Von Anton J. Lennartz (Text und Fotos),
aus Deutsches Waffen-Journal 7-1990.
Ein Messer für alle denkbaren Situationen und Anwendungen – damit sind die Anforderungen für ein Gebrauchsmesser in der Wildnis in knapper Form umschrieben. Wie es beschaffen sein soll und wie es richtig angewendet wird, zeigt der folgende Beitrag.
Das Messer ist eines der kleinsten und leichtesten, gleichzeitig aber das geläufigste Schneidwerkzeug. In der Wildnis findet es ungezählte Einsatzmöglichkeiten. Dort ist es vorteilhaft, nur ein Messer zu verwenden. Für nur ein Messer sprechen Transport- und Gewichtsprobleme bei mehreren Messern, die bessere Vertrautheit und die routinierte Handhabung, wenn nur eines benutzt wird. Für ein solches Wildnismesser darf das Fällen eines 8 bis 10 cm dicken Baumes kein Hindernis sein. Aber auch einen Fisch sollte man damit von seinen Schuppen befreien und zum Essen vorbereiten können.
Alle Arbeiten sind mit Klingenlängen von 16 bis 18 cm zu erledigen. Die Klingenspitze sollte in einer geraden Linie über die Klingenmitte zur Griffmitte führen (Bild oben). Hierdurch wirkt das Messer auch bei ungünstigem Stichwinkel effektiv. Ist der Klingenrücken im Bereich der Spitze mit einer Schneide versehen, so ist beim Stich ein leichteres Eindringen gewährleistet. Die Unterseite der Klingenspitze sollte einen sanften Bogen beschreiben. Hierdurch erhält der Messerhieb in diesem Bereich (Hiebzentrum) eine Schnittwirkung. Für das Waidwerk ist dieser geschwungene Bereich unverzichtbar. Verläuft die Klinge möglichst geradlinig, führt auch ein schnelles Schleifen zu akzeptablen Resultaten. Der mittlere und hintere Klingenrücken soll nicht geschärft oder sonst irgendwie reduziert sein, so daß ein Schlagholz effektiver genutzt werden kann.
Von einem Sägerücken ist grundsätzlich abzuraten. Der Einsatz des Schlagholzes wird dadurch fast unmöglich. Dabei wird es weit häufiger im Busch verwendet als etwa eine kurze Behelfssäge. Ein weiterer Nachteil der „Sägemesser“ sind die ungeschränkten Sägezähne. Zwangsläufige Folge dieses Mangels ist, daß die Messersäge nach wenigen Millimetern Schnittiefe klemmt, da beidseitig der Klinge keine Toleranzzonen vorhanden sind. Würden die Hersteller solcher Geräte diesen Mangel berücksichtigen und die Zahnung schränken, so ließe sich auch mit diesen Sägen ordentliche Arbeit verrichten. Nach kurzer Zeit wäre aber die Messerscheide durch die seitlich hervorstehenden Sägezähne zerstört.
Der Messerrücken sollte etwa 3,5 bis 4 mm dick und die Klinge ca, 2,5 bis 3,5 cm breit sein, um so neben solider Belastbarkeit auch ein gut nutzbares Gewicht für die Hiebwirkung zu erhalten. Der Messerstahl sollte schnitthaltig sein, jedoch nicht zu hart. Nach meiner Erfahrung liegt der günstigste Härtebereich zwischen 53 und 56° Rockwell. Viele Messerhersteller sind bemüht, in ihren Werbemaßnahmen die ungewöhnlich hohen Härtegrade als besondere Errungenschaft herauszustellen. Keiner der mir bekannten wirklichen Profis, ob Trapper, Guide oder Outfitter, welche ihre Messer täglich im Busch vielfach einsetzen, arbeitet mit einem derart harten Messer. Es ist den Leuten in der Wildnis nicht möglich, diese superharten Stähle auf Dauer scharf zu halten bzw. mit konventionellen Mitteln und Methoden neu zu schärfen. Der Besitzer eines solchen Traummessers ist auf die Hilfe einer Schleiferei angewiesen, wenn ihm sein Messer nicht zum Alptraum werden soll.
Manche Gebrauchsmesser haben einen ungeschliffenen Bereich zwischen Schneide und Griffstück, die sogenannte Fehlschärfe. Die Frage, warum dieser Bereich existiert, hat mir noch niemand befriedigend beantworten können. Gerade an dieser Stelle wird von der Messerhand die größte Kraft auf die Schneide übertragen. Messer, welche für den militärischen Einsatz gebaut wurden, oder solche, welche in Küche oder Metzgerei verwendet werden, sind nicht mit einer solchen Beeinträchtigung versehen. Auch an den allseits bekannten Finnenmessern findet sich keine „Fehlschärfe“. Dabei leben, essen und arbeiten die nordischen Samen zum Teil heute noch mit ihrem Puukko, und zwar mit der gleichen Ausführung wie bereits ihre Urahnen. Wenn man also auch dort auf diese Modeform verzichtet, dann nur, weil man kein Erfordernis erkannte und die Fehlschärfe sich störend auf die Handhabung auswirkt.
Der Messergriff sollte dauerhaft und wasserresistent sein, die Form der Hand des Benutzers entsprechen. Runde Griffprofile sind bei hartem Messereinsatz von Nachteil. Bei länger andauernden Hiebarbeiten muß die Hand den Griff wesentlich fester umschließen als z. B. einen ovalen Griff, um so ein gerades Auftreffen der Klinge zu gewährleisten. Bei Unterwasserarbeiten oder in der Dunkelheit sind runde Griffe auch deshalb nachteilig, da man häufig prüfen muß, in welche Richtung die Schneide zeigt. Am vorderen Griffende sollte auf der Unterseite ein einseitiges Parierstück vorhanden sein. Manche benutzen dieses Parierstück, um mit seiner Hilfe das Messer vorwärts zu stoßen. Für ungeübte Menschen ist das Parierstück unverzichtbar, da eine nasse, kalte oder ermüdete Hand beim Stoß bald in Richtung Schärfe abrutschen würde. Somit werden durch den Parierschutz schlimme Schnittverletzungen vermieden. Ein durchgehender oder doppelter Parierschutz ist nicht zu empfehlen. Er beeinträchtigt die Handhabung des Messers bei vielen Arbeiten, und die Verwendung einer einfachen Köcherscheide, wie z. B. beim Finnenmesser, wird unmöglich. Der untere einseitige Parierschutz erscheint als die bestmögliche Lösung.
Der hintere Abschluß eines Messergriffes sollte, in Anlehnung an die südamerikanische Machete, nach unten vorstehen und auf der Kopfseite eine gerade Schlagfläche haben, welche im rechten Winkel zur Längsachse des Messers verläuft. Die „Machetennase“ vermeidet, daß das Messer während längerer Hiebarbeiten und lockerer Handhabung mehr dem Gesetz der Fliehkraft gehorcht als der ermüdeten Hand seines Benutzers und somit während einer Hiebbewegung unkontrolliert aus der Hand fliegt. Der abgeflachte hintere Griffabschluß ermöglicht gegebenenfalls den Einsatz eines Schlagholzes, um damit Arbeiten, welche in Stoßrichtung ausgeführt werden, kraftvoll zu unterstützen. Bei allen andersgeformten Griffenden besteht die Gefahr, seitlich abzurutschen, und der Einsatz des Schlagholzes endet häufig mit verletzten Fingern.
Als Qualitätsmaßstab für soliden Stahl und gute Verarbeitung sollte man ein Gebrauchsmesser für die Wildnis folgendermaßen testen: Die Messerklinge wird im rechten Winkel etwa 4 bis 5 cm tief in einen Baum getrieben. Nun stellt man sich auf den Messergriff und belastet ihn mit dem ganzen Körpergewicht. Nicht alle Wildnis- und Survivalmesser überstehen dieses harte, realistische Auswahlverfahren unbeschadet. Abenteuerliches Design, astronomische Preise und wilde Messernamen verlieren plötzlich an Bedeutung. Aber auf diese Weise gelingt es auch dem interessierten Laien, die Spreu vom Weizen zu trennen (Bild unten).
Stockschneiden
Wer einen Stock sauber abschneiden will, setzt eine Reihe kleiner Schnitte im Winkel von ca. 45° rund um den Stock. Bei dickeren Stöcken wiederholt man gegebenenfalls das Ganze mehrmals, bis etwa die Hälfte oder zwei Drittel des Stockes durchtrennt sind. Anschließend kann man den Stock leicht brechen und sicher sein, eine gleichförmige Trennstelle vorzufinden(Bild 3 bis 5).
Entasten
Äste lassen sich mit dem Messer abschlagen oder schneiden. Grundsätzlich werden Äste, gleichermaßen bei Hieb oder Schnitt, „mit dem Wuchs“ entfernt. Hiebe oder Schnitte werden also vom dickeren Stamm- oder Stockende zum dünneren Teil geführt. Durch diese Anwendungstechnik kann ein unbeabsichtigtes Eindringen des Messers in den Stamm und somit eine Spaltung oder eine sonstige unnötige Schwächung vermieden werden. Hiebe und Schnitte sind immer in Stoßrichtung vom Körper weg auszuführen. Die Messerklinge wird bei dieser Arbeit seitlich und möglichst gleitend angelegt. Auf diese Weise läßt sich eine bessere Messerführung und damit ein leichteres und präziseres Arbeiten erreichen (Bild 6).
Schälen
Einen Stock zu schälen, ist Voraussetzung, um eine relativ saubere und gleichmäßige Oberfläche zu erhalten. Geschälte Stöcke trocknen schneller und werden leichter und härter als ungeschälte. Führt man die Messerklinge flach über den zu schälenden Stock, so besteht leicht die Gefahr des unkontrollierten Schnitts durch die Rinde in die zu schonende Holzsubstanz. Hebt man die Messerklinge an, so daß eine fast rechtwinklige Position quer über den Stock erreicht wird, kann man die Rinde in gleichmäßigen, dünnen Streifen vom Holz schaben und hinterläßt eine saubere und ebene Holzoberfläche. Mit mäßigem Druck wird das Messer jeweils etwa 30 bis 40 cm weit über den Stock gestrichen. Ein mannshoher Stock kann so in etwa einer Minute sauber geschält werden (Bild 7).
Lochschneiden
Löcher und Durchbrüche, die quer durch einen Stock führen sollen, werden quadratisch oder rechteckig angefertigt. Runde Löcher mit der Messerspitze zu bohren, ist fast unmöglich und führt meist zu unbefriedigenden Ergebnissen. Der Stock wird an der Stelle, welche für ein Loch vorgesehen ist, an zwei gegenüberliegenden Stellen abgeflacht (Bild 8).
Dabei ist darauf zu achten, daß der Stock nicht unnötig geschwächt wird. Nun bringt man beidseitig auf den abgeflachten Stellen Schnitte mit der Messerspitze an und vertieft sie so lange, bis der Durchbruch erfolgt (Bild 9).
Auf diese Weise gefertigte Löcher sind häufig an alten bäuerlichen oder handwerklichen Geräten zu finden (Bild 10).
U-Kerben
U-Kerben werden an Stockenden angefertigt und dienen zur Aufnahme von Pfeilspitzen und bei selbst gefertigten Angelruten zur Aufnahme der Angelschnur.
Messer als Schere
Die Messerklinge läßt sich auch als Schere verwenden, beispielsweise, um dünne Stöcke und Ruten auf bestimmte Längen zu kürzen (Bild 11).
Die Messerklinge wird in ein armdickes Holzstück getrieben, möglichst unmittelbar unterhalb einer Astbildung, so kann ein unbeabsichtigtes Aufspalten des Holzes vermieden werden. Nun wird unterhalb der Messerschneide quer über das Rundholz eine V- oder U-förmige Kerbe geschnitzt, welche dem abzuscherenden Stock als rutschfestes Lager dient (Bild 12).
Riemenschneiden mit dem Messer
Bei richtiger Anwendung ist ein Messer zum Riemenschneiden geeigneter als jede normale Schere. Die Arbeit geht schneller und präziser voran. Die Messerspitze wird senkrecht in ein Brett getrieben. Parallel zur Messerklinge wird ein Holzkeil ebenfalls in das Brett getrieben (Bild 13).
Der Abstand zwischen Messer und Holzkeil entspricht der späteren Breite des Riemens, nachdem das zu schneidende Material der Vorrichtung zugeführt wurde (Bild 14).
Um Riemenstücke von einem großen, unhandlichen Teil abzuschneiden, ist die folgende Methode besser geeignet als die oben beschriebene. Aus einem runden Holzstück von etwa 6 bis 8 cm Querschnitt und ca. 20 cm Länge wird ¼ des Querschnitts (Viertelstab) ausgetrennt (Bild 15).
Das erarbeitete innere, rechtwinklige Profil dient zur Aufnahme der Messerspitze, welche von der Außenseite kommend durch das Rundholz getrieben wird, bis sie etwa 2 bis 3 cm weit aus dem Winkelprofil herausragt (Bild 16).
Der andere Schenkel des Winkelprofils dient als Anschlag für den zu schneidenden Riemen. Mit dem hier beschriebenen Werkzeug schneidet man mit geringem Kraftaufwand gleichmäßige Riemen von großen Lederteilen (Bild 17).
Hobeln mit dem Messer
Durch Hobeln lassen sich erhöhte Punkte auf dem Werkstück abtragen. Das nachfolgend beschriebene Behelfswerkzeug kann eine große Hilfe für den zivilisationsfernen Menschen sein (Bootsreparatur, Stiel- und Schaftherstellung). Ein etwa 25 cm langes Rundholz mit einem Durchmesser von ca. 8 cm wird in gleicher Weise bearbeitet, wie im vorherigen Kapitel beschrieben. Nachdem die Viertelleiste entnommen wurde, kann die so entstandene V-förmige Rinne als Führungsnute für das zu hobelnde Werkstück benutzt werden. Auf der gegenüberliegenden Seite des Rundholzes wird nun ein keilförmiger Durchbruch geschnitten (Bild 18), welcher der darin eingelegten Messerklinge festen Halt und die richtige Position während des Hobelns bietet (Bild 19 und 20).
Baumfällen mit dem Messer
Ein zu leichtes Arbeitsmesser läßt sich nur schwerlich als Hiebwerkzeug verwenden. Obschon der spitze Klingenwinkel, bei gleicher Hiebenergie, eine größere Eindringtiefe als eine Beil- oder Axtklinge erwarten läßt. Die mangels Gewicht und Werkzeuglänge fehlende Hiebenergie kann dem Messer durch ein Ergänzungswerkzeug zugeführt werden, das Schlagholz (Bild 21).
Ein solches Schlagholz wird aus einem 40 bis 50 cm langen Rundholz mit einem Durchmesser von ca. 8 cm gefertigt. An einer Seite wird das Rundholz, etwa 15 cm lang, durch Messerhiebe auf Griffstärke reduziert, so daß ein festes Zupacken und somit eine leichtere Handhabung des Schlagholzes möglich ist (Bild 22).
Bäume von mehr als 10 cm Durchmesser können mit Hilfe von Messer und Schlagholz in wenigen Minuten gefällt werden. Es ist sinnvoll, die bereits beschriebene Technik des Stockschneidens mit dem zusätzlichen Einsatz des Schlagholzes anzuwenden (Bild 23).
Die dabei entstehenden Späne werden durch rechtwinklig geführte Messerhiebe von der Trennstelle entfernt (Bild 24).
Messerschleifen
Ein adäquates Hilfsmittel zum gefahrlosen Messerschleifen ist handelsübliches Schleifpapier oder Schleifband. Ob trocken oder naß zu verwenden, ist in der Regel dem rückseitigen Aufdruck zu entnehmen. Ein solches Stück Schleifpapier oder Schleifband ist zur besseren Handhabung auf ein Brettstück zu kleben. Dieses „Schleifbrett“ läßt Messerschleifen leicht und risikoloser erlernen als die handelsüblichen, vielfach zu kurzen Schleifsteine, deren Bruchgefahr bei erhöhtem Arbeitsdruck beim Kauf meistens nicht bedacht wird.
Den Abmessungen des Schleifbretts sind keine Grenzen gesetzt. Beabsichtigt man jedoch, das Gerät im Reisegepäck mitzuführen, so ist eine Größe von 6 x 15 cm zu empfehlen. Selbst eine feinkörnige Oberfläche des Schleifbretts kann bei zu hohem Arbeitsdruck fatale Riefen und Unebenheiten in der Messerklinge verursachen, daher sind eher leichtere und häufigere Schleifvorgänge zu empfehlen. Schleifbretter mit feinkörniger Oberfläche verlieren auch nach fünfzigprozentiger Abnutzung nicht ihren Gebrauchswert, da die Fläche sich zusehends verfeinert und somit einen Feinschliff ermöglicht.
Stumpfe Klingen sind im Bereich der Schneide abgerundet oder zeigen frontal eine lichtreflektierende Fläche. Durch gleichmäßiges Schleifen kann das Metall an den unerwünschten Stellen so lange abgetragen werden, bis eine neue Schärfe entsteht. Diesen Vorgang sollte man in drei einzelne Arbeitsgänge teilen: Grob-, Mittel- und Feinschliff. Ein grobes Schleifbrett räumt unerwünschte Metallteile schnell ab. Es bleibt jedoch eine zu rauhe Oberfläche zurück, und die Schnittkante bleibt mit einem sägeartigen Bart versehen. Ein solcher Schneidenzustand wirkt zwar bei grober Betrachtung befriedigend, läßt aber keine solide Nutzung zu, da der Bart während des Schneidens seitlich umgebogen wird oder ganz abbricht.
Die sofortige Verwendung von feinerer Schleifkörnung verlängert die Schleifarbeit unnötig. Zur Entfernung einer durch den ersten Schleifvorgang erzeugten groben Oberfläche empfiehlt sich eine mittlere Körnung. Während dieses zweiten Arbeitsganges wird der Bart mit der Sägezahnbildung entfernt. Beim dritten Arbeitsgang mit feiner Körnung werden sämtliche Schleifspuren entfernt, bis die Oberfläche des Metalls spiegelähnlich erscheint. Das nun erreichte Schärfestadium kann durch die Anwendung eines feinen Schleifstahls verbessert werden.
Von „Diamantstählen“ ist im hier beschriebenen Arbeitsprozeß abzuraten. Diese Stähle ersetzen meist aufgrund ihrer rauhen Oberfläche den Schleifstein mittlerer Körnung und nehmen in der Endarbeitsphase zuviel Substanz von der zu schleifenden Klinge ab. Ungeübte Personen merken meist zu spät, daß sie ihre gute Klinge verschliffen haben. Meistens bleibt auch nach dem Schärfen mit dem Stahl ein feiner Bart an der Schneide zurück. Dieser Umstand ist für ein ungeübtes Auge ohne optische Hilfsmittel nur schwer feststellbar. Hier läßt sich nur mit einem ledernen Schleifriemen Abhilfe schaffen. Die feinporige, widerstandsfähige Oberfläche des Schleifriemens entfernt den verbliebenen Bart gänzlich. Die Klinge wird entgegen der bisherigen Methodik nicht gegen die Schärfe bewegt, sondern von der Schärfe weggezogen.
Da dieser Vorgang unter mäßigem Druck stattfindet, wird dabei die Lederoberfläche leicht zusammengedrückt. Sie nimmt aber bereits an der Schnittkante ihre bisherige Form wieder an, da hier der Arbeitsdruck endet. Dieser kleine, verformte Bereich des Leders bewirkt die Entfernung des Bartes und gewährleistet ein optimales Schnittvermögen der so behandelten Klinge. Ein alter, aber solider Ledergürtel eignet sich meist für die Verwendung als Schleifriemen. Um die Wirksamkeit des Schleifriemens zu intensivieren, sollte man ihn satt mit Öl bestreichen (Haushaltsöl reicht) und anschließend mit ebenfalls im Haushalt verwendetem Scheuerpulver pudern.
Der Riemen wird vor dem Gebrauch mit einem Ende befestigt, das andere Ende wird von der Hand straff angezogen. Nun wird die Klinge in einem Winkelbereich von 8 bis 12° und mit leichtem Druck über den Riemen gezogen. Wichtigster Faktor während dieses abschließenden Arbeitsganges ist die konstante Anwendung des richtigen Schleifwinkels. Arbeitsdruck und Schleifgeschwindigkeit sind nicht allzu wichtig. Sofern mit einem grobkörnigen Schleifbrett oder Schleifstein die Grundform einer abgenutzten Schärfe wieder hergestellt wurde, benötigt man erfahrungsgemäß ein Schleifgerät mittlerer Körnung für 30 bis 35 Schleifstriche.
Die feine Körnung wird ca. 80- bis 100mal angewandt. Während des vierten Arbeitsganges wird die Schneide etwa 100mal über den Schleifstahl gewetzt. Während des fünften und letzten Arbeitsganges zieht man die Schneide 100mal über den Schleifriemen. Der Erfolg dieser Arbeiten ist in großem Maße von der Erfahrung des Einzelnen abhängig. Hier gilt: Übung macht den Meister.