Fischer und der „Abstieg des Westens”

von Hadmut Danisch

Es passt hundertprozentig in die Blogartikel der letzten Tage.

Als ich gestern abend an den zwei Artikeln über den Nachtrag 2 zum „verbotenen Buch” und die Karlsbader Beschlüsse geschrieben habe, hatte ich nebenbei den Fernseher laufen, nur so als Hintergrundgedudel. Nach den Tagesthemen kam Titel, Thesen, Temperamente. Schaue ich meist, wenn ich es zufällig erwische, weil sie erstens öfters interessante Themen haben und sie zweitens – für das Fernsehen ungewöhnlich – in erträglicher äußerer Form präsentieren, auch wenn’s inhaltlich manchmal schief geht oder in die political correctness und Zeitgeistgeschwafel abdriftet.

Wie ich also gerade mal wieder über den Konflikt der letzten 200 Jahre, Nationalisten gegen marxistische Nationengegner, schreibe, kommt bei TTT ein Interview mit Joschka Fischer zu genau diesem Thema. Ich wollte gestern abend schon dazu schreiben, aber der Beitrag war noch nicht in der Mediathek, jetzt ist er es: Joschka Fischer: “Der Abstieg des Westens”

Eigentlich mal wieder eine Sauerei, denn es ging letztlich um sein neues Buch, das im März herauskommt, und da lassen sich die politnahen Sender natürlich nicht lumpen, Werbung für ihn zu machen. Eine Hand wäscht die andere. Da dürfte es dann in Fischers Kasse klingeln.

Es gehe, so sagen sie, dass er sage, um eine „historische Zeitenwende”.

Die wesentliche Aussage ist, dass die USA als globale Ordnungsmacht außer Funktion gehen und die Europäer dann auf sich selbst gestellt und damit überfordert wären, daran zugrunde gingen. Das ist insofern würzig, als die Grünen im Allgemeinen und Fischer im Besonderen ja zu denen gehören, denen man eine tiefe Verstrickung in der Atlantikbrücke nachsagt. Ich hatte ja neulich schon mal geschrieben, dass es Hinweise und Gerüchte gibt, dass das mit der Atlantikbrücke und der amerikanischen Weltherrscherstellung seit Trump nicht mehr so weit her ist, dass es da plötzlich deutlich ruhiger und viel weniger brückig zugehe. Man könnte auf den Gedanken kommen, dass Fischers Buch eine Folge dessen ist, dass Trump den Europäern sagte, „rutscht mir den Buckel runter und macht Euern Mist alleine!”. Und vielleicht hat auch da schon so eine Art Kooperation mit den Medien bestanden, vielleicht ist das der Grund für deren Trump-Hetze. Sind die öffentlich-rechtlichen Medien eine große Politmaschine, die man zur Aufrechterhaltung des Adoptionsverhältnisses USA-Europa nutzen wollte?

Er meint, die Weichen für das Jahrhundert würden gestellt, und wir wären entweder dabei oder dürften nur winken. Trump und Brexit seien keine Unfälle, die USA und Großbritannien zögen sich aus dem transatlantischen Bündnis zurück.

Könnte es sein, dass da gerade marxistisch-kommunistische Träume platzen? Dass man da eine Art Weltkonstruktion mit Einheitsregierung und Globalsozialismus bauen wollte (vergleiche die Vorgänge in den USA), und das Ding gerade platzt? Ihnen der Traum von der Macht entgleitet? Beiden unterstellt er Nationalismus.

Was ich dabei für eine ziemlich Unverschämtheit, sowohl von Fischer, als auch von TTT halte:

  • Es geht darum, dass USA, UNO, NATO militärisch unsere Sicherheit gewährleistet haben, das nun aber nicht mehr der Fall wäre. Wir müssten uns nun selbst verteidigen, könnten das aber nicht, er sähe keine neue Ordnung.Waren es nicht die Grünen, die immer gegen Militär und Waffen gewettert haben?Und jetzt kommt er und jammert, dass wir nicht mehr beschützt würden und uns selbst nicht halten könnten?

    Er meint, Europa habe es sich zu gemütlich gemacht. Wenn’s mal Ernst wurde, hätten wir uns auf die Cousins jenseits des Atlantiks verlassen können.

    Ach.

    Ist das das Eingeständnis, dass diese „Kernkraft Nein Danke! – Bei uns kommt der Strom aus der Steckdose”-Mentalität der Grünen uns direkt in die Abhängigkeit und Unselbständigkeit geführt hat?

  • Es geht darum, dass wir nicht mehr die Fortschrittlichsten sind, sondern dass China technologisch an die Weltspitze strebe, und zusammen mit der „digitalen Transformation” auch sein autoritäres Gesellschaftsmodell exportiere. Uns bliebe am Ende nichts anderes als die Entscheidung, ob wir uns Shenzen oder Silicon Valey auslieferten. Nur als Europäer, aber nicht mehr als Nationalstaaten könnten wir noch was werden.

    Waren es nicht die Grünen, die immer gegen jede Technologie mauerten? Die sich damals mit aller Vehemenz gegen ISDN stellten, gegen Kernkraft, gegen Gentechnologie, und eigentlich gegen alles?

    Und jetzt kommt der daher und meint, wir würden den technologischen Anschluss nicht schaffen? Wir müssten aufpassen, „in der Informationstechnologie nicht abgehängt zu werden”?

Das ist dreist. Ist das nicht die stark geschminkte Ansage, dass uns die grüne Politik der letzten 30, 40 Jahre ruiniert und in Abhängigkeit von den USA gebracht hat? Und vielleicht auch genau das sollte? Der ganze Öko-Mist am Ende nur getarnter Kolonialismus und nun will uns die Stiefmutter nicht mehr?

„Die Alternative heißt nicht: EU oder Nationalstaat. Sondern: Endgültiger Abschied der Europäer von der Weltbühne oder Mut zu einer neuen Ordnung für Europa.”

Natürlich ein marxistisches Europa, wenn man die Grünen so kennt. Erst machen sie alles kaputt, und dann kommen sie und sagen, nur ihre Politik könnte uns retten. Darf ich mal daran erinnern, dass die Grünen vor allem für jede Form von Technikfeindlichkeit und für Frauenquoten und Genderquatsch stehen, und wir damit ganz sicher keinen Krieg gewinnen, weder militärische noch wirtschaftliche? Dass Forschung und Wirtschaft durch den ganzen Frauenförderquatsch massiv geschwächt werden?

Man könnte Deutschland und Frankreich nicht mehr trennen, nur gemeinsam hätte man eine Zukunft. Ja,ja, Fiskalunion und Einheitsregierung und so. In den letzten 150 Jahren hat der Kommunismus alles kaputt gemacht, und Russland und China sind nur deshalb so stark geworden, weil sich beide davon getrennt haben und eine Art Meganationalismus betreiben, man die Sowjetunion wieder aufgelöst hat. Und nun kommt der Fischer daher und meint, dass unsere einzige Lösung in dem liege, was die letzten 150 Jahre nicht funktioniert hat, nachdem sie alles das, was gut funktionierte, sabotiert haben.

In dieser Situation wachse überall der Drang zur Rückkehr zum Nationalstaat. Europa hätte funktionieren können, wenn man nicht auch das durch linke Politik zur Horrorvision gemacht hat. Im Prinzip eine Wiederholung der Geschichte von vor 100 Jahren: Aus Angst vor dem Bolschewismus in die Nationalstaatlichkeit geflüchtet. Hat man nichts daraus gelernt? Warum schlägt man die Leute mit einem sozialistischen Europa so in die Flucht, wenn man das für die einzige Lösung hält? Was kommt als nächstes? Mauer drumherum?

Ich finde das absolut dreist.

Seit 30, 40 Jahren drangsalieren und sabotieren die uns mit ihrer Technik-, Forschungs-, Militär-, Computerfeindlichkeit, drücken uns Frauenquoten, Gendergeschwafel und Transenklos auf, lähmen alles mit ihrer Politik, und dann kommt der daher und meint, das ginge jetzt aber schief, wenn wir technisch und militärisch nicht vorne mit dabei wären. Faktisch beschäftigen die sich hier in Berlin ja damit, Straßen umzubenennen, Werbung mit Frauen zu verbieten und überall Gleichstellungsmonster zu installieren. Sonst machen die nichts außer auf den Dieselmotor loszugehen.

Ist das die verpackte Erkenntnis, dass grüne Politik im Ganzen und von vorne bis hinten fatal und falsch war und uns ins Abseits gefahren hat und wir da kaum mehr wieder rauskommen?

Beruhte der ganze Quatsch auf den beiden Annahmen, dass es uns so gut geht, dass wir Faulenzen und Rumalbern können, weil die Weltkonkurrenten China und Russland am Ende seien, und sich der große Bruder USA um uns kümmere, und nun stellt sich alles als falsch heraus?

Wer soll uns denn aus dem ganzen Mist noch rausholen? Nach grünen Lehrplänen lernen Kinder, was Dildos und Bordelle sind, aber nicht Lesen, Schreiben, Rechnen. Man hatte sich das große Paradies mit Anarchie, bedingungsloser Grundversorgung, freien Pornos und Drogen und straffreiem Sex mit Kindern als Ideal vorgestellt, und jetzt kommt die Erkenntnis, dass wir doch eine Ordnung und Ingenieurwesen brauchen.

Davon, dass uns in der Situation Soziologen oder Genderasten irgendwas helfen würden, hat er übrigens nichts gesagt.

Oder ist es einfach der Frust darüber, dass die Utopie eines sozialistischen Einheitseuropas, quasi einer auf Europagröße aufgeblasenen DDR, gerade platzt, weil das zu vielen zu blöd ist?


Quelle und Kommentare hier:
http://www.danisch.de/blog/2018/03/05/fischer-und-der-abstieg-des-westens/