Experte: Im Oktober kracht’s

Von Hans Heckel

Alles eine Blase: Aktien, Immobilien, Anleihen, Derivate sowieso – der Wohlstand der Welt wankt. Droht im Herbst der größte Börsen-Krach seit Generationen? Etliche Zeichen deuten auf Ereignisse, die unseren Wohlstand in den Grundfesten erschüttern könnten.

Zeichen stehen auf rot: Auf die Börse kommen schlimme Zeiten zu, sagen Fachleute Bild: Mauritius
Zeichen stehen auf rot: Auf die Börse kommen schlimme Zeiten zu, sagen Fachleute Bild: Mauritius

Gerade erst hat es sein bewegtes Leben auf die Kino-Leinwand geschafft. „The Forecaster“ (Der Vorhersager) ist ein Börsenkrimi um den schillernden Wertpapierhändler Martin Armstrong. Als junger Mann hat er in den 70er Jahren eine Formel entwickelt, nach der sich Börsenzusammenbrüche angeblich zuverlässig vorausberechnen lassen. Sein nächstes Datum für den Einsturz der Kurse ist der 17. Oktober 2015.

Man könnte diese Prognose zu all den anderen Untergangsprophezeiungen werfen, die ununterbrochen durch die Medien geistern und fast alle immer falsch liegen. Doch es gibt einen Haken: Armstrong hat seit 1987 schon mehrere dramatische Kurseinbrüche beängstigend zuverlässig vorausgesagt. An seiner Formel könnte also etwas dran sein.

Doch selbst das lässt die allermeisten Menschen weiter ruhig schlafen: In dem Wissen, keine oder nur sehr wenig eigene Aktien zu besitzen, halten sie einen Börsen-Krach für ein Risiko, das nur andere trifft. Das letzte Mal, dass ein solches Ereignis die ganze Welt in den Abgrund riss, war 1929, das wiederholt sich nicht, glauben viele.

Genau hier aber könnten sie erstmals seit Jahrzehnten gründlich falsch liegen. Nicht allein Armstrong, es sind mittlerweile zahlreiche Experten, die vor einem bevorstehenden Zusammenbruch des gesamten Finanzsystems warnen, mit brutalen Folgen für jedermann. Der Grund für die neue Dimension ist vor allem: Nie waren die Schulden weltweit so hoch, und nie waren die Spekulationsblasen so gigantisch wie heute. Allein seit dem Jahr des jüngsten Beinahe-Zusammenbruchs des Weltfinanzsystems 2008 sind die weltweiten Schulden um gewaltige 40 Prozent auf 200 Billionen US-Dollar angewachsen, also in nur sieben Jahren. Zum Vergleich: Die gesamte deutsche Jahreswirtschaftsleistung (Bruttoinlandsprodukt, kurz BIP) umfasst 3,6 Billionen US-Dollar, die der USA, der größten Volkswirtschaft der Welt, etwa 15 Billionen.

Wie kam es zu dem rasanten Anstieg der Schulden? Um die Krise unter Kontrolle zu bekommen, senkten die Notenbanken ab 2008 die Zinsen auf nahe Null oder darunter und druckten Geld. Mit beiden Maßnahmen sollte die Realwirtschaft angekurbelt werden. Die Länder sollten aus den damals schon astronomischen Schulden „herauswachsen“.

Stattdessen landeten die Tausenden von Milliarden als Spekulationsgeld in den Märkten für Aktien, Anleihen, Immobilien und den berüchtigten Derivaten. All deren Preise stiegen und steigen derzeit noch weiter. Und vieles, viel zu vieles, wurde auf Pump finanziert, weil die Zinsen rekordartig niedrig sind und der „Wert“ des Erworbenen ja immer weiter steigen würde.

So etwas ist in der Geschichte noch nie gut gegangen. Um aber einen Absturz zu verhindern, sehen sich die Notenbanken gezwungen, weiter Geld zu drucken und die Zinsen im Keller zu halten. Ansonsten müssten sie etwa fürchten, dass Schuldner, die auslaufende alte Kredite mit neuen Krediten „refinanzieren“ müssen, zahlungsunfähig würden. Das Szenario kann am Beispiel Griechenlands gut studiert werden: Um den Offenbarungseid zu vermeiden, dass alle bislang gewährten Kredite verloren sind, billigen die Gläubiger den Griechen immer neue Gelder zu. Das Verhängnisvolle ist nur, dass damit die Kreditblase immer weiter aufgeblasen wird, wie schon an der globalen Verschuldungsentwick­lung der vergangenen sieben Jahre abzulesen ist. Irgendwann aber platzt jede Blase, das liegt in der Natur der Märkte seit alters her.

Diesmal könnte es für alle gefährlich werden, auch für den Otto Normalverbraucher ohne Aktiendepot. Lebensversicherungen, private Zusatzrenten wie die betriebliche oder die Riesterrente ebenso wie berufsständische Pensionskassen basieren größtenteils auf Anleihen, besonders auf Staatsanleihen. Diese galten bislang als besonders sicher und daher hervorragend geeignet für langfristig stabile Anlagen – etwa für die Altersversorgung.

Was dabei leicht aus dem Blick gerät: Auch Anleihen werden an der Börse gehandelt und folgen den Gesetzen des Finanzmarkts, auch sie sind jetzt Teil der Spekulationsblase. Für den kommenden Crash fürchten Experten daher auch einen Einbruch bei den Anleihen, einen „Bond-Crash“ (Bond = Anleihe).

Der Grund: Wie die abnorme Zahl von 200 Billionen US-Dollar Weltverschuldung aufzeigt, lebt ein Großteil der Menschheit in einem Scheinwohlstand. Konkret: Die Ansprüche, die die Bürger über ihre in Anleihen angelegten Renten, Pensionen und Kapitallebensversicherungen besitzen, sind in ihrer Gänze gar nicht mehr einlösbar, ebenso wie die Ansprüche der Gläubigerstaaten gegen Griechenland.

Wie sich ein Anleihe-Crash, verbunden mit einem rabiaten Einbruch bei den Preisen für andere Wertpapiere und Immobilien für den Einzelnen auswirkt, ist schwer abzusehen und von der individuellen Lage abhängig. Noch schwieriger sind Empfehlungen zur Vorsorge.

Die enge Verklumpung von Regierungen und Finanzbranche lässt jedoch vermuten, dass Politik und Notenbanken alles tun werden, um die großen Finanzhäuser zu retten, auch auf Kosten der einfachen Bürger und Sparer. So werten Beobachter die bizarre Debatte über ein Bargeld-Verbot (die PAZ berichtete) ebenso als Warnsignal wie öffentliche Gedankenspiele des Internationalen Währungsfonds (IWF) und prominenter Ökonomen über eine pauschale Vermögensabgabe auf jedwedes Privateigentum. Für die Folgen des Spekulations-Kasinos sollen demnach ausgerechnet diejenigen bluten, die sparsam waren und gar nicht teilgenommen haben an dem Spiel, weil nur bei ihren noch etwas zu holen ist.

Wenn Martin Armstrong recht behalten sollte, könnten ab diesem Herbst schlimme Überraschungen auf die Bürger zukommen.


Quelle und Kommentare hier:
http://www.preussische-allgemeine.de/nachrichten/artikel/experte-im-oktober-krachts.html