„Bargeld-Aufstand“: In Schweden zeigt sich, was die Abschaffung auslösen kann

von BI

Bar oder mit Karte? Diese Frage stellt sich zumindest in Schweden so gut wie nicht mehr. Acht von zehn Zahlungen werden dort elektronisch oder per Karte abgewickelt, in Stockholmer Bars und Restaurants hängen Schilder mit dem Hinweis „No Cash“ und Firmen dürfen die Annahme von Bargeld verweigern.

In manchen Gegenden des skandinavischen Landes nehmen selbst die Parkuhren keine Münzen mehr an und in Kirchen kann man inzwischen am Automat spenden.

Kurzum: Anders als in Deutschland deutet in Schweden alles auf eine bargeldlose Zukunft hin. Zumindest dachte man das bisher. Inzwischen hat ein zunehmender Teil der Bevölkerung aber offenbar Zweifel daran, ob der schleichende Rückgang von Scheinen und Münzen nur Vorteile mit sich bringt.

Reichsbank-Chef will eine Bargeld-Grundversorgung

„Wenn die Bargeld-Menge weiter so rasant abnimmt, wird es schwierig, die Infrastruktur aufrechtzuerhalten“,

sagte Ökonom Mats Dillen kürzlich der Nachrichtenagentur Bloomberg. Dillen ist Vorsitzender einer schwedischen Kommission, die die Auswirkungen der bargeldlosen Gesellschaft untersucht. Schweden könne in eine Negativ-Spirale geraten, die die Bargeld-Infrastruktur gefährde, warnte der Experte. Und auch bei der schwedischen Reichsbank wird man beim Kampf um die Zahlungshoheit langsam nervös: So empfiehlt Reichsbankchef Stefan Ingves der schwedischen Regierung, eine Bargeld-Grundversorgung für die Bürger zu garantieren.

Die von einigen Medien als „Bargeld-Aufstand“ titulierte Kritik am Bargeldverzicht in Schweden führt Björn Eriksson an, der ehemalige Chef der Reichspolizei in Stockholm. Schwe­den ma­che sich an­greif­bar, vor allem im hoch­sen­si­blen Be­reich der Zah­lungs­sys­te­me, zitiert ihn die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“). Ha­cker könn­ten das Land de­sta­bi­li­sie­ren, in­dem sie in die Sys­te­me ein­drin­gen.

Viele ältere Schweden wollen aufs Bargeld nicht verzichten

Wer in Schweden Bargeld braucht, muss in dünn besiedelten Regionen bis zu 30 Kilometer zum nächsten Geldautomaten fahren.

Bargeldbefürworter Eriksson erfährt viel Zustimmung in diesen Tagen. Die Kritik an der Umwälzung des Zahlungssystems in Schweden nimmt zu. Das dürfte auch daran liegen, dass sich viele Bürger durch die Zunahme von digitaler und Kartenzahlungen alleingelassen fühlen. Vor allem ältere Schweden sind mit der Technik zur bargeldlosen Zahlung noch nicht vertraut und wollen auf Scheine und Münzen im Geldbeutel nicht verzichten.

Hinzu kommt, dass laut „FAZ“ jede zweite Bankfiliale in Schweden kein Bargeld mehr annimmt. In dünnbesiedelten Regionen seien 30 Kilometer zum nächsten Geldautomat keine Seltenheit mehr. Zudem hat sich die Menge des in Umlauf befindlichen Bargelds seit 2008 um mehr als 40 Prozent auf nahezu 50 Milliarden Kronen verringert. Die Summe an verfügbarem Bargeld hat somit ihren Tiefstwert seit 1990 erreicht.

Offen bleibt, ob die zunehmende Skepsis an der bargeldlosen Gesellschaft in Schweden Folgen hat — denn sie ist längst nicht so ausgeprägt wie in Deutschland. Trotz aller technischen Neuerungen sind Scheine und Münzen weiterhin das mit Abstand beliebteste Zahlungsmittel der Deutschen. Laut einer Umfrage der Bundesbank im Jahr 2017 nimmt zwar der Anteil der EC-Karten-Zahlungen weiter zu. Doch drei von vier Einkäufen an der Kasse (74 Prozent) tätigen die Menschen hierzulande nach wie vor mit Schein und Münze. Vor allem kleine Beträge unter fünf Euro werden bar beglichen.


Quelle und Kommentare hier:
http://www.businessinsider.de/bargeld-aufstand-in-schweden-zeigt-sich-was-die-abschaffung-ausloesen-kann-2018-4