Sarkozy, Libyen und ein neuer Präsident Gaddafi – damals doch das falsche Schwein geschlachtet?

von Niki Vogt

Manchmal fliegt man morgens über die Nachrichten auf den diversen Seiten und es macht plötzlich „klick“ im Hirn, man wundert sich über mehr als zwei korrelierende Meldungen … und im Kopf gehen plötzlich alle möglichen Schubladen auf. Nennt mich Verschwörungstheoretiker, gebt mir Tiernamen … aber heute war mal wieder so ein Moment. Betrachten wir die Puzzlesteine und die zeitlichen Abfolgen.

Warum wird Ex-Präsident Sarkozy ausgerechnet jetzt in Nantes verhört?

Der Wahlkampf des damaligen Innenministers Sarkozy zum Präsidenten Frankreichs ist elf Jahre her. Ende 2006/2007 sollen 50 Millionen Dollar von Libyens Präsident Muammar al-Gaddafi in bar per Mittelsmann in Koffern im Innenministerium übergeben worden sein. Dieser Mittelsmann erzählte dies ganz öffentlich in einem Interview auf Mediapart. Das ist seit vielen Jahren bekannt, doch es ist nie irgendetwas Erwähnenswertes in der Sache geschehen. Im April 2013 wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, dann trat wieder Grabesstille ein.

Drei Tage, bevor Frankreich am 19. März 2011 mit Unterstützung der NATO in Libyen „intervenierte“, forderte der Sohn Muammar al-Gaddafis, Saif al-Islam al-Gaddafi, Nicolas Sarkozy dazu auf, die Millionen, die aus Libyen zur Finanzierung seines Wahlkampfes bekommen hatte, wieder zurückzugeben:

„Wir haben seinen Wahlkampf finanziert und wir haben Beweise dafür. Und wir sind bereit, alles aufzudecken.“

Saif al-Islam al-Gaddafi bezeichnete Sarkozy als einen „Clown“, der das Geld dem libyschen Volk zurückgeben solle.

Die „Intervention“ in Libyen und die Folgen

Nun, wir alle wissen, dass es ganz anders kam: die NATO  (wie Ex-General Wesley Clarke ja schon vorher verkündete) machte Libyen platt und Oberst Muammar al-Gaddafi wurde von „Rebellen“ gefangen und viehisch abgeschlachtet, wovon anschließend Videos im Netz zu sehen waren. Auch zwei Söhne Muammar Gadafis kamen grausam um’s Leben.

Ein Jahr später wurde der ehemalige libysche Premierminister Choukri Ghanem in der Donau ertrunken aufgefunden. In seinem Notizbuch war auch ein Treffen vom 29. April 2007 in Frankreich während der Wahlkampfzeit eingetragen, bei dem Präsidentschaftskandidat Nicolas Sarkozy und sein Team sehr ungeduldig die Auszahlung von Geldern anmahnten.

Zu den Hintergründen, warum Frankreich zusammen mit den USA über Libyen herfiel, tauchten schon 2016 E-Mails von Hillary Clinton auf, denen zufolge der Krieg gegen Libyen nichts mit dem Kampf für Demokratie oder gegen einen Despoten zu tun hatte. Die Goldreserven Libyens (die auch seitdem verschwunden sind) waren den Amerikanern ein Dorn im Auge und gleichzeitig fette Beute. Die Interessen Frankreichs in Nordafrika sollten geschützt werden und die reichen Ölvorkommen wollten sich die westlichen Kriegsparteien teilen.

Hier ein Bericht:

Seit der „Intervention“ liegt Libyen in Schutt und Asche. Die Ölproduktion ist eingebrochen, die Warlords, Stammesführer und Extremisten zerstören das Land weiter. Libyen ist zerteilt, es herrschen mehrere Regierungen und konkurrieren um die Ölvorkommen. In Tobruk sitzt ein Parlament, das sich frei gebildet hat und in Tripolis sitzt eine vom Westen an die Macht gebrachte Regierung, die sich ohne westliche Militärunterstützung nicht halten könnte. Ganze Gebiete werden von Milizen und Islamisten kontrolliert.

Ein Sohn al-Gaddafis kandidiert für das Präsidentenamt Libyens

Gleichzeitig mit dem Verhör Sakozys findet sich in den Nachrichten auch die Meldung, dass ein Sohn Muammar al-Gaddafis, nämlich ebenjener Saif al-Islam al-Gaddafi, der das Geld von Sarkozy zurückgefordert hatte, die Abschlachterei überlebt hat und damals entkommen konnte. Er will jetzt Präsident Libyens werden.

2011 beantrage der Internationale Strafgerichtshof einen Haftbefehl wegen „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ gegen Präsident Muammar al-Gaddafi und seinen Sohn, Saif al-Islam. Der konnte entkommen und meldet sich ausgerechnet jetzt wieder öffentlich zu Wort. Die libysche Regierung in Tobruk sprach bereits eine Amnestie für ihn aus.

Die Partei „Popular Front for the Liberation of Libya“ (PFLL) betreibt schon den Wahlkampf für den al-Gaddafi-Sohn, der sich auf die Fahnen geschrieben hat, Libyen zu retten, indem er seinem Land Frieden und Stabilität bringen will, Reformprogramme zur inneren Sicherheit und Sozialsystemen umsetzen wird und ein modernes und offenes Libyen entstehen lassen will. Also im Prinzip die Politik seines Vaters fortsetzen, der Libyen als einen Wohlfahrts-Musterstaat aufgebaut hatte, in dem junge Paare und Eltern massiv unterstützt wurden, Bildung kostenlos war, Frauenrechte für ein muslimisches Land auf einem unglaublich hohen Stand waren, ein kostenloses und gutes Gesundheitssystem für die gesamte Bevölkerung und Wohlstand existierte.

Überdies dürfte wahrscheinlich auch das fast fertige, für ganz Nordafrika konzipierte Bewässerungssystem weitgehend intakt sein, das Präsident Muammar al-Gaddafi damals noch fast fertig bauen konnte. Damit wäre ganz Nordafrika und die Sahelzone eine grüne, fruchtbare Landschaft und Kornkammer der Welt geworden.

Dieser Great Man-Made River, gespeist aus riesigen, unterirdischen Süßwasservorkommen ist weltweit das größte Bewässerungsprojekt, das je durchgeführt wurde. 1999 verlieht die UNESCO Libyen einen Preis für bemerkenswerte wissenschaftliche Forschung bezüglich Wassernutzung in Wüstengebieten. Libyen brachte es sogar fertig, das Projekt ganz ohne Kredite zu bauen (was der IWF nicht so gern sieht). 2007 waren drei von fünf Projektphasen des Mammutunternehmens ausgeführt, alle größeren Städte des Landes waren mit Wasser versorgt. Phase 4 wurde durch den Angriffskrieg des Westens zum Stillstand gebracht.

Gelingt es Saif al-Islam al Gaddafi, das Land wieder zu stabilisieren und dieses Projekt zu vollenden, würden sich Libyen und ganz Nordafrika zu einer wirtschaftlich blühenden Zone entwickeln können.

Die Flüchtlingsfrage und der „rechte“ Wahlsieg in Italien

Die Wahlen Anfang März in Italien haben einen politischen Erdrutsch im Stiefelland losgetreten. Auch wenn die deutschen Medien entsetzt sind und sich fragen, was die Italiener zu einem „rechtsnationalen Krawallbruder und einer Bewegung treibt, die irgendwie gegen alles ist“, ist die Antwort eigentlich jedem klar: Die Flüchtlingswelle hat Italien verändert. Die Italiener haben Angst um ihr Land und um ihre Familien.

Die europakritische „Fünf-Sterne-Bewegung“ Beppe Grillos ist mit 32,2% der Spitzenreiter, die dezidiert rechte, Anti-Migration orientierte „Lega“ erhielt 17,7%, der erzkonservative Silvio Berlusconi mit seiner Forza Italia erhielt 13,9% und die rechtsgerichteten „Brüder Italien“ erkämpften 4,35%. Damit haben die EU-kritischen, Anti-Migrationsparteien zusammen 68,2% der Wählerstimmen auf sich vereint.

Man darf also davon ausgehen, dass die Migrationspolitik Italiens nun eine klare Abschottungslinie einschlagen wird. Dazu wird es nötig sein, mit Libyen in Kommunikation zu treten, denn von dort kommen die meisten der Migranten nach Italien. Die Männerfreundschaft zwischen Berlusconi und Muammar al-Gaddafi war vor der NATO-Invasion Libyens bekannt.

Italien hatte schon im Sommer letzten Jahres Fühler nach Libyen ausgestreckt. Ehemalige Schlepperbanden und -könige wechselten plötzlich die Seiten und bekämpften die Boote voller Flüchtlinge und beschossen des öfteren die „Rettungsschiffe“ der NGOs. Es wurde sogar bekannt, dass die italienische Regierung ein Abkommen mit zwei großen Milizen, die Al-Ammu-Miliz und die Brigade 48 abschloss und gut bezahlte, um die Flüchtlingsströme über’s Mittelmeer nach Italien abzustellen.

Aber nicht nur in Italien brennt die Luft.

Die Visegradstaaten mit Polen üben offene Verweigerung, Frankreich ist am Rande des Bürgerkrieges, Großbritannien ist nicht zuletzt wegen der Migration aus der EU ausgetreten – und Italien hat jetzt eine EU-kritische Anti-Migrations-Koalition mit absoluter Mehrheit im Parlament.

Es führt kein Weg dran vorbei: Muammar al-Gaddafis Warnungen sind eingetroffen. Man hat das falsche Schwein geschlachtet. UN-Agenda „Migration-Replacement“  hin oder her, man hat sich das wohl anders vorgestellt mit den Auswirkungen der Migration. Die Völker Europas begehren immer entschlossener auf und verweigern sich der Agenda. Vielleicht ist es doch eine gute Idee, eine Pause einzulegen, bevor einem der ganze Laden um die Ohren fliegt? Italien wird Druck machen. Die Angst vor einer Neuauflage einer italienischen Lira oder einem Austritt Italiens aus der EU liegt in der Luft.

Dann sollte man sich vielleicht mit Libyen etwas einfallen lassen. Sarkozy zu einem Verhör zu karren wegen einer Sache, die schon über elf Jahre her ist, könnte ein Signal an einen zukünftigen libyschen Präsidenten Saif al-Islam al-Gaddafi sein. Oder man möchte von Herrn Sarkozy Informationen zu den Vorfällen damals, die für Gespräche mit Herrn al-Gaddafi Jr. von Wichtigkeit sind, wogegen Herr Sarkozy möglicherweise kein Verlangen verspürte, sich dazu zu äußern.

Da kann eine Unterhaltung in lockerer Gewahrsams-Atmosphäre schon hilfreich sein. Immerhin hat Herr Sarkozy beste Verbindungen zur CIA. Und einem Bericht des „Corriere de la Sera“ aus 2012 zufolge, soll Altpräsident Nicolas Sarkozy sogar für die Ermordung Gaddafis gesorgt haben. So etwas kann auch Jahre später für bedauerliche Irritationen in Verhandlungen mit dem Sohn des Ermordeten sorgen.

Man ist von italienischer Seite wahrscheinlich schon in Verhandlungen mit dem zukünftigen libyschen Präsidenten Saif al-Islam al-Gaddafi.


Quelle und Kommentare hier:
https://dieunbestechlichen.com/2018/03/sarkozy-libyen-und-ein-neuer-praesident-gaddafi-damals-doch-das-falsche-schwein-geschlachtet/