„Coming home“ – Ich bin jetzt ein Fremder in meiner Stadt

von The Brit

London – 15 Jahre lang lebte er unter der heißen Sonne Portugals. Jetzt zwangen ihn unter anderem gesundheitliche Gründe zur Rückkehr in seine Heimatstadt London. Es ist eine Rückkehr in eine nicht nur veränderte, sondern in eine völlig andere Welt, in eine fremdgewordenen Stadt. Aus der britischen Hauptstadt berichtet jouwatch London-Korrespondent The Brit.

Aaah…England, glorreiches England, Land der Tradition, Geburtsland der parlamentarischen Demokratie, freier Rede, von unserem typischen Bier, das wir Pint nennen, Hunden, Gartenkultur und schlechtem Essen. Stop, nicht wirklich. Es ist ein neues England, das mich erwartet hat und auf das ich nicht vorbereitet war.

Eine Tasse Tee, Toast, Zeitung und ein (sehr teures) Päckchen Zigaretten. Der typische Start in den Tag für viele Engländer. Ich bin zurück im pulsierenden Leben von London East End, sitze draußen vor einem Café bei einer Tasse Tee und einer Zigarette und telefoniere. Plötzlich kann ich mein eigenes Wort nicht mehr verstehen, es ist ein ohrenbetäubendes Geräusch, ich verschütte meinen Tee (auf die Zeitung!) während ich versuche herauszufinden, was das für ein Krach ist.

Es ist keine Polizeisirene, keine Explosion oder, wie ich im ersten Moment denke, ein Luftangriff – es ist ein Gesang. Nicht besonders gut, muss ich gestehen, aber ich vernehme eine Art Gesang. Dann wird mir klar, es ist der Morgenruf zum Gebet, der da von einem der herausstechendsten Gebäude im multikulturellen Viertel Whitechapel erklingt. Ich erinnere mich an die Moschee, aber nicht an diese überwältigenden Lautstärke, vielleicht werde ich taub. Der Gebetsruf verstummt, ich greife nach meiner nassen Zigarette im Aschenbecher und nach meiner Zeitung und mache mich auf den Weg zum Bus.

Der zweite Schock an diesem Tag erwischt mich, ich kann nicht mehr mit meinem Bargeld bezahlen. Früher konnte man nicht mit der Kreditkarte bezahlen heute ist es genau umgekehrt. Bargeld ist nicht länger angesagt. Im Zeitalter der Automatisierung bist du verloren, wenn du nicht im Besitz einer Kreditkarte oder eines Smartphones bist. Alles ist digitalisiert, viele Dienstleistungen sind heute nicht mehr anders zu bekommen. Es ist eine digitale Spaltung der Gesellschaft! Wenn du alt bist oder arm – Gott steh dir bei…

Die Regierung will jetzt genau wissen, WER Du bist und WAS Du ausgibst. Sie weiß auch, WO Du bist, die Überwachung der Gesellschaft funktioniert reibungslos. London hat mehr Überwachungskameras als jede andere Stadt in der Welt. Im Bus habe ich Schwierigkeiten, überhaupt noch ein Wort Englisch zu hören. London war schon immer eine der kosmopolitischsten Städte weltweit – heute kannst du im Bus von einem Ende der Stadt zum anderen fahren, ohne dass du auch nur einmal Englisch hörst.

Nach diesem schwierigen Start in den Tag beschließe ich, einen der britischen Traditionsorte überhaupt aufzusuchen – den Pub. Ich habe die Hoffnung, dass ich zumindest hier noch ein Stück meines „alten Englands“ finde. Doch weit gefehlt – die einst gut gefüllten, lauten Pubs haben sich in stille Orte verwandelt, in denen die Menschen nur noch flüstern. Die lauten Diskussionen von früher sind verstummt – „Das kannst du jetzt nicht mehr sagen“, diesen Satz hörst du heute überall. Nach vielen vergeblichen Versuchen , stoße ich endlich auf ein Paar, das bereit ist, mit mir offen zu reden. Sie bringen mich auf den neuesten Stand: „Muslime wollen sich nicht integrieren“, „Illegale Einwanderer sind für den Anstieg der Kriminalität verantwortlich“, „warum lernen ethnische Minderheiten kein Englisch“, „der Islam ist keine frauenfreundliche Religion“, diese Aussagen sind heute alle verboten.

Die Spaltung in der Gesellschaft ist heute bitterer als jemals zuvor. Als ich nach Portugal ging, lernte ich die Sprache, die Geschichte, ich sog die Traditionen, die Kultur auf und versuchte mich in die lokale Gemeinschaft zu assimilieren. Vor diesem Hintergrund lehnt es die Stadt Albufeira an der Algarve auch ab, die örtliche Moschee als ein öffentliches Gebäude zu bezeichnen. Anders in London, hier verweigern die muslimische Gemeinschaften, sich in die Gesellschaft zu integrieren, es gibt hier sogar ein „Muslimisches britisches Parlament“. Ich war bisher davon ausgegangen, dass es in Großbritannien nur ein Parlament gibt – ich Dummkopf.

Etwas niedergeschlagen mache ich mich auf den Weg zu der Bastion des Landes überhaupt – The Royal Opera House. Ich wollte mir die relativ neue Erweiterung des Gebäudes ansehen, in der jetzt eine wunderschöne Bar und ein Restaurant untergebracht sind und das eine echte Sehenswürdigkeit ist. Ich denke bei mir, wunderschön, das ist England!!! Aber als ich zur Toilette gehe, bin ich schlagartig ernüchtert und verwirrt: Es gibt zwei Türen, aus beiden kommen Männer sowie Frauen. Auf beiden prangt das gleiche verrückte Zeichen, also öffne ich eine der Türen und betrete vorsichtig den Raum. Drinnen – Unisex-Klos. Leute, Ihr wollt mich veralbern! Für mich fühlt sich das völlig unnatürlich an. Um die LGBT…WXYZ Gemeinde glücklich zu machen, muss ich nun vor den Augen einer Frau pinkeln. Warum werden nicht auch „normale Toiletten“ für Menschen wie mich angeboten?

Nach diesem ersten mehr als ernüchternden Ausflug ins Herz meiner Geburtsstadt, mache ich mich auf den Heimweg nach South London. Auf dem letzten Stück zum Bahnhof muss ich in der Dunkelheit einen Park durchqueren. Eine Gruppe schwarzer Teenager, gekleidet in Trainingsanzügen und sogenannten „hoodies“, den typischen Kapuzenpullis, lungert um eine Bank herum. Alle Leute machen ängstlich einen großen Bogen um die Gruppe, die die Gegend offensichtlich als ihr Revier betrachtet. Obwohl die Regierung viel Geld dafür ausgibt, unsere Gedanken unter Kontrolle zu bringen, versagt sie bei der größten Bedrohung unserer Gesellschaft, dem Gewaltverbrechen.

London leidet unter der schlimmsten Mordrate der Geschichte. Messerattacken, in die häufig Schwarze verwickelt sind, forderten im vergangenen Jahr 132 Todesopfer – mehr als in New York! Die amerikanische Gang-Kultur, soziale Medien und die sogenannte „Drill“-Musik, befeuern diesen Trend. Ein Beispiel für diese Jugendbewegung war der Drill-Rapper Siddique Khan23.  „Die Verbrechen, die heute begangen werden, werden von der Musik beeinflusst“, erklärte er 2018, kurz nachdem er von der Mordanklage freigesprochen worden war.

Er starb am 1.August 2018 durch eine Messerattacke in Camberwell, South London.

Es geht nicht nur um Gewaltverbrechen, auch Straftaten wie Autodiebstahl, Einbruch und Überfall werden von der Polizei nicht mehr verfolgt. Ladendiebe können Waren im Wert bis zu 200 Pfund (rund 230 Euro) erbeuten, bevor die Polizei überhaupt Ermittlungen aufnimmt. Vergewaltigungen und Prostitutionsringe werden wegen „kultureller Empfindlichkeiten“, wie im Fall Rotherham, ignoriert.

Als ich spät am Abend zu Hause ankomme, verriegele ich meine Tür zweifach und mache mir mein Tesco-Fertiggericht warm –  was überraschenderweise sehr gut schmeckt. Es war nicht ganz die Heimkehr, die ich erwartet hatte, aber eine Sache, die ich noch ohne Ärger zu bekommen sagen kann und die sich definitiv verbessert hat, ist…das Essen!

Euer The Brit


Quelle und Kommentare hier:
https://www.journalistenwatch.com/2019/02/06/coming-ich-fremder/