Heimliche Euthanasie: Für jede Leiche gibt es Cash

von Gerhard Wisnewski

Ende Februar wurde ein Krankenpfleger verurteilt, weil er in einer Klinik bis zu 200 Menschen ermordet haben soll. Furchtbar. Dabei ist das noch gar nichts. Die Wahrheit ist: Die ganze Aufregung von Medien und Politikern ist pure Heuchelei. In Wirklichkeit gibt es in der EU sogar Geld für Kliniken, die ihre Patienten auf die letzte Reise schicken. Sie tun das nur nicht so auffällig, wie der Todespfleger von Delmenhorst. Es gibt viel diskretere Methoden als die Verabreichung eines tödlichen Medikaments …

Mordprozess gegen Krankenpfleger

Klinikum Delmenhorst, Intensivstation, irgendwann Anfang des 21. Jahrhunderts. Pfleger Niels H. macht sich an einem Bett zu schaffen, deaktiviert den Monitoralarm, zieht ein Medikament auf eine Spritze und injiziert die Arznei in den Venenzugang des Patienten. Eigentlich ist das Mittel gegen Herzrasen gedacht, doch der Patient hat gar kein Herzrasen. Und statt zehn Milliliter, wie normal, spritzt H. gleich 30 bis 40 Milliliter. Dann aktiviert er den Monitoralarm wieder und verlässt den Raum.

Kurz darauf schrillen die Glocken, Schwestern und Pfleger eilen ins Zimmer. Nun spielt H. den großen Retter, schreit Anweisungen und versucht den Patienten zu reanimieren. Manchmal hat er Glück und wird gefeiert. Doch diesmal ist die schnelle »Hilfe« vergebens − aus einem Kranken wird ein Mordopfer (geschildert nach welt.de, 26.2.15).

»Schweigen Sie darüber!«

Zwar wurden jetzt nur fünf Fälle verhandelt: Am 26. Februar 2015 wurde H. wegen zweifachen Mordes, zweifachen Mordversuchs und gefährlicher Körperverletzung zu lebenslanger Haft verurteilt − bei besonderer Schwere der Schuld. Alles in allem will H. jedoch 90 Patienten auf diese Weise »behandelt« haben, gestand er anlässlich seines kürzlichen Prozesses ein − mindestens 30 sollen daran gestorben sein. Eine Sonderkommission prüft alles in allem fast 200 Verdachtsfälle. Denn »zwischen 2003 und 2005«, während H. auf der Intensivstation des Klinikums Delmenhorst arbeitete, starben dort fast 200 Menschen mehr als normal (ndr.de, 10.11.14).

Kein Zweifel: H. könnte der schlimmste Serienmörder in der deutschen Geschichte sein. Er selbst hat sich angeblich so bezeichnet. Ein Psychopath? Ganz sicher. Ein spektakulärer Einzelfall? Mitnichten. Denn Kliniken und Pflegeheime sind für Mord und Totschlag wie geschaffen: Nirgends sind so viele Menschen schläfrig, betäubt, bewusstlos oder komatös. Nirgends sind so viele Menschen dem Tode so nah wie im Krankenhaus. Nirgends sind so viele Menschen so alleine. Kurz: Nirgends sind so viele Menschen so hilflos und ausgeliefert wie im Krankenhaus und Pflegeheim. Ein unbeobachteter Moment, ein kleiner »Schubs« − und schon sind sie »hinüber«. Dafür gibt es viel unauffälligere Mittel als eine »Todesspritze« oder ein Herzmedikament.

Todesursache Verdursten

Zum Beispiel Austrocknung (Exsikkose), zu Deutsch: Verdursten. Wer tagelang zu wenig Wasser bekommt, liegt bald »komatös« im Bett und ist kurz darauf tot. Was für die Angehörigen wie ein natürlicher Sterbeprozess aussieht, könnte in Wirklichkeit Mord, Totschlag oder fahrlässige Tötung sein:

  • Niemand muss aktiv tätig werden.
  • Arzneimittel sind nicht nötig, fehlen nicht im Arzneischrank und können bei einer Obduktion oder Exhumierung daher auch nicht nachgewiesen werden.
  • Kein Angehöriger kommt auf die Idee, dass der Patient ganz einfach verdurstet sein könnte − denn das haben das Krankenhaus oder das Pflegeheim doch »sicher im Griff«.
  • Kaum ein Besucher achtet deshalb auf die Wasserversorgung des Kranken − und auf eine Infusion schon gar nicht.
  • In der Regel heißt es: »Er trinkt halt nichts mehr.« Auf die Idee, dass man den »Sterbenden« durch Wasser ganz schnell »reanimieren« könnte, kommen naturgemäß nur wenige Laien.
  • Besonders bei alten Menschen sieht der Verdurstungsprozess ganz »natürlich« aus − so, als würde der Mensch auf einmal verfallen und dahinscheiden: Der Patient wird plötzlich schläfrig, »dement«, »komatös«, bekommt trübe Augen und stirbt.
  • Hinterher heißt es: »Die Uhr war abgelaufen«, es war »halt so weit«, »sie war ja auch schon …70, 80, 90«, »da kann man halt nichts machen«, »der Tod gehört zum Leben« und so weiter.

Austrocknung im großen Stil

Weit hergeholt? Keineswegs. Vielmehr wird diese Form der »Euthanasie« offenbar im ganz großen Stil betrieben. Oder warum sonst sind eigentlich ausgerechnet Harnwegsinfekte mit 40 Prozent die häufigste Krankenhausinfektion? Das liegt nicht etwa nur am Blasenkatheder, über den bisweilen Keime eindringen können. Sondern wenn die Harnwege nicht ausreichend gespült werden, setzen sich Bakterien auch leichter fest.

Erst an zweiter Stelle stehen Atemwegsinfektionen (zum Beispiel die gefürchtete Lungenentzündung), dann erst kommen Wundinfektionen, Blutvergiftung oder sonstige Entzündungen. In Großbritannien sterben jedes Jahr 40 000 Patienten ausgerechnet an einem Nierenversagen − das Endstadium der Austrocknung. »Verdursten in Großbritannien jährlich Tausende Krankenhauspatienten?«, fragten sich die Ärzte dort, berichteten die Zahnärztlichen Mitteilungen. Die Zahl der Todesfälle als Folge von Nierenversagen liege »deutlich über der Zahl von Todesfällen als Folge multiresistenter Krankheitserreger wie MRSA«.

Dabei müssen sich die Ärzte keineswegs verwundert die Augen reiben. Vielmehr wissen sie sehr genau, woher das kommt. Schließlich gibt es da den sogenannten »Liverpool Care Pathway (LCP)« − sozusagen den »Liverpooler Pflege-Abgang«. Zunächst für Krebspatienten entwickelt, wird dieser »Fahrplan in den Tod« in Großbritannien inzwischen auf viele todkranke oder noch nicht so todkranke Patienten angewendet. Sobald die Ärzte der Meinung sind, dass ein Patient wahrscheinlich sterben wird, kann er, ohne dass er selbst oder seine Angehörigen gefragt werden, auf den LCP geschickt werden − vor allem, indem Nahrung, Wasser und Medikamente abgesetzt werden.

Stecker raus im Krankenhaus

Und dieser Meinung sind Ärzte in Großbritannien ziemlich oft, denn für jede Leiche gibt es schließlich Cash. Wenn sie ihr LCP-Soll erfüllen, gibt es für die Kliniken Geld. »Tatsächlich werden die Patienten in Death Lists eingetragen, regelrechten Todeslisten«, berichtete die Website Katholisches.info: »Die dort verzeichneten Personen werden im Fall eines Herzinfarkts oder akuter Atemprobleme nicht wiederbelebt. Die Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr wird eingestellt. Laut britischem Gesundheitsministerium werden jährlich 130 000 Menschen so behandelt, mindestens 60 000 ohne ihr Wissen.« Dabei gehe es »um ein Geschäft von 30 Millionen Pfund«.

Die christliche Ärztevereinigung Christian Medical Fellowship (CMF) habe aufgedeckt, »dass durch das Death List-System der Tod von Menschen gefördert werde, die noch Jahre leben könnten. … Laut CMF ködere das Gesundheitsministerium die Krankenhäuser durch finanzielle Anreize, die Death List einzuführen und möglichst viele Patienten darin einzutragen. Die Krankenhäuser, die das LCP-System eingeführt haben, hätten, so die Ärztevereinigung, 30 Millionen Pfund zusätzlich erhalten und dies angesichts der knappen Mittel im Gesundheitswesen. In den vergangenen drei Jahren finanzierte die Regierung die Todeslisten jährlich mit zehn Millionen Pfund.«

Dabei muss es heißen: Gerade angesichts der knappen Mittel im Gesundheitswesen. Denn einen älteren Patienten nicht zu behandeln, sondern einfach verdursten zu lassen (vielleicht unter Verabreichung einiger Schlaftabletten) spart nun mal viel Geld.

Die Wiederauferstehung der Frau Greenwood

Tatsächlich hätten sich in einer ganzen Reihe von Fällen Familienangehörige beschwert, »dass sie nicht zu Rate gezogen oder auch nur informiert wurden, als Wasser und Nahrung bei ihren Verwandten abgesetzt wurden«, schrieb der britische Telegraph (online, 31.10.12). Des Weiteren waren keineswegs alle Patienten, wie von den Ärzten behauptet, todgeweiht, sondern erholten sich später wieder − unter glücklichen Umständen, versteht sich, etwa, wenn sie wieder Wasser bekamen.

Berühmt ist in Großbritannien zum Beispiel der Fall der 82-jährigen Patricia Greenwood, die von den Ärzten im Krankenhaus von Blackpool auf den »Liverpooler Pflege-Abgang« geschickt wurde. Wasser und Nahrung wurden abgeklemmt und die Angehörigen zum Abschied zusammengetrommelt. Doch die sagten Nein und gaben ihrer Mutter und Oma wieder Wasser, woraufhin diese aufblühte wie eine vertrocknete Zimmerpflanze. »Innerhalb von Stunden konnte Frau Greenwood wieder selbstständig essen und trinken, ist jetzt wieder zu Hause und nennt sich selbst stolz eine ›Liverpool Care Pathway-Überlebende‹«, hieß es in der Daily Mail (online, 26.10.12). Nun plane die alte Dame eine Weltreise. Ein Foto zeigt sie fröhlich im Kreise ihrer Lieben.

Gibt es auch einen deutschen »Pflege-Abgang«?

Nun mal eine dumme Frage: Könnte es sein, dass der Liverpooler »Pflege-Abgang« auch hierzulande praktiziert wird? Nehmen wir zum Beispiel einen Fall, um den sich noch keine Polizei und kein Gericht gekümmert hat. Im Februar 2015 wird Andreas B. (85, Name geändert) mit einer Lungenentzündung in ein Münchner Krankenhaus eingeliefert. Was er jetzt braucht, sind Antibiotika und vor allem Wasser.

Die Angehörigen wähnen den 1. Klasse-Patienten in guten Händen. Doch als die Tochter ihren Vater am nächsten Tag besucht, fällt sie aus allen Wolken. Der Urin im Beutel am Bett ist braun; der alte Mann hat trübe Augen, einen völlig ausgetrockneten Mund und ist kaum noch ansprechbar. Die Frage, ob er sich Antibiotika und Wasser wünscht, kann er zwar noch bejahen. Doch die Ärzte haben beides abgesetzt − angeblich »auf eigenen Wunsch«. Der Tochter gegenüber sagt der Vater jedoch etwas anderes. Sie muss erst mit der Polizei drohen, bevor die Behandlung wieder aufgenommen wird.

Einen oder zwei Tage später wäre der Senior tot gewesen − und sein Ableben hätte ganz »natürlich« ausgesehen. Spätestens jetzt wird der Angehörigen klar: Ihr Vater sollte sterben! Nur durch ihre Wachsamkeit überlebt er das Krankenhaus. Wenige Tage später kann sie ihn wieder nach Hause holen; inzwischen ist Andreas B. den Umständen entsprechend wieder wohlauf.

Die Frage, die die Tochter bis heute umtreibt, lautet nur: Warum waren die Ärzte regelrecht erpicht darauf, den 1. Klasse-Patienten sterben zu lassen? Gibt es etwa auch hierzulande Geld »für jede Leiche« − von wem auch immer? Denn schließlich drohen den Kassen und dem Gesundheitssystem durch ältere Intensiv-Patienten hohe Verluste. Jedes Jahr, das ein Senior mit Hilfe des Krankenhauses überlebt, kann Zehntausende kosten.

Erprobt wurde der LCP in Deutschland zumindest schon längst, und zwar ausgerechnet in Oldenburg, wo der »Todespfleger« Niels H. vor seiner Mordserie in Delmenhorst gearbeitet hatte. In Oldenburg wurde der »deutsche LCP« schon 2007 fünf Monate lang getestet, wobei 24 Patienten »mit Hilfe des LCPs begleitet« wurden. Danach wurden die Erfahrungen diskutiert, allerdings nicht mit Patienten und Angehörigen, sondern mit Pflegern und Ärzten. Die waren fast durchweg zufrieden und erteilten dem »Todesfahrplan« Bestnoten.

Manche Zitate aus der Ergebnisdiskussion klingen, als würden Ärzte und Pfleger ihre Rolle als Herren über Leben und Tod genießen: »… dieser Moment, indem wir entscheiden, dass wir jetzt mit dem LCP starten, das ist schon irgendwie ein ganz besonderer und sich da noch mal alles bewusst zu machen, alles durchzugehen, das erlebe ich auch als sehr positiv«, meinte eine Pflegefachkraft. Bedenken, dass »Sterbende abgehakt werden«, wurden nur vereinzelt geäußert. Und dennoch ist das die Realität − denn die Entscheidung, den LCP einzuleiten, ist für den Betroffenen nun mal das Todesurteil …


Quelle und Kommentare hier:
http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/deutschland/gerhard-wisnewski/heimliche-euthanasie-fuer-jede-leiche-gibt-es-cash.html