Alliierte Verbrechen: Lebende Skelette

von Robert Diehl

Zum siebenten Mal wurde in Bad Nenndorf der Opfer eines britischen Folterlagers gedacht. Eine „bunte“ Front von Heuchlern hielt dagegen

Sechsmal – von 2006 bis 2011 – haben meist junge Deutsche schon einen „Trauermarsch“ durch das niedersächsische Bad Nenndorf veranstaltet, ein beschaulicher Kurort in der Nähe von Hannover. Dieses Jahr, am 4. August, lief das Gedenken erstmals unter dem Motto „Marsch der Ehre“. Damit bewiesen die Initiatoren ein feines Gespür für die Atmosphäre, die von ihren Gegnern schon seit Monaten systematisch aufgeheizt wurde.

Mit Bezeichnungen wie „Kundgebung der Neonazis“ (Hannoversche Allgemeine) sollte vom Anlaß und Hintergrund der Veranstaltung abgelenkt werden. Und tatsächlich schlug dann den knapp 500 Teilnehmern des Demonstrationszuges eine Mischung aus Borniertheit, Haß und albernem Getue in bislang ungekannter Dimension entgegen – massive Rechtsbrüche inbegriffen.

Über die „bunte Partymeile“ geriet Antifa-Journalist Stefan Schölermann vom NDR so richtig ins Schwärmen:

„Eine buntgeschmückte Bahnhofstraße, Fetenmusik und laut lachende Bad Nenndorfer an der Demonstrationsroute sorgten dafür, daß der Trauermarsch für die Rechten zum Spießroutenlauf wurde.“

Das Winckler-Bad in Bad Nenndorf ist heute ein Gesundheitszentrum mit Heilbad. Von 1945 bis 1947 betrieben die Briten hier ein geheimes „Verhörzentrum“.

Was ist los in Bad Nenndorf? Was bewegt die einen zum Gedenken und bringt die anderen in Partylaune? Ins Rollen gebracht wurde das Thema im fernen London am 17. Dezember 2005.

An diesem Tag erschien in der Zeitung Guardian ein ausführlicher Beitrag des Journalisten Ian Cobain. Sein Thema: ein Internierungslager, das die britische Besatzungsmacht von 1945 bis 1947 mitten in Bad Nenndorf im Winckler-Bad betrieben hatte. Was damals geschah, hätte die Öffentlichkeit eigentlich nie erfahren sollen.

Doch dem Guardian gelang es, daß Dokumente, die knapp 60 Iahre lang vom britischen Außenministerium unter Verschluß gehalten worden waren, nun freigegeben wurden. Ergänzt durch weiteres Material, ergaben die historischen Fundstücke ein Bild mit vielen grauenhaften Details. Bad Nenndorf, damals das „verbotene Dorf“ genannt, war so etwas wie ein frühes Guantanamo.

Während der 22 Monate, in denen das Geheimgefängnis in Betrieb war, litten dort 372 Männer und 44 Frauen. Viele davon überlebten es nicht. Als am 1. August 1945 die Briten Bad Nenndorf von einer US-Infanteriedivision übernahmen, ging alles ganz schnell. Hun-
derte von Menschen, die in den Straßenblocks rund um das Winckler-Bad wohnten, wurden aufgefordert, binnen 90 Minuten ihre nötigste Habe zusammenzupacken und zu verschwinden.

Ein Stacheldrahtverhau wurde hochgezogen, der ganze Komplex vom britischen Militärgeheimdienst CSDIC (Combined Services Detailed Interrogation Centre) zu einem Verhörlager umgebaut. Man könnte auch sagen: Folterzentrum. Wie „lebende Skelette“ – abgemagert auf 38 Kilogramm – hätten sie Insassen erlebt, schildern Ärzte laut dem Guardian-Bericht.

Systematisches Aushungern, Übergießen mit kaltem Wasser bei Minus-Temperaturen, Schläge, Drohungen mit dem Tod von Frau und Kindern – all das wurde in Bad Nenndorf praktiziert, um Inhaftierte einzuschüchtern, zu quälen und zu Aussagen zu bewegen. Aber es wurde auch ganz „traditionell“ gefoltert – mit Daumenschrauben zum Beispiel.

Den Hinweis auf diese dokumentarisch belegten Fakten hält Grünen-Vorturner Jürgen Trittin für „eine grandiose Geschichtsfälschung“.

„Aus Tätern sollen Opfer gemacht werden“,

giftete Trittin bei der Gegenkundgebung im August. Wer sind nun Trittins „Täter“?

Folgt man dem Guardian-Bericht, wurden anfangs vor allem deutsche Soldaten, SS-Leute, aber auch Industrielle in Bad Nenndorf inhaftiert. Später kamen Gefangene hinzu, die die Briten der Spionage für die Sowjets verdächtigten. Juden, Kommunisten, Homosexuelle und Ausländer gehörten zu den Insassen.

Hans Habermann zum Beispiel, ein behinderter deutscher Jude, der unter den Nationalsozialisten bereits drei Jahre lang in Buchenwald interniert war.

Oder Franz Österreicher, der mit falschen Papieren in die britische Zone kam, um dort nach seinem homosexuellen Partner zu suchen. Er starb an Unterernährung.

Robert Buttlar, ein Antifaschist, war zuvor schon zwei Jahre lang in Gestapo-Haft gewesen. In dieser Zeit sei er „niemals so behandelt worden“ wie in Bad Nenndorf, gab er im Krankenhaus zu Protokoll.

Dort war er eingeliefert worden, nachdem er versucht hatte, durch Verschlucken eines Löffels Selbstmord zu begehen. Er war völlig abgemagert und hatte durch Erfrieren vier Zehen verloren.

Nur einige der Schicksale, von denen die Ärzte Major Morgan-Jones und Dr. Jordan berichtet hatten. Auf der Grundlage ihrer Aussagen trug Scotland-Yard-Ermittler Tom Hayward eine Vielzahl weiterer schrecklicher Details zusammen. Doch wer in Bad Nenndorf eingekerkert war, muß „Täter“ gewesen sein, wenn es nach Trittin und seinen Gesinnungsgenossen geht. Schließlich darf kein dunkler Fleck die weißen Westen der britischen „Befreier“ besudeln. Tatsache ist aber:

„Viele der Insassen in Bad Nenndorf waren aus überhaupt keinem Grund dort“,

so der Guardian. Zu diesem Ergebnis kam auch Tom Hayward. Aber beim DGB und dem Bündnis „Bad Nenndorf ist bunt“, die etwa 600 Gegner des Gedenkmarsches mobilisiert hatten, interessierte man sich für solche Feinheiten nicht. Tanzend, johlend und mit langen Schnüren voller bunter Fetzen verhöhnten sie die Opfer und feierten die Folterknechte.

Johlende Menschen und Schnüre mit bunten Fetzen: So „begrüßte“ Bad Nendorf die Teilnehmer des friedlichen Gedenkmarsches.

„Wir müssen jeden Tag Flagge zeigen für die Demokratie“,

umschrieb der SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy das karnevaleske Happening.

Die Anreise der Teilnehmer des Gedenkumzuges wurde um mehrere Stunden verzögert.

Auch Linksextremisten hatten wieder mobilgemacht. Sie blockierten den Bahnhof in Bad Nenndorf, so daß nachfolgende Züge nicht einfahren konnten.

„Rund 200 Menschen nehmen auf dem Bahnsteig Platz“, freut sich der „Störungsmelder“ (Zeit Onl ne). „Acht von ihnen schließen sich mit Bügelschlössern zusammen und tragen somit maßgeblich zur Verlängerung der Blockade bei. Erst als die Polizei eine Hydraulikschere organisiert, können die Schlösser entfernt werden.“

Weshalb die Polizei, die mit immerhin 2.000 Einsatzkräften, Hubschraubern sowie einer „Drohne für Übersichtsaufnahmen“ (Spiegel) vor Ort war, solche strafbaren gefährlichen Eingriffe in den Bahnverkehr nicht bereits im Ansatz verhindert hat, wissen wohl nur die Einsatzleitung oder deren politische „Instrukteure“.

Die Anreise der Teilnehmer des Gedenkumzuges wurde dadurch um mehrere Stunden verzögert. Die Veranstalter konnten dem auch Gutes abgewinnen. Auf ihrer Netzseite heißt es:

„So marschierten die Teilnehmer bereits vor dem Ehrenmarsch diszipliniert und entschlossen in drei großen Gruppen mit Freiheitsliedern auf den Lippen durch umliegende Ortschaften sternförmig nach Bad Nenndorf hinein. Selbst die Bevölkerung in den Ortschaften beeindruckte das ungewohnte Bild.“

Mit reichlich Verzögerung fand die Gedenkveranstaltung allen Schikanen zum Trotz dann doch statt, bei der Zwischenkundgebung erinnerten mehrere Redner an das Schicksal der Insassen des britischen Folterlagers.

„Weil sie offenbar nicht in der Lage waren, ihre Lautsprecheranlage korrekt zu bedienen, waren manche Propaganda-Reden nur bruchstückhaft zu verstehen“,

höhnte Stefan Schölermann in NDR Info. Was der Antifa-Schreiberling verschweigt: Die Anlage mußte zuvor per Verwaltungsauflage auf 90 Dezibel heruntergeregelt werden, und bei der „Kontrolle“ dieser Auflage hatte ein Beamter das Gerät beschädigt. Einer von vielen Nadelstichen, um Menschen mit unbequemen Ansichten ihrer Grundrechte zu berauben.

„Rassismus ist Sünde, und Rechtsextremismus ist keine Meinungsäußerung, sondern ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit“,

versuchte der evangelische Superintendent Andreas Kühne-Glaser das Niveau der „Gegenveranstaltung“ nicht unnötig in die Höhe zu treiben.

Ruhig und diszipliniert zeigten die Teilnehmer mit schwarzen Fahnen ihre Trauer um die Opfer der britischen Folterknechte.

Zu den wirklichen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, wie sie den Insassen des Bad Nenndorfer Folterlagers 1945 bis 1947 angetan wurden, hatte der Hetzer im Talar kein Wort übrig.


Quelle und Kommentare hier:
http://deutschelobby.com/2012/10/26/alliierte-verbrechen-lebende-skelette/