»Krieg gegen den Terror« statt »Völkermord«?

von Wolfgang Kaufmann

Der Niederschlagung des Herero-Aufstandes in Deutsch-Südwestafrika ging die Ermordung deutscher Zivilisten voraus

Die Niederschlagung des Herero-Aufstandes vor 110 Jahren bedarf einer Kontextuierung. Dazu gehört auch die Thematisierung der Vorgeschichte. Dabei stellt sich die Frage, inwieweit die deutsche Intervention als eine Reaktion auf vorangegangene terroristische Angriffe von Hereros auf Zivilisten verstanden werden muss, einschließlich der damit gemeinhin verbundenen Kollateralschäden.

Angeblich kam es vor 110 Jahren im Nachgang zum Herero-Aufstand im Schutzgebiet Deutsch-Südwestafrika zu einem eiskalten Völkermord: Das deutsche Militär habe sämtliche Herero in die Wüste getrieben, wo um die 80000 von ihnen qualvoll verdurstet seien. Das jedenfalls vermelden die meisten Werke der einschlägigen Forschungsliteratur, in der zudem auch noch von „The Kaiser’s Holocaust“ oder einem „Weg von Windhuk nach Auschwitz“ die Rede ist.

Allerdings basieren die Aussagen der Vertreter der Völkermord-These, darunter Medardus Brehl, Tilman Dedering, Christoph Marx, Henning Melber, Joachim Zeller und Jürgen Zimmerer, auf gefälschten britischen Dokumenten beziehungsweise Propagandawerken Horst Drechslers, eines DDR-Historikers ohne jedwede Landeskenntnis. Dahingegen lassen die echten Originalquellen die Ereignisse in einem deutlich anderen Licht erscheinen.

Die Herero waren seit jeher ein kriegerisches Volk, denn als Rinderhirten mussten sie oft um die raren Weideflächen für ihre Tiere kämpfen – so auch, als ihr Weg sie aus Zentralafrika ins heutige Namibia führte. Dort nämlich stießen die Nomaden um 1830 auf die Nama und später die Orlam, woraufhin sich blutige Stammeskriege entspannen, in denen der Wille zur Vernichtung des Gegners auch und gerade bei den Herero überdeutlich zutage trat.

Um der Auslöschung zu entgehen, baten schließlich alle drei Stämme die Kolonialverwaltung von Deutsch-Südwestafrika um Schutzverträge, wodurch tatsächlich nach und nach ein wenn auch brüchiger Friede einzog. Allerdings betrieben die Herero weiter getarnt Aufrüstung, indem sie exzessiv Waffen und Munition kauften und dafür reichlich Vieh und Land in Zahlung gaben – so zum Beispiel 30 Rinder für ein Gewehr.

Allerdings profitierten davon beileibe nicht nur die Deutschen, wie häufig kolportiert wird. Der größte Teil der modernen Feuerwaffen in Hererohand stammte nämlich aus dem benachbarten Britisch-Betschuanaland (heute Botswana) beziehungsweise Südafrika. Dies resultierte einerseits aus dem hohen Fleischbedarf der Briten in der Kapkolonie, zum anderen steckte offenbar die Absicht dahinter, durch die Waffenverkäufe ein permanentes Unruhepotenzial in dem deutschen Schutzgebiet zu schaffen, denn natürlich bestand eine koloniale Konkurrenz zwischen Großbritannien und dem Deutschen Reich.

Vor diesem Hintergrund sind auch die geheimen Absprachen zwischen den Briten und dem Häuptling der Ovaherero, einem Clan der Herero mit Sitz in Otjinene, Samuel Maharero (1856–1929) zu sehen, der zum Initiator des Herero-Aufstandes werden sollte, der am 12. Januar 1904 mit dem Sturm auf Okahandja begann. Maharero erkaufte sich zunächst das Wohlwollen des Empire, indem er britische Farmer, von denen es in Deutsch-Südwestafrika immerhin an die 500 gab, verschonen ließ, obwohl diese genauso auf früherem He­re­ro­land saßen.

Dahingegen mussten bis Ende Januar 108 deutsche Zivilisten, also auch Frauen und Kinder, ihr Leben lassen – teilweise vor den Augen ihrer schwer traumatisierten Angehörigen oder infolge grausamster Foltern, denen dann auch noch demonstrative Verstümmelungen der Leichen folgten, an denen die Herero-Frauen maßgeblich beteiligt waren. Man kann hier also mit Fug und Recht von nicht militärisch bedingten Tötungsaktionen sprechen, welche darauf abzielten, unter den restlichen Siedlern Angst und Schrecken zu verbreiten und sie zur Aufgabe ihrer Besitztümer zu nötigen, womit das Ganze eindeutig unter die heute gebräuchliche Definition von Terrorismus fällt.

Hereros überfallen ein deutsches Lager: Darstellung aus der französischen Zeitung „Le Petit Journal“ des Jahres 1903. Bild: akg

Hereros überfallen ein deutsches Lager: Darstellung aus der französischen Zeitung „Le Petit Journal“ des Jahres 1903. Bild: akg

Des Weiteren hatten Ma­ha­re­ros 4000 bis 4500 Krieger, denen übrigens nicht nur Deutsche zum Opfer gefallen waren, sondern ebenso eine unbekannte Anzahl von Angehörigen des schwarzen Volkes der Damara, auch keine Skrupel, ihre eigenen Frauen und Kinder als menschliche Schutzschilde zu benutzen, als sie sich im Sommer 1904 in Richtung des Waterbergs absetzten. Das bewahrte sie allerdings nicht vor der Niederlage in den Kämpfen am 11. und 12. August 1904, welche die Herero indes nur 42 Tote kostete.

Danach kam es laut gängiger, aber trotzdem grundfalscher Auffassung zum „Völkermord“ an den Herero: Die deutsche Schutztruppe habe einen Großteil des „besiegten“ Volkes in die wasserlose Omaheke-Wüste östlich des Waterbergs „gejagt“ und dort so lange „belagert“, bis an die 80000 Menschen verdurstet seien. Doch wie war es wirklich?

Zum einen kann niemand mit nüchternem Verstand behaupten, dass wenige hundert durch Krankheit geschwächte und schlecht versorgte Soldaten in der Lage gewesen sein sollten, den 250 Kilometer langen „Sperrbogen“ im Westen der 40000 Quadratkilometer großen Wüste über Monate hinweg „undurchlässig“ zu machen. Zum anderen war die Omaheke-Wüste auch keine „Todesfalle“, in welche die Herero gegen ihren Willen „gedrängt“ wurden.

Wie der Publizist Walter Nuhn anhand von Dokumenten aus dem britischen Nationalarchiv nachweisen konnte, gingen Mahareros Anhänger diesen Weg ebenso bewusst wie freiwillig. Der Herero-Führer hatte sich nämlich schon vor der Schlacht am Waterberg an die britischen Behörden gewandt und um Asyl für den Fall nachgesucht, dass der Kampf gegen die Schutztruppe verloren gehe.

Dem folgte ein weiterer Asylantrag im September, der dann im Folgemonat vom Colonial Office angenommen wurde. Mit Maherero erreichten über den Ngami-Trail, den die Herero seit alters her nutzten, weitere 1174 Aufständische den britischen Machtbereich. Und das waren bei weitem nicht die einzigen, die der Omaheke, die heute übrigens Kalahari genannt wird und eher eine sporadisch wasserführende Trockensavanne als eine Wüste darstellt, entkamen, denn 1930 zählten die Briten insgesamt 6000 Herero in Betschuanaland. Ebenso sei an die Kambazembi-Herero erinnert, die nach Norden und nicht nach Osten flohen und in Angola unterkamen.

Desgleichen ist zu berücksichtigen, dass sich einige Häuptlinge schon vor der Schlacht am Waterberg mit ihrem Tross den deutschen Behörden stellten, so zum Beispiel Kanjeva aus Otjihaënena, Kaikaituo aus Omaruru und Zacharias aus Otjimbingwe.

Trotzdem hat es natürlich Tote unter den rund 30000 Herero gegeben, die am Ende tatsächlich in die Omaheke zogen. Allerdings sind diese keine Opfer deutschen Vernichtungswillens, sondern der Fehlkalkulation ihrer Häuptlinge. Letztere gingen nämlich davon aus, dass genügend Wasser vorhanden sei, weil in der Regenzeit reichlich Niederschlag gefallen war – das traf aber eben nicht für die Kalahari zu. Dazu rächte sich die Taktik der verbrannten Erde. Mit der Vergiftung der verbleibenden Brunnen und dem Legen von Buschfeuern hatten sich die Flüchtenden selbst ihren Rückweg aus der Wüste verbaut.

Die Krieger der Herero waren also mehrheitlich Terroristen, die mit einer fremden Macht paktierten und auf der Flucht in deren Herrschaftsbereich taktischen Irrtümern erlagen, was unter anderem zu nicht näher zu beziffernden Kollateralschäden unter den eigenen Zivilisten führte.


Quelle und Kommentare hier:
http://www.preussische-allgemeine.de/nachrichten/artikel/krieg-gegen-den-terror-statt-voelkermord.html