Ceaușescu-Schicksal: EU-Spitzenpolitikern wird Haft und Hinrichtung prophezeit

von Iwan Danilow

 Das US-amerikanische Wall Street Journal hat eine betrübliche Prognose bezüglich der Zukunft der Europäischen Union veröffentlicht. Der größte „Europa-Experte“ der Redaktion, Simon Nixon, erwartet in absehbarer Zeit eine Art Wiederholung des Jahres 1989, doch diesmal mit den USA als Betroffener.

Die Rolle des Imperiums, das seinen ganzen Einfluss in Europa über Nacht verliert, wird nicht die Sowjetunion, sondern Amerika spielen. Der britische Historiker und ehemalige Banker sagt voraus, dass sich die proamerikanischen EU-Politiker auf das Schicksal der einstigen sozialistischen Spitzenpolitiker in Osteuropa gefasst machen müssten: Viele von ihnen landeten damals hinter Gittern, und der rumänische Staatschef Nicolae Ceaușescu wurde sogar erschossen. Und praktisch alle haben den größten Teil ihrer Rechte verloren. Nixon vermutet auch, dass die Situation verbessert werden könnte, räumt aber gleichzeitig ein, dass die europäischen Diplomaten und Politiker nicht mehr so optimistisch hinsichtlich der europäischen und amerikanischen Zukunft seien.

Denn sie haben ja nicht überhört, wie US-Präsident Donald Trump sagte, dass Europa „noch schlimmer als China“ wäre, dass die EU „nicht zum Voranbringen der amerikanischen Interessen beitragen“ würde usw.

Wie sich die US-Administration zur „chinesischen Gefahr“ verhält, ist allgemein bekannt und muss nicht extra erläutert werden. Aus der Sicht der Europäer zeigt das Vorgehen der US-Führung, dass Washington sie nicht als Verbündete betrachtet, mit denen es seine geopolitischen Erfolge teilen will. Simon Nixon stellt bedauernd fest, dass zwischen der Neuen und der Alten Welt ideologische Kontroversen entstehen könnten, doch ihre Einstellung sei dieselbe: „Stirb du heute, und ich sterbe morgen.“

Man muss auch bedenken, dass Trump in seiner aktuellen Lage lügen und so tun muss, als wäre die US-Wirtschaft ganz in Ordnung, und ihre Perspektiven wären überhaupt glänzend. Noch als Präsidentschaftskandidat hatte er sich viel offener verhalten und unverhohlen gesagt, dass die US-Wirtschaft „eine große Blase“ wäre. Und die Wirtschaftslage bereitet dem US-Staatschef die meisten Kopfschmerzen – und seine Versuche, diese kritische Situation auf Kosten anderer zu verbessern (was die Amerikaner im Grunde schon immer machten), bestimmen seine ganze außenpolitische Strategie. Man muss sich ja nur daran erinnern, was Trump 2015 über die Perspektiven der US-Wirtschaft in seinem Interview für The Hill gesagt hatte:

„Wir befinden uns jedenfalls in einer Blase. (…) Der Grund, warum sie (Barack Obamas Administration) die Leitzinsen enorm niedrig halten, ist, dass Obama keine Rezession bzw. Depression will, solange er im Amt bleibt. (…) Und wissen Sie, wer darunter am meisten leiden wird? Die Menschen, die in Übereinstimmung mit dem ‚amerikanischen Traum‘ handeln und das tun, was richtig sein sollte. Diese Menschen haben im Laufe von 40 Jahren 200 Dollar pro Woche auf ihr Bankkonto überwiesen. Sie haben ihr ganzes Leben gearbeitet, um zu sparen, und jetzt werden sie auf den überschätzten Aktienmarkt gestoßen – und irgendwann werden alle ihre Ersparnisse völlig verlorengehen.“

Eine ziemlich schlechte Zukunftsprognose des damals künftigen US-Präsidenten, nicht wahr? Und im Unterschied zu vielen (auch russischen) Ökonomen, glaubt Trump nicht an die Formel „Wir drucken noch Geld, und alles ist wieder gut“. Denn er weiß genau: Es wird nicht gut sein. Wenn man das Vorgehen Washingtons aus der Sicht dieser traurigen, aber realistischen Wirtschaftsprognose betrachtet, entsteht aus dem anscheinenden Chaos ein durchaus logisches Schema: Für die Rettung der USA müssten chinesische, europäische, japanische, mexikanische, kanadische und andere Unternehmen viel weniger verdienen, aber viel mehr Geld für US-amerikanische Waren ausgeben.

Trump würde sich wohl freuen, wenn er die Möglichkeit hätte, Handelskriege nur gegen China zu führen – und erst dann den Kampf gegen die EU zu beginnen. Aber die einzige logische Erklärung für das auf den ersten Blick irrationale Verhalten der Amerikaner ist: Trump muss die ganze Welt auf einmal „ausrauben“ – hier und sofort, denn sonst gehen die Einnahmen und Ausgaben weit auseinander.

Es lassen sich gleich mehrere historische Parallelen bemerken. So hatte es ähnliche Probleme um den Protektionismus auch im Vorfeld des Ersten und auch des Zweiten Weltkriegs gegeben. Noch früher – im 19. Jahrhundert – hatten die Amerikaner auch gerne ihre eigene Wirtschaftsentwicklung auf Kosten fremder Märkte gefördert. Hätte Trump eine solche Möglichkeit, dann würde er heutzutage einen neuen Commodore Matthew Perry zu den chinesischen, europäischen und auch russischen Ufern schicken. Aber inzwischen haben die USA keine solche militärische und technologische Überlegenheit mehr, dank der Perry die amerikanische Wirtschaft bereichern konnte.

Man kann den europäischen Spitzenpolitikern kaum vorwerfen, sie wären naiv. Und ganz bestimmt kann man nicht sagen, sie könnten kein Geld zählen und die Perspektiven der EU richtig einschätzen, wenn die USA Europa nicht als Instrument für das Voranbringen ihrer eigenen außenpolitischen Interessen, sondern als ein „Sparschwein“ betrachten, das sie zerschlagen wollen. Unter diesen Bedingungen kann man ewig über die gemeinsamen demokratischen Werte und die Treue zu gewissen höchsten Idealen der westlichen Welt reden – aber der unlösbare Interessenkonflikt wird den transatlantischen „ideologischen Rahmen“ jedenfalls zerstören, dessen Verschwinden der WSJ-Analyst eben beklagt.

Um aus dieser Situation einen Ausweg zu finden, müssten die europäischen Politiker radikale Maßnahmen ergreifen, die wichtige geopolitische Veränderungen verlangen. Man könnte versuchen, die Krise in ein Instrument zur Konsolidierung und Zentralisierung Europas zu verwandeln, wofür der französische Staatschef Emmanuel Macron plädiert, indem er eine solche „verstärkte EU“ mit dem Reich von Karl dem Großen vergleicht. Man könnte noch versuchen, taktische Allianzen mit China und Russland zu bilden. Man könnte auch versuchen, diese Maßnahmen zu kombinieren. Bis zuletzt hatten sich Marcon und Merkel so verhalten, als würde es noch eine Variante geben: abzuwarten, bis die Amerikaner sich selbst besinnen. Doch nach dem gescheiterten G7-Gipfel glaubt kaum noch jemand daran.

Den Europäern wird es nicht gelingen, abzuwarten, bis dieser Alptraum ein Ende findet. Viel größer sind aber die Chancen, dass das „amerikanische Jahr 1989“ beginnt.

Mehr noch: Manche europäische Politiker tun ihr „Bestes“, um seinen Beginn zu beschleunigen.


Quelle und Kommentare hier:
https://de.sputniknews.com/kommentare/20180613321151813-eu-usa-konflikt-vergleich/