von Bianca Hoekstra
Im deutschen Generalkonsulat im kurdischen Autonomiegebiet Erbil sollen syrische Flüchtlinge gegen Geld mit Visa für Deutschland ausgestattet worden sein. Kein Einzelfall, wie nun auch der Spiegel herausfand.
Seit 2015 leben Frau und vier Kinder von Jassem M. in Deutschland. Den 46-jährige Vater Jassem plagt die Sehnsucht. Er will nachkommen, doch die Familienzusammenführung scheitert. Im irakischen Erbil angekommen, trifft er im Herbst vergangenen Jahres einen Mann, der ihm Hilfe bei der Beschaffung der erforderlichen Papiere verspricht.
Für 12.000 Dollar hält er wenig später das entsprechende Formular mit Passbild in den Händen, mit dem er nun problemlos das Visum im deutschen Generalkonsulat beantragen kann. Im November 2017 kann sich Jassem M. in den Flieger nach Deutschland setzten und passiert mit seinem echten Visum problemlos die deutsche Passkontrolle. Wie vereinbart übergibt er anschließend seine Papiere einem Schleuser und beantragt -nun Passlos- Asyl, berichtet der Spiegel.
Das Verfahren Visa gegen Bakschisch läuft laut Spiegel nicht nur in Erbil wie geschmiert. Regelmäßig stehen deutsche Konsulate und Botschaften, besonders im Nahen Osten und Osteuropa unter Korruptionsverdacht. Einheimische Angestellte, die weniger als ihre deutschen Kollegen verdienen, sind besonders bereitwillig gegen Bares zu „helfen“. Wie einfach es ist, auch über entsprechende Facebook-Gruppen, an Dokumente jeder Art zu gelangen, hat jouwatch bereits mehrfach berichtet.
Bis heute werden die „Unregelmäßigkleiten“ in deutschen Auslandsbotschaften und Konsulaten weder konsequent aufgeklärt noch unterbunden, obwohl der Kreis möglicher Tatverdächtiger im Generalkonsulat Erbil klein ist. Im Fall des Syrers Rashed M., der sich im November 2017 im Generalkonsulat um einen Platz in einem Landesaufnahmeprogramm bewirbt und auffliegt, weil er mit seiner Ausreise zu lange wartet, dauert es knapp ein Jahr, bis die Staatsanwaltschaft im Oktober dieses Jahres ein Verfahren einleitet. Die vollständige Aufklärung des Falls dürfte nach so langer Zeit kaum noch möglich sein.
Die Bundespolizei erklärt die schleppenden Ermittlungen u.a. damit dass „größere Aktenbestände“ auszuwerten gewesen seien – das Auswärtige Amt teilt mit, man wisse seit Dezember 2017 von Unregelmäßigkeiten in Erbil erfahren und habe „organisatorische Maßnahmen“ ergriffen, um weitere Fälle zu verhindern. Doch laut Spiegel sollen dort unter Verdacht stehende einheimische Mitarbeiter weiterhin im Generalkonsulat beschäftigt sein.
Für den Familienvater Jassem M. lief alles wie geschmiert. Er ist am Ziel und mit seiner Familie in Deutschland wiedervereint. Ausreise unwahrscheinlich.(BH)