Es lebe die BRD

Die Bundesrepublik Deutschland: Ein kleines, beschauliches Land im Herzen des Alten Europa.

Seine Einwohner sind effizient arbeitende Ingenieure, denen ausschließlich das Wohl unterentwickelter Länder und Kulturen am Herzen liegt. Um jedoch immer für die Welt da sein zu können, sind ein paar andere Dinge, leider, ebenfalls vonnöten:

Ohne Frauen und Kinder geht’s aus demographischen Gründen nicht. Bei diesem Thema dürfen natürlich die Quotenmigranten nicht fehlen. Die europäischen Nachbar- und Vasallenstaaten würden es gewiss nicht gut aufnehmen, wenn bekannt würde, dass die BRD ethnisch alles andere als heterogen ist, zumindest was den europäischen Vergleich betrifft.

Tja, dann wären da noch die Angestellten, die Beamten, die Arbeiter, mit und ohne Ausbildung, und, und, und. Nicht zu vergessen die Ansammlung wirtschaftlich und kulturell kalt Gestellter, das sogenannte Prekariat. Oder auch: Hartz IV-Opfer. Oder einfach, wie früher: die Asis. Bezahlt vom Staat für den Konsum billiger Elektronikware und Markenkleidung aus dem Kaufhaus. Ja, die Klamotten mit dem Quadratmeter-großen Logo. Tatsächlich gibt es noch immer etliche Menschen, denen die gesellschaftliche Hauptfunktion der Hartz IVler nicht bewusst ist. Es handelt sich hierbei mitnichten um die Grundversorgung eines, durch Irrungen und Wirrungen des Schicksals, in Bedrängnis geratenen Bürgers. Tatsächlich ist die Technisierung unserer gesamten Gesellschaft bereits längere Zeit so weit fortgeschritten, dass ein großer Teil der Bevölkerung nicht mehr sinnvoll beschäftigt werden kann, was eine Aussortierung zur Folge hat. Eine reale Vollbeschäftigung wäre wohl nur zu erreichen, wenn jemand es schaffen sollte, ein Voodoopüppchen der Marktökonomie und –Effizienz anzufertigen, und es dann noch übers Herz brächte, diese ins gleiche Feuer wie den Neoliberalismus und die Postmoderne zu werfen.

Unsere jetzige Form des Arbeitslosengeldes II dient nicht der Wiedereingliederung in die Gesellschaft, sondern ist maßgeblich beteiligt an der Konsolidierung einer neu gestalteten Unterschicht, dem Prekariat. Ein wirksames Programm zur Wiedereingliederung, hier in vielen Fällen konkret mit Resozialisierung zu übersetzen, benötigt als Basis jedoch eine Nachfrage nach Arbeitskraft, welche de facto nicht gegeben ist. Es ist also kein Zu- oder Unfall, dass Kinder von Hartz IV empfangenden Eltern oft keinerlei Chance sehen, dieser Schicht zu entkommen. Wenn in nicht allzu ferner Vergangenheit jemand längere Zeit seiner Arbeit verlustig ging, war das eine schlimme Sache. Extrem wenig Geld, der Ansehensverlust, die Gefühle von Nutz- und Hilflosigkeit… Heute sieht das auch nicht viel anders aus. Bis auf den beinahe völligen Verlust jeglicher Autonomie. Bemerkenswert ist hier die Feststellung, dass die Gesetze zur Sklavenhaltung im antiken Athen in weiten Teilen deckungsgleich mit unseren heutigen Hartz IV Gesetzen sind. Zu gewissen Zeiten hatte man auch in der Antike als Sklave die Möglichkeit, in bescheidenem Umfang Kapital zu akkumulieren. Dies war damals jedoch eine Möglichkeit, sich selbst im Rahmen der Manumissionsgesetze nach langen Jahren frei zu kaufen. Spart man jedoch als Prekariatsmitglied einen Teil seines bescheidenen Geldes, wird man durch eine temporäre Sperrung der Bezüge `belohnt`. Eine andere Parallele besteht in der freien Wahl des Wohnortes bzw. des Lebensraums, welche weder einem antiken Sklaven zustand, noch einem Prekariatsmitglied unserer Tage. Denn ohne Geld lässt es sich schlecht einen Umzug bewältigen. Will man hingegen den Umzug vom Amt bezahlt bekommen, sollte man schon einen sehr guten Grund angeben können. Der Umzug macht von Amts wegen jedoch nur Sinn, wenn man dadurch eine neue Arbeitsstelle bekommt, also eine Weiterverwendung des Betreffenden ökonomisch sinnvoll zu sein scheint. Wurde die Wohnzelle oder der Wohnraum vom Sklavenhalter vergangener Tage bemessen und zugeteilt…findet man desgleichen auch heute in unserem modernen Sozialstaat. Schließlich lässt sich der zur artgerechten Haltung benötigte Platz für Menschen genauso berechnen, wie der von Legehennen oder Mastschweinen.

Aber genug von der trockenen Verwaltungsproblematik der Menschen über Menschen. Immerhin ist ja, trotz aller möglichen Unzulänglichkeiten, der Bürger rundum versorgt. Er ist krankenversichert, hat ein Dach über dem Kopf, bekommt nicht nur Geld für etwas zu essen, sondern auch die Möglichkeit, einen Flachbildfernseher auf Pump beim Technikdiscounter um die Ecke zu kaufen. Da ein Handy natürlich ebenfalls ein modernes Basislebensmittel darstellt, kann der mit Zeit so reichlich bedachte Hartz IV Empfänger natürlich drauflos kommunizieren, was das Zeug hält. Über den letzten Fernsehabend. Das neue Handymodell XY. Oder so. Hauptsache ist, dass das kleine, freundliche Land im Herzen des Alten Europa nie aufhört, an sich und seine Mission in der Welt, wie diese auch immer genau geartet sein mag, zu glauben. Möge die BRD weiterhin das gute Gewissen dieses Erdteils bleiben. Mögen unsere Ingenieure weiter in die Welt ausgreifen und helfen, wo sie nur können und gelassen werden. Neuerdings ist die Rede von netten, Uniform tragenden Begleitern dieser Ingenieure. Auch diese sind dem hehren Ziel unserer Regierung verschworen. Nur leider, leider sind sie auch dazu gezwungen, Leuten weh zu tun, die nicht begreifen wollen, was artig ist. Aber danach räumen unsere freundlichen Ingenieure wieder auf. Nicht wie bei den Amis.

Es lebe die Bundesrepublik. Am besten überall.

Quelle: Verhinderter.Wordpress.com


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