„Feliks“ ist enttarnt – Wie das Wikipedia-Monopol zur Desinformation genutzt wird

Von Dirk Pohlmann

Wikipedia hat sich selbst zum Ziel gesetzt, eine „freie und hochwertige Enzyklopädie zu schaffen und damit lexikalisches Wissen zu verbreiten.“ Mittlerweile belegt das Online-Lexikon auf der Rangliste der meistbesuchten Webseiten Platz 5. Es ist also weltweit eine der wichtigsten Informationsquellen im Internet.

Dem eigenen Anspruch kann Wikipedia aber trotz seiner Popularität nicht genügen. Obwohl unter Autoren und Benutzern die Kritik an der Einseitigkeit wichtiger Artikel zu politisch relevanten Themen zunimmt, wurden die Problemfälle bisher als unvermeidliche Folge der Offenheit der Wikipedia interpretiert, die ja gleichzeitig ihr Erfolgsgeheimnis sei. Wenn jeder mitmachen könne, gäbe es eben manchmal Probleme.

Aber nicht der freie Zugang ist die Ursache der Einseitigkeit, sondern die in Wirklichkeit sehr hierarchische Struktur des Online-Lexikons. Sie hat die feindliche Übernahme des in der Öffentlichkeit als Musterbeispiel für ein offenes, demokratisches Zusammenarbeiten geltenden Projekts durch eine Gruppe ermöglicht, die wikipedia-intern als „Politbüro“ bezeichnet wird, und die wir die „Junta“ nennen. Sie herrscht mit „Vandalismusmeldungen“ in Wikipedia und bestraft Unbotmäßigkeiten ihr gegenüber, Einträge, die ihrer Ansicht zuwiderlaufen und sogar die Nennung unserer Youtube Sendung „Geschichten aus Wikihausen“ mit Sperren, teilweise sofort auf Lebenszeit. Die Gruppe hat ihre eigenen Administratoren, also Wikipedia Schiedsrichter und ist damit Täter, Ankläger, Verteidiger, Staatsanwalt und Richter in Personalunion. Das sind groteske Verhältnisse, die nicht dem sorgsam gepflegten öffentlichen Image entsprechen.

Wikipedia gehört nach eigenen Angaben sowohl zu den Massenmedien, als auch zu den Sozialen Medien. Mittlerweile hat die Wikipedia eine marktbeherrschende Stellung und ist de facto Monopolist bei den Lexika. Der Brockhaus existiert nicht mehr, die Encyclopedia Britannica gibt es seit 2012 nur noch online, das Geschäftsmodell des gedruckten Lexikons ist obsolet. Wikipedia herrscht absolut.

Macht, insbesondere die Macht eines Monopols verträgt sich nicht mit Demokratie. Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist die Monopolstellung eines Mediums der GAU (größte anzunehmende Unfall). Das Bundesverfassungsgericht hat in mehreren Urteilen zur Meinungsfreiheit und zum Mediensystem dargelegt, dass dieser Zustand vom Gesetzgeber aktiv verhindert werden muss, dass ein Monopol dem Sinn der Medien zuwiderläuft, nämlich eine pluralistische, ausgewogene und staatsferne Berichterstattung zu garantieren. Das Bundesverfassungsgericht hat auch explizit verboten, den wesensverwandten Rundfunk einer Interessengruppe auszuliefern. Das Problem wird noch gravierender, wenn man bedenkt, dass ein Lexikon den Anspruch und Anschein von Objektivität hat.

Wer die Wikipedia beherrscht, beherrscht monopolistisch die öffentliche Definition der Wirklichkeit und kann den politischen Diskurs relevant beeinflussen. Vor allem das Ansehen von Personen wird durch Wikipedia definiert. So genutzt, kann die Wikipedia als mächtiges Denunziationsinstrumengenutzt werden.

Es ist nicht erstaunlich, dass diese Machtkonzentration Personen, Gruppen, Institutionen und staatliche Stellen anlockt. Als Markus Fiedler und ich für unsere YouTube Sendung „Wikihausen“ recherchierten, wer Champion bei der Manipulation von Wikipedia ist, landeten wir nicht in Russland, sondern in Israel.

Alleine das israelische „Ministerium für strategische Angelegenheiten“ (Ministry for Strategic Affairs, im deutschen Wikipedia als “Ministerium für internationale Beziehungen” übersetzt!) gibt über 70 Millionen Dollar für eine Kampagne aus, um mit den Worten der Direktorin General Sima Vaknin-Gil „eine Gemeinschaft von Kämpfern zu schaffen“ die Aktivitäten „anti-israelischer Aktivisten zum Erliegen bringen“ und “das Internet” mit pro-israelischen Inhalten „überfluten“ soll. Diese Summe ist aber nur ein Bruchteil der aufgewendeten Gelder, die vom israelischen Militär, staatlichen und privaten Stellen sowie NGOs für diese Zwecke aufgewendet werden, wie wir in der 4. Folge von Wikihausen gezeigt haben.

Wird das in den Mainstream-Medien thematisiert, die sich ja große Sorgen wegen der angeblichen russischen Manipulationen machen? Nein. Wird dagegen juristisch und diplomatisch vorgegangen? Nein. Kümmert sich Wikipedia selbst um dieses Problem? Nein. Aber warum sind solche Doppelstandards möglich? Und welche Folgen haben sie? Interessiert das wirklich niemand?

Journalisten sprechen zwar öffentlich gerne davon, dass Wikipedia für sie keine seriöse Quelle ist – aber sie nutzen Wikipedia in Wahrheit intensiv, nicht nur zur Recherche. Einer meiner Kollegen wurde von seiner ARD-Redakteurin sogar bei einem Vorschlag für eine Investigativ-Doku in einem ARD Sender mit einem Wikipedia Ausdruck zum Thema gekontert. Was er aufgrund seiner Recherchen berichtete, decke sich aber nicht mit dem Wikipedia-Eintrag. Und da Wikipedia ein auf Objektivität zielendes Lexikon sei, wurde der Eintrag zum Ablehnungsgrund.

Insbesondere bei Personenrecherchen von Journalisten ist Wikipedia eine häufig genutzte Quelle, ganz einfach auch deswegen, weil die Einträge des Online Lexikons bei Suchanfragen in Google stets zuerst angezeigt werden.

Und jetzt soll die Wikipedia sogar als Wahrheitsmaßstab von YouTube benutzt werden. Bei Videos, die „Verschwörungstheorien“ beinhalten, werden Wikipedia Einträge als Faktencheck angezeigt.

Leider fällt dieses Ansinnen in die Kategorie „Böcke zu Gärtnern“ zu machen.

Die lexikalische Akkuratesse und Unparteilichkeit der Wikipedia fällt sehr unterschiedlich aus, je nachdem ob man die Begriffe „Differentialrechnung“, „Photosynthese“ oder „Anlage 1391“ eingibt. Camp 1391 ist ein berüchtigtes Foltergefängnis des israelischen Militärgeheimdienstes.

„Anlage 1391“ ist einer der Artikel, die vom hyperaktiven Wikipedia Autoren „Feliks“ bearbeitet werden. Er hat dort alles herausgestrichen, was es an Informationen über die Vorgänge in Camp 1391 gibt, zum Beispiel, dass Gefangene vor oder während der Verhöre vergewaltigt werden. Dass es 1 x 1m große, schwarzgestrichene Zellen ohne Licht gibt, ohne fließendes Wasser, mit einem Toiletteneimer, der einmal die Woche geleert wird. Mit einer Klimaanlage, die im Sommer auf heiß, im Winter auf kalt gestellt wird. Die Berichte über das Vorbild von Abu Greibh findet man im Guardian, sogar in der taz, im Spiegel, in Newsweek, in Haaretz, bei einer UN Untersuchungskommission und in vielen anderen Zeitungen, die in den 90er Jahren noch Journalismus betrieben.

Feliks hat restlos alle früher in Wikipedia eingetragenen Informationen zu den systematischen Menschenrechtsverletzungen gelöscht. Begründung: Israel habe die Vorwürfe untersucht und sie nicht bestätigt.

Feliks war Markus Fiedler bereits bei den Recherchen zu seinen beiden Filmen „Die dunkle Seite der Wikipedia“ und „Zensur – die organisierte Manipulation der Wikipedia und anderer Medien“ aufgefallen. Er gehört zu den Schreibern, die ein geradezu unglaubliches Pensum ableisten, so dass man sich fragt, ob sie keinen Arbeitsplatz, keine Freunde und keine Familie haben.

Gemeinsam haben wir uns deshalb jetzt intensiver mit Feliks beschäftigt. Dessen Hauptinteresse gilt, wie er selbst auf seiner mittlerweile weitgehend gelöschten Autorenseite angibt, dem Nahen Osten, seit er miterlebt habe, „wie eine Kassam Rakete herunterkam.“ Er hat mehr als 150 Wikipedia Artikel zu Israel, Palästina, den israelischen Streitkräften und Themen bearbeitet, die die israelische Politik betreffen. Er hat noch einen zweiten Schwerpunkt: Abgeordnete der Linken. Feliks bearbeitet 51 Abgeordnete und Politiker dieser Partei.

Außerdem beschäftigt er sich mit Personen der alternativen Medien und der Friedensbewegung. Seit Markus und ich uns in unserem Videoblog „Geschichten aus Wikihausen“ mit Annetta Kahane beschäftigt haben, hat Feliks zur Strafe auch meinen Wikipedia Artikel „bearbeitet“.

Die Enttarnung von Feliks war ein investigatives Puzzlespiel, das uns letztlich durch einen Hinweis gelang, in welcher Schule er Abitur gemacht hatte. In Kombination mit anderen, von uns recherchierten Daten brachte uns das auf seine Spur.

Mittlerweile ist klar, wer Feliks ist: Er hieß früher Jörg Egerer und hat sich nach 2015 in Jörg Matthias Claudius Grünewald umbenannt. Egerer ist Beamter, von Beruf Rechtspfleger und konvertierte irgendwann ab 2012 vom katholischen Glauben zum Judentum.

Egerer/Grünewald ist Mitglied der Linken, wird den „Antideutschen“ zugeordnet, ist ein politischer Freund von Klaus Lederer, war Bundestagskandidat der bayrischen Linken und war dort als Landesschatzmeister dem Vorstand beigeordnet. In seiner Amtszeit kam es zu Unregelmäßigkeiten, die nach seinem Rücktritt bekannt wurden, aber nach Angaben von Parteimitgliedern aus parteitaktischen Erwägungen nie juristisch aufgeklärt wurden.

Es wurden Spendenquittungen an das „Forum kommunistischer Arbeitskreise“ ausgestellt, die trotz des Namens heute dem rechten Flügel der Linken angehören, das Geld blieb aber nicht in der Partei, sondern wurde weitergeleitet.

Es fällt auf, dass Egerer/Grünewald Einträge zu Mitgliedern der Linken nach Nähe zu seinen politischen Positionen durch selektive Auswahl detaillierter Angaben entweder diskreditiert, etwa bei den Bundestagsmitgliedern Diether Dehm, Annette Groth, Inge Höger, Alexander Süßmaier, Kornelia Möller oder Oskar Lafontaine, oder positiv darstellt, wie bei Klaus Ernst oder Eva Bulling-Schröter, deren Webseite er auch betreut hat. Die negative Darstellung in Wikipedia durch Feliks gilt insbesondere für Linke, die sich kritisch zur derzeitigen israelischen Außenpolitik äußern.

Das könnte damit zusammenhängen, dass Jörg Egerer mehrfach Teilnehmer bei Sar-El war, einem Freiwilligenprogramm der israelischen Streitkräfte für Ausländer, bei dem allerdings kein Dienst in aktiven Kampfeinheiten geleistet wird. Mehrere Linke haben uns aber berichtet, dass es ein Foto von Jörg Egerer in israelischer Uniform mit einer Uzi-Maschinenpistole gibt.

Egerer/Grünewald ist außerdem Oberleutnant der Reserve der Bundeswehr und Mitglied im „Bund jüdischer Soldaten e.V.“, wo er auch Kassenprüfer ist. Er hat militärische Fallschirmabzeichen der US Army, der tschechischen, kroatischen und belgischen Streitkräfte.

Davon wusste aber keiner der Linkenpolitiker, mit denen wir gesprochen haben.

Jörg Egerer/Grünewald hat seinen Wikipedia-Namen Feliks nach eigenen Angaben nach einem Geheimdienstler ausgewählt, Feliks Djerdjinski, der als Chef der Tscheka und des NKWD für die Liquidierung von, je nach Quelle, 50.000 bis 250.000 politischen Gegnern verantwortlich ist.

Dass Egerer/Grünewald gerne Macht ausübt und bestraft, haben uns Parteimitglieder durch eine Vielzahl von Andekdoten berichtet.

Besonders perfide ist seine Bearbeitung des Wikipedia Eintrages von Nirit Sommerfeld, einer deutsch-israelischen Künstlerin und Friedensaktivistin, die sich kritisch zum Militarismus von Teilen der israelischen Gesellschaft äußert und versucht, Brücken zu Palästinensern zu bauen.

Sommerfeld ist Geschäftsführerin des BIB (Bündnis zur Beendigung der israelischen Besatzung) das sie gemeinsam mit dem emeritierten Psychologieprofessor Dr. Rolf Verleger gegründet hat, der auch Mitglied im Zentralrat der Juden war.

Egerer/Grünewald diskreditiert Verleger auf bekannt-perfide Feliks-Manier und bringt insbesondere Sommerfeld in die Nähe der BDS Bewegung (Boycott Deinvestment Sanctions, die zum Boykott von Israel aufruft), von der sie sich bewusst fernhält. Feliks insinuiert bei beiden Personen eine Nähe zu Antizionismus und Antisemitismus.

Egerer/Grünewald dürfte aufgrund seiner zahlreichen Besuche in Israel bekannt sein, dass eine Teilnahme an der BDS Bewegung zu einem Einreiseverbot in Israel führt und dort mit Gefängnis bestraft wird.

Das ist nicht die übelste Maßnahme von Jörg Matthias Claudius Grünewald. Erstaunlich ist aber, dass er trotzdem Vorstandsmitglied der jüdischen Beth Shalom Gemeinde in München werden konnte.

Markus Fiedler und ich werden noch weitere Recherchen veröffentlichen, sobald wir sie gerichtsfest beweisen können, denn Egerer hat bereits im Vorfeld unserer Youtube Sendung versucht, seine Enttarnung zu verhindern und angekündigt, unsere Veröffentlichung seines bisher anonymen Wirkens zu ahnden. Denn die würde zu einer „Pogromstimmung“ gegen ihn führen. Diese Täter-Opfer Umkehr ist eine seiner beliebtesten Argumentationen.

Wir sind sehr gespannt darauf, wie die Wikipedia, die Linke und seine jüdische Gemeinde auf die Kenntnis seines anonymen Wirkens reagieren werden.

***

Geschichten aus Wikihausen


Quelle und Kommentare hier:
https://www.nachdenkseiten.de/?p=45899