HEIDEWITZKA, FRAU KAPITÄN

von Akif Pirinçci

Howdy!

Also ich bin der Edi, ne. Und was soll ich sagen, ich halte von diesem ganzen neumodischen Feminismus- und Gleichberechtigungs-Gedöns gar nix. Null Komma null, um es genau zu sagen. Frauen sind für mich nur zum Vögeln gut. Also jetzt junge Frauen. Die alten können ja noch meine Socken stopfen oder mir einen schicken Schal stricken oder so. Wenn ich die Weiber schon untereinander reden höre – klingt für mich wie das Geschnatter und Gegacker vom Geflügel. Nee, danke!

Okay, man kann ja nicht den ganzen Tag nur schnackseln, zwischendurch hat man auch Hunger. Und da wäre es praktisch, wenn die Alte noch ein bißchen kochen könnte. Das Problem ist nur, je geiler so eine Alte aussieht, desto beschissener kocht sie. Da setze ich doch gleich die Unterleibsgymnastik fort und bestelle in den Pausen lieber was vom Pizza-Mann. Danach kann sie mir ja immer noch die Bude putzen oder meine Unterhosen bügeln.

Ich kann es nicht mehr hören, von wegen Frauen wären super schlau, hätten soviel im Kopf wie Männer und würden sogar bessere Arbeit leisten als wir. Bei was denn bitteschön, beim Beine-Rasieren oder was? Hach! Schaut euch mal die schlau sein sollenden Politikerinnen an – allesamt häßlich wie die Nacht und fett bis zum Platzen! Brrr. Und dann die Studierten unter denen. Sind auch alle häßlich. Also nicht alle, sind schon paar Geschosse drunter. Aber wenn sie den Mund aufmachen und so auf Ich-bin-ja-sowas-von-klug tun bekomme ich schon Kopfweh. Wie gesagt gehört für mich eine Frau …

Keine Aufregung, Ladys, das bin nicht ich, der all das sagt, das war ich mal. Vor ein paar Monaten. Doch dann hatte ich ein einschneidendes Erlebnis, was mich geradezu erweckte und zum Umdenken in dieser Sache zwang. Ich vollzog eine radikale Wandlung, vom Saulus zum Paulus sozusagen.

Also das war so: Ich hatte zu der Zeit ein bißchen Streß mit der Staatsanwaltschaft. Kreditkartenbetrug, Hehlerei, Koks vertickt, ein paar Arschlöchern aufs Maul gehauen – keine große Sache. Dennoch ich mußte für eine Weile abtauchen, am besten außer Landes gehen.

Ich entschied mich für Norwegen, weil ich dachte, da ist viel Natur, da findet dich keiner. Gleich am ersten Abend lernte ich dort in einer Bar eine Einheimische kennen. Smilla hieß sie. Boah, die sah aus wie eine aus diesen alten schwedischen Pornos! Abartig blond, eine Figur so kurvig wie der Nürburgring, ein Arsch wie der Vollmond, sehr lange Stelzen und ein Gesicht, bei dem man nur an eines denkt, aber bestimmt nicht an einen Stirnkuß.

Jedenfalls machte es sofort Bämmm! zwischen uns, und nachdem wir zusammen ein paar Cocktails gekippt hatten, ging wir zu ihr und trieben es dann die ganze Nacht hindurch miteinander. Naja, ein bißchen sonderbar fand ich es schon, daß in Smillas Bude überall Gemälde von alten Seeschlachten an den Wänden hingen, ihre Bettwäsche Militär- Camouflage als Motiv besaß und irgendwo eine Maschinenpistole rumstand. Aber wenn man so wie ich die Knatterei als Leistungssport betreibt, da nimmt man Bekloppte und Irre in Kauf.

Am nächsten Tag fragte ich sie, was sie denn so beruflich treibe. Und als sie mir darauf eine sehr ausführliche Antwort gab, war ich echt geplättet. Nicht nur das, ich erkannte plötzlich, daß meine Denke gegenüber Frauen auf totales Unwissen und auf Vorurteilen beruhte. Smilla erzählte, daß sie als Offizierin für das Norwegische Militär arbeite, genauer als Schiffsnavigatorin bei der Marine. Das wäre nichts Ungewöhnliches in Norwegen, sagte sie, denn ihr Land betreibe ein sehr aufwendiges und mutiges Frauenförderprogramm in der Armee, dessen Ziel es sei, eine Geschlechterparität beim Heer zu erreichen. Seit 1999 wären gleich sechs der neun norwegischen Verteidigungsminister Frauen gewesen, wobei die drei Herren jeweils nur etwa ein Jahr im Amt gewesen wären.

Naja, sagte ich, in so ein Paddelboot könne man die Weiber vielleicht reinsetzen, und da heutzutage ja in jedem Handy ein Navi drinsteckt, geht bestimmt auch das Navigieren locker von der Hand. Smilla lächelte nur mitleidig und meinte, daß ihr Arbeitsplatz keineswegs ein Paddelboot wäre, sondern der Stolz der norwegischen Marine, nämlich die Fregatte “Helge Ingstad”, deren Bau allein 500 Millionen Euro gekostet hätte und die erst 2009 in Dienst gestellt worden sei, also praktisch neu. Und das Navigieren eines Kriegsschiffes wäre kein Kinderspiel, sondern eine Wissenschaft für sich. Doch die “Ingstad” sei mit den neuesten Sensoren und Navigationstechnik und wie sämtliche andere Schiffe im Bereich mit Transpondern ausgestattet, die sie über eine Verkehrsleitzentrale miteinander verbinde. Außer im Kriegsfall bei einer ungünstigen Kampfhandlung wäre die Fregatte somit unsinkbar.

Ich schnallte echt ab. Das hätte ich ja nie für möglich gehalten. Ich dachte immer, die Weiber wären nur für das Eine gut. Sollten sie am Ende genauso gescheit sein wie ich, also wie wir Männer und egal in welchem Beruf, selbst im Soldatenhandwerk ihren Mann, ähm, ihre Frau stehen? Aber das war ja eindeutig der Beweis. Nun mit einem Mal hatte ich großen Respekt vor Frauen.

Smilla indes setzte noch einen drauf. Gerade die “Helge Ingstad” sei ein Paradebeispiel erfolgreicher Frauenförderung, meinte sie. Das ganze Schiff wäre fest in Frauenhand und unter Frauenkommando. 8 Führungsleute auf der Brücke und vier der fünf Schiffsnavigatoren seien Frauen, selbst einfache Matrosen trügen keinen Schwanz.

Also mir stockte echt der Atem. Jahrelang war ich der Überzeugung gewesen, daß Frauen durch irgendwelche schwule Machenschaft der Femi-Schabracken zwar in Männerberufe ohne jedwelche Qualifikation gehoben worden waren, aber man ihnen niemals eine Eine-Halbe-Milliarden-Fregatte anvertrauen würde, hätten sie keine Ahnung von der Bedienung einer solch hochkomplizierten Waffe. Just in diesem Moment war ich endgültig von meinem Macho-Wahn geheilt!

Ich schob mit Smilla noch eine Nummer, gammelte in Norwegen ein paar Monate rum und kehrte dann wieder in die Heimat zurück. Hey, Leute, das wollte ich euch nur mitteilen. Man sollte, so wie es lange Zeit bei mir der Fall gewesen war, nicht mit einem Brett vorm Kopf rumlaufen und abschätzig auf Frauen herabschauen von wegen die können nur ihre Lippen rot anmalen und so. Die können alles, was wir Männer auch können. Und das Beste ist, man kann sie auch noch lecker vögeln. Also wenn das nix ist. Schönen Gruß von eurem Edi und bleibt sauber!

ACHT MONATE SPÄTER

Howdy!

Ich bin`s wieder, Leute, euer Edi. Ich weiß, ich habe lange nichts von mir hören lassen, aber das lag daran, daß ich mit der Staatsanwaltschaft ewig krass gepokert habe. Hab natürlich gewonnen. Ich brauche nicht drei Jahre Bau abzusitzen, sondern nur 35 Monate. Jetzt habe ich natürlich unendlich viel Zeit, aber auch ein bißchen Langeweile. Meine Gedanken wanderten in den letzten Tagen immer zu Smilla, und wie geil diese Nacht doch bei ihr gewesen war, bei meiner kleinen norwegischen Navigatorin, die mich durch so viele Grotten der Lust navigiert hatte.

Und wie es der Zufall so will, springt mir grad eben urplötzlich ihr Gesicht aus dem Internet entgegen! Wie es scheint, sind mein Mäuschen und ihre Kameradinnen seit dem 8. November zu Berühmtheiten aufgestiegen. Das war an mir total vorbeigegangen. Oh aber was muß ich da lesen, was muß ich da erfahren?! Diese Weiber haben die “Helge Ingstad” versenkt? Aber das war doch gar nicht möglich. Und doch:

“Bei der Rückfahrt vom Nato-Manöver ‘Trident Juncture’ ist eine norwegische Fregatte am frühen Donnerstagmorgen mit einem Tankschiff kollidiert. Die Fregatte ‘KNM Helge Ingstad’ hatte 137 Mann Besatzung an Bord. Alle konnten gerettet werden. Acht Menschen wurden leicht verletzt. Das Schiff schlug leck und bekam Schlagseite, die Bergung gestaltet sich schwierig.”

Also das geht mir einfach nicht in den Kopf, Smilla hatte doch gesagt, wie qualifiziert die Mädels alle an Bord wären. Sie könnten sogar ihre Autos mit dem Parkassistenz-System selber einparken lassen, meinte sie damals. War das etwa ein Fehler des Tankschiffes gewesen? Offenkundig nicht, denn dieses versuchte sogar mit allen Mitteln die Katastrophe abzuwenden und warnte über Funkverkehr minütlich die Fregatte. Man kommt der Lösung des Geheimnisses etwas näher, wenn man zwischen den Zeilen liest, daß das norwegische Militär die Namen der Verantwortlichen nicht herausrückt und auch keine Angaben über die Zusammensetzung des Bordpersonals macht. Dafür erschienen hier ein paar Hintergrunddetails der Kollusion, welche wiederum hier ins Deutsche übersetzt sind:

“Immerhin existiert in dem Bereich des Unglücks eine voll ausgebaute Verkehrsinfrastruktur, das Wetter war gut und dazu verfügten beide Schiffe über fortschrittliche Navigationstechnik (…) Das verwunderlichste aber ist die Tatsache, dass zwischen den beiden Schiffen ein reger Funkkontakt herrschte und das maltesische Schiff die Fregatte vor einer drohenden Kollision warnte (…) Der Artikel zitiert hierzu den erfahrenen norwegischen Kapitän und Navigator Geir S. Eilertsen, der über den Funkkontakt zwischen den beiden Schiffen meinte, dass es ‘absolut schockierend ist, falls das dem Ausbildungsstandard der norwegischen Marine entspricht. Sie [die Brückenoffiziere] zeigten keinerlei Disziplin, sie verstanden in keinster Weise die Regeln für Schiffsverkehr oder wie man auf See navigiert oder kommuniziert.’ (…) Die Funkprotokolle implizieren, dass auf der Fregatte krass inkompetente Fehler begangen wurden, die in keinster Weise nachvollziehbar seien und den Eindruck von blutigen Amateuren am Ruder des Marineschiffs hinterlassen.”

Tja, jetzt sitze ich hier auf meiner Pritsche und weiß nicht, was ich von alldem halten soll. Gerade jetzt, da ich meine Einstellung gegenüber Frauen so radikal modifiziert hatte. Ich will einfach nicht glauben, daß Smilla und ihre Clique so einen Mist gebaut haben. Ich meine gerade Frauen sehen doch in Uniform so geil aus, und ich habe davon wirklich eine Ahnung so unzählige solcher Pornos wie ich schon gesehen habe. Hoffentlich ist mein süßes Norwegian Girl wegen der Sache nicht arbeitslos geworden.

Das wäre echt ein Rückschlag für die norwegische Femi-Armee.

Anderseits, Scheißweiber!

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Quelle und Kommentare hier:
https://der-kleine-akif.de/2018/12/05/heidewitzka-frau-kapitaen/