Achtung, NATO-Propaganda!

von Bernhard Trautvetter

Das westliche Militärbündnis bricht seit 70 Jahren das Völkerrecht und vernebelt seine Verbrechen gegen die Menschheit durch gezielte Propaganda.

Bis zum 4. April 2019 – dem 70. Jubiläum der NATO-Gründung – werden Transatlantiker und NATO-Strategen ihre Propaganda-Maschinerie auf Hochtouren laufen lassen, um der Öffentlichkeit Sand in die Augen zu streuen.

Der politisch-militärische Komplex und „seine“ Medien arbeiten darauf hin, für die hochgefährliche Steigerung der internationalen Spannungen einen möglichst breiten Rückhalt in der Öffentlichkeit zu organisieren. Wir werden das auch im Zusammenhang mit der zwanzigsten Wiederkehr des völkerrechtswidrigen Angriffs der NATO auf Jugoslawien erleben, der den Zerfall dieses einst stabilen Staates weiter vorantrieb.

Blutige Jahrestage

Verschwiegen wird unter anderem der 51. Jahrestag des Massakers der NATO-Führungsmacht im vietnamesischen My Lai, bei dem hunderte unbewaffnete zivile Opfer zu beklagen waren. Dieses Verbrechen fand am 16. März 1968 statt. Auch die 15. Wiederkehr des Kriegsverbrechens, das die USA und ihre sogenannte Koalition der Willigen gegen den Irak am 20. März 2003 eröffneten, wird ausgeblendet oder heruntergespielt werden.

Ebenso wird es dem Völkerrechtsbruch von NATO-Staaten gegen Libyen ergehen: Französische, US-amerikanische, britische und kanadische Militäraktionen, die unter anderem auch von Ramstein aus ausgeführt und gesteuert wurden, begannen am 19. März 2011.

Dort wurde ein UNO-Beschluss überreizt: Den Beschluss über Flugverbotszonen und zum Schutz der Bevölkerung nutzten die NATO-Staaten für ihre Regime-Change-Strategie, in deren Verlauf das Staatsoberhaupt Muammar al-Gaddafi schließlich unter nicht genau untersuchten Umständen an einem Kanalrohr gelyncht wurde.

Die Militaristen werden mit weiteren Fake-News neues Gift in die Gehirne träufeln – man könnte das auch Manipulation von Wahlen nennen, also genau das, was dem auserkorenen Feind im Osten ständig vorgeworfen wird. Eingeimpft wird uns so die vermeintliche Notwendigkeit, die NATO-Rüstungsausgaben, die derzeit übrigens bereits etwa das Vierzehnfache der russischen Militär-Aufwendungen betragen, weiter sprunghaft auf zwei Prozent der Wirtschaftsleistung hochzuschrauben – vor allem wegen der russischen Gefahr.

Ähnlich wirken die unbewiesenen Behauptungen, mit denen die USA mit voller Unterstützung der NATO-Verbündeten aus dem Vertrag zum Verbot nuklearer Mittelstreckenraketen ausstiegen, angeblich wegen einer Vorrüstung Russlands. Das schwedische Friedensforschungsinstitut SIPRI klärt darüber auf, dass die US/NATO-Begründung nicht stichhaltig sei (1). Diese Manipulationen stehen leider in einer fatalen Tradition.

Diese zeigte sich bereits vor der Gründung des „Verteidigungs“-Bündnisses, als US-Präsident Harry S. Truman Hiroshima und Nagasaki mit der human klingenden Lüge zu rechtfertigen versuchte, man verkürze den Krieg und rette damit unzählige Menschenleben. In Wahrheit ging es darum, die Sowjetunion damit zu konfrontieren, dass der Westen von Japan bis Westeuropa die Vormacht innehat (2).

Die D-Mark – Beginn der deutschen Teilung

Der Kalte Krieg begann demzufolge schon Jahre vor der NATO-Gründung. Die Militärs hatten sie unter anderem mit der sowjetischen Expansionsgefahr begründet, speziell seit dem Beginn der sowjetischen Blockade Westberlins 1948. Auch dieses Narrativ hatte durch seine ständige Wiederholung die öffentliche Meinung geformt. Was der Westen in seiner Propaganda jedoch bewusst wegließ: Die Sowjetunion verfolgte damals eine Politik der Einheit Deutschlands – entsprechend dem Potsdamer Abkommen (3).

Dieses Konzept durchkreuzte der Westen unter anderem mit der unabgestimmten, unangekündigt durchgeführten Einführung der D-Mark in den drei Westzonen und in Westberlin, und damit einer drohenden Flut entwerteten Geldes aus den Westzonen in die sowjetische Besatzungszone. Die dann vom Osten beschlossene Blockade der Landwege nach Westberlin zeigt sich bei genauer Analyse als Reaktion vor allem der Sowjetunion auf diese Überrumpelungs-Taktik, im eigenen Interesse Fakten zu schaffen.

Diesen Motiv-Zusammenhang vernebelte der Westen auch bei dem medialen Mega-Ereignis der NATO-Gründung am 4. April 1949: US-Präsident Truman, verantwortlich für die Kriegsverbrechen in Hiroshima und Nagasaki, hatte in seiner Rede zur NATO-Gründung folgende Botschaft:

„Wir hoffen, mit diesem Pakt einen Schutzschild zu errichten, ein Bollwerk gegen Aggression und Angst, ein Schutzschild, das es uns erlaubt, die normale Regierungsarbeit für die Gesellschaft fortzusetzen, um ein erfülltes und glückliches Leben für alle unsere Bürger zu erreichen“ (4).

Das Bild von der Sowjetunion als Gefahr im Jahr 1949 stand nicht nur in einer fatalen Tradition der Jahrzehnte davor, sondern es hielt schon oberflächlichem Nachdenken nicht stand: Die Sowjetunion war von Nazi-Deutschland bis kurz vor Moskau nach dem Prinzip der verbrannten Erde in einem Vernichtungskrieg zerstört worden, der ihr auch nach dem Krieg die militärischen Möglichkeiten gegen die Profiteure des zweiten Weltkrieges – in den USA – nahm (5).

Die NATO-Propaganda stellte die Geschichte auf dem Kopf: In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war es zwei Mal das dem Westen zuzuordnende Deutschland, das Russland beziehungsweise die Sowjetunion überfiel. Circa 26 Millionen Tote hatte die Sowjetunion im zweiten Weltkrieg zu beklagen. Das sind weit mehr, als alle weiteren Völker und Opfergruppen – etwa die Hälfte aller Toten im zweiten Weltkrieg (6).

Die NATO wurde also mitnichten dafür gegründet, um all den Menschen in den westlichen Gesellschaften unbehelligt von der sowjetischen Gefahr ein glückliches Leben zu ermöglichen.

Bleibt die These, dass sich die USA mit dieser Vorgehensweise ein Instrument geschaffen hatten, ihre Weltmachtpläne möglichst erfolgreich und mit freundlicher Unterstützung der alliierten Nationen über ihren Militäretat abzusichern.

Ein Handbuch für Putschisten

In diesem Zusammenhang ist unter anderem auch die Kuba-Krise zu sehen, in der die USA die Welt an den Rand der finalen Katastrophe geführt hatten: Der US-Stratege Schlesinger erklärte die Kuba-Krise zum gefährlichsten Augenblick der Geschichte (7). Am 23. August 1962, also kurz vor der Stationierung sowjetischer Raketen vor den Toren der USA, kursierte ein sogenanntes „National Security Memorandum No 181“ des US-Pentagons –

„eine Direktive zur Anstachelung einer internen Revolte, die auf eine amerikanische Invasion folgen sollte und bedeutende Manöver und Truppenbewegungen der Amerikaner umfasste“ (8).

Dieser Text ist nicht nur ein Handbuch für geplanten imperialen Völkerrechtsbruch, sondern auch die Zusammenfassung diesbezüglicher bisheriger Erfahrungen der USA beziehungsweise der westlichen kapitalistischen Gesellschaften. Der CIA-Mord der US-Administration am linken Präsidenten Kongos, der für den Westen das große Geschäft mit den Bodenschätzen dieses Riesenstaates zu gefährden drohte, war bereits 1961 ausgeführt worden.

Das Security Memorandum 181 erscheint durchaus wie ein Drehbuch für viele CIA-Umstürze mindestens seit dem Sturz des demokratisch gewählten linken iranischen Präsidenten Mohammed Mossadegh 1953. Der Putsch führte zur Amtseinführung des Schahs, der mit faschistoiden Methoden westlich unterstützt Jahrzehnte lang herrschte und kapitalistischen Interessen breiten Raum vor allem im Ölgeschäft absicherte (9).

Das CIA-Security Memorandum 181 wurde allem Augenschein nach auch in der Ukraine vor, während und nach den Maidan-Unruhen angewandt (10) und wird derzeit in Venezuela umgesetzt. Die Methode offenbart das immer weiter verfeinerte Muster von der Aufstachelung von Unruhen bis zu der von den Militärs und ihren Propagandisten so genannten „humanitären Lösung“ durch Krieg.

Dieses Muster lässt sich allerdings nicht immer eins zu eins durchsetzen – beispielsweise in Chile 1973, in Ex-Jugoslawien und in der Folge im Irak, in Libyen und in Syrien wurde von westlicher Seite der offene Völkerrechtsbruch praktiziert. Alles in allem stimmt der Satz, dass die NATO nicht erst seit dem Sieg im Kalten Krieg dasjenige Staatenbündnis ist, aus dessen Gebiet heraus die häufigsten und massivsten Völkerrechtsverletzungen zu konstatieren sind.

Die hier dargelegte Liste der Verbrechen ist unvollständig, wie schon allein die Tatsache zeigt, dass die USA dem Irak im Iran-Irak-Krieg chemische Stoffe lieferten, die für Giftgaswaffen gebraucht wurden (11). Hinzu kommt eines der größten Verbrechen staatsterroristischen Massenmordes beim CIA-gestützten Sturz der linken Regierung Indonesiens im Jahr 1965, den auch Deutschlands CDU-geführte Regierung mit antikommunistischen Motiven unterstützte (12). Dem Putsch fielen mindestens eine halbe Million Menschen zum Opfer (13).

Eisenhowers Warnung

Die Probleme, die der militärisch-industrielle Komplex, wie ihn einst Dwight D. Eisenhower warnend nannte, der Welt aufbürdet, sind nicht alleine durch den Austritt einiger Länder aus der NATO zu lösen. Der Menschheit stellt sich die Aufgabe, Militärpakte in einem weit umspannenden System kollektiver Sicherheit mit Organisationen wie der UNO, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa und in atomwaffenfreien Zonen auf dem Weg zur De-Nuklearisierung aufzulösen; dies wird aber im Angesicht der Profitraten, die die Rüstung verspricht, nicht genügen.

Die Ursache für die militärische Apokalypsegefahr liegt tiefer als in einer Staatenallianz wie der NATO. Abrüstung statt Aufrüstung, De-Nuklearisierung, Installierung von gegenseitig auf Augenhöhe durchzuführender Konfliktlösung in Verhandlungen – all das sind wichtige Schritte. Stabil und nachhaltig werden sie erst dann, wenn das System der Konkurrenz um Ressourcen, Märkte, Marktanteile, Profite und andere Formen ökonomischer Vorteile auf Kosten anderer Geschichte wird.

Die Friedensbewegung wird im Zusammenhang mit den Feiern zum 70. Jubiläum der Gründung der „Wertegemeinschaft NATO“ (!) und bei den Ostermärschen mahnend auf die Blutspur der Völkerrechtsbrüche und der unzähligen Toten, Verletzten und Traumatisierten hinweisen und sich für Abrüstung und die Einhaltung des Völkerrechts stark machen.


Quellen und Anmerkungen:

(1) https://sipri.org/commentary/topical-backgrounder/2018/russian-and-us-policies-inf-treaty-endanger-arms-control; https://www.rubikon.news/artikel/eine-minute-vor-zwolf
(2) https://www.rubikon.news/artikel/paranoia-wahn-und-der-dritte-weltkrieg
(3) „14. Während der Besatzungszeit ist Deutschland als eine wirtschaftliche Einheit zu betrachten. Mit diesem Ziel sind gemeinsame Richtlinien aufzustellen hinsichtlich (…) e) der Währung und des Bankwesens“; http://www.documentarchiv.de/in/1945/potsdamer-abkommen.html
(4) https://www.deutschlandfunkkultur.de/die-gruendung-der-nato.932.de.html?dram:article_id=130401
(5) https://www.lernhelfer.de/schuelerlexikon/geschichte/artikel/der-totale-krieg-die-zweite-kriegsphase
(6) https://www.zeit.de/news/2015-05/08/geschichte-hintergrund-der-zweite-weltkrieg-in-zahlen-und-fakten-08065612
(7) + (8) https://www.freitag.de/autoren/the-guardian/das-problem-mit-castro
(9) https://www.welt.de/geschichte/article119180782/CIA-bekennt-sich-zu-Militaerputsch-1953-im-Iran.html
(10) https://www.geolitico.de/2015/02/20/so-kam-der-krieg-in-die-ukraine/
(11) https://www.heise.de/tp/news/Reagan-tolerierte-Saddam-Husseins-Giftgaseinsatz-im-Iran-Irak-Krieg-2030879.html
(12) https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/id_82562848/deutschland-deckte-militaerputsch-in-indonesien.html
(13) https://geopolitiker.wordpress.com/2010/10/07/die-massen-morde-der-amerikaner-mit-suharto-in-indonesien/


Quelle und Kommentare hier:
https://www.rubikon.news/artikel/achtung-nato-propaganda