Hetze gegen das Aufbegehren der Sachsen: „Griffel weg von Dresden“

Von Rocco Burggraf

Ich habe es ziemlich satt. Das Land verliert Identität, Kultur, Sicherheit, wirtschaftliche Perspektiven. Was aber unaufhörlich, von früh bis spät, wie Gift aus den Radios und Glotzen quillt ist….der Rechtsextremismus. In Sachsen, mit Dresden als Epizentrum.

Holzgalgenmodelle, zerrissene Hosenbeine, jedes Aufbegehren gegen einsickernde Kriminalität – kein Vorkommnis ist nichtig genug, die Legende von den reinkarnierten Nazis nicht neu aufleben zu lassen.

Jahrelang müssen in besonderem Maße wir Dresdner es nun ertragen, an den Pranger gestellt zu werden. Nirgends führen staatliche Medien einen solchen Feldzug gegen eine Stadt in ihrem Land. Ein ZDF-Team, das mit seiner, seit drei Jahren andauernden Kampagne mal für 45min nicht so konnte wie gewollt, wird auf eine Weise zum nationalen Skandal hochgejazzt, dass man sich ob dieser Hysterie international nur noch die Augen reibt. Psychisch auffällig könnte man es auch nennen.

Glückwunsch jedenfalls, ihr Irgendwasmitmedienstudierer, Volontäre und Freelancer. Ihr habt über die Jahre damit durchaus einiges bewirkt. Überall auf dem Globus, an den entferntesten Orten, müssen sich meine Kinder nun für ihren Herkunftsort rechtfertigen oder gar entschuldigen. Eine der schönsten Städte Deutschlands, mit einem historisch gewachsenen Bürgertum, genialen Erfindern und Ingenieuren, einer weltbekannten Bildungs- Forschungs- und Kulturlandschaft, phantastischen Bauwerken und einem Fluss, der hier auf eine, in der Welt einzigartige Weise in die Stadt integriert wurde, habt ihr in den Image-Orkus geschrieben.

In eurer großkotzigen, belehrenden Attitüde habt ihr indes keinen blassen Schimmer, wie die Einwohner dieser Stadt wirklich ticken. Es interessiert euch ja auch nicht. Es würde die Story kaputt machen. Es würde Unvoreingenommenheit erfordern. Recherchen. Handwerk. Undenkbar in Zeiten journalistisch vorgegarter Halbfertigprodukte. Schon die Begriffe UNS und WIR sind euch ein Buch mit sieben Siegeln. Ihr kennt nur das ICH und den Beifall des Milieus fürs Untermauern der eigenen moralischen Selbstüberhebung.

Nichts wisst ihr von den Dresdnern, deren Eltern und Großeltern hier ein Kriegsinferno sondergleichen überlebt haben oder in ihm zum Opfer wurden. Keine Ahnung habt ihr von dem hier ins kollektive Gedächtnis gebrannten Feuersturm, den Bildern der vollständig zerstörten Stadt, von unserer tatsächlichen inneren Distanz zu Krieg, Nationalsozialismus und staatlich finanzierter Propaganda. Keine Ahnung von unseren sehr lebendigen Erfahrungen mit den Anzeichen degenerierter Machtapparate, die ein Klima der Angst schaffen, primitive Feindbilder kreieren und jede Kritik unterdrücken. Null Plan habt ihr davon, was es heißt, gegen Kartelle Informationen auszutauschen, den Kopf oben zu behalten, Deutungshoheiten zu erkennen und aufzubrechen. Unsere Moralvorstellungen basieren auf Geschichte, nicht auf Geschichten.

Rechtsextremismus und Nationalsozialismus, das wenigstens haben wir bis zum Erbrechen gehört im Osten, sind zwei Seiten der selben Medaille. Rechtsextremismus – das ist sind die Hitlerfans, das heißt Expansionskrieg, Volk ohne Raum, Eutanasie, Judenvernichtung. Das also seht ihr bei uns aufziehen? Nazis, liebe Geschichtenerzähler, erkennt man nicht an ihrem Wohnort. Sondern an ihren Methoden. Der Schwarmintelligenz nämlich, der Gleichschaltung der Meinungen, der Unterwürfigkeit, der Gewaltbereitschaft gegenüber Andersdenkenden, dem Ersetzen von Argumenten durch Hypermoral, der Denunziation Unschuldiger, dem Leugnen und Fälschen von Fakten, der Phrasendrescherei. Ihr selbst seid die Handlanger der Ideologie, die ihr zu bekämpfen vorgebt.

Was ihr ebenso nicht ahnt – Dresden ist erheblich mehr als die, mitunter ungehobelte montägliche Empörung von Vorstädtern, die ihr so gern für eure Schmähschriften verwurstet. Dresden ist wacher Verstand, politische Sensibilität und wachsender Zusammenhalt in schwierigen Zeiten. Dresden ist eine freundliche und weltoffene Stadt, mit sehr hohem durchschnittlichen Bildungsniveau und einem regen Interesse seiner Bürger an Stadtentwicklungspolitik. Wir sind Geburtenhauptstadt. Wir wissen sehr genau, was wir zu verlieren haben. Auch weil wir sehen, was in Städten passiert, die seit Jahrzehnten glauben, ihr Schicksal dem Zufall überlassen zu können und nun zu unbeherrschbaren steinernen Favelas geworden sind. Nein, ihr wohnt da nicht, da gibts nicht zu berichten. Gehen sie weiter!!

Ihr kennt zwar viele, ebenso Stadt genannte, urbane Sammelplätze in der Welt, aber einen Ort wie Dresden werdet ihr nie begreifen. Es wird euch ein Buch mit sieben Siegel bleiben, welcher Geist in dieser Stadt herrscht, die nach der Auslöschung im Krieg aus Trümmern wiederentstand, vierzig Jahre düstere sozialistische Experimente überlebt hat und nun erneut angegriffen wird. In dieser, unserer Stadt, werden es deshalb staatshörige Schreiberlinge wie ihr noch sehr lange schwer haben.

Wenn irgendwo in Deutschland in ein paar Jahren noch Licht brennt, dann hier.

Diese Stadt ist für Hundertausende Dresdner etwas, das ihr nie haben, nie fühlen und nie aussprechen werdet: Heimat.


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