von Ulrich Abramowski
Ein seltsames Volk, diese Deutschen! Schaut man in die Geschichte, so ist es nur sehr schwer auszumachen, wofür dieses Volk eigentlich ist, jedoch herauszufinden, wogegen die Deutschen sind, fällt Einem leicht!
Gehen wir in die sogenannten Gründerjahre, nein, einen kurzen Schritt davor. Preußens gewiefter Kanzler Bismarck hatte festgestellt, dass Preußen aufgrund seiner geopolitischen Lage ein willkommener Happen sowohl für die französische Marianne im Westen, wie auch den russischen Bären im Osten war und dieser Happen nur durch eine unappetitliche und unverdauliche Größe für beide Nachbarn über kurz oder lang überleben würde. Im Grundsatz ein Pragmatiker, war ihm schnell klar, dass Eroberungskriege einen zu hohen Preis hätten und der bessere Weg die Herstellung der deutschen Einheit sei.
Leider hatte er die Rechnung ohne „die Deutschen“ gemacht, denn sowohl der bayerische, der sächsische, der hannoversche und auch württembergische Teil waren „gegen“ und brauchten erst nachdrückliche Überzeugung militärischer Art, um „für“ die deutsche Einigung zu sein. Was Bismarck zunächst vermeiden wollte, passierte dann doch in den Jahren von 1864 bis 1871 in Kriegen, die man später die deutschen Einigungskriege nannte.
Deutschland war damit unter der auf einem Preußenhaupt sitzenden Kaiserkrone zusammengefügt, aber nicht zusammengewachsen, ein Webfehler, der der Monarchie bis zu ihrem Ende anhaftete und auch heute noch anhält.
Am Ende des nicht zu gewinnenden „Stahlgewitters“ waren die Deutschen dann gegen ihren Kaiser, zwangen ihn zur Abdankung und jagten ihm aus dem Land. Es folgte ein eher zufälliger Gehversuch in Sachen Demokratie, für die sich nur Wenige erwärmen konnten. Es ist nicht verwunderlich, als mit Inflation, Weltwirtschaftskrise, Massenarbeitslosigkeit und vertraglich eingeredetem Kriegsschuldkomplex die Mehrheit der Deutschen zu Beginn der 1930er Jahre dann auch „gegen“ die Demokratie waren und willig ihre Stimme dem, der sie dann auch entsprechend schnell abschaffte und seine menschenverachtende Diktatur errichtete, gaben.
Seltsamerweise waren nur Wenige „gegen“ Hitler – die Meisten waren „für“ ihn – selbst als schon die meisten Städte in Schutt und Asche lagen und den Unbedarften eigentlich hätte klar sein müssen, dass mit dem totalen Krieg die totale Vernichtung einhergehen musste.
Was nach dem Ende der Nazi-Herrschaft folgte, hatten die Deutschen nicht in ihrer Hand. Im Westen wurde eine Art Demokratie, die den Deutschen politische Teilhabe vorgaukelte, sie aber zu gefügigen und willigen Wiederaufbau-Arbeitern machte, etabliert. Es gab ja auch Nichts mehr, wogegen man hätte sein können, also war man „für“ das eigene Wohlergehen. Im Osten gab es weder ein „Für“ noch ein „Gegen“ – jeder noch so kleine Ansatz, sich außerhalb der von den sowjetischen Besatzern aufgezwungenen „Ordnung“ zu bewegen, endete in einer Reise ohne Wiederkehr nach Sibirien! Ein kurzes Aufmucken am 17. Juni 1953, kurz nach Stalins Tod, wurde von sowjetischen Panzern niedergewalzt, anschließend nahm das Regime fürchterliche Rache!
Im Westen ging es aufwärts und mit wachsendem Wohlstand konnte man wieder „gegen“ Etwas sein. Zunächst war es die Wiederbewaffnung, was noch verständlich war. Später war man gegen Alles, was so vor die Flinte kam – den Muff in den Talaren, Franz-Josef Strauss, Startbahn West, Kernenergie, Abtreibungsverbot, Nato-Doppelbeschluss, Vietnam-Krieg oder die Tüten, in denen man Gummibärchen verpackte – nahezu jeder Anlass wurde gern genutzt, um das „Gegen“-sein in die Öffentlichkeit zu tragen und seine Lust an der Randale auszuleben! Damals begannen dann diejenigen eine Karriere, die als Terrorist begann und als Bundesminister oder Abgeordneter endete.
Im Osten blieb man still und leise – „gegen“ Etwas zu sein bedeutete, Besuch zu bekommen, verhaftet, verhört, eingesperrt zu werden, die Kinder entrissen zu bekommen. Kein Wunder, dass Protest nur im Stillen und im kleinen Kreis stattfand, meist in den als geschützt empfundenen Räumen der Kirchen, die aber gar nicht so geschützt waren, denn Schild und Schwert standen auch vorm Altar. Dank flächendeckender Bespitzelung durch die Kräfte, die das auch heute wieder tun, endete selbst der stille Protest mit bitteren Konsequenzen. Manch einer verlor dabei auch sein Leben, doch daran wollen wir uns heute nicht mehr erinnern.
Erst als die Verhältnisse nahezu ausweglos waren, waren die Menschen im Osten „gegen“ – gegen das Regime der Unterdrückung und Versklavung! Und damit hatten sie Recht.
Die Wiedervereinigung – ein Kapitel für sich! Obwohl Viele „für“ waren, gab es auch sehr Viele „gegen“. 40 Jahre Trennung hatten nicht nur eine Mauer und eine Grenze mit Selbstschusseinrichtungen hinterlassen, sondern auch einen Graben im Denken und Fühlen. Die Wiedervereinigung war wie seinerzeit die Einigung – ein fait accompli“ – eine vollendete Tatsache, autokratisch von Kohl vollzogen. In den 29 Jahren seit Mauerfall sind Ost und West deshalb immer noch nicht komplett zusammengewachsen.
Was zusammengewachsen ist, ist aber das „Gegen“-Sein. Seit 1990 können die Deutsche ihre Lust dazu vereint ausleben! Ob Erderwärmung, Eisbärensterben, Dieselfahrzeuge, Fleischverzehr – die Liste ist endlos lang. Selbst gegen die, die gegen Gewalt sind, ist man „gegen.“ Wie pervers ist das eigentlich? Und wenn man Nichts, gegen das man sein kann, findet, dann erfindet man Etwas und nennt es „Rechts“ – und schon ist man wieder dagegen!
In der Zwischenzeit sind die Deutschen mehrheitlich wieder einmal gegen Alles – nur nicht gegen ihren eigenen Untergang und diejenigen, die ihn herbeiführen!
Gott sei Dank gibt es aber doch noch Einige, wenn auch noch zu wenige, die sich für Etwas einsetzen – für Freiheit und Demokratie, die das Merkelregime sukzessive abschafft!