Völkerrecht und Syrien-Krieg Anti-IS-Koalition auf „dünnem Eis“?

Von Thomas Schlawig

Tagesschau.de schreibt über das Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages:

Der wissenschaftliche Dienst des Bundestages hat die militärische Präsenz der USA und Russlands in Syrien untersucht. Das Gutachten übt Kritik am US-Einsatz – und das betrifft auch die Bundeswehr.

Es ist eine wahrhaft umwälzende Erkenntnis, die dem wissenschaftlichen Dienst des Bundestages  mit dem Gutachten gekommen ist. Allerdings ist es keine neue Erkenntnis.

Am 05.Dezember 2015 hatte ich bereits wegen des Syrien-Einsatzes der Bundeswehr Strafanzeige gegen Merkel erstattet. Und zwar wegen des Verdachts des Verstoßes gegen §80 StGB, wegen des Verdachts des Verstoßes gegen Artikel 26 Abs.1 Grundgesetz, wegen des Verdachts des Verstoßes gegen Artikel 87a, Abs.2 und 3 Grundgesetz, wegen des Verdachts des Verstoßes gegen Artikel 56 Grundgesetz, sowie aller in Frage kommender Straftatbestände. Diese Strafanzeige wird unter dem Aktenzeichen 3 APR 101/15-4  bei der Generalbundesanwaltschaft geführt. Ich schrieb darüber bereits hier.

Die Antwort lautete:

„Der Generalbundesanwalt hat den Sachverhalt umfassend geprüft, jedoch keine Ermittlungen eingeleitet, weil zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine verfolgbare Straftat fehlen  (§152 Abs. 2 StPO).

Bezeichnend ist, daß der §80 StGB (Vorbereitung eines Angriffskrieges) seit dem 01.01.2017 aus dem Strafgesetzbuch gestrichen ist und durch einen Paragraphen aus dem Völkerstrafgesetzbuch ersetzt wurde. Ein Schelm, der Böses dabei denkt. Es ändert allerdings nichts an der Tatsache, daß er zum Zeitpunkt des Beschlusses des Deutschen Bundestages am 04.12.2015 maßgebendes Recht war.

Das in diesem Krieg viele Parteien „ihre Interessen“ vertreten hatte ich bereits hier geschrieben. Ebenso das dieser Krieg von außen in das Land getragen wurde und mitnichten ein Bürgerkrieg ist.

Am 30.04.2018 griffen »unbekannte feindliche« Kampfflugzeuge einen syrischen Militärstützpunkt bei Hama an und töteten dabei mindestens elf Iraner und Dutzende andere Personen.

Inzwischen ist bekannt, daß der Angriff durch israelische Kampfflugzeuge erfolgte. Man muß allerdings fragen, mit welcher Berechtigung und auf welcher Grundlage. Bekanntlich handelt es sich bei Syrien um einen souveränen Staat und der Angriff war – auch wenn er gegen iranische Stellungen erfolgte – bei Lichte betrachtet ein Terrorakt, denn sowohl iranische als auch russische Truppen befinden sich als einzige rechtmäßig in Syrien, da sie von Assad um Hilfe gebeten wurden.

Tagesschau.de scheibt heute über das Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes:

Millionen Menschen sind in Syrien auf der Flucht, Hunderttausende gestorben. An den blutigen Kämpfen im Land sind etliche Parteien aus den unterschiedlichsten Motiven beteiligt. Da wären die Streitkräfte von Präsident Baschar al-Assad, unterstützt von Russland. Dann die USA und ihre „Koalition der Willigen“, darunter auch Deutschland, die gegen den sogenannten Islamischen Staat (IS) zu Felde ziehen.

Somit war meine Strafanzeige aus dem Jahr 2015 zurecht erfolgt, der Generalbundesanwalt hat jedoch nach umfassender  Prüfung des Sachverhalts keine Ermittlungen eingeleitet, weil zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine verfolgbare Straftat fehlen.  (§152 Abs. 2 StPO).

Weiterhin schreibt Tagesschau.de:

Die Türkei ist im Norden Syriens aktiv, der Iran und die Hisbollah verfolgen ihre eigenen Ziele im Land und genau deswegen fliegt Israels Luftwaffe von Zeit zu Zeit Angriffe gegen sie. Doch auf welcher völkerrechtlichen Basis sind all‘ diese Akteure in Syrien? Am Beispiel unter anderem der USA und Russlands hat der wissenschaftliche Dienst des Bundestages diese Frage in einer Expertise für den Abgeordneten Alexander Neu von der Linkspartei untersucht. Das Ergebnis, das dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt, offenbart ein Dilemma.

Das Dilemma ist, daß alle Kriegsbeteiligten gegen das Völkerrecht verstoßen, weil sie einen unerlaubten Angriffskrieg begonnen und haben und bis heute führen.

Ausgenommen Rußland, da das Land und seine Streitkräfte  einem Hilfeersuchen Assads folgten. Auf welcher Grundlage das Hilfeersuchen erfolgte ist dabei vollkommen nebensächlich, da Assad der rechtmäßig gewählte Präsident seines Landes ist, ob das jemandem gefällt oder nicht.

Bekanntlich wurde der Krieg vom schwarzen Mann im Weißen Haus begonnen, weil Assad sich weigerte eine Gaspipeline von Katar durch sein Land bauen zu lassen. Auch das war eine vollkommen legitime Entscheidung.

Da aber mit dieser Begründung kein Krieg begonnen werden konnte, mußten wieder einmal Lügen herhalten um den Präsidenten zu beseitigen und einen Regime-Chance herbeizuführen.  So z.B. die Giftgasangriffe auf die eigene Bevölkerung. Man muß schon ideologisch vollkommen verstrahlt sein, wenn man diesen angeblichen Angriffen Glauben schenkt.

Weshalb sollte der Präsident sein eigenes Land derartig destabilisieren und Krieg gegen die eigene Zivilbevölkerung führen? Ein säkulares Land in dem alle Religionen bisher ohne Probleme miteinander gelebt haben und das, obwohl der Präsident selbst einer Minderheit – den Alawiten – angehört. Es erinnert an die Kriege im Irak und in Libyen, die ebenfalls von einer „Koalition der Willigen“  ( USA, England und Frankreich) begonnen und geführt wurden.

Man hat die rechtmäßigen Präsidenten aus dem Amt entfernt und ermordet, anders kann man es nicht sagen. Diese Länder sind destabilisiert worden und seitdem herrschen dort Chaos und  Anarchie. Das beide Kriege ebenfalls mit Lügen begonnen haben ist inzwischen erwiesen. Dasselbe war ganz offenbar auch in Syrien geplant, doch Assad bleibt standhaft und hat zudem die Unterstützung Rußlands.

Nun hat sich der politische Wind im Weißen Haus gedreht und es ist einigermaßen unverständlich, weswegen Trump die Truppen aus Syrien nicht nach Hause holt? Einen besseren Seitenhieb gegen seinen Amtsvorgänger – den „Friedensnobelpreisträger“ Obama – wird er so schnell nicht wieder austeilen können.

All´ das wird durch das Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages auch so bestätigt.

So kommen die Juristen etwa zu dem Ergebnis, dass „die russische Präsenz in Syrien in der Völkerrechtswissenschaft als zulässig erachtet“ werde. Denn, so die rechtliche Argumentation, die russischen Militäraktionen stützen sich auf die „ausdrückliche Genehmigung der syrischen Regierung“. Es handele sich daher um eine Intervention auf Einladung.

Diese Einschätzung fällt indes kein Urteil über die Legitimität des Handelns von Assad selbst. Dem syrischen Präsidenten werden schwerste Menschenrechtsverstöße, wie Chemiewaffen-Angriffe gegen die eigene Bevölkerung, vorgeworfen. Diese Problematik sieht auch Alexander Neu von der Linkspartei. Mit der Bewertung des Wissenschaftlichen Dienstes sei „weder etwas über die militärische Sinnhaftigkeit des Einsatzes noch zu möglichen Opfern unter der Zivilbevölkerung“ gesagt, so Neu.

Schwerste Menschenrechtsverstöße, wie Chemiewaffen-Angriffe gegen die eigene Bevölkerung, werden Assad zwar vorgeworfen, sind aber nicht bewiesen. Man denke nur an die zwielichtigen „Weißhelme“. Interessant dazu ist dieses Video mit Günter Meyer vom Zentrum für Orientforschung der Uni Mainz.

Auch der langjährige republikanische Kongressabgeordnete und ehemalige US-Präsidentschaftskandidat in den Jahren 2008 und 2012, Dr. Ron Paul sagte:

Die Behauptung der Sprecherin des Weißen Hauses, Sarah Huckabee Sanders, dass Washington „zuversichtlich“ sei, dass der syrische Präsident Baschar al-Assad für den angeblichen chemischen Angriff auf den Vorort Duma in Damaskus verantwortlich sei, halte einer Überprüfung nicht stand.

„Ich weiß nicht, wovon sie überzeugt sind. Sie sind zuversichtlich, dass sie mit ihren Lügen durchkommen und die Leute es glauben werden“, so Paul weiter und betonte:

Die US-amerikanischen Mainstream-Medien scheinen keine Fakten zu benötigen, um die Behauptungen des Weißen Hauses zu untermauern. Fast immer, wenn ein Verbrechen in diesem Land begangen wird, sagen die Medien – wenn sie sich nicht sicher sind – vorsichtig: ‚Angeblich…‘ – aber im Kontext Syriens tun sie das nie. Sie haben de  facto überhaupt keine verifizierbaren Informationen.

[…] Ich sehe keinen Grund, warum Assad das tun würde, es gibt keinen Grund für Russland, das zu tun. Im Gegensatz zu Russland und Syrien haben jedoch die Kräfte, die die USA in Syrien halten wollen, ein klares Motiv.

[…] Ich denke, die Politiker hier wollten nicht, dass wir gehen, und jemand tut es für sie. Diese ganze Idee, dass Assad plötzlich seine eigenen Leute vergast, ist totaler Unsinn.

[…] Und dann gibt es die Neokonservativen in diesem Land, die ihre Agenda haben – ewiger Krieg um ewiger Profite willen – und den Komplex der Militärindustrie. Und sie alle kommen zusammen und dann muss man nur noch Erdöl mit ins Spiel bringen…

[…] Plötzlich regieren Neocons die Show. Das ist es, was wirklich zählt. Und jetzt haben wir mit John Bolton einen Außenminister, der wie kaum ein anderer damals den Angriffskrieg gegen den Irak predigte.

Tagesschau.de schreibt weiter:

Völkerrechtlich schwieriger ist laut der Expertise der Einsatz amerikanischer Truppen in Syrien. Schon die Bewaffnung und Ausbildung der syrischen Rebellengruppen durch die USA stelle einen Verstoß gegen das völkerrechtliche Gewaltverbot dar. Juristisch ist demnach die Unterstützung der Rebellen illegal, die Zusammenarbeit mit einem Machthaber wie Assad aber rechtlich in Ordnung.

Erlaubt ist aus Sicht einiger Experten auch die Intervention im Kampf gegen die IS-Terrormiliz. Allerdings nur, wenn Syrien selbst nicht willens oder in der Lage wäre, den Terroristen Einhalt zu gebieten.

Auf diese Form von erweitertem „Selbstverteidigungsrecht“ berufen sich die USA gegenüber den Vereinten Nationen. Doch weil Syrien selbst im Kampf gegen den IS steht, ist diese Sicht unter Völkerrechtlern umstritten. Spätestens seitdem der IS seine territoriale Herrschaftsgewalt in Syrien weitgehend eingebüßt habe, sei auch der Verweis auf das „Selbstverteidigungsrecht zunehmend schwerer zu begründen“, heißt es im Gutachten der Bundestagsjuristen.

Das könnte auch Auswirkungen auf die Belastbarkeit der rechtlichen Begründung für die Beteiligung der Bundeswehr am US-geführten Einsatz in Syrien nach sich ziehen. Linkspartei-Parlamentarier Neu jedenfalls urteilt, dass sich die Anti-IS-Koalition unter Führung „auf weniger als dünnem Eis“ bewege.

Er fordert, dass, „dass die Bundesregierung ihre ausufernde Phantasie hinsichtlich der Interpretation des Völkerrechts beendet und Deutschland endlich wieder auf den Pfad des kodifizierten Völkerrechts zurückführt“.

Die „Bundesregierung“ hat sich mit dem Einsatz der Bundeswehr in eine völkerrechtlich fragwürdige Position begeben. Es ist – wie so vieles – Merkel geschuldet, die dem linken „Friedensnobelpreisträger“ Obama in dieses Abenteuer gefolgt ist.

Wer konnte auch ahnen, daß Clinton die Wahl verlieren und Trump gewinnen würde. Clinton hätte diesen Krieg mit allen Mitteln und ohne Erbarmen fortgesetzt, nötigenfalls bis zur Beseitigung von Assad. Mit ihr wäre Merkel auf der Seite der „Guten“ gewesen und sie wäre den USA blind gefolgt.

Mit Trump ist alles anders geworden und Merkel dürfte inzwischen dämmern, daß sie juristisch angreifbar geworden ist und strafrechtliche Verfolgung fürchten muß. Auch das dürfte ein Grund sein, weiterhin an der Macht zu kleben.  Die Frage ist, wie lange noch? Früher oder später muß sie zurücktreten und dann steht einer Strafverfolgung nichts mehr im Wege.

Ich hoffe nur, daß man bei den verantwortlichen Behörden nicht schläft und Merkel die Flucht ermöglicht wird.

 „Es wird niemals so viel gelogen wie vor der Wahl, während des Krieges und nach der Jagd“ – Otto von Bismarck


Quelle und Kommentare hier:
https://www.journalistenwatch.com/2018/07/12/voelkerrecht-syrien-krieg/