Trotz fehlender Beweise: Neuer Außenminister Maas fordert Aufklärung von Russland wegen Skripal

Zwar sind die Ermittlungen zum Fall Skripal nicht abgeschlossen und weit und breit kein Schuldiger ausgemacht, dennoch behandeln viele westliche Spitzenpolitiker die mutmaßliche Vergiftung eines ehemaligen russischen Doppelagenten in Großbritannien als Tat der russischen Regierung. Gestern übergab der scheidende Außenminister Sigmar Gabriel sein Amt offiziell an seinen Nachfolger Heiko Maas. Dieser sprach prompt in dieser Angelegenheit Russland an.

In seiner Stellungnahme zum Fall Skripal äußerte sich Maas besorgt und verpflichtete sich, mit dem Vereinigten Königreich zusammenzuarbeiten, um die Verantwortlichen vor Gericht zu stellen. Moskau solle Stellung beziehen in bilateralen Gesprächen mit dem Vereinigten Königreich oder mit der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW), forderte der Minister. Er nehme die britischen Einschätzungen sehr ernst und Russland müsse Transparenz schaffen zu dem „Giftgasanschlag“.

Dem vorausgegangen war ein Ultimatum der britischen Regierung. Diese hatte Russland 24 Stunden Zeit gegeben, um zu erklären, wie das Gift nach Großbritannien gelangen konnte. Russland bestreitet, irgendetwas mit einer möglichen Vergiftung Skripals zu tun zu haben. Moskau forderte die Übermittlung von Proben des angeblich russischen Gifts und bot eine gemeinsame Untersuchung an. Außerdem erklärte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, dass Großbritanniens Ultimatum und Umgang mit dem Fall internationalem Recht entgegenlaufe. Gestern, nach Vierstreichung des 24-stündigen Ultimatums, erklärte die britische Premierministerin Theresa May, dass 23 russische Diplomaten des Landes verwiesen werden. Außerdem werden weder Minister noch Mitglieder der Königlichen Familie die Fußball-WM besuchen. Weitere Sanktionen werden diskutiert. Russland hatte erklärt, dass es solange nicht auf das Ultimatum antworten werde, bis es eine Probe des Toxins habe und ein international akzeptiertes Verfahren bei der Untersuchung befolgt werde.

„Großbritannien verletzt de facto die Chemiewaffenkonvention, laut der es dem verdächtigten Land notwendige objektive Daten übergeben sollte, darunter auch Proben der verdächtigen Substanz. Danach müsste die russische Seite auf diesen Verdacht binnen zehn Tagen reagieren. Stattdessen wählte London leider die Sprache der Ultimaten. Ich kann sofort sagen, dass Ultimaten gegenüber Russland nicht funktionieren“, sagte der russische Botschafter bei der EU-Kommission, Wladimir Tschischow.

Der UN-Gesandte Russlands, Wassili Nebensja, pochte am Mittwoch während der Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats zu dem Vorfall außerdem auf die Unschuldsvermutung, nachdem die USA und England Russland bereits als Schuldigen dargestellt hatten. Unabhängige Beobachter halten es für extrem unwahrscheinlich, dass die russische Regierung einen längst kaltgestellten und politisch völlig uninteressant gewordenen Ex-Spion vergiftet. Auch das angeblich verwendete russische Gift wurde bereits in den 1990ern unter internationaler Aufsicht in Russland zerstört. Das Herstellungsverfahren ist zudem nicht mehr geheim. Auch der Zeitpunkt des Vorfalls, kurz vor den Präsidentschaftswahlen in Russland, sei sehr fragwürdig. Auch der UN-Gesandte fragte, wem der Vorfall wirklich in die Tasche spiele: „Cui Bono?“

Der neue Außenminister Heiko Maas schwor dennoch, die Haltung gegenüber Russland zu verschärfen, indem er erklärte, dass Russlands „Annexion der Krim und andauernde Aggression gegen die Ukraine“ die „Geschlossenheit und Entschlossenheit der Europäischen Union und ihrer amerikanischen Verbündeten“ teste.


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