicht in dieser Eindeutigkeit zu konstatieren sind. Lediglich eine Denkrichtung ist mit der Pathologisierung des politischen Gegners eindeutig zu erkennen. Aber etwas anderes ist zu konstatieren. Daß es nämlich eine ganz erstaunliche Diskrepanz gibt zwischen den Reden der europäischen Linken, – wenn es beispielsweise um die AfD, die Lega, Salvini, die FPÖ, die Identitären oder Orbán geht, – und der rhetorischen Strategie, die sie selbst anwenden, um ihre politischen Gegner zu pathologisieren. Geht es um die „Gefahr von rechts“, wie das Sozialdemokratisten und Grüne nennen, dann werden Gauland und Andere als die Wiedergeburt des Nazis beschrieben und es wird hysterisch „Wehret den Anfängen!“ geschrien. Was aber ihre eigene Rhetorik angeht, da scheint es bei der Linken keinerlei Anfänge zu geben, denen zu wehren es gälte. Mit der größten Selbstverständlichkeit werden legitime politische Standpunkte diffamiert als „Phobien“, ganz so, als sei die Pathologisierung des Andersdenkenden das stilvollste Mittel, welches dem „argumentierenden Demokraten“ zur Verfügung steht.

Warum die europäische Linke so verfahren muß, dafür gibt es einen ganz einleuchtenden Grund: Der „Rechtspopulismus“, den sie zunächst krokodilstränig, heute aber schon richtig haßerfüllt beklagt, ist ein Resultat ihres eigenen Versagens. So wenig sie schon argumentativ seine Entstehung verhindern konnte, so wenig hat sich an ihrer argumentativen Armut bis heute etwas geändert. In der Sache steht die europäische Linke mit leeren Händen da. Und mit der spendablen deutschen „Sugarmommy“ in Gestalt des Merkelsregimes geht es wirtschaftlich bergab. Bei Onkel Macron ist Bürgerkrieg. Im Geldbeutel der alten EU sieht es allmählich Mau aus.

Das einzige, was die Linke noch hat, ist die mediale – und in der EU auch die politische Macht. Doch die bröselt ungefähr so alarmierend, wie Kommissionspräsident Juncker durch die Gegend stolpert, um recht „afrophobisch“ die ruandische Präsidentengattin anzuzünden. Der europäischen Linken geht im Angesichte der anstehenden EU-Wahlen nächsten Monat „der Arsch auf Grundeis“. Die Rechtspopulisten befinden sich auf dem Vormarsch, die alte EU der „linken Eliten“ hat Konkurrenz bekommen. Das europaweite „Bündnis Europäische Allianz der Menschen und Nationen“ (EAPN) hat das Zeug dazu, der kläglichen und heillos zerstrittenen EU endlich den Garaus zu machen. Nichts ist dringlicher als das. Und immer mehr Europäern wird das auch immer klarer.

Was den europäischen Linken immer klarer wird, das ist, daß sie eines nicht allzu fernen Tages Rede und Antwort werden stehen müssen, wenn sie zu ihren Pathologisierungen des politischen Gegners von heute befragt werden. Wie war das noch mit der Homophobie, der Islamophobie, der Xenophobie und der „Afrophobie“? Auf das Gestammel freut meinereiner sich schon heute. Dann wird sie dumm dastehen mit ihrer arroganten „Dialogphobie“, die linke Bagage. Das wird so etwas werden wie das finale Feuerwerk am Ende der salonbolschewistischen Pestepoche.

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Quelle und Kommentare hier:
https://www.journalistenwatch.com/2019/04/10/die-eu-pathologisierung/