Von Politikern heiß begehrt: Die Deutungshoheit über „Heimat“

von Max Erdinger

Wie tief wir bereits gesunken sind unter der Herrschaft des Relativismus, verdeutlicht gar trefflich die untenstehende dts-Meldung. Alte deutsche Begriffe, über Jahrhunderte kommentarlos verwendet von Jedermann, bedürfen neuerdings einer Interpretation.

Wer sich im Jahre 2018 auf eine „Zuhör-Tour“ begibt, um herauszufinden, was Deutsche unter dem Begriff „Heimat“ verstehen, gibt zu, daß er selbst kein Verständnis des Begriffs hat, von welchem er annimmt, daß er ihn in der Gewißheit verwenden könnte, auch verstanden zu werden. Alles soll zerredet werden.

Wer nicht mehr weiß, was „Heimat“ bedeutet, kann weder Heimatliebe noch Heimweh empfinden. Wer das nicht mehr kann, taugt auch nicht zum Volksvertreter. Der kann allenfalls noch leidlich irgendwelche „die Menschen“ verwalten.

CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer hat Äußerungen von SPD-Chefin Andrea Nahles zurückgewiesen, wonach „Heimat“ ein Thema der SPD sei. „Heimat ist kein Thema, das jemand für sich exklusiv beanspruchen kann“, sagte Kramp-Karrenbauer der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Dienstagsausgabe).

„Heimat“ kann für keine Partei ein Thema sein. Jede Partei hätte ganz einfach vorauszusetzen, daß Deutsche von Flensburg bis Garmisch abseits aller Politik so selbstverständlich eine haben, wie sie Deutsche sind. Wer glaubt, „Heimat“ thematisieren zu sollen und eine Debatte darüber anzustoßen, der könnte sich auch über „Essen“, „Trinken“ und „Atmung“ unterhalten wollen.

Nein, die Herrschaften fühlen sich in ihrer eigenen Heimatlosigkeit ertappt und merken, daß ihnen das massiv schadet, weil Deutschen die Kluft zwischen sich und ihren sog.Volksvertretern klar wird. Sie streiten sich um den Besitz des Themas, nicht um die Heimat als solche.

Die CDU-Generalsekretärin will auf einer „Zuhör-Tour“ mit 40 Stationen in ganz Deutschland unter anderem ergründen, was CDU-Mitglieder unter Heimat verstehen und warum sich manche offenbar fremd im eigenen Land fühlen.

Das ist ein dreister Versuch, sich das Image der „Kümmerin“ zu verschaffen oder das stark beschädigte Image des „Volksverteters“ zu reparieren. Die eigentliche Botschaft ist: „Seht her, wir hören euch zu. Wir sind nicht so, wie ihr denkt.“

Das ist doch ziemlich platt.

Kramp-Karrenbauer scheint in der Illusion zu leben, es sei bisher noch niemandem aufgefallen, daß Politiker sehr wohl einen Begriff von „Heimat“ haben – und zwar dann, wenn es um „Flüchtlinge“ geht. Ohne Umschweife würden diese Politiker den Flüchtling als eine Person definieren, die ihre Heimat verloren hat, aus ihrer Heimat fliehen mußte, aus der Heimat vertrieben wurde usw.usf.

Bei der Heimat, die ein Flüchtling zurücklassen mußte, scheint jeder Klärungsbedarf hinsichtlich des Begriffs überflüssig. Da wird vorausgesetzt, daß unter „Heimat“ alle dasselbe verstehen, weswegen sie ja auch Mitleid mit dem Flüchtling haben sollen, der sich nun in der Fremde aufhalten muß. Es geht nicht um die Klärung des Begriffs „Heimat“. Es geht darum, daß Deutsche ihren Begriff davon ändern sollen. Das ist Sinn und Zweck der ganzen Veranstaltung.

Die „Zuhör-Tour“, die am 27. April in Konstanz beginnt, führt Kramp-Karrenbauer vor allem in den Osten, nach Hessen und Baden-Württemberg. Nahles hatte auf dem SPD-Sonderparteitag auch erklärt, Heimat sei „ein Ort, an dem niemand ausgegrenzt wird„.

Das ist der übliche SPD-Bullshit.

Heimat ist per se ausgrenzend. Heimat ist da, wo schon die Sprache, der jeweilige Dialekt ausgrenzt. Heimat ist da, wo außer mir und den meinen niemand versteht, daß wir „Altselingsbach“ meinen, wenn wir „Selsba“ sagen. Das ist ausgrenzend, ohne daß es jemals jemand ausgrenzend gemacht hätte. Das ist einfach gewachsen. Und es gefällt uns so. Wir sind Urlaubsregion. Wir sind wir – und die anderen sind die Touristen oder die Reingeschmeckten. Wir sind nicht Amerika. Unsere Identität fußt nicht auf einem Blatt Papier, das mit „Constitution“ überschrieben ist. Das ist nicht die Kategorie, in der wir „Heimat“ denken.

Uns verbindet die Kenntnis der alten Sagen und Schnurren aus unserer Gegend. Wir wissen, was es heißt, wenn einer sagt, bei einem anderen daheim sehe es aus wie beim „Bimberla vo Laaf“. An unsere Heimat binden uns Sinnsprüche, die nur hier und nirgends sonst so hätten entstehen können. Niemand außer uns versteht, was wir sagen wollen, wenn wir lakonisch das Geschlechterverhältnis kommentieren mit „Bumbl, Beidl, Bodmonnee“. Wir sind Mittelfranken. Genauer: Westmittelfranken. Die Unterfranken sind schon ganz Andere. Mit Mühe begreifen wir ganz Franken als unsere Heimat – und bereits das fordert unmenschlich viel Abstraktionsvermögen, welches mit unserem Heimatgefühl schon fast kollidiert. Daß wir außerdem auch seit gut 200 Jahren Bayern sind, damit haben wir unseren Frieden gemacht. Deutschland ist das Maximum dessen, womit wir uns gerade noch identifizieren können. Daß wir außerdem Europäer sind, kann nur einer nachfühlen, der schon einmal in Florenz, in Paris und in Athen gewesen ist.

Bei uns zählt nicht, wer das Deutschlandlied am schönsten singen kann, sondern wer die meisten Schäuferla mit Kloß verdrücken kann und die meisten Seidli Bier verträgt. Wir trinken kein kleines und kein großes Bier, sondern wir trinken ein Seidla. Ein fränkischer Siegfried, der viel Bier trinken kann, heißt in einer Heimat unter Umständen „Seidlas-Sigi“ – und kein Rheinländer würde je auf Anhieb verstehen, warum der Siegfried so heißt. Wir grenzen aus! Aber wir tun es nicht absichtlich oder weil wir bösartig wären, sondern wir tun es deswegen, weil wir eben wir und niemand sonst sind.

Nennt uns Provinzler – es ist uns egal.

Wir lieben unsere Heimat, weil keine andere zu uns paßt. Das schreibt einer, der viel in der Welt herumgekommen ist und überall Heimweh bekommen hat. Wir respektieren jeden Menschen, der seine eigene Heimat hat und wünschen ihm, daß es ihm dort gefällt. Weil es uns gefällt, wenn es ihm dort gefällt, anstatt bei uns. Wir wollen „Fuchzgerla“ sagen können, ohne daß jemand ein dummes Gesicht macht und „Häh?“ fragt.

Heimat ist, wenn du nach einem Gewitterregen im Sommer auf dem Petersberg stehst, in der klaren, duftenden Luft deinen Blick über das weite Tal schweifen läßt und deine Heimat am liebsten „oschnulln mecherst“.

Was gibt es da auf einer „Zuhör-Tour“ zu klären? Jeder Mensch, der eine Heimat hat, weiß ganz genau, was das ist; daß die Fremden eine andere Heimat haben und daß man sie bemitleiden muß, wenn sie sich nicht dort aufhalten können. Es regt sich auch Hilfsbereitschaft. Wir helfen jedem Fremden, der in seine eigene Heimat zuückkehren will, weil wir wissen, was Heimweh ist. Wir trennen uns gern von den Fremden in aller Freundschaft, nachdem wir sie eine zeitlang bei uns toleriert haben (lat. tolerare: etwas ertragen, aushalten). Wir halten uns für so speziell wie jeden anderen, der eine Heimat hat, die er sich bewahren will. Aber unsere Heimat ist unsere. Wer nicht so spricht wie wir, gehört nicht dazu. Auch nach fünfzig Jahren nicht. Jedenfalls nicht richtig.

Das mag den Internationalsozialisten, diesen notorischen Verdächtigern, vielleicht suspekt vorkommen und sie mögen dazu tendieren, uns als „ewiggestrig“, „aus der Zeit gefallen“ oder als „hinter dem Mond lebend“ zu bezeichnen. Aber das ist uns wurscht. Wir geben nichts auf das „Die Menschen“-Geschwätz. Wir wissen schon, daß die Leute überall Menschen sind. Aber es sind andere Menschen. Aus.

Die SPD-Antwort auf den „Unsinn der Leitkulturdebatte“ sei „Realismus ohne Ressentiments“.

Diese notorischen roten Untersteller und Diffamierer! Ein Ressentiment ist ein Vorurteil. Die Roten haben es bisher noch immer geschafft, jedes Urteil, das ihnen nicht paßt, zu einem Vorurteil herunterzureden und so den Freien samt seiner Urteilskraft in ein schlechtes Licht zu rücken. Ich weiß selber, wer zu mir paßt und wer nicht. Auf das rote „die Menschen“-Geschmarr fällt nur ein Depp herein! Hier stellen wir die Leitkultur. Jede Debatte ist völlig überflüssig – und ob die Roten das wahrhaben wollen oder nicht, ist mir gänzlich wurscht. Die leben einfach in dem Wahn, daß sich jeder mit ihnen über ihre Hirnfürze zu unterhalten hat, wie sie ihnen gerade einfallen. Das suche ich mir immer noch selber aus, mit wem ich worüber debattieren will und mit wem nicht.

Wenn die Kramp-Karrenbauer nicht weiß, was sie unter „Heimat“ zu verstehen hat, dann soll sie sich einen anderen Beruf suchen, anstatt ausgerechnet „Volksvertreter“ sein zu wollen. In Amerika kann sie vielleicht Bevölkerungsmanager werden.

In meiner Heimat kenne ich die Leute, die auf dem Friedhof liegen. Das ist Heimat.

Nötig sei, ohne Ausnahme auf Einhaltung von Regeln zu pochen, dies aber frei von Ressentiments. „Das markiert scharf die Grenze zur AfD und anderen Hetzern“, sagte die SPD-Chefin.

Und schon wieder beim Lügen erwischt!

In meiner Heimat und unter meinen Leuten braucht niemand auf die Einhaltung von Regeln zu pochen, weil die sowieso eingehalten werden. Wer sie nicht einhält, wird in seiner eigenen Heimat recht schnell heimatlos, ganz ohne SPD und Staatsanwalt. Von uns sticht keiner den anderen ab, keiner bestiehlt den anderen und keiner betrügt den anderen. Wenn die Nahles meint, sie müsse darauf pochen, daß Regeln ohne Ressentiments eingehalten werden, dann gibt sie zu, daß sie selbst völlig zu Recht welche hat. Wegen uns braucht sie nämlich nicht auf die Einhaltung von Regeln zu pochen.


Quelle und Kommentare hier:
https://www.journalistenwatch.com/2018/04/25/von-politikern-heiss-begehrt-die-deutungshoheit-ueber-heimat/