Von Andrej Wadzhra
Wenn ich den westlichen Politiker zuhöre und kollektive Reaktion der westlichen Gesellschaft auf die einen oder anderen Ereignisse beobachte, habe ich ein déjà-vu. Alles, bis in die letzten Details, erinnert mich an die Sowjetunion vor dem Zusammenbruch. Die Übereinstimmung der Symptome ist schockierend. Es scheint, dass der Westen nähert sich der tödlichen Linie des Jahres 1991.
Die langfristige Zersetzung der sozialen Gesellschaft zeigt sich besonders deutlich in der westlichen Politik, wo die Simulation die Realität vollständig ersetzt hat und eine glatte Lüge den Status einer strategischen Notwendigkeit erlangt.
Die herrschenden Eliten der USA und Europa begehen alle mögliche wilden Verbrechen und bezeichnen diese dabei als Tapferkeit, eine Vielzahl von Gemeinheiten als Tugend. Fallen in eine klinische Demenz und behaupten dabei in das Wesen der Dinge und in die tiefste Weisheit eingedrungen zu sein. Moderne westliche Eliten schockieren mit ihrer geistigen Unterentwicklung und ihrer extrem flachen, stereotypen Wahrnehmung der Realität.
Interessant ist, dass die Zersetzung der elementaren Vernunft der westlichen Gesellschaft, die öffentliche Meinung in nicht korrigierbare geistige Sichtweisen bringt. Diese wird nicht mehr als eine Abweichung der Norm angesehen, sondern als Norm selbst und der gesunde Menschenverstand ist die Abweichung dieser Norm. Denn die Mehrheit sagt, dass Schwarz Weiss ist und wer damit nicht einverstanden ist, wird als verrückt erklärt.
Der Westen ist eine Parodie seiner selbst geworden
Die geistige Verarmung, die sich akut in der gesamten westlichen Gesellschaft entwickelt, erfordert eine lange psychotherapeutische Behandlung, im weitesten Sinne des Wortes. Sonst wird der Westen denselben Weg gehen, den einzelne Individuen, die regelmässig Massaker in Schulen, oder auf den Strassen der Städte in den USA und Europa beschreiten.
Es ist offensichtlich, dass die westliche herrschende Elite nicht in der Lage ist, die Verantwortung für diese psychotherapeutische Mission zu übernehmen. Manchmal entsteht das Gefühl, dass im westlichen „Irrenhaus“ die verrückten die Ärzte und Sanitäter sind. Sehr viele entziehen ihren Verstand aus prinzipiellen Gründen: Sie haben entschieden, dass sie ab jetzt die sogenannten „Guten“ werden und sich von allen anderen, mittels unzureichenden Wahrnehmung der Realität und dementsprechendem Verhalten, unterscheiden.
So ist es nicht verwunderlich, dass Wladimir Putin der Chef-Therapeut des Westens wurde
Wie gesagt, bei der Vielfalt der Auswüchse gibt es keine Alternative. Ich konnte lange Zeit nicht verstehen, warum der russische Präsident geduldig, immer und immer wieder lange Gespräche führt, sich auf die westlichen Empfänger konzentriert und in der Regel einfache, offensichtliche Dinge erklärt. Welcher Sinn steckt dahinter, fragte ich mich. Doch jetzt ist mir alles klar.
Erst als ich neulich Putins jüngste Rede an dem Internationalen Diskussionsklubs „Waldai“ zuhörte, wurde mir klar: Das ist doch typisch für eine psychotherapeutische Sitzung! Alles was Putin sagt, ist für adäquate Leute eine offensichtliche Wahrheit. Für diejenigen, die sich in der Dämmerung des eigenen Bewusstseins verloren haben, ist Putins Sprache eine erstaunliche Offenbarung, die nur mit grosser Mühe zu verstehen ist.
Die ganze Aussenpolitik der russischen Föderation der letzten Jahre ist ein langer und schwieriger psychotherapeutischer Prozess, der letztlich den Westen von seiner chronischen Unzulänglichkeit heilen muss, in die er nach dem Untergang der Sowjetunion hinein fiel.
Was ist das genau, diese psychotherapeutische Putin-Methode?
Vor allem eine Methode bei der Putin den Patienten anhand von psychotherapeutischen Massnahmen mit psychoanalytischen Gesprächen den Ursache-Wirkungs-Zusammenhang erklärt.
Zum Beispiel, wer hat im Westen die Aufmerksamkeit auf die immer wieder ausgesprochenen Gedanken des russischen Präsidenten gerichtet, dass die US-Hegemonie böse ist, bedrohlich ohne Ausnahme (auch für die USA selbst)? Niemand. Erst nachdem die Russischen Raketen, die aus dem Kaspischen Meer starteten, Ziele in einer Entfernung von anderthalb tausend Kilometer trafen, wurde die Wahrheit über die Schädlichkeit der US-Hegemonie in Syrien in den europäischen und nahöstlichen Hauptstädten erörtert.
Vor dem Hintergrund dieser erfolgreichen Operation der Russischen Föderation klingen ruhige Worte des russischen Präsidenten sehr überzeugend. Deshalb saugen jetzt die westlichen Politiker und Experten diese Worte auf. Denn sie wissen, dass das was Wladimir Putin sagt, hat einen direkten Bezug zur wirklichen Realität, der Realität, die sie direkt betrifft. Es ist kein leeres bla-bla-bla, die sie die letzten 25 Jahre aus Washington gehört haben.
Wladimir Putin, mit einer psychotherapeutischen Überzeugungskraft erklärt: Der Versuch, mit allen Mitteln das Modell der einseitigen Dominanz zu fördern führten zu einem Ungleichgewicht der Systeme des internationalen Rechts und der globalen Regulierung und das bedeutet, es besteht die Gefahr, dass die Konkurrenz politische, wirtschaftliche und militärische außer Kontrolle geraten kann. Und unkontrollierte Konkurrenz, unter Berücksichtigung der Wirksamkeit der Russischen Flugzeuge, Raketen, Marine und nuklearen Waffen ist in der Lage, die westlichen Länder sehr traurig zu machen.
Der Westen hat es endlich begriffen. Russland prügelt jetzt islamische Extremisten in Syrien mit einer gewissen Eleganz. Aber wir wissen, wer der Empfänger dieser Demonstration der Stärke sein soll. Das sind nicht nur die in Panik geratenen kleinen Könige aus dem Nahen Osten…
Nicht umsonst lenkte Wladimir Putin auf der „Waldai“ die Aufmerksamkeit auf die Tatsache, dass die Vereinigten Staaten den Vertrag über die Begrenzung der Raketenabwehr (ABM-Vertrag) einseitig verlassen haben und so extrem leichtsinnig gehandelt haben. Denn, wie jetzt Russland in Syrien gezeigt hat ist völlig klar, wer mehr verlieren als bekommen kann.
Die Raketen „Kaliber“ (SS-N-27 Sizzler) wird wahrscheinlich nicht die erste und nicht die letzte hochtechnische Überraschung sein, die die USA zu erwarten hat. Das bedeutet, dass Moskau lange Arme und einen starken Willen hat den Feind überall in der Welt zu erreichen. Sind die Träume der USA von der sogenannten ersten Prompt Global Strike /PGS unter solchen Bedingungen angemessen? Es ist offensichtlich, dass der russische Präsident seine Anspielung genau darauf zielt.
Meine Freunde – sagt Putin – es hat keinen Wert in euren süssen, aber extrem gefährlichen Illusionen bezüglich der sogenannten Hegemonie zu träumen! Es ist dumm, das strategische Gleichgewicht zu zerstören in der Hoffnung, die Machtverhältnisse zu euren Gunsten zu ändern, um nicht nur zu Beherrschen, sondern auch die Möglichkeit zu haben, allen euern Willen zu diktieren: der geopolitischen Konkurrenz … auch euren Verbündeten. Dies ist ein extrem gefährliches Szenario, schädlich für alle, einschliesslich der Vereinigten Staaten, betonte Wladimir Putin auf dem „Waldai“-Forum. Sie sehen, meine Herren, zu was wir in der Lage sind. Und es ist uns eigentlich egal, was sie über sich selbst denken. Wäre es für sie nicht besser zu verhandeln?
Mittels Worte und Handlungen bringt Wladimir Putin geduldig den Westen auf die offensichtlichen Gedanken über die Tatsache, dass die Ära einer unipolaren Welt, falls sie existierte, schon vorbei ist. Die Situation, in der einige Wenige alles haben und die vielen Anderen nichts, ist nicht akzeptabel. Genauso inakzeptabel sind Absprache untereinander im militärisch-politischem Bereich oder im Handels- und Finanzbereich, die für die USA und Europa gewöhnlich geworden sind. Zu jeder Allianz gibt es immer einen Gegensatz, eine andere Allianz und Russland wird es nicht zulassen sich aus den Märkten rauszuwerfen. Es ist kein Geheimnis, dass die Russen kämpfen können. Jetzt sind sie zum Kämpfen bereit. Also, die Zeiten der Ära der „offenen Tür“ nur für die Vereinigten Staaten ist endgültig vorbei. Genauso wie die Ära einer einzig richtigen Meinung.
In seinen Reden – im Hinblick auf die psychotherapeutische Wirkung – zeigt Wladimir Putin ständig Verständnis, wie und warum Washington und seine europäischen Vasallen die eine oder andere Aktion auf der internationalen Bühne machen. Das ist eine Anspielung darauf, dass Russland aufgeklärt und auf dem Laufenden ist und die Antwort sehr unerwartet und äusserst unangenehm folgen kann.
Russland der letzten 15 Jahre (unter Putin) kombiniert Flexibilität der politischen Manöver mit einer zielgerichteten Konzentration aller Kräfte. Moskau spielt mit dem Westen und seinem Versteckspiel mit. Parallel dazu sammelte Russland Kraft: Die soziale, intellektuelle, technische, wirtschaftliche, finanzielle und militärische Kraft. Russland bereitete sich intensiv auf den grossen Kampf vor, ausgehend von der Tatsache, dass dieser Kampf unvermeidlich ist.
Die psychotherapeutische Putin-Methode zielt auf die Erreichung einer neuen und gerechten Weltordnung
Nur Narren haben noch nicht verstanden, dass Russland nicht mehr das ist, was es vor 15-20 Jahren war. Russland ist jetzt ein anderes Russland. Und es passt nicht in das übliche sowjetische oder jelzinsche Schema. Diese Schemen sind bereits abgerissen. Deshalb ist es nicht möglich Russland zu verstehen oder zu bewerten. Genauso wie nur Narren noch nicht verstanden haben, dass die USA nicht mehr das sind was sie vor 20-25 Jahren waren. Amerika ist ein anderes geworden, ein ganz anderes. Angesichts vieler subjektiver und objektiver Gründe sind die Vereinigten Staaten jetzt eine „lahme Ente“ im grossen geopolitischen Spiel. Der grösste Teil der amerikanischen Kräfte wird bereits dazu verwendet um zu Scheinen und nicht zu Sein. Immer noch glauben viele das Bild, das die USA medial aufzwingen. Allerdings kann die „Schein-und-nicht-Sein-Strategie“ nicht lange erfolgreich bleiben. Genauso wie jede andere einfache Täuschung. Die aktuelle russische Politik zielt auf die Zerstörung der amerikanischen Macht als Weltmacht, dieser „Schein-und-nicht-Sein-Strategie“.
Anstelle der US-Strategie, der alleinigen Diktatur und Dominanz, präsentiert der russische Präsident, nicht das erste Jahr, die Strategie einer gleichberechtigten Zusammenarbeit unter Berücksichtigung der Interessen aller Mitglieder der internationalen Gemeinschaft, unabhängig von deren Reichtum, Einfluss und Macht. Nur so, kann eine allgemeine Sicherheit und nachhaltige Entwicklung gewährleistet werden.
Wladimir Putin präsentiert offen die russische Alternative zu dem heute geltenden amerikanischen Konzept der Weltordnung. Für Washington ist die Welt eine vertikale, pyramidenförmig-hierarchische Organisation der internationalen Gemeinschaft. An der Spitze sind die Vereinigten Staaten, weiter unten ihre europäischen Satelliten.
Für Russland ist die Welt eine horizontale Organisation der internationalen Gemeinschaft, der Völker und Staaten die zueinander streben, die sich in der ganzen Welt um das Gleichgewicht bemühen und es unterstützen. Genau auf diese Erreichung einer neuen und gerechten Weltordnung zielt die psychotherapeutische Putin-Methode, die er auf die „Patienten“ die Vereinigten Staaten und Europa anwendet ab.
Drucken oder als PDF speichern