Militärregierung – Finanz-Abteilung: „Anweisung Nr. 1 – An Deutsche Beamte“

Militärregierung – Deutschland
Finanz-Abteilung

Anweisung Nr. 1

An Deutsche Beamte betr. Öffentliche Einnahmen und Ausgaben

1. Allgemeines. — Jeder Beamte in dem besetzten Gebiet, der für die Verwaltung öffentlicher Finanzen, einschließlich der Aufstellung von Haushaltsplänen, Veranlagung und Einziehung von Steuern und anderen öffentlichen Einnahmen, sowie für die Auszahlung öffentlicher Gelder verantwortlich ist, hat (falls er nicht entlassen oder suspendiert worden ist) weiterhin seinen Dienst gemäß den Anordnungen der Militärregierung auszuüben.

2. Einnahmen. — Die verantwortlichen Beamten werden alle Steuern und anderen öffentlichen Einnahmen verwalten, veranlagen und einziehen, und zwar soweit wie möglich in Übereinstimmung mit den in Deutschland geltenden Gesetzen; insoweit diese nicht von der Militärregierung zeitweilig oder vollständig aufgehoben worden sind. Deutsche Beamte haben sich mit der Aufhebung aller Steuergesetze, die Personen wegen ihrer Rasse, ihres Glaubens oder aus politischen Gründen bevorzugen oder benachteiligen, genauestens bekannt zu machen und demgemäß zu verfahren.

3. Ausgaben. — Die verantwortlichen Beamten werden, soweit es die Umstände erlauben, das gegenwärtige Ausgabensystem beibehalten. Soweit im nachfolgenden Paragraphen 4 nicht anderweitig bestimmt wird, haben die für die Auszahlung öffentlicher Mittel verantwortlichen Beamten wie folgt zu verfahren:

a) Ein zur Auszahlung von öffentlichen Mitteln ermächtigter Beamter hat die Auszahlung nach den bestehenden Vorschriften vorzunehmen.

b) Falls die Vornahme ordentlicher Auszahlungen der Genehmigung einer vorgesetzten Aufsichtsbehörde bedarf, aber infolge von Schwierigkeiten in der Nachrichtenübermittlung oder wegen anderer wichtiger Gründe die Verbindung mit der vorgesetzten Aufsichtsbehörde nicht sachdienlich erscheint, dürfen die verantwortlichen Beamten die Auszahlungen vornehmen, als ob sie die ordnungsmäßige Genehmigung erhalten hätten.

c) Falls Notstände außerordentliche Auszahlungen erforderlich machen (z. B. für Wohlfahrt, das öffentliche Gesundheitswesen, die öffentliche Sicherheit, für Einrichtungen des Verkehrs und der Nachrichtenübermittlung einschließlich Straßen und Brücken), haben die verantwortlichen Beamten die Genehmigung der zuständigen Regierungsinstanz anzufordern; falls aber infolge. Schwierigkeiten in der Nachrichtenübermittlung oder wegen anderer wichtiger Gründe die Verbindung mit der vorgesetzten Aufsichtsbehörde nicht sachdienlich erscheint, so sind die Auszahlungen auf Verantwortung des höchsten erreichbaren deutschen Finanzbeamten vorzunehmen.

d) Falls Auszahlungen gemaß b) oder c) erfolgen, haben die verantwortlichen Beamten:

1) dafür zu sorgen, daß die Auszahlungen ordnungsgemäss nach den bestehenden Vorschriften überpruft werden und

2) über die Auszahlungen der zuständigen deutschen Behörde Bericht zu erstatten und deren
notwendige Genehmigung sobald wie möglich einzuholen.

e) Falls ein Offizier der Militärregierung eine bestimmte Auszahlung verlangt, hat der
verantwortliche deutsche Beamte dieser Anweisung Folge zu leisten und für die Auszahlung
nach den bestehenden Vorschriften Rechnung abzulegen.

4. Verbotene Auszahlungen — Die folgenden Ausgaben und Auszahlungen sind verboten, selbst wenn sie in einem genehmigten Haushaltsplan vorgesehen sind, solange die Genehmigung der Militarregierung nicht erteilt ist: —

a) Ausgaben und Auszahlungen an oder für die NSDAP sowie alle Ämter, Abteilungen, Stellen und Organisationen, die ihr angehören, ihr angeschlossen sind oder von ihr betreut werden, einschliesslich derjenigen, die in der Allgemeinen Vorschrift Nr. 1 zu dem Gesetz Nr. 52 der Militärregierung angeführt sind, ihre Beamten und diejenigen ihrer führenden Mitglieder und Anhänger, deren Namen von der Militärregierung veröffentlicht werden; alle von der Militärregierung verbotenen oder aufgelösten Organisationen, Clubs und sonstige Vereine; und alle anderen natürlichen oder juristischen Personen oder Personenvereinigungen, deren Namen in Listen oder sonstwie von der Militärregierung als Personen genannt werden, an die keine Ausgaben oder Auszahlungen geleistet werden dürfen, oder als Personen, deren Vermögen gesperrt ist.

b) Ausgaben und Auszahlungen für jede Art von Propaganda oder für militärische Zwecke.

c) Alle Ausgaben für Militärpensionen und zwar für zu irgend einer Zeit geleistete Dienste, mit Ausnahme von: —

1) Pensionen wegen körperlicher Gebrechen, welche die Arbeitsfähigkeit vermindern, und

2) Pensionen oder Vergütungen an Witwen und Waisen oder an andere Verwandte
verstorbener Militärpersonen. In Fallen 1) und 2) ist vorausgesetzt, daß die Pensionsempfänger keine anderen Mittel zum Lebensunterhalt haben und tatsächlich auf solche Zahlungen zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes angewiesen sind.

d) Pensionen und andere Vergütungen dürfen nicht gewährt werden für Mitgliedschaft oder Dienst in der NSDAP oder den ihr angeschlossenen Organisationen oder in irgend einer Behörde, die in Paragraphen 19, 29 oder 45 der Allgemeinen Vorschrift Nr. 1 zu dem Gesetz Nr. 52 der Militärregierung angeführt ist,

e) Andere Ausgaben und Auszahlungen, die von der Militärregierung von Zeit zu Zeit verboten werden.

5. Falls in deutscher Sprache abgefasst, ist dem gesamten Briefwechsel und allen für die Militärregierung bestimmten Mitteilungen eine englische Übersetzung beizufügen.

Im Auftrage der Militärregierung


Quelle und Kommentare hier:
http://archive.org/stream/SHAEF_Law_EN-DE.pdf/SHAEF_Law_EN-DE_djvu.txt