Schachtschneider: »Parteienstaat ist Verfallserscheinung der Republik«

Prof. Dr. Karl Albrecht Schachtschneider, 1940, ist Staatsrechtslehrer. Er war (Mit-)Initiator mehrerer Verfassungsbeschwerden gegen unterschiedliche Stufen der Europäischen Integration und die damit verbundene Aufgabe nationaler Souveränitätsrechte [2]. Schachtschneider sprach auf der 16. Sommerakademie des IfS über »Der gesellschaftliche Umbau Deutschlands und das Grundgesetz«. 

Die Sezession [3] dokumentiert seine Argumente in einem Gespräch.

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Sezession: Herr Professor Schachtschneider, was erleben wir derzeit in der Bundesrepublik?

Schachtschneider: Deutschland wird von der politischen Klasse umgebaut, in wessen Interesse auch immer. Das Ziel ist, die Deutschen als Akteure der europäischen und der globalen Politik zu marginalisieren. Die Einbindung Deutschlands zum Zwecke seiner Schwächung ist eine seit dem Zweiten Weltkrieg bestimmende Maxime sowohl der Politik des Westens als auch der Politik Deutschlands selbst. Der vermeintliche Sonderweg Deutschlands soll unmöglich gemacht werden, dem dienen die Europäische Union und die NATO. Ein Schulterschluß Deutschlands mit Rußland, der die Weltherrschaft der Vereinigten Staaten von Amerika gefährden könnte, sollte und soll ausgeschlossen sein. Aber nach wie vor steht die Souveränität Deutschlands, die das Bundesverfassungsgericht stetig verteidigt hat (wenn auch nur im Rahmen der eng verstandenen Verfassungsidentität Deutschlands), dem entgegen.

Nach der weitgehenden Amerikanisierung der Denkungsart durch die Reeducation schon seit der Besatzungszeit wird durch die Zuwanderung eine substantielle Umwandlung der Bevölkerung betrieben, mit vielfältigen durchgehend fragwürdigen, meist egalitaristischen Argumenten, und vor allem mit massenhaftem Rechtsbruch, immer unterstützt von der Political Correctness als Durchsetzungsmethode.

Sezession: Nun haben wir in Deutschland aber ein Grundgesetz …

Schachtschneider: Das Asylgrundrecht des Art. 16a GG trägt die Einwanderungspolitik keinesfalls. Zwar gibt Absatz 1 des Grundrechts nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein subjektives Recht, also einen einklagbaren Anspruch von politisch Verfolgten, ihnen in Deutschland das Asylrecht zu gewähren, aber dessen Absatz 2 schränkt das Grundrecht seit der Asylrechtsreform 1993 drastisch ein: »Wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist«, kann sich nicht auf Absatz 1 berufen. Er hat das Grundrecht nicht und »genießt« somit kein Asylrecht in Deutschland. Alle Fremden, die zu Land an die deutschen Grenzen anreisen, haben folglich kein Recht, mit der Berufung auf das Asylgrundrecht nach Deutschland einzudringen.

Das Bundesverfassungsgericht hat das in einer Leitentscheidung zur entsprechenden Verfassungsnovelle (BVerfGE 94, 49 ff.) klargestellt. Das Asylverfahrensgesetz ist dem gefolgt. Die Verordnungen der Europäischen Union mußten die nationalen Vorbehalte des Asylrechts hinnehmen. Die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951, 1967 ist wie schon in Art. 16a GG in die einfache Gesetzgebung einbezogen. Sie gibt keine weitergehenden Rechte für Flüchtlinge, zumal nur Deutschland den Irrweg eines subjektiven Rechts auf das Asylrecht gegangen war, der durch die Novelle weitestgehend korrigiert worden ist. Demgemäß ist der Aufenthalt von fast allen Fremden in Deutschland, die mit dem Asylbegehren in das Land gelassen werden, illegal. Die Einreise hätte ihnen »verweigert« werden müssen, und wenn sie irgendwie eingedrungen sind, müßte man sie »zurückschieben« (§ 18 AsylVerfG).

Sezession: Wir sprechen im Konjunktiv; anstelle von Einreiseverweigerung werden immer mehr Asylbewerber erwartet.

Schachtschneider: Ja, diese Entwicklung vollzieht sich aus vielen Gründen. Die Grenzen Deutschlands sind wegen des Schengen-Abkommens offen. Die Fremden werden geradezu ins Land gesogen. Sie können erwarten, dauerhaft in Deutschland bleiben zu können, in dem Land, in dem ihr Verbleiben die größten Chancen auf ein gutes Leben verspricht. Sie werden von der Propaganda und von vielen wohlmeinenden Menschen »willkommen« geheißen.

Darum machen sich Hunderttausende, wenn nicht Millionen Fremde auf den beschwerlichen und oft gefährlichen Weg nach Deutschland. Sie wollen ihren meist unerträglichen Verhältnissen entflehen, auch um ihre Familien nachzuholen, wenn sie in Deutschland ein Aufenthaltsrecht erobert haben. Ihre Erwartungen sind begründet. Abschiebungen werden im Regelfall nicht durchgeführt, selbst wenn die Abschiebeverfügungen rechtskräftig bestätigt sind.

Es gibt weitreichende der Menschenwürde und den Menschenrechten geschuldete Abschiebeverbote. Darüber hinaus werden die Fremden, deren Aufenthalt illegal ist, im Lande von den verantwortlichen Ländern geduldet, obwohl jede Duldung der Illegalität ein grober Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip ist. Aber der Moralismus hat in Deutschland längst eine Verbindlichkeit erlangt, die über der von Gesetz und Verfassung steht. Auch die Syrer sind durch das Refoulement-Verbot (Verbot der Abschiebung) nicht geschützt, weil sie aus sicheren Herkunftsstaaten einreisen.

Sezession: In München wurden an einem einzigen Wochenende Anfang September mindestens 10 000 »Flüchtlinge«, die mit Sonderzügen eintrafen, frenetisch begrüßt; die Polizei unternahm keinen Versuch, die illegale Einreise abzuwehren. Öffnet das Einwanderungsland Deutschland jetzt allen Immigranten die Tür?

Schachtschneider: Es wäre ein Leichtes, die Flüchtlinge abzuwehren, wie es die Pflicht Deutschlands ist. Die Gesetzlichkeit im Lande ist die Aufgabe der Polizei. Sie muß der Garant der Sicherheit sein. Denn wenn der Staat sie nicht sicherstellt, verliert er seine Daseinsberechtigung. Faktisch wird Deutschland zum Einwanderungsland gemacht. Nach dem Grundgesetz ist es keines. Deutschland ist das Land der Deutschen, des »deutschen Volkes«, wie das nach Art. 79 Abs. 3 GG in den nicht zur Disposition des verfassungsändernden Gesetzgebers stehenden Art. 1 und Art. 20 GG, aber auch in der Präambel steht.

Ein Einwanderungsgesetz würde den Kern des Grundgesetzes, die Verfassungsidentität, verletzen, solange nicht die Deutschen, der Souverän, durch Volksabstimmung gemäß Art. 146 GG ihr Verfassungsgesetz dahingehend ändern. Die Deutschen sind durch ihr Deutschsein definiert, insbesondere ihre deutsche Sprache. Allein durch die Staatsbürgerschaft wird man nicht Deutscher, schon gar nicht durch bloßen Aufenthalt in Deutschland.

Sezession: Momentan grassieren aber Kriege und Bürgerkriege, und glaubt man der einfältigen Medienlandschaft, ist das Gros der hier eintreffenden Menschen akut von Verfolgung bedroht.

Schachtschneider: Krieg und Bürgerkrieg sind genauso wie wirtschaftliche Not keine Asylrechtsgründe, in keinem Land und nach keinem Rechtstext. Das schließt nicht aus, daß mit dem Krieg oder Bürgerkrieg politische Verfolgung bestimmter Menschen oder Gruppen verbunden ist. Nur die persönliche Verfolgung eines Menschen, »durch die er in seinem Leben oder seiner Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist«, schafft nach der Genfer Flüchtlingskonvention, die auch als Asylgründe in Deutschland praktiziert werden, einen Asylrechtsgrund (Art. 1 A Nr. 2 der Konvention).

Für den »subsidiären internationalen Schutz«, den eine Richtlinie der Europäischen Union von 2011 zum Schutz von Flüchtlingen vor Gefahren durch Krieg und Bürgerkrieg für ihr Leben und ihre Gesundheit eingeführt hat und die § 4 des Asylverfahrensgesetzes umgesetzt hat, gilt nichts anderes als für das Asylgrundrecht. Das ist durch die Analogie zu Art. 16a Abs. 2 und 3 GG geboten. Man kann das auch der Dublin-III-Verordnung, welche die Zuständigkeiten für die Antragsverfahren regelt, entnehmen.

Sezession: Der Großteil der potentiellen Asylanten stammt aus dem islamischen Kulturkreis. Welche Rolle spielt Religion bei Einwanderung und Asyl?

Schachtschneider: Der Islam ist mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung schlechterdings unvereinbar. Er kennt kein demokratisches Prinzip, weil alle Gesetze von Allah herabgesandt sind. Sie werden von denen erkannt, die die Macht haben, weil auch diese Macht Allahs Wille ist. Der Islam lehnt die Gleichberechtigung von Mann und Frau ab. Die Scharia schreibt Strafen vor, die mit der Menschenwürde unvereinbar sind. Diese Strafen werden verhängt und vollzogen. Ungläubige verdienen den Tod. Und vieles mehr.

Der Islam ist eine Weltreligion, aber diese Religion gibt auch der Politik verbindliche Vorgaben. Die islamische Umma lehnt die Säkularisation der Politik von der Religion ab. Die Trennung von Religion und Politik ist das Fundament des aufklärerischen Westens. Es gibt kein Religionsgrundrecht, das einer politischen Religion Schutz gibt. Auch die christlichen Kirchen müssen sich dem fügen.

Allein schon der Religionspluralismus, der aus der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit folgt, verbietet es, aus den Religionsgrundrechten Schutz für irgendeine Politik herzuleiten, außer der, daß Religionen im Rahmen der Gesetze ausgeübt werden dürfen. Politische Grundrechte stehen in anderen Artikeln, vor allem in dem allgemeinen Freiheitsgrundrecht des Art. 2 Abs. 1 GG, in Art. 5 GG, der die Meinungsäußerungsfreiheit und die Medienfreiheiten schützt, in der Versammlungsfreiheit des Art. 8 GG, in der Vereinigungsfreiheit des Art. 9 GG, zumal der arbeitsrechtlichen Koalitionsfreiheit des Absatzes 3, sowie in dem Grundrecht auf Demokratie des Art. 38 Abs. 1 GG und den anderen politisch relevanten Grundrechten.

Sezession: In Art. 4 GG heißt es aber u. a.: »Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.«

Schachtschneider: Art. 4 GG schützt drei Religionsgrundrechte, nämlich die Glaubens- und die Bekenntnisfreiheit in Absatz 1, die schlechterdings uneinschränkbar sind, und das Recht zur ungestörten Religionsausübung in Absatz 2, die nach Art. 136 Abs. 1 WRV in Verbindung mit Art. 140 GG unter dem Vorbehalt der »bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten« stehen, also unter dem Staats- und damit Gesetzesvorbehalt. Es gibt kein Grundrecht einer umfassenden Religionsfreiheit, wie das das Bundesverfassungsgericht seit Geltung des Grundgesetzes praktiziert.

Dieses Grundrecht soll das Leben und Handeln, wie es die jeweilige Religion gebietet, mit Menschenwürderang schützen und nur zugunsten von Verfassungsprinzipen gleichen Ranges vom Gesetzgeber nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsprinzips einschränkbar sein. Ein solches Grundrecht öffnet der Islamisierung Deutschlands die Tore. Religion beansprucht als Gottes Gebot höchste Verbindlichkeit. Diese können divergierende Religionen in einem Lande nicht haben, weil die Gesetze allgemein sein müssen, also für alle Bürger in gleicher Weise Geltung beanspruchen. Die Gesetze sind jedoch in der Republik der Wille des Volkes als der Bürgerschaft, der Wille dieses Souveräns, nicht der Wille eines Gottes.

Das Bundesverfassungsgericht verantwortet mit seiner staatsvergessenen Dogmatik die Gefahr des Bürgerkrieges. »Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung«, nämlich die freiheitliche demokratische Grundordnung (vgl. Art. 18 und Art. 21 Abs. 2 GG), »zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist«, bestimmt Art. 20 Abs. 4 GG als ein Grundrecht der Deutschen. Die Unverletzlichkeit »dieser Ordnung» ist ein negatives Tatbestandsmerkmal jedes Grundrechts, also auch der Religionsgrundrechte.

Es kann nicht zwei gegenläufie Rechte in einer Rechtsordnung geben. Folglich können sich Muslime, solange ihre Religion die Trennung von Religion und Politik, von Erster und Zweiter Welt, nicht praktiziert, nicht auf das Grundrecht ungestörter Religionsausübung berufen. Sie haben nicht das Recht, Moscheen zu errichten, mit dem Muezzinruf sich Allah zu unterwerfen oder als Muslima auch nur Kopftücher, die ein Symbol ihrer Religion sind, zu tragen, jedenfalls nicht im öffentlichen Dienst als Amtswalter des Staates.
Es leben viele Muslime in Deutschland und es werden immer mehr, durch Geburten und durch Zuwanderung. Mit jedem wird nicht nur die Säkularität Deutschlands schwächer, sondern auch das Deutsche in Deutschland. Das ist der schwerstwiegende Umbau des deutschen Gemeinwesens.

Sezession: Ein Umbau, der die Souveränität des deutschen Volkes und Staates untergräbt.

Schachtschneider: Die Souveränität ist die Freiheit der Bürger, jedes einzelnen und aller zusammen. Sie ist in Deutschland wegen der Feindstaatenklausel in der Charta der Vereinten Nationen nur unvollständig wiederhergestellt. Nur wenn Deutschland so ist, wie es nach der Vorstellung der Weltkriegsfeinde sein soll, eingebunden in den Westen, politisch ohnmächtig, wenn auch wirtschaftlich stark, vor allem als internationaler Standort, genießt es ausweislich des Zwei-plus-Vier-Vertrages von 1990 die »volle Souveränität«. Die »gleiche Souveränität«, das Grundprinzip des Völkerrechts, ist Deutschland nicht zugestanden.

Vor allem ist die Mitgliedschaft Deutschlands in der Europäischen Union souveränitätswidrig. Diese Union hat ein nicht behebbares demokratisches Defizit. Die Gesetzgebung ist exekutiv. Das Europäische Parlament vermag »demokratische Legitimation« nicht zu begründen. Die geben nach Maßgabe des Prinzips der begrenzten Ermächtigung, das in der Praxis nicht beachtet wird, allein die nationalen Parlamente für ihre Länder. In der Union judiziert ein »Gerichtshof«, der mangels auch nur einer Spur von demokratischer Legalität den Namen Gericht nicht verdient.

Die Währungsunion verletzt wie schon der Binnenmarkt der heterogenen Volkswirtschaften nicht nur die ökonomische Vernunft, sondern das wirtschaftliche Stabilitätsprinzip, das aus dem höchstrangigen Sozialprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG folgt. Die Europolitik ist staatswidrig, weil die Bürger ihren Staat finanzieren müssen, aber nicht fremde Staaten. Und vieles mehr. Außerdem sind die Freihandelsabkommen mit Kanada und den USA zu erwähnen, die den verhängnisvollen Binnenmarkt der Sache nach auf diese großen Volkswirtschaften erweitern werden. Sie werden den neoliberalen, vom Kapitalismus getriebenen Souveränitätsverlust verschärfen und sollen das.

Schließlich: Die europäische Integration ist wesentlich gegen die Souveränität der Deutschen gerichtet. Deutschland darf mitbestimmen, aber nicht sein Schicksal allein in die Hand nehmen.

Sezession: Es wäre wohl die Aufgabe bundesdeutscher Parteien, hier aktiv zu werden und Rechtsbrüche offensiv zu ahnden.

Schachtschneider: Den Umbau Deutschlands bewerkstelligen ja gerade die Oligarchien der festgefügten Parteien, in wessen Interesse auch immer. Sie können das, weil sie nicht demokratisch eingebunden sind. »Sie wirken« nicht »bei der politischen Willensbildung des Volkes mit«, wie ihnen das Art. 21 Abs. 1 GG verstattet, sondern sie bestimmen den Staatswillen allein. Vor allem »entspricht« ihre »innere Ordnung nicht demokratischen Grundsätzen«, wie es Art. 21 Abs. 1 S. 3 GG vorschreibt.

So gibt es keinen relevanten Grundrechtsschutz etwa für die Redefreiheit in den Parteien. Die Parteien sind durch Führung und Gefolgschaft gekennzeichnet. Die Gefolgsleute begnügen sich mit Ämtern und Pfründen. Die Führung hat die Macht.

Die Parteien haben aus dem Gemeinwesen, das die Freiheit verwirklichen soll, ein Herrschaftssystem gemacht, in dem die Bürger, denen die Sachabstimmungen auf Bundesebene entgegen Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG verweigert werden, zu Untertanen degradiert sind. Das Herrschaftsmittel ist im Bündnis mit den großen Medien Agitation und Propaganda.

Die Wahlen sind schon deswegen ohne größere Relevanz, weil die Wähler die wählen, die schon gewählt, nämlich von einer Partei aufgestellt sind, die etablierte Parteienoligarchie keine politische Alternative als Opposition, etwa in den hier angesprochenen Umbaupolitiken, der Einwanderungspolitik, der Islamisierungspolitik und der Integrationspolitik, hat. Die Parteien »kämpfen« miteinander nur um die Posten.

Sezession: Wenn sich der Bürger abseits von Wahlen unbequem bemerkbar machen möchte, etwa auf Demonstrationen, wird er oft durch unterschiedliche Akteure daran gehindert, beispielsweise brechen linke Gruppierungen immer wieder geltendes Recht unter den Augen von Polizei und Justiz.

Schachtschneider: In einer Republik hat jeder Bürger größtmöglichen Einfluß auf die Politik. Das verlangt nach uneingeschränkter Wahrheitlichkeit im Diskurs um die Richtigkeit und somit um größtmögliche Sachlichkeit durch Wissenschaftlichkeit in der Politik. Das Recht auf freie Rede muß im Rahmen des Persönlichkeitsschutzes unangefochten sein, sei die Rede veriloquium oder falsiloquium (Kant). Demonstrationen sind Versammlungen, um an der politischen Willensbildung teilzunehmen. Der Staat ist verpflichtet, sie zu schützen. Ihre Störung ist strafbar und auch nicht zu rechtfertigen, wenn Pfarrer und Bürgermeister die »Gegendemonstrationen« anführen.

Der Moralismus der Political Correctness, im Übermaß strafbewehrt, ruiniert den Mut der meisten »Bürger«, ihre Meinung öffentlich zur Geltung zu bringen und soll das auch. Ohne gelebte Redefreiheit gibt es keine Demokratie. Die Parteien lassen sich wegen ihrer inneren Machtstrukturen trefflich für Einflußnahme mißbrauchen. Und vieles mehr. Der Parteienstaat ist die Verfallserscheinung der Republik.

Den Parteienstaat, der sich gegen das Grundgesetz entwickeln konnte, verantwortet das Bundesverfassungsgericht. Es hat ihn in jeder Weise gefördert, vor allem durch Hinnahme des verfassungswidrigen Verhältniswahlsystems mit der Fünf-Prozent-Sperrklausel, das nicht im Grundgesetz steht, aber auch durch die staatliche Parteienfinanzierung.

Es gibt weitere Aspekte des Umbaus Deutschlands entgegen Recht und Verfassung. Aber ich kann sie in diesem kurzen Gespräch nicht alle ansprechen. Ich nenne nur noch die Vernichtung des Rechtsinstituts der Ehe durch das Zerrüttungsprinzip des Scheidungs(un)rechts und dessen Praxis der Unverbindlichkeit dieses Bundes fürs Leben und die Ausdehnung des Rechtsinstituts auf nichteheliche Lebensgemeinschaften. Ich nenne die Schutzlosigkeit der ungeborenen Kinder.

Sezession: Dennoch: Die Parteien sind gewählt, ihre Realpolitik wird durch den Akt der Wahl affimiert. Und: Abertausende Bundesdeutsche bejubeln die jüngsten Entwicklungen, mithin auch die Aushebelung geltender Gesetze durch den Parteienstaat zugunsten »bunter« moralischer Prinzipien.

Schachtschneider: Viele sehen in den Entwicklungen tatsächlich eine Bereicherung für Deutschland, aus mancherlei Gründen, vor allem, weil das Deutsche Deutschlands allmählich verschwindet. Zunehmend setzt sich der Moralismus, nicht zu verwechseln mit der Moralität als Triebfeder der Sittlichkeit, gegen das Recht durch, selbst, wie dargelegt, gegen das Verfassungsrecht.

»Politik ist ausübende Rechtslehre«, sagt Kant. Der Rechtsstaat ist demgemäß die Wirklichkeit des Rechts. Es gibt keine Moralität gegen das Recht. Das Prinzip der Sittlichkeit, das Sittengesetz, ist die Pflicht, das Recht zu verwirklichen. Dabei sind die Gesetze nicht schon Recht, aber sie müssen geachtet werden, solange sie nicht dem Rechtsprinzip gemäß geändert sind.

Moralität ist der gute Wille, das Rechtsprinzip zu verwirklichen, in allem Handeln. Wenn sich alle Bürger dessen befleißigen, geht es dem Gemeinwesen gut, sonst nicht. Der Moralismus ist eine Form der Rechtlosigkeit. Seine Maxime ist gegenwärtig der Egalitarismus. Moralismus ist das Gegenteil von Humanität, er ist in Deutschland zunehmend totalitär. Es gefährdet den Frieden im Lande.


Quelle und Kommentare hier:
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