Knotenpunkte der Geschichte

von Ursula Haverbeck

33 und 66 Jahre nach Weltkrieg II.

Sicher handelt es sich bei der Kennzeichnung dieser Knotenpunkte um eine subjektiv bestimmte Auswahl und doch kann an dem gleichzeitigen Erscheinen von mehreren Veröffentlichungen, die die offizielle Meinung erschütterten und in Frage stellten, nicht gezweifelt werden, auch wenn sie weitgehend totgeschwiegen wurden.

Es handelt sich beim ersten Knotenpunkt um die Jahre 1977, 1978 und 1979, also etwa dreiunddreißig Jahre nach Kriegsende. Deutschland war weitgehend wieder aufgebaut. Die ungeheueren Trümmerberge der Städte waren verschwunden, die Millionen heimatloser Ostvertriebener waren in die Wirtschaft zum größten Teil, wenn auch bescheiden, wieder eingegliedert und hatten ein Dach über dem Kopf. Wir hatten Vollbeschäftigung und schon damals erkennbar eine Überindustrialisierung, mit Umweltzerstörung und wir hatten die ersten Gastarbeiter.

Die Partei der Grünen gab es noch nicht, dafür aber eine äußerst lebendige und kritische Ökologiebewegung. Einer der Vorreiter war Herbert Gruhl mit seinem Buch „Ein Planet wird geplündert“. Er wies als CDU-Mitglied seine Partei darauf hin, daß ein Wirtschaftssystem, welches auf einem permanenten Wirtschaftswachstum basiert auf einer begrenzten Erde unhaltbar ist. Es dauerte nicht lange, und Gruhl erschien der CDU untragbar. Ein weiterer Vordenker war der in England lebende E.F. Schumacher, mit seinem Buch „Es geht auch anders“ oder im englischen Titel „Smal is beautiful“

Schumacher fragt,

„was für einen Eindruck würde die moderne Lebensweise auf ein denkendes Wesen aus einer anderen Welt machen, wenn es uns heute besuchte?“ 1978!

„Würde einen solchen Besucher der Fortschritt unserer Medizin mehr erstaunen oder die Überfüllung unserer Krankenhäuser?

Die Geschwindigkeit unserer Transportmittel oder die Länge und Unbequemlichkeit unseres Weges zur Arbeitsstätte?“

„Unser Beobachter könnte nachdenklich auf die Vereinigten Staaten als führende Macht der modernen Welt hinweisen, wo 5,6 % der Weltbevölkerung bis zu 40 % der großenteils nicht erneuerungsfähigen Rohstoffe unseres Planeten verbrauchen. Es könnte bei ihm das Gefühl auftauchen, daß sich die Welt eigentlich die Vereinigten Staaten gar nicht leisten könne – und bestimmt nicht als Vorbild zur allgemeinen Nacheiferung. Und doch würde er feststellen müssen, daß die restlichen 94,4 % der Weltbevölkerung zum überwiegenden Teil krampfhaft versuchen, genau dies zu tun.“  (a.a.O. Seite 24)

Die Vordenker der Ökologiebewegung erkannten sehr bald als Ursache für die Fehlentwicklung das Wirtschaftssystem. Diese Wirtschaftspolitik, genannt Kapitalismus mit seinem Zins- und Zinseszinssystem verlangt ein permanentes Wirtschaftswachstum. Das hören wir auch heute noch, Tag für Tag in allen Medien, ohne permanentes Wirtschaftswachstum muß jede („kapitalistische“) Volkswirtschaft zugrunde gehen. Die Angehörigen der Ökologiebewegung – darunter viele Nationalsozialisten – kamen nicht auf die Idee, die kommunistische Planwirtschaft für eine Alternative zu halten. Das wurde schon überdeutlich bei einer Reise in die DDR, welche doch das hochgelobte Musterbeispiel für die sowjetische Planwirtschaft darstellte, aber eher abstoßend denn als überzeugende  Alternative wirkte. Manche blickten damals hoffnungsvoll nach Jugoslawien mit seinem etwas eigenwilligen kommunistischen Weg.

Es muß auch darauf hingewiesen werden, daß wir uns noch in der Zeit des kalten Krieges befanden. Es gab Berufsverbote in großer Zahl, nicht gegen rechts, sondern gegen links. Dr. Joachim Kahl stellte im Oktober 1978 für Hessen folgendes zusammen: Berufsverbote schwarz auf weiß – Berufsverbotsmaßnahmen des Landes Hessen in Falldarstellungen. Diese Berufsverbote betrafen insbesondere Lehrer, Grundschullehrer bis hin zu Gymnasiallehrern. Aber es befanden sich darunter auch – Post- und Bahnangestellte und andere Berufe.

In diese Situation platzten nun drei Bücher, die jeweils eine liebgewordene Theorie nicht nur in Frage stellten, sondern als unhaltbar beweisen konnten.

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Der Japaner Yoshito Otani

1978 wurde im Arrow-Verlag das bereits ein Jahr zuvor in Japan erschienene Buch, „Untergang eines Mythos“ von Yoshito Otani veröffentlicht.

Welcher Mythos ist es, der nach Ansicht des Japaners Otani untergegangen ist? Er behandelt sowohl den US-Kapitalismus als den kommunistischen Klassenkampf sehr gründlich.

So zitiert er den Präsidenten der mächtigen „American Federation of  Labor“, George Meany, der am 01. Oktober 1974 im Senat der USA in einer provozierenden Rede gesagt hatte:

Der Umfang des Flusses amerikanischer Güter in eine Richtung ist bereits alarmierend. Wir wollen im Moment gar nicht von unseren riesigen Nahrungsmittel-Lieferungen an die Sowjetunion seit Mai 1972 reden, die die amerikanischen Hausfrauen und Steuerzahler enorm belastet haben.

Wir wollen vielmehr einen Blick auf die Operation der Export-Import-Bank werfen…. Das ist ein Wirtschaftshilfeprogramm! Es ist ein Wohlfahrtsprogramm für die Sowjets!

Warum eigentlich geben wir ihnen Kredite? Damit sie unser technisches „know-how“  erwerben können? Warum wollen wir, daß sie dieses „know-how“ erwerben?“

Und Meany fragt weiter, wieso die Amerikaner eine Macht wie die Sowjetunion unterstützen und aufbauen, während sie doch gleichzeitig eine riesige Militärmacht genau gegen diesen Staat aufrüsteten, wofür sie täglich 236 Millionen ausgäben. Otanis Fazit ist:

Die Zwei-Welten-Theorie ist für jeden, der das sehen will, unter der Wucht belastender Tatsachen zusammengebrochen. Was bleibt, sind die zwei Fronten, die sich die Weltmächte aufgebaut haben (er meint wohl die Hintergrundmächte, U.H.). Zwischen diesen Fronten werden nun wie Spielbälle alle diejenigen Völker hin- und hergeworfen, die man heute noch als Dritte Welt bezeichnet.“   (a.a.O. S. 152ff)

Die Todfeindschaft von Kapitalismus und Kommunismus ist der Mythos, der nicht mehr aufrechtzuerhalten ist – und dies im immer noch bestehenden Kalten Krieg. In einem zweiten Teil seines Buches weist Otani darauf hin, daß es eine Alternative zu diesen beiden Wirtschaftssystemen gibt, und er stellt wesentliche Momente der „natürlichen Wirtschaftsordnung“ von Sylvio Gsell dar.

 

Der Israeli Avraham Barkai

Die dritte Veröffentlichung des gleichen Jahres ist die Dissertation des Israelis Avraham Barkai, die 1977 in Tel Aviv erschien und 1978 bereits in deutscher Übersetzung in der Bundesrepublik. Auch Barkai widerlegt eine zur damaligen Zeit vorherrschende Meinung über die Ursachen für die schnelle Beseitigung der Arbeitslosigkeit im Dritten Reich. Entweder verdanke Hitler das dem Glück, einem gütigen Schicksal oder einer auf Schulden basierenden gigantischen Aufrüstung, so die Behauptung. Barkai kommt zum Ergebnis, daß beides falsch ist. Er hatte ein bis dahin verschollenes Wirtschaftsprogramm des National-sozialismus entdeckt, welches Hitler aus Sorge, es könne zu Problemen mit der Finanzwelt führen, hatte einstampfen lassen.

Der unerhörte Aufschwung der reichsdeutschen Wirtschaft von 1933 – 1936 war weder Zufall noch schuldenbedingte Aufrüstung, es handelte sich um die Befolgung eines systematisch erarbeiteten Programmes. Hitler hatte bereits 1931 einen Arbeitskreis eingesetzt von Wirtschaftsfachleuten, Theoretikern, Praktikern und Politikern, mit dem Auftrag, eine wirtschaftliche Ablösung des unhaltbaren bestehenden Wirtschaftssystems zu entwickeln für den Fall der Machtübernahme.

Dazu gehörte, wie aus dem Programm zu entnehmen ist,

Verstaatlichung des gesamten Geld- und Kreditwesens und der Staatsaufsicht über die Banken und den Devisenverkehr.“   (a.a.O. S. 42)

Das Privateigentum und die Eigenständigkeit der Wirtschaft wurden garantiert, jedoch letztere dem Primat der Politik untergeordnet.

Die Einzelheiten können hier nicht näher behandelt werden. Es lohnt sich das Programm zu studieren. Wirtschaftswissenschaftler haben mir bestätigt, daß es antiquarisch noch zu finden ist. Zu meinem Erstaunen schrieb mir Prof. Dr. Ernst Nolte auf meine Frage hin, warum er den Nationalsozialismus nicht im Zusammenhang mit dessen Wirtschaftskonzept behandelt habe, daß er Avraham Barkai recht gut gekannt und verschiedene Gespräche mit ihm seinerzeit geführt hätte. Es handelt sich also nicht um irgendeine Erfindung, sondern um eine Realität.

Und jetzt kommt das Erstaunlichste an dem ganzen Buch. Barkai schildert also den großen Erfolg und die Begründung dieses Erfolges und dann kommt der Satz:

Unglücklicherweise war die von den Nationalsozialisten durchgeführte Wirtschaftspolitik in der gegebenen wirtschaftlichen Krisensituation die richtige Medizin.“  (a.a.O. S. 83)

Unglücklicherweise war sie die richtige Medizin!

Noch deutlicher wird diese, man muß wohl sagen jüdische Kampfansage an die erfolgreichen Nationalsozialisten im folgenden Zitat:

Endgültig wurde die wirtschaftliche und gesellschaftliche Neuordnung Europas erst unter den rauchenden Trümmern des Zweiten Weltkrieges begraben, glücklicherweise noch, bevor sie – über eine längere Periode eines pax germanica – die wirtschaftstheoretische Probe bestehen konnte…“

Und etwas weiter:

Einzig unter der Voraussetzung, daß wirtschaftliche und gesellschaftliche Krisensituationen endgültig der Vergangenheit angehören, läßt es sich (die nationalsozialistische Wirtschaftstheorie) in die Seminarstuben und Lehrpläne der Akademien verdrängen. Wer weniger optimistisch ist, wird angesichts der wirtschaftlichen Ereignisse den nationalsozialistischen Versuch, einer anderen Lösung mit einiger Beunruhigung verfolgen.“  (a.a.O. S. 23)

Nun, diese wirtschaftliche Krisensituation haben wir. Ist vielleicht das Wissen von „einer anderen Lösung“ die Ursache für die Verbots- und Verhaftungswelle von sogenannten jungen Rechtsextremisten?

 

Der deutsche Paul Kleinewefers

Sozusagen als Gegenstück zu den wirtschaftstheoretischen Darstellungen des Avraham Barkai werden ebenfalls 1977 die Erinnerungen des deutschen Unternehmers Paul Kleinwefers veröffentlicht. Dieser erhielt schon mit 27 Jahren zur selbstständigen Leitung einen der Familienbetriebe überantwortet, nachdem er sowohl an Schraubstock, wie Drehbank und Gießerei seine Lehrtätigkeit absolviert und sein Studium zum Diplom-Ingenieur abgeschlossen hatte. Dieses hatte ihm für die spätere Tätigkeit viele wertvolle Verbindungen eingebracht. Er hielt sie fest in seinem Buch Paul Kleinewefers, Jahrgang 1905.

Kleinewefers macht keinen Hehl aus seiner positiven Einschätzung des deutschen Aufbruchs nach 1933, in welchem er ja auch entscheidend mitwirkte als Unternehmer. Das erstaunlichste an diesem Buch sind die Buchbesprechungen aus dem Klappentext. In der „Junge Wirtschaft“ wird  besonders hervorgehoben, daß Kleinewefers die Zeit von 1933 bis 1945 nicht ausklammert, sondern wahrheitsgemäß sein Engagement und seine Erfahrungen und Beobachtungen mitteilt. Abschießend sagt der Besprecher:

Ich kenne kein anderes Unternehmerbuch, das mich nur annähernd so gepackt hätte wie dieses. Wo immer nach dem Denken und Handeln von Unternehmern gefragt werden mag: hier ist eine Auskunft“.

Ebenso positiv urteilt Die Welt:

„wo andere ihr Verhältnis zur Weimarer Republik und zum Nationalsozialismus kaschieren und flink über 27 Jahre deutscher Geschichte hinweggehen, ist er von schonungsloser Offenheit …. Erstmals haben die Historiker durch Kleinewefers auch einen präzisen Augenzeugenbericht des legendenumwobenen Hitlerauftritts vor dem Industrie-Club zu Düsseldorf“.

Besonders erstaunlich ist die Beurteilung von der „Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft“:

„Dieses Buch ist insgesamt zu würdigen als außerordentliches, persönlich engagiertes und ‚Persönlichkeit’ ausweisendes Dokument zur Bewältigung der Vergangenheit.“

Und eine begeisterte Schülerin schreibt:

„Mit diesem Buch würde sogar der sonst eher langweilige Geschichtsunterricht Spaß machen. Ich habe „Jahrgang 1905“ sofort meinem Lehrer gegeben.“

Das war also 1977/1978 noch möglich. Heute ist das Buch nirgendwo mehr zu finden. Übrigens – dies ist noch anzumerken – selbst ein politisch doch recht interessierter Mann wie Paul Kleinewefers hatte keine Ahnung von dem Vorhandensein eines gründlich erarbeitenden Konzeptes für den Wirtschaftsaufbau der Nationalsozialisten. Auch er glaubt

tatsächlich hatten die Nationalsozialisten wirtschaftstheoretisch wenig zu bieten. … Als sie an die Macht kamen, handelten sie pragmatisch, und damit hatten sie auch wirtschaftlich einen durchschlagenden Erfolg.“ (a.a.O. Seite 49)

(………)

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„Unglücklicherweise war die von den Nationalsozialisten durchgeführte Wirtschaftspolitik in der gegebenen wirtschaftlichen Krisensituation die richtige Medizin.“ (a.a.O. S. 83)

 UNGLÜCKLICHERWEISE war sie die richtige Medizin!

Quellenangaben:

Ursula Haverbeck, Oktober 2012, Torremolinos (Malaga), Spanien


Quelle und Kommentare hier:
http://www.europaeische-aktion.org/Artikel/de/Knotenpunkte-der-Geschichte_170.html