„Arroganz der Macht“ – Über den Ausnahmezustand in der BRD-Einwanderungs- und Asylpolitik

von ZUERST!

Bis heute weigert sich die Bundesregierung  anzugeben, auf welcher Rechtsgrundlage sie die Masseneinwanderung ermöglicht.

Was einen der wichtigsten Aspekte staatlicher Souveränität – nämlich die territoriale Integrität – betrifft, lebt Deutschland seit September 2015 im Ausnahmezustand. Und die Bundesregierung weigert sich weiterhin beharrlich, die konkrete Rechtsgrundlage dafür anzugeben, daß Menschen über sichere Drittstaaten ungehindert in unser Land einreisen dürfen, sobald sie nur nach „Asyl“ verlangen. So ist jedenfalls der ak­tuelle Stand, der sich aus der Antwort des Kabinetts auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion ergibt. Die Bundestags-Drucksache 19/883 vom 23. Februar 2018 ist daher auch von einzigartiger Qualität, spiegelt sie doch die Arroganz der Macht und eine notorische Volks-, Bürger- und Wählerverachtung auf be­sonders drastische Weise wider.

Journalistisch aufgearbeitet ist dieses grandiose Politikversagen ja längst, vor allem durch das Buch Die Getriebenen des Welt-am-Sonntag-Korrespondenten Robin Alexander. Nach der von Merkel in einem Akt der Selbstermächtigung verfügten Grenzöffnung vom 5. Sep­tember 2015 drohte unter dem Andrang der Massen ein beispielloses Chaos, so daß die Regierung kalte Füße bekam und eine Woche später Hundertschaf­ten der Bundespolizei an die Grenze be­orderte. Dem Recht sollte wieder Gel­tung verschafft werden, und rechtmäßig war und ist: Wer aus einem sicheren Drittstaat – und das sind alle Nachbar­staaten Deutschlands – kommt und kei­ne gültigen Einreisepapiere hat, darf an der Grenze abgewiesen werden oder eben „zurückgeschoben“, falls er im In­land aufgegriffen wird.

Wie heute bekannt ist, lief es dann doch anders. Eine geradezu lähmende Führungsschwäche machte sich breit, und nach dem dritten Telefonat mit Bundeskanzlerin Merkel drehte Innen­minister Thomas de Maizière (CDU) am 13. September den Einsatzbefehl an die Bundespolizei gleichsam in sein Ge­genteil. Wer Asyl forderte, durfte einreisen. Aus der ursprünglich geplanten Rechtsdurchsetzung wurde nun der Versuch, den Massenansturm zu kanali­sieren und in einigermaßen geordnete Bahnen zu lenken. Und aus dem „hu­manitären Akt“ einer Grenzöffnung für einen begrenzten Personenkreis ist ein Ausnahmezustand geworden, der bis heute anhält und bei dem bis heute der politische Wille fehlt, ihn abzustellen.

Man weiß im Grunde exakt, was ge­schah, doch die Regierung ist bis heute zu feige, ihr Totalversagen einzugeste­hen. Wer konkret verantwortlich ist? In der Antwort an die AfD steht geschrie­ben: „Die Entscheidung wurde im Rah­men der bestehenden Zuständigkeiten innerhalb der Bundesregierung getrof­fen.“ Namentlich genannt wurde nur der „Postbote“. Der Innenminister habe die Bundespolizei „über die Entschei­dung der Bundesregierung mündlich informiert“. Und auf welcher Rechts­grundlage beruht diese Entscheidung? Da zieht sich die Regierung auf eine Sprachregelung zurück, die bereits in Antworten an die Linken-Fraktion an­gewendet wurde. Der entscheidende Satz lautet: „Maßnahmen der Zurück­weisung an der Grenze mit Bezug auf um Schutz nachsuchende Drittstaats­angehörige kommen derzeit nicht zur Anwendung (§ 18 Absatz 2, Absatz 4 AsylG).“

Das klingt konkret, ist es aber nicht. Denn der genannte Absatz 4 benennt zwei Ausnahmen, nämlich eine EU‑rechtliche in Nummer eins und eine nationale in Nummer zwei. Die Einreise aus einem sicheren Drittstaat kann Variante zwei zufolge gestattet werden, wenn – so der genaue Wortlaut – „das Bundesministerium des Innern es aus völkerrechtlichen oder humani­tären Gründen oder zur Wahrung poli­tischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland angeordnet hat“. Über die­se beiden Varianten haben sich die Wis­senschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages in ihrem Gutachten vom 24. Mai 2017 (Aktenzeichen WD 3 – 3000 – 109/17) bereits ausführlich aus­gelassen. Welche davon die Rechts­grundlage für den permanenten Aus­nahmezustand bilden soll, bleibt bis heute das Geheimnis der Regierung.

Die Bundestags-Juristen hatten da­mals vorsichtig nahegelegt, daß „in grundlegenden normativen Bereichen“ der Gesetzgeber entscheiden müsse – und nicht die Regierung allein. Daß auch in der Antwort auf die AfD-Anfrage wieder nicht konkret Stellung be­zogen wird, erklärt sich wohl mit der Sorge der Verantwortlichen, einst nicht nur als politische Nieten, sondern als Verfassungsbrecher und Totengräber des Rechtsstaats am Pranger zu stehen. Sinnvoller denn je wäre deshalb, daß ein Untersuchungsausschuß zur Klärung dieser Fragen eingesetzt wird oder auch ein erneuter Anlauf beim Bundesverfas­sungsgericht unternommen wird. Eine 2016 von dem Staatsrechtler Prof. Karl Albrecht Schachtschneider eingereichte Verfassungsbeschwerde hatte Karlsruhe ohne Begründung zurückgewiesen. Mit der AfD im Bundestag könnte heute vielleicht mehr Druck aufgebaut wer­den.

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Quelle und Kommentare hier:
http://zuerst.de/2018/06/01/arroganz-der-macht-ueber-den-ausnahmezustand-in-der-brd-einwanderungs-und-asylpolitik/