Der Sieger schreibt die Geschichte

“Immer schreibt der Sieger die Geschichte des Besiegten. Dem Erschlagenen entstellt der Schläger die Züge. Aus der Welt geht der Schwächere und zurück bleibt die Lüge.”

Diese Erkenntnis von Berthold Brecht (1898-1956) gilt auch für das 1945 nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges besiegte Deutschland. Die erste Geschichtsschreibung nach dem Krieg wurde unter gesetzlichen Auflagen erarbeitet, die der Forschung Grenzen auferlegten.

Im Überleitungsvertrag von 1954 ist verbindlich festgelegt gewesen (Artikel 7 (1)), daß

“Deutsche Gerichte und Behörden […] alle Urteile und Entscheidungen” aus den Nürnberger Prozessen “in jeder Hinsicht als rechtskräftig und rechtswirksam […] zu behandeln haben.”

Dazu gehörten auch die “Feststellungen” zum Ablauf der Ereignisse, die zum Kriege führten. Sie stehen in den Urteilsbegründungen. Die Urteile konnten nach Maßgabe des Gerichtes auch ohne Beweiserhebung oder gegen die Beweisführung der Verteidigung zustande kommen. Dadurch waren der subjektiven Sicht der Siegermächte Tür und Tor geöffnet und die besiegten Deutschen per Gerichtsbeschluß verpflichtet, diese Sicht zu übernehmen.

Zu den Behörden, die diese “Feststellungen” in jeder Hinsicht als rechtswirksam zu behandeln haben, gehören die Kultusministerien der Bundesländer, die die Aufsicht über den Inhalt der Geschichtsbücher an den Schulen führen.

In den Nürnberger Prozessen wurde demnach per Gerichtsbeschluß festgelegt, was in unseren Geschichtsbüchern stehen darf. Nun könnte man meinen, daß der Überleitungsvertrag von 1954 selbst schon Geschichte ist. Doch 1990 wurde die Bindekraft der Urteile des Nürnberger Prozesses per Vertrag ein weiteres Mal verlängert.

1990 wurde der Überleitungsvertrag durch den Zwei-Plus-Vier-Vertrag abgelöst, und die Siegermächte bestanden darauf, daß der besagte Artikel 7 (1) des Vertrages von 1954 weiterhin Bestand haben sollte. Die Bundesregierung mußte dieses schriftlich zusichern, um die “Erlaubnis” der ehemaligen Siegermächte zur Wiedervereinigung der Bundesrepublik Deutschland mit der DDR zu erhalten.

Ich schließe wiederum mit einem Zitat:

“Nur die Lüge braucht die Stütze der Staatsgewalt; die Wahrheit steht von alleine aufrecht.” (Thomas Jefferson, amerikanischer Präsident von 1801-1809)

Quelle: Nach Gerd Schultze-Rhonhof: 1939 – Der Krieg, der viele Väter hatte


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