Von Xantens Kolumne – FDR

Von Siegfried von Xanten

Kritiker von FdH – „Friss die Hälfte“ – mögen anführen, dass hinter FdR eine bessere und sinnvollere Diätvariante steckt. Friss das Richtige. FdH sei zwar einfach, so die Kritiker, aber viel zu unausgewogen. Und das ständige Verzichten löse irgendwann bei jedem Heißhungerattacken, Konzentrationsverlust und Leistungsabfall aus.

Nur in einer abgespeckten Version, die sich allein aufs Fettsparen kapriziere, sei FdH empfehlenswert. Bei wertvollen Kohlenhydraten, wie Gemüse, Obst, Kartoffeln oder Vollkornprodukten, dürfe es aber auch gerne mal das Doppelte sein.

Nicht belegt ist auch, dass FdR in Anlehnung an KdF – Kraft durch Freude – für Freude durch Reisen stehen könnte. Allerdings lief zur Freude der Freizeitorganisation „Kraft durch Freude“ der Deutschen Arbeitsfront am 12. März 1938 das KdF-Schiff „Robert Ley“ vom Stapel. Ein System des subventionierten Tourismus. Zur Freude der reisenden Arbeiter und Angestellten.

Und eine Freude haben auch die Schlemmer-Köche daran, ihre Speisen mit Begriffen zu versehen, unter denen sich niemand etwas vorstellen, nach deren Genuss sich dafür aber der eine oder andere auch schon mal übergeben kann:

„Diese ganzen Essen, es ist ein ordinäres Protzentum. Die Erfinder: die gemeine Rasselbande der Köche! Diese ganz großen Köche, diese Schlemmer-Köche sind alle ganz blöde, verhexen die Leute und schwelgen dann in Ausdrücken, sie sind gerade glücklich über Ausdrücke, unter denen sich niemand etwas vorstellen kann.

Es gibt keine vernünftige Suppe mehr! Bei so einem Eintopf zum Beispiel, da würde sich der Walterspiel, glaube ich, übergeben! Sie haben eine richtige Freude, einen so raten zu lassen: Na, was essen Sie jetzt? So war es vor dem Krieg: Bei jeder festlichen Gelegenheit ein Essen mit zehn, zwölf Gängen!“

Sagt der Führer.

Sicher ist, dass die Abkürzung FDR nicht für einen Eintopf, sondern für den Fachverband Drogen und Rauschmittel e.V. steht. Und für den 32. Präsidenten der USA, Franklin Delano Roosevelt. Und der hatte die Deutschen richtig gefressen:

„Ich werde Deutschland zermalmen.“

Wenngleich Fressen nicht zu seinen Lastern gehörte. Als amerikanischer Politiker hatte er sein Laster anderswo verortet:

„Eine typisches Laster der amerikanischen Politik ist die Vermeidung, irgendetwas Wahres zu wahren Begebenheiten zu sagen.“

Sagt Theodore Roosevelt. Ebenfalls Präsident. Und ein entfernter Verwandter. Und der hatte auch gesagt:

„Der erfolgreichste Politiker ist der, der das sagt, was alle denken, und der es am lautesten sagt.“

Franklin Delano Roosevelt sagte, was andere zuvor für ihn gedacht hatten. Er ließ denken. Bei Bernard Mannes Baruch und dessen Denkfabrik. Und die erdachten den New Deal und das Lend-and-Lease-System, „das es ermöglichte, die (noch) neutralen Vereinigten Staaten in die britischen Kriegsanstrengungen einzubeziehen.“ Das Lend-and-Lease-System erlaubte es, kriegswichtiges Material an die Gegner der Achsenmächte zu liefern.

Franklin Delano Roosevelt trat sein Amt als 32. Präsident der Vereinigten Staaten am 4. März 1933 an. 33 Tage nach Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler durch Reichspräsident Paul von Hindenburg. Am 30. Januar 1933.

„Am 3. März, dem Tag vor Roosevelts Amtsübernahme, hatten 46 der 48 Staaten Bankferien erklärt. Am Inaugurationstag Roosevelts riefen die Gouverneure von New York und Illinois, die Staaten mit den größten Geschäftsbanken, Bankferien aus. Parallel dazu wurden die New Yorker Börse, die Warenbörsen in Kansas City und Chicago sowie alle anderen Kapital- und Warenbörsen geschlossen. Das Finanzsystem war zusammengebrochen.“

Die große Depression.

Ob die Goldbesitzer mehrheitlich in eine große Depression verfielen, ist nicht bekannt. Auf jeden Fall hatten die Banken am 6. März Feiertag, als Roosevelt die Auszahlung von Gold und den Handel mit Devisen verbot. Die privaten Goldeigner hatten ihr Gold bis zum 1. Mai 1933 abzugeben. Zum Festpreis von 20,67 USD je Feinunze. Der „Emergency Banking Act“, abgerundet durch die Executive Order 6102 vom 5. April 1933. Das Goldverbot trat in Kraft:

„Bei Zuwiderhandlungen konnten Haftstrafen von bis zu 10 Jahren und/oder bis zu 10.000 USD Strafe verhängt werden.“

Bis 1961 galt das Goldverbot nur im Inland. Dann dehnte der nun amtierende US-Präsident Dwight D. Eisenhower das Goldverbot noch einmal aus. So war es jetzt auch US-Bürgern im Ausland nicht mehr erlaubt, Gold oder in Gold einlösbare Wertpapiere zu besitzen. Ausgenommen historische Goldmünzen.

Präsident John F. Kennedy legte dann noch einmal nach und verbot 1962 auch den Besitz von Goldmünzen, welche vor 1933 geprägt und aus dem Ausland importiert wurden. Um „den zunehmenden Fälschungen und Nachprägungen entgegen[zu]wirken“, so die offizielle Begründung. Sehr zur Freude von Schmugglern.

Erst am 31. Dezember 1974 wurde das Goldverbot für US-Bürger wieder aufgehoben. Durch Präsident Gerald Ford. Drei Jahre zuvor, am 15. August 1971, hatte Nixon bereits das Goldfenster geschlossen. Der Dollar war nicht länger in Gold konvertierbar. Der zweite Nixon Schock.

Das Goldfenster weit aufzustoßen gedachte der Alchemist Franz Tausend mit seinen Experimenten. Nach einem Vorschuss Ludendorffs, der das Gold für vaterländische Zwecke verwenden wollte, konnte sich Franz Tausend vor finanziellen Zuwendungen kaum mehr retten.

Kleinanleger und Großindustrielle gaben sich die Klinke in die Hand und zwangen Tausend das Geld regelrecht auf und der kaufte, was das Zeug hielt. Ein Gut bei Regensburg, eine Villa in München in der Romanstraße, „in Freiberg in Sachsen ein aufgelassenes Silberbergwerk, in Tharandt nahe Dresden ein weiteres Schloss, neben mehreren freigewordenen Werkstätten und Fabriken, die er zur industriellen Goldgewinnung ausbauen“ wollte, und die Burg Hocheppan bei Bozen.

Die Anleger waren ihr Geld los und das Haus bei Freiberg war geschmacklos:

„Auf dem Weg von Freiberg in Sachsen nach Dresden steht auch so ein Haus, etwas wahnsinnig Geschmackloses! Wir sind einmal durchgefahren, haben Hunger gehabt, sind nebenan in eine Wirtschaft hinein; ein Mann, der im Orient Geld erworben hatte, hat es gebaut. Und damals hat Tausend darin seine Experimente gemacht!“

Sagt der Führer.

Den ersten Schock hatte Nixon der Weltöffentlichkeit bereits genau einen Monat zuvor verpasst, als er „die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen zur Volksrepublik China und damit verbunden den Abbruch der Beziehungen zur Republik China“ verkündete. Eine wichtige Voraussetzung für Chinas Aufstieg zur wirtschaftlichen Weltmacht.

Eine wichtige Voraussetzung für die nationale Reichweite von Roosevelts „Fireside Chats“ war das Radio. Am 12.03.1933 begann der Präsident mit seinen Kamingesprächen. Botschaften im Plauderton.

Davon fühlte sich die Bundeskanzlerin angesprochen und führte 2013 auch ein „Kamingespräch in Google Hangout“. Ohne Kamin. In einer rechtlichen Grauzone. Es bleibt die Frage zu klären, ob ein „Hangout On Air […] in Deutschland rechtlich als Telemedium zu bewerten“ und somit lizenzpflichtig ist. Für die Bundeskanzlerin

„wurde allerdings die Aussage getroffen, dass ein Hangout on Air kein Rundfunk sei, sondern ein Abrufdienst, für den keine Rundfunklizenz benötigt wird.“

Gut. Roosevelt hängte seine Botschaften jedenfalls im Rundfunk heraus. Hangout On Air. Im Radio.

1933, als in den USA überall die große Depression heraushing, nahm Roosevelt am Kamin Stellung zur Bankenkrise:

„Es folgten 29 weitere Ansprachen, die die wichtigsten Themen behandelten – so auch die Kriegserklärung an Japan nach dem Bombardement von Pearl Harbor.“

Die Kriegserklärung am gemauerten Kamin. Ein analoger Hangout.

Der Präsident – ein Erzfreimaurer, der vom Christentum spricht. Und was sagt der Führer?

„Es ist ja auch so eine widerwärtige Heuchelei, wenn heute dieser Erzfreimaurer Roosevelt von Christentum spricht. Alle Kirchen müßten aufstehen, das zu verbieten, nachdem er doch jeder christlichen Auffassung diametral handelt! Die Zeitenwende des Untergangs der Kirchen ist gekommen.“

Und wie gehen Kirche und Heuchelei zusammen?

„In Kenia hat man sich unter den Christen scheinbar Gedanken darüber gemacht. In Nairobi, über dem Eingang zu einer Kirche, steht eine Inschrift: „Diese Kirche ist voller Heuchler. Aber wir haben immer Platz für noch einen.“

Roosevelt. Der Friedenspräsident – ein Heuchler und ein „ordinärer Kriegstreiber“. Sagt Dirk Bavendamm. Hauptschuldiger am „großen Blutvergießen“. Um „Amerikas Weg zur Supermacht abzukürzen.“ Der Führer sei

„noch gar nicht im Amt [gewesen], als FDR diesen Kurs festlegte und Amerikas Ressourcen wider die Konkurrenz aus Deutschland und Japan mobilisierte.“

Es seien die USA gewesen,

„die den Status quo mutwillig aus den Angeln hoben und die Nazis wie eine Schar geostrategischer Klosterschüler aussehen ließen.“

Höchste Zeit, das mal richtig zu stellen, dachte sich die ZEIT. Zeit für einen Komplettverriss. Dirk Bavendamm habe in schrillen Farben mit dickem Pinselstrich gezeichnet. Bavendamms Bilanz gehe nur auf, weil Hitler darin nicht auftauche und die Literatur über nationalsozialistische Kriegspolitik mit keinem Blick gewürdigt werde.

Es sei immerfort die Rede vom „angeblich so kriegslüsternen Deutschland“, von den „angeblichen Zielen der Nazis“ und ihren „angeblichen Kriegsverbrechen“. Und am Ende wolle es so scheinen, als existierte Hitlers Mordmaschine nur im paranoiden Hirn des „gelähmten Mannes im Weißen Haus“.

Was gibt es sonst noch zur Zeit zu sagen?

„Die meiste Zeit verschwenden wir Zeit.“

Mit der Zeit.

Bereits 1915 hatte Roosevelt im Alter von 33 Jahren als Unterstaatssekretär im Marineministerium auf einen Krieg gegen Deutschland gedrängt. Dem wollte Präsident Wilson jedoch zu diesem Zeitpunkt noch nicht folgen:

„Ich werde ihnen etwas sagen, was ich öffentlich nicht sagen kann. Ich möchte nicht nur vor der Geschichte zeigen, daß wir jedes diplomatische Mittel angewandt haben, um uns aus dem Krieg herauszuhalten, und um zu zeigen, daß uns der Krieg von Deutschland bewußt aufgezwungen wurde, sondern ich will auch mit sauberen Händen vor das Gericht der Geschichte treten können.“

Nun ist das mit den sauberen Händen und dem Gericht der Geschichte so eine Sache. Zumal es zwei verschiedene Geschichten und zwei verschieden Gerichte gibt. Oder wie Sören Kierkegaard sagt:

„Die innere Geschichte ist erst die wahre Geschichte.“

Und sauber gelaufen war ja auch die Gründung der FED, als Präsident Woodrow Wilson im Weißen Haus den „Federal Reserve Act“ unterzeichnete. Am 23. Dezember 1913.

Wilson hatte am 8. Januar 1918 in seinem 14-Punkte-Programm die Grundzüge einer Friedensordnung für das Nachkriegs-Europa skizziert. Dazu sollte auch das Selbstbestimmungsrecht der Völker gehören. Roosevelt interessierte das Selbstbestimmungsrecht der durch Versailles abgeschnittenen Deutschen herzlich wenig. Er verlangte die strikte Durchsetzung des Versailler-Strafenkatalogs.

In seinem Kampf für Demokratie und Menschenrechte war Roosevelt sehr gönnerhaft. Großzügig sah er über die massenhaften Liquidierungen von Klassenfeinden in der Sowjetunion hinweg. Ebenso über die jahrzehntelange Misshandlung der deutschen Minderheit in Polen. Da war Roosevelt tolerant.

Und da konnte man Stalin auch schon mal ermuntern, einen Toast wiederholt auszubringen. Einen Toast auf die Ermordung zehntausender deutscher Offiziere. Mit dem Wohl und Wehe gewisser Völker war der Präsident schnell und leicht fertig …:

„… ohne Liebe, ohne Menschlichkeit, ohne das Gefühl einer höheren Verpflichtung. Was geplant wurde, erwies sich als unheilvoll genug. Aber am empörendsten ist die Art, die Frivolität mitten in einem Krieg, in dem die Völker verbluteten, mit der über die Zukunft des Erdballes entschieden wurde. – Er hoffe, so sagte Roosevelt, Stalin werde seinen Toast auf den Tod von 50.000 deutschen Offizieren, den er in Teheran ausbrachte, in Jalta wiederholen.“

Konsequent war Roosevelt, wenn es um die Einhaltung des Versailler Diktats ging. Da war er sich mit den Militärs einig. 1934 hatte das „Army War College“ den Auftrag erhalten, „Studien über eine Kriegsstrategie für ein US-geführtes Bündnis gegen eine ‚Nazi-Koalition‘ von Deutschland, Österreich, Ungarn und weiteren Staaten anzufertigen.“ Die „Rainbow Plans“.

Man rechnete mit Volksaufständen in den abgetrennten Gebieten und mit der Wiedervereinigung von Deutschland und Österreich und mit dem Versuch, die abgetrennten Gebiete wieder einzugliedern, was wiederum in Konsequenz zu einer Kriegserklärung der USA an das Deutsche Reich führen sollte. Die Pläne wurden 1935 und 1936 ausgearbeitet.

Bereits 1937 bahnte Roosevelt die Beteiligung der USA am nächsten Krieg an. Im Werkzeugkasten unter anderem: Strafzölle, das Einfrieren von Auslandsguthaben und Ausfuhrsperren für lebenswichtige Güter. Deutschland, Japan und Italien wurden geächtet. Die …:

„… friedliebenden Nationen [müssen] eine gemeinsame Anstrengung denjenigen Nationen gegenüber unternehmen, die einen Zustand der internationalen Anarchie und Instabilität schaffen, aus dem es keinen Ausweg durch bloßen Isolationismus und Neutralität gibt.“

Sagt Roosevelt am 5. Oktober 1937. Die „Quarantäne-Rede“. 1937. Zurückgeschossen wurde am 1. September 1939. Ab 5.45 Uhr.

Der plötzliche Weltherrschaftswahn des Führers. So Peter Steinbach. Professor an der Karlsruher Universität und Geschichtsexperte.

Zurückgeschossen haben auch die Engländer:

„Es ist kein Zweifel, im Weltkrieg haben wir den Engländern beigebracht, ohne Unterlaß an der Waffe zu bleiben. Punkt fünf Uhr hörten sie zu schießen auf. Da kamen unsere Saubatterien und haben zu schießen angefangen! Und was haben wir für Geschütze gehabt! Eines Tages haben die sich vom Tee losgerissen und zurückgeschossen, so hat allmählich die schöne Abendruhe aufgehört! Wir haben Batterien gehabt, die haben die Nacht durch geschossen, die anderen haben dann darauf geantwortet, und so kam es zu der gemeinen Art der Kriegführung!“

Sagt der Führer.

Was Roosevelt besonders unangenehm aufstieß, war die Tatsache, dass Deutschland den internationalen Kapitalmarkt einfach ausgeschlossen hatte, als es mit 25 devisenschwachen Ländern in Südosteuropa, im Nahen Osten und in Südamerika bilaterale Verträge über einen devisenlosen Handel abgeschlossen hatte. Ware gegen Ware.

Mit zwei Vierjahresplänen brachte die Reichsregierung die Wirtschaft auf Kurs. Im ersten Vierjahresplan von 1933 ging es um die Verbesserung der Ernährungslage der Bevölkerung und um die Reduzierung der hohen Arbeitslosigkeit. Im zweiten Vierjahresplan ging es vor allem um die wirtschaftliche Autarkie. Ohne ausländische Waren, Produkte und Kredite.

Der Barter-Handel des Deutschen Reichs mit 25 Ländern – ein Schlag für die USA und ihr Kreditgeschäft.

Ein Schlag traf auch den amerikanischen Präsidenten. Im April 1945. Ein tödlicher Schlag. Acht Tage vor Führers Geburtstag. An einem freundlichen Frühlingsdonnerstag. In Warm Springs. Im US-Bundesstaat Georgia:

„Seit zwei Wochen erholte sich hier US-Präsident Franklin D. Roosevelt in seinem privaten Ferienhaus. Der 63-Jährige hatte die Strapazen des Gipfeltreffens mit Josef Stalin und Winston Churchill in Jalta Anfang Februar nur schlecht verkraftet. […]

In Berlin kam die Nachricht gut eine Stunde später an – etwa gegen 22.45 Uhr Ortszeit. Aus der Führung des Dritten Reiches erreichte die Information zuerst Joseph Goebbels. Der Propagandaminister ließ sich umgehend mit Hitler verbinden. Er gratulierte ihm, denn das Schicksal habe seinen größten Feind niedergestreckt.“

Das „Mirakel des Hauses Brandenburg“. Die Rettung Preußens im Siebenjährigen Krieg durch den Tod der russischen Kaiserin Elisabeth. Am 5. Januar 1762.

Und der Führer? Nahm die Nachricht recht emotionslos auf. Die Nachricht vom Tod des amerikanischen Präsidenten. Wohl schon zu sehr mit seinem Selbstmord und seiner anschließenden Reise nach Übersee beschäftigt. Und im Übrigen hatte er sich auch schon an anderer Stelle über Roosevelt entladen:

„Ich bin nur froh, daß ich mich neulich schon richtig entladen habe über Roosevelt; er ist wirklich geisteskrank! Das Theater, was er da gemacht hat mit seiner Pressekonferenz […]. Es sind doch zwei Betrüger, der Churchill und der Roosevelt! Die Südamerikaner hassen im stillen die Amerikaner.“

Und Martin Bormann schrieb knapp. Roosevelt tot. Und: „Abends Kesselring. Lange Besprechung“.

Kesselring? Hatte sich dreieinhalb Jahre früher um die „sizilianische Sache“ gekümmert. Das Luftflottenkommando 2 des Generalfeldmarschalls Kesselring und die gefürchtete britische Operation im Mittelmeerraum.

„Die sizilianische Sache ist durch Kesselrings Erscheinen im Keim erstickt worden.“

Sagt der Führer.

Für eine radikale Änderung der Lage, wie sie sich Goebbels gewünscht hatte, sorgte der Tod Roosevelts nicht. Aber der amerikanische Präsident war nach seinem Selbstverständnis auch kein Radikaler.

„Ein Radikaler ist ein Mann, der mit beiden Beinen fest in der Luft steht. Ein Konservativer ist jemand mit zwei perfekten Beinen, der jedoch niemals gelernt hat, sie vorwärts zu bewegen. Ein Reaktionär ist ein Schlafwandler, der rückwärts geht. Ein Liberaler dagegen ist jemand, der seine Beine und Hände so bewegt, wie sein Verstand es befiehlt.“

Sagt Roosevelt, dem seit 1921 seine Beine nicht mehr gehorchten und der für die nächsten 24 Jahre auf einen Rollstuhl angewiesen war. Nach eigenem Verständnis ein Liberaler. Worte also, die einen tragischen Beigeschmack haben.

Die Wunderheilung des Dr. Seltsam, der plötzlich aus seinem Rollstuhl aufsteht, blieb ihm versagt: „Mein Führer, ich kann wieder gehen.“ Dr. Seltsam oder: Wie ich lernte, die Bombe zu lieben.

Tragisch für die Italiener war dagegen, dass Balbo nicht der Nachfolger des Duce wurde:

„Die Italiener können kolonisieren: Zehn Jahre italienische Herrschaft und Addis Abeba würde eine schöne Stadt geworden sein! Eine Tragik: Balbo wäre der repräsentative Nachfolger des Duce gewesen! Irgendwie ein Condottiere, eine Renaissance-Erscheinung. Der Name eines Mannes ist ein Kapital für sich!

Etwas muß ich überhaupt sagen: Die Italiener können, wenn sie immer davonlaufen, mich in eine rasende Wut bringen; aber rein weltanschaulich können wir heute allein mit ihnen verkehren!“

Sagt der Führer.

Kein Gondoliere, sondern ein Condottiere. Ein Kommandant, ein Führer, ein Feldherr.

Roosevelts Rollstuhl machte dann vor etwas über 20 Jahren noch einmal von sich reden. Die Bauherren des Roosevelt-Denkmals wollten ihn nicht zeigen. Roosevelt hätte ihn ja auch zu verbergen gesucht. Aber man sei zu einer Konzession bereit, meinte Kunstarchitekt Jay Carter-Brown. Er bleibe Rollstuhlgegner, aber man wolle eine Nachbildung irgendwo in der Gedenkstätte zeigen:

„Denkmäler müssen nicht wirklichkeitsgetreu sein. Wären sie es, dürften wir kein Denkmal mehr bauen, das George Washington noch mit Zähnen zeigt. Denn er besaß keine mehr in seiner Präsidentenzeit.“

Was Roosevelt in seiner Präsidentenzeit besaß, war eine Gasmaske. Sie hing während des Krieges an seinem Rollstuhl. Vor allem aber in England waren Gasmasken in Mode. Sie wurden …:

„… häufig in einer eigens dafür vorgesehenen Handtasche mit sich geführt. Die Handtaschen gab es zunächst aus Leder, aber aufgrund des zunehmenden Ledermangels wurden diese bald durch Taschen aus Lederimitat ersetzt. In einer durch einen Reißverschluss zu öffnenden Seitentasche auf der Rückseite ließen sich Papiere und andere Unterlagen deponieren.“

Und was sagt der Führer?

„Ich bin überzeugt, daß an der englischen Gasmaskenträgerei die führenden Männer finanziell interessiert sind: Sie sind beteiligt an der Produktion. Und wenn man dafür einige hunderttausend Pfund bekommt, kann man schon auch eine Gasmaske tragen, zum mindesten kann man Zigarren reintun. Wenn man das erst durchschaut, dann begreift man den Ausspruch der Frau Roosevelt: Das ist eine Welt, in der wir nicht leben wollen!“

Eine Welt mit Zigarren in Gasmasken. Eine Welt, in der es Roosevelt leider versagt blieb, zu sagen:

„Mein Führer, ich kann wieder gehen.“

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Quelle und Kommentare hier:
http://n8waechter.info/2018/08/von-xantens-kolumne-fdr/