von Niki Vogt
„Denen da oben sind wir doch egal“, ist ein Satz, den man praktisch bei jedem Nachbarschaftsgespräch auf der Straße hört oder bei Freundes- und Familientreffen. Wahlweise auch gern „abgehoben“ oder „keine Ahnung vom echten Leben“,
„Die sollten mal wirklich ein Jahr n‘ echten Job machen, da würden die sich schon besinnen“, „Ich möchte mal sehen, wie einer von denen mit meiner Hungerrente auskäme“ …
Politiker auf Bundesebene – sie leben im teuren Berlin Mitte, der Staat zahlt ihnen ihre Angestellten und Büros, Autos, Reisen, es gibt keine Leistungsüberprüfungen, aber Bodygards. Für einen Vortrag oder Auftritt hier oder da werden gern fünfstellige Summen bezahlt, die unsereins nicht als Jahresgehalt bekommt.
Geht es mit der Politkarriere richtig gut, hat man auch schnell zum guten Einkommen auch noch einen oder mehrere gutdotierte Aufsichtsratposten – vollkommen wurscht, ob man überhaupt etwas Positives für das Unternehmen leistet oder nicht.
Solche Aufsichtsräte und Direktoren aus der Politik haben schon Hunderte von Millionen in diversen Landesbanken verbrannt und das Unternehmen in den Bankrott getrieben, das der Steuerzahler dann retten durfte – derselbe Steuerzahler, der täglich beweisen muss, dass seine Anstellung sich für das Unternehmen lohnt; derselbe Steuerzahler, der am Fließband eines Autobauers steht, wo er als gemietete Humanressource am unteren Ende der Einkommenspyramide steht. Und selbst diesen Hungerjob verliert, wenn die gut bestallten Politiker seinen Arbeitgeber in Grund und Boden wirtschaften mit idiotischen, politisch korrekten Entscheidungen, von deren Auswirkungen sie keinen Schimmer haben.
Altkanzler Helmut Schmidt sagte 2008 in einem Interview mit der „Zeit“:
„Wer mit 18 Jahren Politiker werden möchte, der kann mir gestohlen bleiben. Er soll gefälligst einen Beruf lernen und diesen Beruf ausgeübt haben, mit Erfolg ausgeübt haben. Danach kann er sich anschließend gerne politisch engagieren.“
Nun, sehr viele der hohen Politiker haben keine Erfahrungen im echten Arbeitsleben gesammelt. Sie waren meist nach oder schon im Studium einige Jahre in unteren politischen Institutionen Verbänden unterwegs oder arbeiteten in politischen Organisationen, renommierten Rechtsanwaltskanzleien, staatlichen oder halbstaatlichen Instituten und Institutionen. Von da aus netzwerkten sie sich dann in führende, politische Einflussposten und Seilschaften.
Es gibt aber doch auch andere: Kanzleramtsminister Helge Braun ist so einer, der mit einem Medizinstudium und der Knochenarbeit als Notfallmediziner und Anästhesist brilliert. Gerd Müller, Entwicklungsminister, war Lehrer an der Fachoberschule, auch kein leichter Job. Anja Karliczek, Bildungsministerin, arbeitete nach einer entsprechenden Ausbildung als Hotel-Kauffrau im familieneigenen Betrieb. Wer etwas vom Hotelfach versteht weiß, das ist ein hartes Geschäft, besonders in Familienbetrieben.
Die Liste der geborenen Politik-Apparatschiks ist jedoch deutlich länger, schaut man sich die Portraits der Politiker in führenden Stellungen an. Diese Herrschaften darauf bestimmen die Geschicke unseres Landes und unser Leben. An anderer Stelle sagte Altkanzler Helmut Schmidt einmal, dass nur ein Politiker, der auch im normalen Arbeitsleben verankert ist und bestehen kann, wirklich unabhängig ist und sich nicht – buchstäblich mit aller Macht – ein lukratives Pöstchen sichern muss.