3 Frauen, 900 tote Schweine und die Digitalisierung

von Hadmut Danisch

Au weia. Über dummes grünes Geranze

In den Tagesthemen haben sie gerade von Digitalbauern berichtet. Ein Milchbauer lässt seine Kühe vom Roboter füttern und von einem anderen ausmisten, weil er keine Arbeitskräfte mehr findet.

Ein Leser hat mich heute belehrt, ich möge es doch unterlassen, Kommunisten über einen Kamm zu scheren. Es gebe nämlich zwei Arten von Kommunisten, nämlich die „Kommunisten”, und jene seien sehr technikaffin und technikfreundlich, weil sie ja, wie ich so schrieb, auf die Dampfmaschine angewiesen waren und glauben, dass die Maschinen sie ernähren werden.

Und dann gäbe es noch die Maoisten, zu selbwelcher Gattung auch die Grünen gehörten, die alle Technik rundheraus ablehnten und sich der einfachen Landwirtschaft verpflichtet fühlten.

Dass es da technikaffine und technikfeindliche Strömungen gibt, das war mir bewusst, aber so trennschaft hatte ich das jetzt nicht ganz gesehen. Die grünen Verbotskrämpfe lassen sich aber schon sehr maoistisch und kulturrevolutionistisch an.

Im Münsterland seien gerade 900 Schweine in einem Schweinemastbetrieb qualvoll erstickt, der vom Sohn des Westfälisch-Lippischen Bauernpräsidenten betrieben werde, weiß die Presse. Die Belüftungsanlage sei ausgefallen. Das sei 2013 schon mal passiert, aber die Belüftung sei aus unterschiedlichen Gründen ausgefallen. Die FAZ schreibt zum damaligen Vorgang:

Bereits im Juli 2013 waren auf dem Hof in Vreden über 900 Tiere verendet. Damals hatte ein technischer Defekt für einen Ausfall der Belüftungsanlage gesorgt. Weil eine Alarmanlage nach einem Blitzeinschlag nicht angeschlagen hatte, wurde der Landwirt nicht gewarnt. Einen Zusammenhang zwischen den beiden Vorfällen gibt es nach Polizeiangaben nicht.

Beim aktuellen Fall sei es Sabotage gewesen, wie etwa auch die WELT beschreibt:

Unbekannte sind in einen Schweinemastbetrieb im westlichen Münsterland eingedrungen und haben dabei die für das Überleben notwendige Belüftungsanlage abgeschaltet. Laut der Polizei waren die Täter in der Zeit zwischen Sonntagabend gegen 18 Uhr und Montagmorgen gegen 8.50 Uhr in den Technikraum des Betriebes in Vreden eingedrungen und hatten die Stromversorgung unterbrochen. Außerdem wurde die Alarmanlage manipuliert.

Durch die Unterbrechung der Stromversorgung wurde die Belüftung des Stalles ausgeschaltet, die für die Mastschweine lebensnotwendig ist. Bei dem Vorfall waren rund 900 Tiere qualvoll verendet. Der Schaden wird auf rund 100.000 Euro geschätzt.

Es gab früher schon Protestaktionen von militanten Tierschützern, und so liegt der Gedanke nicht fern, dass es Tierschützer waren, die 900 Schweine haben langsam ersticken lassen. Die Stromversorgung wurde unterbrochen, die Alarmanlage lahmgelegt. Die Tierrechtsorganisation „Peta” will es besser wissen:

Die Tierrechtsorganisation „Peta“ hat eine Belohnung in Höhe von 1000 € ausgesetzt. „Die Umstände, die zu dem qualvollen Tod der Schweine geführt haben, müssen aufgeklärt und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden”, sagt Dr. Edmund Haferbeck, Leiter der Wissenschafts- und Rechtsabteilung der Organisation. Die Tierrechtsorganisation wehrt sich entschieden gegen den Vorwurf, dass Tierschützer die Schweine in Vreden ersticken ließen: “Ganz sicher haben Tierschützer nichts mit dem Tod der Schweine zu tun, denn für sie hat das Wohlergehen der Tiere höchste Priorität.“

Mal sehen.

Gut, gegen doppelte Sabotage der Stromversorgung und der Alarmeinrichtung ist wenig Kraut gewachsen, denn man kann auch einfach n Einrichtungen bauen, wenn der Angreifer sie einfach alle sabotiert. Trotzdem habe ich gerade dann, wenn man schon mal einen Doppelausfall hatte, nur sehr bedingt Verständnis dafür, dass man nur eine Alarmanlage installiert, die nur im Alarmfall kommuniziert und die Gefahr birgt, eben zusammen mit der zu überwachenden Anlage ausfällt. Gerade bei solchen Industrieanlagen ist es eigentlich bewähre Praxis, permanent Messwerte zu senden und ein entferntes Überwachungssystem zu haben, das die Werte auswertet und nicht nur bei Überschreiten von Grenzen, sondern auch beim Ausbleiben von Statusmeldungen Alarm sendet. Prinzip Totmannschaltung. Damit beispielsweise eben ein Stromausfall nicht alles lahmlegt, denn batteriebetriebene Notfallsysteme haben sich auch nicht gerade als zuverlässig erwiesen, wenn man sie nicht dauernd wartet, und Kommunikationsverbindungen und Mobilfunk können da eben auch mal ausfallen oder sabotiert werden. Irgendwie muss man überwachen, dass sich das System lebend meldet und nicht darauf verlassen, dass es schreit, wenn es tot ist. In der IT ist das eigentlich gängige Praxis, dass man Systeme auch von außen überwacht und sie von außen testet oder die Messwerte abruft und dann von separaten Systemen Alarm schlagen lässt, wenn etwas nicht stimmt.

Das hat sich aber auch noch nicht zu jedem herumgesprochen.

FOCUS hat genau dazu einen schönen Ausschnitt aus einer Talkrunde aus 3 Frauen und 2 Männern (welche gerade gar nichts sagen), darunter die Grüne Renate Künast und Gitta Connemann von der CDU/CSU.

Künast ist gegen die „Digitalisierung im Schweinestall” und bezieht sich auf den Fall der 900 erstickten Schweine.

Die von der CDU wirft ein, dass das passiert ist, weil da welche eingebrochen sind und den Strom unterbrochen haben, das will Künast aber nicht hören. Sie bleibt dabei, dass sie noch gar nicht weiß, was da die Ursache war. Nur von der Polizei nehme sie das entgegen.

Die von der CDU belehrt Künast, dass es die Pressemitteilung der Polizei bereits gibt, und die Polizei eben festgestellt hat, dass welche eingedrungen sind und den Strom abgestellt haben.

Künast beschwert sich, unterbrochen zu werden.

Und sie folgert, es könne nicht sein, dass Landwirtschaft am Ende nur digital funktioniere, „und nur über eine App”. 900 Schweine seien von der App abhängig, weil von 17 Uhr bis zum nächsten Morgen überhaupt niemand da sei. Es müsse ja auch ein Notfallsystem geben, dann bricht der Ausschnitt ab.

Wie doof kann man eigentlich daherschwätzen?

  • Wo steht was von einer „App”? Ich habe da nirgends etwas gefunden, und Künast sagte ja selbst, dass sie die Ursache noch gar nicht kennt.
  • Was hat die App damit zu tun, dass die Anlage ausfällt, wenn die Stromversorgung unterbrochen wird?
  • Wo steht, dass die Anlage überhaupt digital gesteuert war?
  • Wo steht, dass die Anlage „per App” überhaupt in gefährliche Betriebszustände versetzt werden konnte?

Ich finde das beachtlich.

Da geht es überhaupt nicht mehr darum, was eigentlich passiert ist, sondern nur noch darum, gegen Technik und Apps zu wettern.

Und da musste ich nicht nur daran denken, dass die Grünen ja auch ISDN verbieten wollten, weil digitale Telekommunikation des Teufels sei, sondern eben auch, was mir dieser Leser schrieb: Es gebe zwei Arten von Kommunisten, die echten, technikaffinnen, die in der Technik den Schlüssel zur utopischen Bequemlichkeitsgesellschaft sehen, und dann die Maoisten, die Technik verabscheuen und bekämpfen und auf archaische Landwirtschaft und Muskelarbeit hinaus wollen. Und jetzt halt eben Apps. Und Dieselmotoren.

Wie muss man drauf sein, um so einen Mist daherzuschwätzen?

Nebenbei bemerkt, mir gehen der Tonfalls Künasts und die geringschätzige Flunsch, die die immer zieht, gewaltig auf die Nerven.

Mehr noch aber nervt mich, wie offensichtlich selbstwidersprüchlich und willkürlich deren dummes Geranze ist:

  1. Ständig heißt es doch, dass wir ein bedingungsloses Grundeinkommen bräuchten und auch nicht mehr arbeiten müssten, weil die Maschinen unsere Arbeit übernehmen. Kaum machen die Landwirte das, heißt es sofort, geht gar nicht, da muss ein Mensch hin.
  2. Woher der Mensch aber kommen soll, wenn doch keiner mehr Lust hat, einfache harte Arbeiten zu machen und die Leute lieber auf Hartz IV gehen, das sagt sie nicht.
  3. Von einer Frauenquote im Schweinestall, damit die Landwirte wieder mehr Personal bekommen, sagt sie auch nichts. Kein Frauenstatut in der Landwirtschaft. Kein Bauer sucht Frau.
  4. Man fordert ja immer so gerne, dass Arbeitsplätze frauenkompatibel sein müssen: Halbtags, Home-Office-tauglich, vormittags mit beweglicher Arbeitszeit, damit man die Kinder zur Schule bringen oder pflegen kann. Und dann fordert sie, dass da auch nachts einer am Schweinestall sein und persönlich aufpassen müsse, also rumsitzen. Was ja indirekt heißt, dass sowas natürlich Männer machen müssen.
  5. Dass die Digitalisierung – richtig angewendet – gerade die Mittel bereit stellt, sowas eben auch aus der Ferne zu überwachen, das kapiert sie nicht.

Und sowas will uns regieren.

Ich habe immer wieder den Eindruck, dass sie alle von „Digitalisierung” reden, aber viele darunter nicht mehr als „Smartphone” verstehen.

Ach, ja, für die Politik fordern sie mehr Frauen, eine gesetzliche Quote. Für Schweineställe nicht. Was aber, wenn die Politik ein Schweinestall ist?


Quelle und Kommentare hier:
http://www.danisch.de/blog/2019/01/18/3-frauen-900-tote-schweine-und-die-digitalisierung/