Informationsgift

Von Andrej Bystritskij, Quelle: www.iz.ru, Übersetzung: fit4Russland

Der Vorsitzende des Fonds für Entwicklung und Unterstützung beim Internationalen Diskussionsklub „Waldai“, Andrej Bystritskij, darüber, wie die im Westen entfesselte antirussische Kampagne die Rolle der internationalen Institutionen untergräbt

Die Detektivgeschichte mit dem Versuch einer Vergiftung der beiden Skripals verwandelt sich mehr und mehr in ein unendliches politisches Drama, in dem sich die Zahl der Opfer stündlich vermehrt. In diesem Fall gibt es jedoch eine Besonderheit: Je länger es dauert, desto weniger Grund gibt es zu glauben, dass eines Tages Klarheit in diese Geschichte einziehen wird. Und jetzige oder zukünftige Offenbarungen von der OPCW werden diese Klarheit kaum herstellen können.

Weil es Hoffnung, dass die OPCW als unvoreingenommener Richter handeln wird, um überzeugende Klarheit zu schaffen, praktisch nicht gibt. Obwohl die OPCW ein Weg des Ausgangs aus der Sackgasse hätte sein können, in die alle am Anfang März geraten sind.

Es ist notwendig zu bemerken, dass um diese Organisation schon vor langer Zeit gekämpft wurde. So sagte beispielsweise der russische Außenminister Sergej Lawrow am 28. Februar, dass Russland nicht mit den Versuchen des Westens einverstanden ist, die OPCW und die Vereinten Nationen durch irgendwelche „Initiativen“ zu ersetzen. Damals war natürlich die Rede von Chemischen Waffen in Syrien. Als es nämlich, wie so viele Male im Laufe der letzten Jahre Streit darüber gab, wer warum vergiftet oder versucht hat, Leute im Nahen Osten zu vergiften. Diese Klärung steht, gelinde gesagt, sehr weit von einem Abschluss.

Jetzt ist es noch weiter gegangen, und die OPCW selbst steht unter Gifteinwirkung. Dieses Mal jedoch unter der Wirkung von Informationsgift, was besonders gefährlich ist. Weil vielleicht dieses mal der Körper der internationalen Organisation OPCW die Intoxikation nicht mehr bewältigen und ins Koma fallen kann.

Mit physischem Gift wurde versucht, zwei Menschen zu vergiften, aber von dem oben genannten Informationsgift, vom Gift des Misstrauens, wurden wahrscheinlich Dutzende, wenn nicht gar Hundert Millionen von Menschen betroffen.

Auf den ersten Blick haben zusätzlich zu den tatsächlichen Opfern in Salisbury Diplomaten gelitten: auf beiden Seiten fast 300 Mitarbeiter, sogar deren Kinder, andere Familienmitglieder und ihre Haustiere, die Katzen, Hunde und Papageien. In kürzester Zeit verließen sie die von ihnen mehr oder weniger bewohnten Häuser und Apartments in den Aufenthaltsländern. Obwohl man den Grad der Tragik der Verwandlung in eine unerwünschte, ausgewiesene Person nicht übertreiben muss, darf man ihn aber auch nicht unterschätzen.

Doch das Hauptopfer ist die öffentliche Meinung der Millionen von Menschen, die jetzt gezwungen sind, in den Abgrund der Zweifel, sogar Verzweiflung und das Gefühl des Misstrauens in Seele und Geist einzutauchen. Wem kann man jetzt glauben? Auf wen kann man sich verlassen? Selbst die Experten von Porton Down können nichts mit hundertprozentiger Sicherheit sagen.

Darüber hinaus werden die Ungenauigkeiten sogar ausdrücklich ausgenutzt. Die britischen Behörden sind nicht besser als ihre Experten und sprechen auch nur über (hoch) wahrscheinliche Vermutungen. Die russische Führung erklärt unbeirrt und klar ihre Nichtbeteiligung und fordert gemeinsame Untersuchungen. Andere Länder, mit einem bestimmten Maß an Energie, erklären ihr Bedürfnis nach Verstehen des Ganzen und drücken ihre jeweilige Unterstützung für die Parteien des Konflikts aus.

Die Medien sind mit Spekulationen gefüllt, und manchmal mit solchen, die sogar humoristische Webseiten und Komiker übertreffen, die Politiker parodieren. Blogger und soziale Netzwerke verwandeln sich zum Teil in eine schlüpfrige trübe und nahrhafte Brühe von Informationen und Ansteckung. Und diese Infektion fließt in die Augen und Ohren des Publikums.

Im Ergebnis wird das Publikums, also die Menschheit, in einander hassende Fragmente aufgeteilt die, mit Voreingenommenheit gefüllt und gefährlich handlungsunfähig sind, weil die Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen, auf der Grundlage von zuverlässigen Informationen basiert. Und wir haben weder solche objektiven Informationen noch irgendeine Zuverlässigkeit.

Die OPCW besteht übrigens vor allem aus Menschen, und diese Menschen sind ein Teil der Menschheit. Und deshalb sind sie ebenso wie alle mit dem Informationsgift kontaminiert.

Sie bekamen leider keinerlei geistige Schutzanzüge. Das bestätigt die letzte Abstimmung und überhaupt das Epos mit der außerordentlichen Sitzung der OPCW, nämlich die Version über die Wirkung des Falschnachrichten-Virus´ und des Bazillus´ der unbestätigten Informationen.

Und das ist besonders schade, weil das, was jetzt notwendig ist und eigentlich von OPCW erwartet wurde nicht mehr möglich scheint: Eine echte Untersuchung, in der alle interessierten Parteien ihre Vermutungs-Streitigkeiten lösen und die Wahrheit finden könnten. Aber wir entdecken keinen Akt globaler Schiedsgerichtsbarkeit. Wir tauchen noch mehr in die unheimliche Erschütterung durch Informationsinfektion/Informationsgift ein. Und wir sind nicht sicher, dass es dagegen irgendein Antidot gibt.

Es ist relativ wahrscheinlich, dass der Konflikt, leider, andauern wird und die Beziehungen zwischen den durch das Misstrauen vergifteten Ländern sich nur verschlechtern werden.

Aber vor allem wird an der helfenden Rolle der internationalen Institutionen (wegen der Selbst-Untergrabung ihrer Autorität durch Parteinahme) zunehmend gezweifelt werden und die Möglichkeiten der internationalen Zusammenarbeit, vor allem in schwierigen und umstrittenen Situationen, werden noch weniger.


Quelle und Kommentare hier:
https://www.fit4russland.com/propaganda/1899-informationsgift