Der „Staat“ als Gegner seiner Bürger

Von Johannes Eisleben

In den letzten Jahren wird immer klarer, dass unser Staat sich zum Gegner seiner Bürger entwickelt. Wie geschieht das?

Ein paar wichtige Beispiele:

  • Der Staat entzieht seinen Bürgern die Sicherheit der Energieversorgung.
  • Der Staat enteignet sie über die Eurorettung rechtswidrig.
  • Der Staat nimmt seinen Bürgern durch die unkontrollierte Einwanderung größtenteils nicht integrationsfähiger Migranten das Gemeingut öffentliche Sicherheit und enteignet die Bürger durch nicht zu rechtfertigende, rein konsumtive Transferleistungen für die Migranten – das Steueraufkommen kann nur einmal ausgegeben werden.
  • Der Staat lässt die Infrastruktur verfallen, enteignet die Bürger durch legislative Entwertung ihrer Fahrzeuge und zerstört das Bildungssystem.
  • Er nimmt den Bürgern ihr Grundrecht auf freie Meinungsäußerung und das Demonstrationsrecht.

Die Bürger merken das, sie fangen an, sich an der Wahlurne und auf der Straße zu wehren. Seit 2013 sinkt der Zuspruch zu den etablierten Parteien, gleichzeitig sinken die Auflagen und Einschaltquoten der Leitmedien stetig, und der staatsskeptische Diskurs in den sozialen Medien intensiviert sich. Kundgebungen und Demonstrationen zur Migrationsthematik, dem Aspekt der Missregierung, den die Bürger am leichtesten wahrnehmen können, nehmen zu.

Die Politiker der etablierten Parteien und der von ihnen über Jahrzehnte installierte exekutive Beamten- und Richterapparat mitsamt vasallenhaft agierender Medien, die allesamt zu Gegnern des eigenen Volkes geworden sind, denken nicht um, sondern verfolgen den Kurs gegen die Bürger weiter. Man sieht dies deutlich daran, wie Politik und Medien auf den Aufstieg der AfD und den eigenen Bedeutungsverlust reagiert haben: durch aggressive Rufmordkampagnen gegen kritische Denker und die Finanzierung linker nichtstaatlicher Gewalt gegen friedliche Demonstranten. Warum denken sie nicht um, obwohl sie doch ihr Land zerstören und sich ihr eigenes politisches Substrat kaputt machen, wie sich an der SPD sehen lässt?

Die pseudo-liberale Ideologie, die die Politikgestaltung unserer etablierten Parteien bestimmt, hat den Charakter eines fehlgeleiteten Glaubens an die Möglichkeit zur Schaffung einer grenzenlosen Weltgesellschaft umfassenden Friedens und Einvernehmens aller Menschen. Ermöglicht durch die Hauptwerkzeuge der Gleichheit – Selbstverwirklichung und den globalen, grenzenlosen Kapitalismus.

Eine diesseitige Erlösungshoffnung

Es liegt hier ein konstituierendes Merkmal einer säkularen Pseudoreligiosität vor: eine diesseitige eschatologische Erlösungshoffnung, die sich eine Überwindung aller Konflikte, die unsere irdische Existenz ausmacht, ersehnt. Was hält die Anhänger der pseudoliberalen Ideologie bei der Stange, obwohl das drohende böse Erwachen aus dem schönen Traum – Überschuldung, Zusammenbruch des Euro, Energieversorgungskrise, gewalttätige Konflikte, ausgehend vom von muslimischen Einwanderern gelebten islamischen Recht mit seinen koranischen Strafen, Verfall der öffentlichen Ordnung – absehbar ist? Warum ist diese Bewusstseinsbildung so stabil?

Es sind zahlreiche Faktoren, die zusammenspielen: ideologische Prägung, soziales Umfeld, Erwerbsquelle und Identität/Individuation sowie Verlust der historischen Perspektive. Beginnen wir mit der ideologischen Prägung. Die Träger der pseudoliberalen Ideologie, die nach 1950 geboren sind, haben ihre Überzeugung oft schon an der Universität im Zuge des Kulturumschwungs von 1968 erworben, die nach 1960 Geborenen bereits an den Schulen, die ab Mitte der 70er Jahre entsprechend ideologisiert wurden, nachdem die Quote der nach 1968 an den Unis ausgebildeten Lehrer zuzunehmen begann.

Inzwischen promoviert die dritte Generation pseudoliberaler Juristen, Geistes- und Sozialwissenschaftler und beginnt, Professuren zu erhalten – stark verknappt lässt sich der durchschlagende Erfolg dieser Bewegung an der dominierenden Rezeption der Habermas-Schule im weitesten Sinne und der französischen antirationalen „Postmoderne“ mit Foucault, Lyotard und Derrida und ihrer Epigonen wie Judith Butler in den Geistes- und Sozialwissenschaften ermessen.

Beginnend an der Quelle der Ausbildung der Führungskräfte unserer Gesellschaft hat diese Ideologie kaum Abweichung toleriert, so dass die Ideologisierung der Universitäten und der Schulen, der Kirchen, der Beamtenapparate und der Justiz in den letzten 50 Jahren zügig voranschreiten konnte. In den 1980er Jahren wurden im Historikerstreit die letzten Konservativen diskreditiert und „besiegt“ – danach begann man, sich selbst vom „Verfassungspatriotismus“ zu verabschieden und den Nationalstaat als Ort politischer Willensbildung zu verunglimpfen und als rückständig zu verspotten, um stattdessen auf supranationale Strukturen und die „Weltgesellschaft“ hinzuarbeiten.

Position durch staatliche Garantien perfekt abgesichert

Die derart ideologisch geprägten Führungskräfte, angeführt von ihren intellektuellen „Priestern“ (H. Schelsky), bilden einander ein kohärentes soziales Umfeld gegenseitiger Affirmation. Sie begegnen sich in großen, behördenartig organisierten Wirtschaftskonzernen, Zeitungen, Verlagen, Ministerien und Verwaltungen, therapeutischen Einrichtungen, im Kunst- und Literaturbetrieb, am Theater sowie an den Gerichten und anderen Institutionen. Überall bestätigen sie einander ihre Höherwertigkeit und die Rückständigkeit und geistige Minderwertigkeit all derer, die ihrer Ideologie der scheinbar emanzipatorischen Entgrenzung nicht folgen können oder wollen: die bemitleidenswerten „somewheres“ (D. Goodhart), das „zurückgebliebene Pack“ und „Prekariat“ mit abstoßender lokaler (!) Verwurzelung: Die allermeisten Andersdenkenden sind ihnen geistig und bildungsmäßig unterlegen, da es aufgrund der Ideologisierung des Bildungssystems nur wenige geistig hochqualifizierte andersdenkende Intellektuelle gibt.

Diese wenigen kritischen Realisten nennen unsere Gesinnungsideologen gerne „Rechte“ und „Konservative“ und sprechen ihnen die Fähigkeit zum moralischen Denken, zur Empathie und zur wahren Einsicht in die Größe und Überlegenheit ihres geistigen Gebäudes ab – sie sind aus Sicht der Hypermoral autoritäre Charaktere, deren Überlegungen von Angst, Chauvinismus und Rassismus genährt werden.

Die Erwerbsquelle der ideologischen, angestellten Führungskräfte sind interessanterweise Steuergelder, Beiträge der Sozialsysteme oder Konzerngehälter. Wenn etwas schiefgeht, springt der Staat ein und vergesellschaftet die Verluste: Sie sind in der Regel nicht als echte Selbstständige im Risiko, haben kein „skin in the game“ und niemals etwas von Paulus, Luther, Hobbes, Edmund Burke, Arnold Gehlen oder Reinhard Koselleck gelesen. Ihre Position ist durch staatliche Garantien perfekt abgesichert, aus ihrer Sicht braucht es keinen Nationalstaat, sondern nur ein Steuersubstrat und internationale Märkte. Von ihrer Arbeit profitieren die wenigen wirklich Reichen, die den Großteil des Wirtschaftswachstums vereinnahmen.

Die angestellten Führungskräfte unserer Gesellschaft haben sich eine Identität aufgebaut, die im perfekten Einklang mit ihrer Ideologie ist, ähnlich wie Höflinge des Ancien Régime. Leitwerte dieser Identität sind: das Primat einer krass narzisstisch-hedonistischen Selbstverwirklichung, eine sterile, scheinheilige Forderung nach Gleichheit (allerdings nicht im ökonomischen Sinne, sondern bezogen auf arbiträr geschaffene Minderheiten und formuliert als Anrecht des Einzelnen an staatlichen Ausgleichshandlungen), staatliche Bevormundung, Abschaffung des Nationalstaats und der Grenzen, anti-physikalischer Ökologismus, Multikulturalismus und tribalistische Ethnisierung der Gesellschaft, kritiklose Affirmation der Globalisierung und Ablehnung traditioneller, organisch gewachsener Institutionen.

Verlust historischer Perspektive

Diesen Wertekanon genießen die Führungskräfte im Glanze ihrer periodischen Begegnung mit Vertretern des Machtapparats und ihres passablen (Journalist) bis generösen (DAX-Konzernvorstand) Wohlstands, den sie für selbstverständlich halten und als Ergebnis ihrer aufrechten Anstrengung ansehen. Psychologisch gesehen ist ihre Individuation – die eigene Gewissheit, ein wertvolles Individuum zu sein – auf eine kleine Teilhabe am Wohlstandszuwachs und durch Zugehörigkeit zur Gemeinschaft der Pseudoliberalen gegründet. Von der massiven ökonomischen Dichotomisierung und den islamisierten No-Go-Areas unsere Städte sind sie sorgsam abgeschottet.

So eine Stellung gibt man nicht ohne äußere Not auf: Sozio-ökonomische Eliten sind stabil, wenn ihr Substrat, die Herrschaft über den Rest der Gesellschaft, nicht verschwindet. Die oben genannten Anzeichen des Verfalls (Schuldenkrise, Krise des Euro, Energieversorgungskrise, Islamisierung, Verfall der öffentlichen Ordnung) können und wollen sie nicht sehen: Es handle sich nur um ein Vermittlungsproblem der Medien, die gegen die teuflischen Social Media zu schwach seien, um die wohltuende Regierungstätigkeit den Bürgern ausreichend klarzumachen.

Die Führungskräfte haben sich also in einem stabilen Zustand der Privilegierung und gegenseitigen Bestätigung eingerichtet, den sie mit Hilfe von Diffamierung Andersdenkender verteidigen. Letztlich ist dies nur durch den vollständigen Verlust einer historischen Perspektive möglich. Wer die Geschichte nicht betrachtet, weiß nicht, dass die Quellen gesellschaftlicher Stabilität in einem jahrhundertelangen Prozess von unten entstanden sind: Es sind die Gemeinschaften auf lokaler Ebene, die familiären Traditionen, die tradierten Institutionen, das ungeschriebene Gewohnheitsrecht und die Sitten, die die Menschen einander verpflichten und unsichtbar-unbewusst das Zusammenleben ermöglichen.

Es ist die Identifikation mit der Heimat und der Herkunft, die Dankbarkeit für das von den Vorfahren Geschaffene und Ererbte, die lokale, regionale und nationale Kultur und der Wille, sich dafür einzusetzen, auch mit Opfern, die eine Gesellschaft als Gemeinschaft zusammenhalten. Selbstverständlich wurden viele dieser Werte im letzten Jahrhundert in den beiden Weltkriegen missbraucht und durch Kriegspropaganda entwertet, aber das bedeutet nicht, dass diese Werte nicht das Fundament der Gesellschaft ausmachen. Dies verstehen unsere ideologisierten Führungskräfte nicht – sie sind geschichtsblind und durch Jahrzehnte des Wohlstands und der Privilegien dekadent geworden: dass der bellum omnimum contra omnes oder zumindest der Willkürstaat jederzeit zurückkommen könnte, wenn man die Grundlagen der Gemeinschaft durch Pseudo-Emanzipation zerstört, ist ihnen vollkommen unvorstellbar. Sie haben sich eingerichtet und wissen es besser.

Trotz NetzDG erstklassige Möglichkeiten der Vernetzung.

Die ideologisierten Führungskräfte werden uns also weiter mit großen Schritten in die Krise führen, das steht fest und ist in Frankreich und Deutschland jüngst durch die Wahl des Establishmentmanns Macron und das Weiterregieren der Verfassungsbrecherin Merkel wieder bestätigt worden. Worauf können wir dann hoffen? Angesichts des schwankenden, aber noch zahlenden Sozialstaats und der scheinbar weiterhin recht guten wirtschaftlichen Lage brauchen die Bürger Zeit, um unzufrieden zu werden und zu merken, dass etwas nicht stimmt.

Doch die Wahlergebnisse der letzten Jahre zeigen, wie die Bürger zu merken beginnen, dass sie schlecht regiert werden, besonders jene, denen noch 56 Jahre Totalitarismus (12 Jahre „Drittes Reich“, dann 44 Jahre SBZ/DDR) in den Knochen stecken und die dadurch sensibler auf staatliche Anmaßung reagieren. Sie haben mit den Social Media trotz NetzDG erstklassige Möglichkeiten der Vernetzung. Peter Kruse war sich sicher, dass die Dynamik der interaktiven Vernetzung der Bürger im Internet nicht aufzuhalten ist. Der Souverän beginnt sich gegen einen Staat, der gegen ihn regiert, zu vernetzen und dann an der Wahlurne zu wehren. Halten wie es also mit Kruse, der sagte:

 „Und bist du nicht willig, so brauch ich Geduld.“

Zu spät ist es noch lange nicht.


Quelle und Kommentare hier:
http://www.achgut.com/artikel/Der_staat_als_gegner_seiner_buerger