Briten: Deutschland ist nicht souverän

von Günther Lachmann

Nun gibt es eine ausländische Quelle, die Wolfgang Schäubles Aussage zur deutschen Souveränität tiefer beleuchtet. Es ist eine offizielle Antwort aus London.

Von Wolfgang Schäuble gibt es diesen legendären Satz zur Souveränität Deutschlands. Er sagte ihn vor fast genau sieben Jahren auf dem „European Banking Congress“ am 18. November 2011 in Frankfurt:

Die Kritiker die meinen, man müsse eine Konkurrenz zwischen allen Politikbereichen haben, die gehen ja in Wahrheit von dem Regelungsmonopol des Nationalstaates aus. Das war die alte Rechtsordnung, die dem Völkerrecht noch zu Grunde liegt mit dem Begriff der Souveränität, die in Europa längst ad absurdum geführt worden ist, spätestens in den zwei Weltkriegen der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts.

Und wir in Deutschland sind seit dem 8. Mai 1945 zu keinem Zeitpunkt mehr voll souverän gewesen.“

Eine Aussage historischer Dimension

Schäuble sagte das damals so dahin, als sei es das Selbstverständlichste auf der Welt: Deutschland ist kein souveränes Land. Was aber bedeutet es, wenn ein Land nicht souverän ist?

Dann kann es im Letzten nicht über sich selbst und seine Geschicke bestimmen. Denn Souveränität ist die Unabhängigkeit eines Staates von Einfluss anderer Staaten. Folglich muss ein nicht souveräner, also ein nicht unabhängiger Staat, andere über sich bestimmen lassen.

Schäubles Aussage war durchaus von historischer Dimension. Denn wann zuvor hatte ein deutscher Politiker jemals in dieser Deutlichkeit über die völkerrechtliche Souveränität oder Nichtsouveränität Deutschlands gesprochen? Schließlich ließ doch der politische Alltag keinen Zweifel an der Souveränität zu.

Deutschland ist eine gewachsene und gefestigte parlamentarische Demokratie. Es ist ein Land, das seit den 1990er Jahren wieder Krieg führt und dem unter Angela Merkel zeitweise sogar eine Führungsrolle in Europa zugeschrieben wurde. Kann ein solches Land nicht souverän sein, wie Schäuble behauptet hatte?

Klare Antwort aus London

Erstmals gibt es nun einen nichtdeutschen schriftlichen Beleg für Schäubles Behauptung, auch wenn er nur die Zeit vor dem Mauerfall betrifft. Damals musste die Bundesregierung die westlichen Siegermächte des Zweiten Weltkrieges jedes Mal um Erlaubnis bitten,

„wenn sie ein Flugzeug aus der Sowjetunion in den westdeutschen Luftraum einfliegen lassen wollte“, heißt es jetzt in einer „Spiegel“-Kurzmeldung.[1]

Bei zivilen Maschinen beantragte das Verkehrsministerium die Genehmigung, bei militärischen Flugzeugen tat es das Verteidigungsministerium. Grundlage dieser Praxis sei nach den Vorstellungen der Amerikaner, Franzosen und Briten der sogenannte Überleitungsvertrag von 1952 gewesen. Er zählte zu jenen Vereinbarungen, von denen es hieß, sie beseitigten das Besatzungsregime der Bundesrepublik.

Drei Jahrzehnte wurde diese Vorgehensweisen nicht infrage gestellt. „Erst als 1987 die Frage aufkam, wer den Einflug jener sowjetischen Maschinen erlauben sollte, mit denen Moskau die Einhaltung eines Abrüstungsabkommens mit den USA kontrollieren wollte, reklamierte Bonn die Zuständigkeit für sich“, schreibt der „Spiegel“.

Die Antwort der Briten fiel demnach kurz aus, ließ aber keine weiteren Fragen offen:

You are not sovereign.“
(Sie sind nicht souverän.)

Anmerkung

[1] Der Spiegel, Nr. 46/10.11.2018, S. 14, „Westdeutschland nicht souverän“

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Keine Souveränität: Bundesregierung musste bis 1990 Flüge genehmigen lassen


Quelle und Kommentare hier:
https://www.geolitico.de/2018/11/12/briten-deutschland-ist-nicht-souveraen/