Augenwischerei

Von (real)Asmodis

In Niedersachsen zahlt man STRABS-Gebühren. STRABS steht für Straßenausbaubeitragssatzung und aus der ergibt sich der Straßenausbaubeitrag, im Volksmund auch auch als Straßengebühr oder als Straßenausbaugebühr bezeichnet.

Es gibt kaum einen Begriff im Kommunalrecht, der für mich ein derart rotes Tuch darstellt wie STRABS.

Kam so: Vor sieben Jahren beschlossen unsere Gemeindeoberen eine (m. E. völlig überflüssige) Erneuerung der Straße, an der wir wohnen. Dazu lud man alle Anwohner zu einem öffentlichen Termin ein, bei dem jeder sagen konnte, ob er dafür oder dagegen ist. Rund 80% der Anwohner waren dagegen.

Die Gemeindeoberen störte das aber in keinster Weise – scheiß‘ auf das Fußvolk – und sie nickten die Pläne, die vier von fünf Leuten nicht haben wollten, einhellig ab. Das ist eben Basisdemokratie in Deutschland.

Das störte sie auch nicht im geringsten, denn lt. STRABS werden die Anwohner veranlagt. Je größer Haus und straßenseitiges Grundstück sind, desto mehr zahlt man. Nun, bei uns waren das ein kleines Einfamilienhaus mit 17 Metern zur Straße gelegenem Grundstück. Machte 5.000 Teuronen, die wir gegen unseren Willen löhnen durften.

„Ihr könnt das ja beim Finanzamt absetzen!“, wurde uns versprochen. Im Versprechen ist die Gemeinde echt gut. Die verspricht sich öfter! Im Finanzamt jedenfalls kriegten die ’nen Lachflash, als ich die 5.000 Teuronen steuerlich geltend machen wollte.

Uns blieb nichts anderes übrig als einen Kleinkredit aufzunehmen und damit standen wir wirklich nicht alleine da. Bei einem straßenseitig größeren Grundstück ist man übrigens ganz schnell bei 10.000 bis 20.000 Euro.

STRABS dient im Grunde genommen dazu, Straßen zu sanieren. An sich ist es berechtigt, wenn der Staat dafür Gelder verlangt, weil ja bekanntlich nichts ewig hält. Aber: Er verlangt die Gelder ausschließlich von den Anwohnern, welche die Straße im Grunde genommen am wenigsten benutzen.

Morgens fährt man zur Arbeit und abends kommt man zurück und gut is‘. Mit dem Fernverkehr sieht es gänzlich anders aus. Da ist mal wieder der Lauenauer Dauerstau auf der A2 oder die Vollsperrung der Bundesautobahn und den armen Schweinen, die da nicht stundenlang rumstehen wollen bleibt gar nichts anderes übrig als abzufahren. Dann wälzen sich Kolonnen von Vierzigtonnern durch’s Dorf und zerschreddern über kurz oder lang JEDE Straße.

Gerecht wäre es daher, auch die Betreiber der Bundesstraßen und Bundesautobahnen – ergo den Bund – maßgeblich an STRABS zu beteiligen. Stattdessen aber wälzt man alles auf den kleinen Mann an der Straße ab. Weil der sich nicht wehren kann.

Die Typen von der Landesregierung in Hannover – also die GroKo, was m. E. für „Großes Kotzen“ steht – nutzen das schamlos aus. Beispiel CDU: Noch im Jahr 2014 sprach man sich ganz klar gegen STRABS aus.

Vier Jahre später – man war ja inzwischen Teil der Landesregierung geworden – ruderte man zwecks Wechsel der Seiten schwammig zurück. Jetzt liegt ein vermeintlicher „Kompromiss“ auf dem Tisch, mit dem – angeblich! – Eigentümer spürbar von STRABS entlastet werden sollen.

Plötzlich ist die Rede von Darlehen, Senkung der Stundungszinsen, Deckelung der Gebühr bei großem Grundstück (wovon letztlich nur wohlhabendere Mitbürger profitieren) usw. HALLO??? Es bleibt wie es war: Der Anwohner ALLEIN wird zur Kasse gebeten! DAS IST VERARSCHUNG!!! Das ist Scheinpolitik und pure Augenwischerei! Das ist Wegelagerei auf höchster Ebene!

Nach dem kaputten Vorschlag von SPD und CDU soll Schuldnern ohne ausreichend Vermögen lediglich eine Ratenzahlung und eine Senkung der Darlehenszinsen gewährt werden können. Als Kann-Regelung ist die Gemeinde allerdings nicht daran gebunden. So wird vermieden, dass das Land Niedersachsen finanziell für Ausgleich sorgen muss.

Doch es geht noch weiter: Bislang verhielt es sich so, dass eine Kommune die STRABS-Gebühren nur im Abstand von 25 Jahren einfordern konnte, sofern sie nachwies, dass sie binnen dieses Zeitraums ihrer Pflicht zum Erhalt der Straßen nachgekommen ist. Nach dem GroKo-Vorschlag entfällt die Nachweispflicht. Und der Bund, der sich ursächlich zu beteiligen hätte, bleibt vornehm komplett außen vor und kassiert im Falle von Privatisierungen nur noch!

Falls sich jetzt jemand fragt, warum der nicht zur Kasse gebeten wird: Na ja – STRABS steht der Privatisierung von Autobahnen und Bundessstraßen als ziemlich hoher Kostenfaktor natürlich total entgegen.

Merkt ihr was?!? Letztlich läuft der so genannte „Kompromiss“ der GroKo in Niedersachsen darauf hinaus, dass dem Anwohner lediglich die Wahl bleibt, wem er den aufzunehmenden Kredit zurückzahlen muss, nämlich der Kommune oder aber der Bank.

Ach ja, und die Gemeinden werden aus der Pflicht entlassen, sich um die Straßen kümmern zu müssen: Glänzende Zeiten für Offroad-Geländefahrzeuge! Sieht so Politik von Volksvertretern oder Politik von Volksverrätern aus?

BTW: Da Vermieter derartige Gebühren umlegen, sind selbstverständlich auch Nichteigentümer, also Mieter, betroffen …


Quelle und Kommentare hier:
https://quergedacht40.wordpress.com/2019/03/31/augenwischerei/