„Die Welt leistet Widerstand“ – Petroyuan als Anfang vom Ende des Dollars?

von Paul Linke

 Nachdem China beim Rohöl-Handel auf den Yuan setzt, möchte sich nun auch Russland vom Petrodollar abkoppeln. „Die Welt leistet Widerstand, weil der Dollar als politisches Instrument missbraucht wird“, sagt der Ökonom Behrooz Abdolvand. Von einer „Debasierung des Dollarsystems“ spricht der Finanzexperte Folker Hellmeyer.

Seit Ende März hat China einen eigenen Terminhandel mit Rohöl eingeführt und setzt nun den Yuan als Erdöl-Währung ein.

„Alle, die nach China Öl verkaufen, haben es ab sofort mit Yuan zu tun“,

erklärt der Rohstoffexperte für die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), Behrooz Abdolvand, im Sputnik-Interview. Auch Russland hat angekündigt, nachziehen zu wollen.

Der russische Energieminister Alexander Nowak sagte derweil laut „RT International“, Russland erwäge eine Option auf Zahlungen für Erdöl in nationalen Währungen, insbesondere mit der Türkei und dem Iran. Beide Länder seien interessiert.

„Es besteht Einigkeit darüber, dass wir in unseren Ländern auf die Verwendung nationaler Währungen hinarbeiten müssen“,

sagte Nowak und erklärte weiter:

„Dies erfordert gewisse Anpassungen im Finanz-, Wirtschafts- und Bankensektor.“

„Restposten des Bretton-Woods-Systems“

Der Petrodollar-Recyclingprozess sei näher gerückt, unterstreicht Abdolvand. Davon zeuge auch die Tatsache, dass ein Europäischer Währungsfonds gegründet werde, „was die Chinesen bereits gemacht haben“. Damit läute auch das Ende der „Restposten des Bretton-Woods-Systems“ ein, betont der Ökonom:

„Weil der Dollar als Leitwährung, als politisches Instrument verwendet und missbraucht wird, leistet die Welt Widerstand. Alle ölproduzierenden Länder, die in irgendeiner Weise ihre Abhängigkeit vom Dollar als ein politisches Instrument sehen, welches gegen sie verwendet wird, versuchen nun, sich vom Dollar zu distanzieren.“

Mit dem Ausstieg aus dem Petrodollar entspreche man der Realität der veränderten finanzökonomischen Machtachse, findet der Chefanalyst der Fondsboutique Solvecon, Folker Hellmeyer.

„Warum sollen die USA der entscheidende Preiskatalysator über den US-Dollar und auch die Börsen in den USA sein, wenn die nachhaltigen Verbrauchsmengen doch ganz woanders liegen. Also hier ist es im Endeffekt eine Anpassung. Es ist am Ende eine Debasierung des Dollarsystems, welche hier stattfindet“, stellt der Finanzexperte fest.

Im letzten Jahr hat China nun erstmals die Vereinigten Staaten von Amerika als größten Ölimporteur abgelöst. Der chinesische Verbrauch soll in den nächsten Jahren um ein Drittel steigen, vermuten Experten. Und sollte dies geschehen und aus dem Petrodollar ein Petroyuan werden, würde dies die Nachfrage nach chinesischen Gütern automatisch erhöhen.

„Konfuzianischer Marathon“

Doch der renommierte Finanzexperte und ehemalige Chefanalyst der Bremer Landesbank Folker Hellmeyer denkt nicht, dass dieser Vorgang plötzlich geschehen wird. Er erwartet eher eine „sukzessive“ Vorgehensweise:

„Weder in Moskau noch in Peking oder woanders hat man ein Interesse, von heute auf morgen die gesamten Strukturen auf den Kopf zu stellen. Das hätte Kollateralschäden für alle zur Folge. Aber perspektivisch kann es nur so sein, dass sich hier eben gemäß der realwirtschaftlichen Grundlagen auch die Strukturen an den Märkten und auch die Strukturen der beteiligten Währungen ergeben.“

Das würde perspektivisch ein Machtverlust des US-Zentrums bedeuten, so Hellmeyer. Gerade die Öffnung der Öl-Börsen, der Yuan-Börsen in China sei ein Ausdruck dieser Strategie.

Die wirtschaftliche Entwicklung im Reich der Mitte, mit der Planung der „Seidenstraße“, „One Belt, One Road“, bezeichnet der Finanzanalyst als „konfuzianischen Marathon“ und warnt bezogen auf „kurzfristige Cashflows“ vor einer „kurzsichtigen Sichtweise“. In China habe das eine ganz andere Qualität und eine ganz andere Nachhaltigkeit,

„die wir in unserem kurzfristigen Wahrnehmungsvermögen, auf das wir uns in den letzten 20 Jahren eingelassen haben, gar nicht verstehen. Und da sehe ich auch Risiken für die nachhaltige Planung der Geschäftsmodelle, die wir hier von Europa aus haben. Aber es gilt ebenso auch für die USA und den gesamten Westen“, kritisiert Hellmeyer.

Im vergangenen Jahr unterzeichneten zudem die Zentralbanken des Iran und der Türkei ein Abkommen über den Einsatz lokaler Währungen im Handel. Die Länder wollten damit die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen verbessern, den Handel erleichtern und sich auch vom US-Dollar und dem Euro abkoppeln. Teheran, das seit langem versucht, auf nicht-dollarbasierten Handel umzusteigen, hat Abkommen mit mehreren Ländern unterzeichnet. Derzeit führt es Gespräche mit Russland über die Verwendung nationaler Währungen im Handel mit mehreren Ländern.

Das komplette Interview mit Folker Hellmeyer zum Nachhören:


Quelle und Kommentare hier:
https://de.sputniknews.com/wirtschaft/20180419320399261-petro-kampf-oel/