von Nikolai Protopopow
Unterstützung von Radikalen, Erschießung von Kollegen und Massenmord an friedlichen Einwohnern – US-Soldaten, die Washington zufolge das Bollwerk des internationalen Antiterrorkampfes sind, verwandeln sich manchmal selbst in Terroristen.
In der vergangenen Woche wurde in den USA der Küstenschutz-Leutnant Christopher Paul Hasson wegen Vorbereitung eines Terroranschlags gegen Politiker und Journalisten festgenommen. Es soll ein Strafverfahren eingeleitet werden. Von diesem und anderen ähnlichen Fälle erfahren Sie in diesem Artikel.
Vernichtung der Zivilisation
Der 49-jährige Christopher Paul Hasson wurde vom Beispiel des norwegischen Extremisten Anders Breivik inspiriert, der im Juli 2011 auf einer Insel nahe Oslo 77 Menschen tötete. Hasson rief ebenfalls zur „konzentrierten Gewalt“ zur Schaffung einer „weißen Heimat“ auf und träumte davon, „fast jeden Menschen auf der Erde zu töten“. Hasson wollte unschuldige Menschen bei einem Massaker für die USA töten. Dazu beschaffte er sich ein großes Waffenarsenal. Das Lager wurde im eigenen Haus eingerichtet – einige automatische und Scharfschützengewehre, Pumpen-Jagdgewehre, Pistolen, Schutzwesten, andere Ausrüstung, und sehr viele synthetische Drogen – 2016 kaufte Hasson mehr als 4000 Tabletten Tramadol.
Der Leutnant wollte nicht nur Schusswaffen und Sprengstoff einsetzen, sondern plante auch biologische Angriffe – er wollte Viren von Pest, spanischer Grippe, Milzbrand und Botulismus verbreiten.
Der Terrorist nahm hochrangige Politiker, bekannte Journalisten und Medienschaffende ins Visier. Hasson erstellte sogar eine Liste. Er wollte den Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, einige Senatoren und Journalisten der TV-Sender CNN und MSNBC töten.
Hasson diente von 1988 bis 1993 in der Marine-Infanterie, danach wechselte er zur Nationalgarde. Er hat seit langem extremistische Ansichten – seit mindestens 30 Jahren gehörte er Neonazis und Skinheads an. Er stand im Kontakt mit den Anführern dieser Bewegungen, las entsprechende Literatur, besuchte Seminare und Kundgebungen. Viele Experten sind der Ansicht, dass auch die Vorgesetzten des ehemaligen Soldaten vor Gericht gestellt werden müssen, die seine Hobbys unbemerkt ließen.
Radikale in Uniform
Zum Glück wurde er rechtzeitig festgenommen und schaffte es nicht, seine Pläne umzusetzen. Doch so ist es nicht immer: 2009 erschoss der Militärpsychiater Major Nidal Malik Hasan auf dem US-Stützpunkt Fort Hood in Texas 13 Menschen, rund 30 wurden verletzt. Der blutige Zwischenfall ereignete sich vor einer medizinischen Einrichtung wo die Soldaten vor der Abreise in den Irak und nach Afghanistan medizinisch untersucht wurden. Der Major wurde von eingetroffenen Polizisten außer Gefecht gesetzt und trug mehrere Schussverletzungen davon.
Nidal Hasan hat palästinensische Wurzeln und ist Muslim. Er kritisierte die Militäroperationen der USA im Irak und in Afghanistan. Er hielt den Krieg für eine „unrechte Sache“, wollte nicht gegen Glaubensbrüder kämpfen und befürchtete, dass er doch irgendwann an einen Brandherd geschickt wird. Er stritt darüber oft mit Kollegen und teilte seine Gedanken unter anderem mit dem Besitzer eines kleinen Ladens, wo er jeden Morgen Kaffee kaufte.
Hasan ging nach dem Abschluss der Virginia Polytechnic Institute and State University 1997 zur Armee. Danach studierte er an einer militärmedizinischen Universität und spezialisierte sich auf psychologische Hilfe in Katastrophenfällen. Er hoffte, dass Obama die Truppen aus dem Irak und Afghanistan abzieht, doch seine Hoffnungen gingen nicht in Erfüllung. Im August 2013 wurde er zur Todesstrafe verurteilt, jetzt wartet er im Gefängnis auf die Vollstreckung der Strafe.
Sergeant Ikaika Kang, der an Operationen im Irak und Afghanistan teilnahm, unterstützte ebenfalls Islamisten. 2017 wurde er wegen Verdachts von Kontakten zu ISIL-Extremisten* und des Versuchs, ihnen Dienstinformationen zu übermitteln, festgenommen. Bei der Untersuchung wurde festgestellt, dass er schon bereit war, sich ihnen anzuschließen. Er sah sich oft Videos mit Folterungen und Hinrichtungen von Gefangenen durch radikale Islamisten, mit Kampfhandlungen und Explosionen von Selbstmordattentätern an. Er gelobte den ISIL-Anwerbern*, deren Rolle verdeckte Agenten spielten, in arabischer und englischer Sprache Treue und übergab ihnen Informationen über US-Militärs, Angaben über das System zur Steuerung des Luftraums, Anleitungen über Ausbildungsmethoden der Militärs und technische Dokumentation.
Seine Anwälte beharrten auf der psychischen Krankheit Kangs. Auch seine Kollegen bemerkten das unnormale Verhalten Kangs – er konnte mehrere Stunden lang vor einer Wand sitzen und einen Punkt anschauen, sprach mit Tieren. Er wurde im Dezember des vergangenen Jahres zu 25 Jahren Haft verurteilt.
Das Kandahar-Massaker
US-Soldaten richteten ihre Waffen auch gegen die friedliche Bevölkerung. Im März 2012 erschoss Sergeant Robert Bales 16 Menschen im Bezirk Panjwai der afghanischen Provinz Kandahar. Dieser Vorfall ging in die Geschichte als „Kandahar-Massaker“ ein.
Bales verließ die Garnison und begab sich in das benachbarte Dorf, wo er in Häuser eindrang und schlafende Menschen erschoss. Er tötete eine schwangere Frau und neun Kinder. In einem anderen Dorf erschoss er weitere Menschen, einige wurden verletzt. Danach versuchte er die Leichname in ein Haus zu bringen und sie dort zu verbrennen, um die Spuren des Verbrechens zu verwischen. Er wurde nach der Rückkehr in den Stützpunkt vom Sicherheitsdienst festgenommen.
Bales zufolge erschoss er die Menschen „unter der Maske von Angst und Draufgängertum“ und bat die Familien der Verstorbenen aufrichtig um Entschuldigung. Anwälte versuchten, die Strafe zu mildern, indem auf posttraumatischen Stress nach mehreren Aufenthalten in Afghanistan hingewiesen wurde.
Der tragische Vorfall sorgte für großes Aufsehen. Nach Medienangaben zahlten die US-Behörden – trotz der offiziellen Politik des Pentagons – eine Entschädigung von 47.000 Dollar für jeden Toten und 11.000 für jeden Verletzten an die Familien der Verstorbenen. Durch seine aufrichtige Reue konnte der 39-jährige Bales der Todesstrafe entgehen. Er wurde zu lebenslanger Haft ohne Recht auf vorgezogene Freilassung verurteilt.