Der „bildungsindustrielle Komplex“ oder die Ökonomisierung der Schulen

von Watergate

Richard Münch, emeritierter Professor für Soziologie an der Universität Bamberg, hat am Kongress der Schweizerischen Gesellschaft für Bildungsforschung in Zürich mit seiner Rede für Aufsehen gesorgt:

Früher hätten Lehrerinnen und Lehrer das Sagen an Schulen gehabt. Heute werde die traditionelle Pädagogik zugunsten der Ökonomisierung von Schulen ausgehebelt. Münch vergleicht die Veränderungen im Schulsystem mit dem „industriell-militärischen Komplex“, vor dessen „zersetzendem Einfluss auf die Demokratie“ der damalige US-Präsident Eisenhower gewarnt habe.

Warnen will Münch auch. Soziologen seien heute schon lange nicht mehr die Aufklärer, die in der Bildungsdebatte dominieren, sondern Ökonomen, kritisiert Münch. Bildung sei bislang immer als Investition verstanden worden, die sich später, in Form von höheren Löhnen, für den Einzelnen rentiert habe. Um so mehr gelte die Schule als „Rohstofflieferant von Humankapital“ und sei dadurch zu einem „Kampfplatz im internationalen Wettbewerb geworden“. Zugleich sei ein „neoliberaler Zeitgeist“ am Werk, der den Wohlfahrtstaat in einem Wettbewerbsstaat verwandle.

Doch Münchs Ansichten bleiben nicht kritiklos. So wirft man dem Soziologen vor, eine überholte Vorstellung einer Lehrperson zu haben, die in der Schule tun und lassen könne, was sie wolle. Ohne Aufsicht und ohne Konsequenzen. Dahin wolle man aber keinesfalls zurück.

Auch das frühere „pädagogische Establishment“ sei nicht das Nonplusultra, kritisiert der Schweizer Bildungsökonom Stefan Wolter. Münch wolle eine Form der Schule und des Unterrichts, die leicht dazu führen könne, dass man die „Welt da draußen“ aus den Augen verliere.


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https://www.watergate.tv/der-bildungsindustrielle-komplex-oder-die-oekonomisierung-der-schulen/