von Wilhelm Schulz
Mit einer Strafanzeige wegen „falscher Verdächtigung“ gegen die „Beschuldigten“ Angela Merkel und ihren Regierungssprecher Steffen Seibert beschäftigt sich jetzt die Staatsanwaltschaft Chemnitz. Es geht in der Anzeige, die Jouwatch vorliegt, um den an die Chemnitzer gerichteten Vorwurf der „Zusammenrottung“, der aus dem DDR-Strafgesetzbuch stammt. Dem hält der Anzeige erstattende Rechtswissenschaftler aus Münster, René Schneider, den Grundgesetz-Artikel 8 entgegen: „Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.“
Schneider zitiert zur „Zusammenrottung“, die in der Bundesrepublik Deutschland keinen Straftatbestand darstellt, in seiner Anzeigebegründung aus dem Strafgesetzbuch der DDR. Dort hieß es:
„Wer sich an einer die öffentliche Ordnung und Sicherheit beeinträchtigenden Ansammlung von Personen beteiligt und sie nicht unverzüglich nach Aufforderung durch die Sicherheitsorgane verläßt, wird mit Haftstrafe oder Geldstrafe bestraft. Wer eine Zusammenrottung organisiert oder anführt (Rädelsführer), wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren bestraft.“
Da Angela Merkel und Steffen Seibert eine nicht mehr strafbare politische Tat dennoch als solche hinstellten, liege der Verdacht auf falsche Verdächtigung vor.
Mit Bezug auf ein BGH-Urteil von 1959 begründet Schneider die Anzeige, denn die Betroffenen müssten nicht namentlich bekannt sein. Es liege daher falsche Verdächtigung „tatsächlich zum Nachteil einer hundertfachen Vielzahl von Personen, die nicht unbedingt namentlich bezeichnet, aber so weit erkennbar sein müssen, dass sie identifiziert werden können“, vor.
Dies trifft in der Tat auf mehrere tausend Menschen zu. Sollte die Staatsanwaltschaft, die an politische Weisungen gebunden sein, das Verfahren nicht einstellen und sogar Anklage erheben, drohen Merkel und Seibert bis zu fünf Jahre Haft.
In Paragraph 164 des Strafgesetzbuches heißt es zur falschen Verdächtigung: „Wer einen anderen bei einer Behörde oder einem zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Amtsträger oder militärischen Vorgesetzten oder öffentlich wider besseres Wissen einer rechtswidrigen Tat oder der Verletzung einer Dienstpflicht in der Absicht verdächtigt, ein behördliches Verfahren oder andere behördliche Maßnahmen gegen ihn herbeizuführen oder fortdauern zu lassen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“ (WS)