Maybrit Illner: Erst stirbt der Diesel, und dann …

Von Stephan Paetow

Schmierentheater bei Maybrit Illner. Die Politik vertreten durch die hilflose Barbara, ein netter Industrievertreter guckt betroffen, und Robin Hood aus dem Umweltbusiness gießt Öl ins Feuer.

Also mal gleich vorweg: Dass wir jetzt alle mit Bussinnen und Bussen fahren, auch wenn die schön sauber gemacht werden, das könnt ihr mal gleich vergessen! (Außer Kretschmann, Siggi, Hendricks, Horst, Angie und all die anderen Schlaumeier fahren auch nur noch mit den Öffentlichen ins Büro.) Das Thema der Illner-Diskussion „Diesel ausgebremst – kommen jetzt die Fahrverbote?“ – hat ja zwei wesentliche Aspekte.

Einmal guckten bestimmt die Dieselfahrer besorgt in die TV-Röhre. Was wir als ehemals stolzer Fahrer eines fetten Chrysler 300 C mit abgedunkelten Scheiben solidarisch nachvollziehen können. Wertverlust. Fahrverbot. Plus von der Gesinnungspresse implementiertes schlechtes Gewissen (ok, das hätte uns nicht tangiert), das braucht kein Mensch. Sechs Millionen Euro-5-Dieselfahrer sind betroffen. Angeblich wäre mit 1.500,- bis 3.000,- Euro Hardware-Nachrüstung alles paletti. (ADAC)

Wer zahlt?

Herr Mattes, neuer Automobilverbandschef sagte, er nicht. Barbara Hendricks, die Ministerin mit dem verfolgten Gesichtsausdruck, auch nicht. Bernd Althusmann, Niedersachsens Antwort auf Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, sowie VW-Aufsichtsrat, ebenfalls nicht. Klaus Müller vom Verbraucherschutz, hofft, dass „die Politik stark bleibt“ und nicht den Steuerzahler belastet. Und Jürgen Resch von der DUH, zu dem Herrn kommen wir noch.

Zunächst sammeln wir die umherschwirrenden Fakten ein.

Laut Urteil des Bundesverwaltungsgerichts sind Fahrverbote für Dieselfahrzeuge „grundsätzlich erlaubt“. Eine Pflicht zur Entschädigung für Diesel-Fahrer gibt es nicht. Punkt. Das ist zunächst einmal ein verwaltungsrechtliches Urteil. Und hat nichts damit zu tun, wie schlimm nun die Stickoxydbelastung wirklich ist. Hierzu zwei Zahlen: Althusmann sagte, seit 1990 sei die Belastung um 70% zurückgegangen. Herr Resch behauptete, die Menschen würden vergiftet, 13.000 Tote seien EU-weit zu beklagen. Wer jemals durch die untergegangene DDR reiste, ahnt, dass diese Zahl Euro-Utopie sein muss, denn sonst wäre die DDR wohl menschenleer gewesen. Einigkeit herrschte, dass von zunächst 90 Städten nun nur noch 20 fahrverbotsgefährdet sind.

Das Leipziger Urteil wurde erstritten durch die Deutsche Umwelthilfe, deren Name sich behördenähnlich anhört. In Wahrheit ist die DUH ein kleiner Verein mit 400 Mitgliedern und 100 Mitarbeitern. Dafür mit dicken Einnahmen. Das Jahresbudget beträgt laut Tagesspiegel 8,1 Millionen Euro, der größte Teil stammt angeblich aus „Projektzuschüssen“. Anderswo steht zu lesen, ein Großteil komme aus Vergleichen durch „Abmahnungen“ mittelständischer Unternehmen, wobei die DUH geschickt unsichere Gesetzeslagen ausnutzt. Die Betroffenen zahlen meist aus Angst vor Prozessen.

Klingt wie Umweltmafiosi.

Ganz ähnlich motiviert hört sich die Leistungsinanspruchnahme der DUH durch die deutsche Automobilindustrie an. So verfassen die DUHler, laut Resch, regelmäßig eine „Umweltbericht-Bewertung“ für Daimler – was immer der Nutzen einer solchen Bewertung sein mag. Toyota, Erbfeind der deutschen Autoindustrie, zahlt regelmäßig „50-70.000,-“ laut Resch, der selbst auch Toyota fährt. Die Süddeutsche mag nicht verschweigen, dass

“der DUH mangelnde Trennschärfe zwischen gemeinnützigen und kommerziellen Aktivitäten vorgeworfen wird.“

Natürlich ist der DUH gemeinnützig steuerbefreit. Jürgen Resch ist es gelungen, ein Unternehmen aufzubauen, das einerseits als eine klageberechtigte Umwelt-Organisation gilt und andererseits als eine „qualifizierte Einrichtung“, die beim Verbraucherschutz an der Marktüberwachung teilnimmt und mit Abmahnungen gegen Unternehmen vorgeht, die etwa gegen Verbrauchervorschriften verstoßen.

Eine Art Inkassobüro der Grünen Bewegung, in deren Biotop Resch wurde, was er ist. Als junger Mann deckte er auf, dass das Pflanzengift Endrin zum Tod von Vögeln geschützter Arten führte. (FAZ) Gegen das Vogel-Schreddern in Windrädern kämpft er aber nicht. Der Hobbyornithologe Resch,

„der das Studium der Verwaltungswissenschaften abbrach und in seiner Freizeit gern mit dem Solarboot auf dem Bodensee herumschippert“,

soll innerhalb von zwei Jahren über 600.000 Flugmeilen gesammelt haben. Wenn grüne Engel fliegen, zählt die Umwelt nicht. Natürlich nicht deshalb spendet Lufthansa an „EuroNatur“ im Umfeld der DUH. Resch perfektionierte das Willst-du-nicht-mein-Bruder-sein-System aus Klagen, PR-Kampagnen und bewusster Einbindung bestimmter Medien, stand zu lesen. Da kommt es dann zu Schlagzeilen wie solchen, dass Feinstaub in Zusammenhang mit Grippewellen steht, wie der Focus schrieb. Hust, hust.

Wie simpel das Geschäftssystem immer wieder funktioniert, zeigte Resch bei Illner. Die Industrie ist „ein kriminelles Kartell“, Wir klagen bis hoch zum Europäischen Gerichtshof. „Ich kämpfe für die Bürger und für die Luft“, droht Jürgen. Und er verspricht zu klagen, bis dass der Diesel steht, „zonal“ oder auf Strecken. Dabei will er nicht die „Menschen“ in Mitleidenschaft ziehen, „die Oma oder Tante besuchen möchten“. An dieser Stelle bekam bestimmt Martin Schulz Tränen in die Augen vor dem TV. Der Satz hätte von ihm sein können. Böse Industrie, die uns vergiftet und verbrennt – das ist ja bei uns längst Schulstoff. Und in der Tat, Martin „Diesel“ Winterkorn ist ja nicht gerade ein Sympathieträger, und dass VW soeben 11 Milliarden Gewinn erzielte, wurde mehrmals vorwurfsvoll erwähnt.

Mal von der Seite betrachtet: Alle Autos bekamen mal eine Zulassung, incl. TÜV-Prüfung, der Verbraucher durfte sich von daher sicher fühlen – was geht ihn das Gemauschel von Industrie, Politik und Lobbyisten an? Sollen die das untereinander lösen, und sich die Rechnungen zuschicken.

Dr. Barbara Hendricks von der Grün-Fraktion der SPD kann jetzt inhaltlich nicht allzu viel beitragen, hat aber „Expertenkommissionen eingesetzt“. Sie weiß allerdings, „die Autohersteller sind schuld“. Deshalb fordert Babs „Nachrüstung für alle“ und die Dieselfahrer im Publikum klatschen begeistert. Die Euro-5-Diesel verschrotten geht ja sowieso nicht, „aus ökologischen Gründen“. Diesel-Dobrindt hat sich rechtzeitig nach Bayern absentiert, so heißt es wieder einmal: Jetzt sind sie halt da, die Probleme. Wir wissen auch nicht, was wir hätten anders machen sollen.

Das weiß aber Umwelt-Jürgen. Mit seinen Dauer-Klagen habe er für „robuste Diskussionen“ gesorgt. Eine Betrugsbehörde wäre nicht schlecht. 25-30 Milliarden Strafzahlungen der Autohersteller schweben ihm vor. Damit könnten die Busse sauber gemacht werden. Resch ist eh gegen den Individualverkehr – der anderen Individuen, versteht sich. Obwohl er auch den Bus nimmt. Airbus. Sein neustes Steckenpferd ist der Diesel im Winter, weil sich da der Ad-Blue-Tank abschaltet. Oder so. Was ist mit dem Klimawandel, dann haben wir keinen Winter mehr, und müssen nur noch ein wenig abwarten.

Von Technik verstehen wir genauso viel wie Maybrit Illner und Barbara Hendricks und verweisen Interessierte auf die Geschichten von Holger Douglas hier bei Tichy. Uns erinnert die ganze Dieselgeschichte fatal an BSE und Vogelgrippe. Was waren das für Feste für die Medienwelt! Auch ein Dieseltoter (Überfahrene zählen nicht!) wurde bislang nicht nachgewiesen, der hätte doch bestimmt ein Staatsbegräbnis erhalten.

Bei unseren Recherchen zu Jürgen Resch (das Gehalt des Gemeinnützigen haben wir auf die Schnelle nicht gefunden) fiel uns ein Namensvetter auf. Der verkauft im Netz Energiebehandlungssitzungen für 50,- Euro. Oder ist das eine weitere Erwerbsquelle von unserem Jürgen?


Quelle und Kommentare hier:
https://www.tichyseinblick.de/feuilleton/medien/maybrit-illner-erst-stirbt-der-diesel-und-dann/